Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine Wettbewerbsförderungsabsicht eines Presseberichts durch Angebot Rechtsanwälte und Steuerberater als versierte Ansprechpartner durch die Redaktion zu benennen

 

Leitsatz (amtlich)

Zur Frage der Wettbewerbsförderungsabsicht bei einem in einem Pressebericht über eine bestimmte, als steuerlich vorteilhaft dargestellte Kapitalanlage enthaltenen Hinweis der Redaktion, für die Rechts- oder Steuerberatung bei der Ausarbeitung des Vertrags einen „versierten Ansprechpartner” benennen zu können.

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Der Schutz der Presse- und Meinungsäußerungsfreiheit nach Art. 5 Abs. 1 GG gebietet eine zurückhaltende Beurteilung der Frage, ob ein Presseunternehmen in der Absicht handelt, fremden Wettbewerb zu fördern. Allein die objektive Eignung von Presseäußerungen, auch zur Förderung des Wettbewerbs beizutragen, läßt noch nicht den Schluß zu, der Journalist handele mit der Absicht, fremden Wettbewerb zu unterstützen. Die Freiheit der journalistischen Berichterstattung entzieht diese weitgehend einem wettbewerbsrechtlich begründeten Verbot.

2. Aus dem Satz „Die Redaktion nennt Ihnen bei Bedarf gern einen versierten Ansprechpartner” kann nicht gefolgert werden, es werde damit für bestimmte Einzelfälle und zugunsten bestimmter Rechtsanwälte oder Steuerberater zu Lasten anderer um Kundschaft nachgesucht, also eine gezielte Direktwerbung betrieben.

3. Ein Rechtsanwalt oder Steuerberater betreibt keine seinem Berufsbild fremde Werbung, wenn er nicht dagegen einwirkt, daß in Publikationsorganen im Rahmen einer die Öffentlichkeit interessierenden Berichterstattung seine berufliche Leistungsfähigkeit oder die Schwerpunkte seiner Tätigkeit sachlich richtig dargestellt werden. Einem Rechtsanwalt oder Steuerberater ist es aus Wettbewerbsgründen auch nicht verwehrt, einem um Rechtsrat Nachsuchenden die sachlich richtige Information über seine Leistungsfähigkeit und die Schwerpunkte seiner Tätigkeit zu geben.

 

Normenkette

StBerG § 57a; UWG § 1; BRAO § 43b; GG Art. 5 Abs. 1

 

Verfahrensgang

OLG Düsseldorf (Urteil vom 18.08.1994; Aktenzeichen 2 U 247/93)

LG Düsseldorf (Urteil vom 12.05.1993; Aktenzeichen 12 O 725/92)

 

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 2. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 18. August 1994 aufgehoben.

Die Klage wird insgesamt abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Von Rechts wegen

 

Tatbestand

Der Kläger ist Rechtsanwalt, Wirtschaftsprüfer und Steuerberater. Die Beklagte ist die Verlegerin verschiedener Informationsblätter, unter anderem verlegt sie den „s.”. In dessen Ausgabe 40/92 erschien eine Abhandlung unter der Überschrift „Zerobond statt Gesellschafterdarlehen”. Der Artikel befaßt sich mit den steuerlichen Vorteilen des Zerobonds im Vergleich zum Gesellschafterdarlehen. Hierzu werden einige Berechnungsbeispiele gegeben. Zudem wird auf verschiedene Aspekte hingewiesen, die für eine steuerliche Anerkennung der Zerobond-Vereinbarung zu beachten seien. Am Ende des Artikels heißt es im Fließtext:

„Daher sollten Sie für die Vertragsausarbeitung einen in steuerlichen und rechtlichen Angelegenheiten erfahrenen Rechts- bzw. Steuerberater hinzuziehen. Die Redaktion nennt Ihnen bei Bedarf gern einen versierten Ansprechpartner.”

Der Kläger hat die Ansicht vertreten, die Beklagte betreibe mit dieser Ankündigung unerlaubte Werbung für Rechtsanwälte und Steuerberater. Es sei aus Wettbewerbsgründen nicht hinzunehmen, daß Journalisten, die nicht deren berufsrechtlichen Schranken unterlägen, bestimmte Rechtsanwälte oder Steuerberater als Experten bezeichneten, um ihnen Mandate zu vermitteln.

Der Kläger hat beantragt,

  1. der Beklagten zu verbieten, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs für die Vermittlung von Rechts- und Steuerberatung in Verlagspublikationen zu werben, insbesondere wenn es dort heißt:

    „Daher sollten Sie für die Vertragsausarbeitung einen in steuerlichen und rechtlichen Angelegenheiten erfahrenen Rechts- bzw. Steuerberater hinzuziehen. Die Redaktion nennt Ihnen bei Bedarf gern einen versierten Ansprechpartner”;

  2. die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger Auskunft darüber zu erteilen, in welchem Umfang sie die vorstehend zu Ziffer 1 bezeichneten Handlungen begangen hat und die Namen der Rechts- und Steuerberater anzugeben, die die Redaktion als versierte Ansprechpartner benannt hat;
  3. festzustellen, daß die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger all denjenigen Schaden zu erstatten, der ihm durch die vorstehend zu Ziffer 1 bezeichneten Handlungen entstanden ist oder künftig noch entstehen wird.

Die Beklagte ist dem entgegengetreten. Ihr sei kein wettbewerbswidriges Verhalten vorzuwerfen. Der angegriffenen Textpassage könne allenfalls entnommen werden, daß sie bei Bedarf – und damit lediglich auf Anfrage – „versierte” Rechtsanwälte oder Steuerberater benennen wolle. Ein solches Angebot sei zulässig. Es unterscheide sich durch nichts von den Angeboten der Rechtsanwaltsvereine und Rechtsanwalts- oder Steuerberaterkammern, die auf Anfrage Rechtsanwälte oder Steuerberater mit speziellen Tätigkeitsschwerpunkten benennen.

Das Landgericht hat der Klage stattgegeben mit Ausnahme des Teils des Auskunftsverlangens, mit welchem der Kläger die Bekanntgabe der Namen der Rechts- und Steuerberater verlangt hat, „die die Redaktion als versierte Ansprechpartner benannt hat”; insoweit hat es die Klage abgewiesen.

Das Berufungsgericht (OLG Düsseldorf GRUR 1994, 852) hat die Berufung der Beklagten mit der Maßgabe zum Unterlassungsausspruch zurückgewiesen,

daß der Beklagten untersagt ist, im Zusammenhang mit der Abhandlung von wirtschaftlichen Verhaltensweisen, die eine vertragliche Festlegung erfordern, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs anzukündigen, man nenne bestimmte Rechtsanwälte bzw. Steuerberater, insbesondere wenn es dabei heißt:

„Daher sollten Sie für die Vertragsausarbeitung einen in steuerlichen und rechtlichen Angelegenheiten erfahrenen Rechts- bzw. Steuerberater hinzuziehen. Die Redaktion nennt Ihnen bei Bedarf gern einen versierten Ansprechpartner.”

Die Revision verfolgt das Begehren der Beklagten weiter, die Klage insgesamt abzuweisen. Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

I. Das Berufungsgericht hat ein wettbewerbswidriges Verhalten des beklagten Presseunternehmens für gegeben erachtet. Die Beklagte habe zwar nicht mit der Vermittlung von Rechts- und Steuerberatung, jedoch um Mandate für Rechtsanwälte und Steuerberater geworben. Diesem konkreten Verhalten sei der Verbotstenor anzupassen.

Dem beanstandeten Text im Informationsblatt „s.” sei zu entnehmen, daß die Beklagte beabsichtigt habe und für sich in Anspruch nehme, den Lesern des Informationsblattes bei Bedarf einen oder mehrere bestimmte außenstehende – also entgegen der Vermutung des Klägers nicht ihrem Redaktionsstab angehörende – Rechtsanwälte oder Steuerberater zu benennen, die sie für versiert in Fragen des Zerobonds halte.

Eine solche Empfehlung sei wettbewerbswidrig. Das Berufsbild der Rechtsanwälte und Steuerberater sei vor einer Verfälschung durch reklamehafte Werbung zu schützen. Für eine berufswidrige Werbung könne nicht nur der einzelne Berufsangehörige zur Verantwortung gezogen werden. Als verantwortlicher Störer hafte auch jeder Dritte, der Angehörige freier Berufe in unzulässiger Weise werblich herausstelle. So verhalte es sich bei der Beklagten. Sie beschränke sich nämlich in ihrem Bericht nicht auf den Vorschlag, wegen der Einzelheiten der Vertragsgestaltung näheren fachlichen Rat einzuholen, sondern offeriere auch all denjenigen Lesern, die bisher nicht einmal daran gedacht hätten, Gesellschafterdarlehen durch Zerobonds zu ersetzen, und deshalb auch keinen Bedarf an einer entsprechenden Beratung gehabt hätten, bestimmte Rechtsanwälte oder Steuerberater gleich mit. Da die Beklagte das Interesse an Zerobonds anstelle von Gesellschafterdarlehen durch den Artikel selbst geweckt habe, könne der daran Interessierte das Angebot der Beklagten, einen versierten Ansprechpartner zu benennen, nur dahin verstehen, daß er mit dem von der Beklagten ausgewählten Rechtsanwalt oder Steuerberater – bzw. bei Nennung von mehreren Personen mit einem von ihnen – ein Mandatsverhältnis eingehen solle; er solle es zudem unterlassen, bei Bedarf sich einen anderen Rechtsanwalt oder Steuerberater zu suchen. Gerade in Anbetracht der Tatsache, daß der angesprochene Unternehmer ständig anwaltlichen oder steuerlichen Rat in Anspruch nehme, bedeute dies, daß die Beklagte mit ihrem Angebot in Sachen Zerobond um Mandate für die von ihr als versiert bezeichneten Rechtsanwälte oder Steuerberater zu Lasten anderer, nämlich der ständigen Berater der angesprochenen Leser nachsuche. Schon die Ankündigung, einen versierten Ansprechpartner nennen zu können, – und nicht erst eine daraufhin ausgesprochene Empfehlung – bedeute eine unzulässige Werbung um Praxis für den oder die betreffenden Rechtsanwälte oder Steuerberater. Diese sei geeignet, das Bild dieser freien Berufe bei den angesprochenen Lesern in Zweifel zu ziehen. Die Beklagte sei somit als Handlungsstörer zur Unterlassung verpflichtet.

Die Beklagte könne sich nicht mit Erfolg auf das Informationsrecht der Presse berufen, da der letzte Satz des beanstandeten Artikels weit über das hinausgehe, was man von der Freiheit der Presse als gedeckt ansehe. Die Wahl des Beraters werde nicht dem einzelnen Leser überlassen, die Beklagte mache sich vielmehr anheischig, ihm die Auswahl des Vertragspartners abzunehmen. Das sei vom Informationsinteresse der Allgemeinheit nicht gedeckt.

Der Versuch der wettbewerblichen Einflußnahme sei so eindeutig, daß die Eignung des Artikels, den Wettbewerb der Rechtsanwälte oder Steuerberater zu beeinflussen, der Beklagten nicht hätte verborgen bleiben können. Es könne sonach nicht in Zweifel gezogen werden, daß die Beklagte mit entsprechender Wettbewerbsförderungsabsicht gehandelt habe.

Diese Beurteilung hält der rechtlichen Überprüfung nicht stand.

II. Ohne Erfolg beanstandet die Revision allerdings die Umformulierung des Unterlassungsgebots durch das Berufungsgericht als überraschend und den Tenor selbst als nicht hinreichend bestimmt.

1. Das Berufungsgericht hat aufgrund der dem Vorbringen der Beklagten entsprechenden Feststellung, daß dieser eine geschäftsmäßige Vermittlung von Rechts- und Steuerberatungen nicht anzulasten sei, den Verbotstenor dem Kern des vom Kläger erhobenen Vorwurfs angepaßt, wonach die Beklagte bei der redaktionellen Darstellung der steuerlichen Vorteile von Zerobond-Vereinbarungen auch bereit sei, – in wettbewerbsrechtlich unzulässiger Weise – auf Anfrage bestimmte Rechtsanwälte oder Steuerberater zu benennen. Hierin liegt eine inhaltliche Klarstellung des als verbotswürdig angesehenen Verhaltens, gegen welche als solche keine verfahrensrechtlichen Bedenken zu erheben sind. Die gerügte Verletzung des rechtlichen Gehörs liegt nicht vor. Gerade bei Unterlassungsanträgen in Wettbewerbssachen müssen die Prozeßparteien mit der richterlichen Klarstellung der Anträge rechnen. Eines vorausgehenden rechtlichen Hinweises bedarf es hierzu nicht, wenn die bei der Fassung des Urteilstenors maßgeblichen Gesichtspunkte Inhalt der prozessualen Auseinandersetzung der anwaltlich vertretenen Parteien waren und der Urteilsausspruch sich im Rahmen des gestellten Antrags hält (§ 308 Abs. 1 ZPO).

2. Auch die von der Revision gegen die Bestimmtheit des Verbotstenors erhobenen Bedenken greifen nicht durch. Anders als die Revision meint, verstößt die vom Berufungsgericht gewählte Formulierung, wonach der Beklagten eine Werbung für Rechtsanwälte oder Steuerberater verboten sein soll „im Zusammenhang mit der Abhandlung von wirtschaftlichen Verhaltensweisen, die eine vertragliche Festlegung erfordern”, nicht gegen das Bestimmtheitsgebot im Sinne des § 313 Abs. 1 Nr. 4 i.V. mit § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Der im Verbotstenor selbst teilweise zitierte Zeitungsartikel und dessen Erörterung in den Entscheidungsgründen lassen für eine Vollstreckung des Unterlassungstenors durch das Prozeßgericht (§ 890 ZPO) das Charakteristische der als verbotswürdig angesehenen Handlung hinreichend deutlich erkennen.

III. Der Revision ist indessen darin beizutreten, daß das Verlangen des Klägers einer materiell-rechtlichen Grundlage entbehrt und deshalb das angefochtene Urteil keinen Bestand haben kann. Der Beklagten ist wettbewerbswidriges Verhalten im Sinne des § 1 UWG nicht vorzuwerfen. Auch eine Haftung der Beklagten als Störerin im Wettbewerb der Rechtsanwälte und Steuerberater scheidet aus.

Der Beurteilung des Berufungsgerichts, die Beklagte habe in der Absicht gehandelt, fremden Wettbewerb, nämlich den bestimmter Rechtsanwälte oder Steuerberater, zu fördern, kann nicht beigetreten werden. Den vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen und dem Klagevorbringen lassen sich insoweit keine hinreichenden Anhaltspunkte entnehmen. Eine wettbewerbsrechtliche Haftung als Störer, welche eine Wettbewerbsförderungsabsicht nicht voraussetzt, scheidet aus Rechtsgründen aus. Es mangelt nämlich an einem wettbewerbswidrigen Verhalten eines Dritten – hier eines Rechtsanwalts oder eines Steuerberaters –, das durch den beanstandeten Artikel der Beklagten veranlaßt sein könnte.

1. Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, daß der Unterlassungsanspruch aus § 1 UWG nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes ein Handeln der Beklagten im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs voraussetzt (vgl. BGH, Urt. v. 12.10.1989 – I ZR 29/88, GRUR 1990, 373, 374 = WRP 1990, 270 – Schönheits-Chirurgie m.w.N.). Ein solches Handeln liegt vor, wenn das Verhalten objektiv geeignet ist, den Absatz oder die Dienstleistung einer Person zum Nachteil einer anderen zu begünstigen, und wenn der Handelnde zusätzlich in subjektiver Hinsicht in der Absicht vorgegangen ist, den eigenen oder – was hier allein in Betracht kommt – fremden Wettbewerb zu fördern.

a) Es ist rechtlich unbedenklich, den Bericht der Beklagten als objektiv geeignet anzusehen, den Wettbewerb der Rechtsanwälte oder Steuerberater zu fördern, welche die Beklagte auf Anfrage interessierten Lesern nennt. Die insoweit bestehende objektive Eignung des Berichts zur Wettbewerbsförderung und auch das – unterstellt – vorhandene Bewußtsein des Verfassers des Berichts von einer entsprechenden Wettbewerbswirkung lassen indessen nicht die Vermutung zu, daß die Beklagte bei ihrer redaktionellen Berichterstattung auch in entsprechender Wettbewerbsförderungsabsicht gehandelt habe.

b) Das Berufungsgericht hat bei seiner Beurteilung nicht hinreichend beachtet, daß bei einem Presseunternehmen, das über Angelegenheiten von öffentlichem Interesse informiert, in der Regel eine Absicht, damit fremden Wettbewerb zu fördern, nicht angenommen werden kann. Der Schutz der Presse- und Meinungsäußerungsfreiheit nach Art. 5 Abs. 1 GG gebietet eine zurückhaltende Beurteilung der Frage, ob ein Presseunternehmen in der Absicht handelt, fremden Wettbewerb zu fördern. Allein die objektive Eignung von Presseäußerungen, auch zur Förderung des Wettbewerbs beizutragen, läßt noch nicht den Schluß zu, der Journalist handele mit der Absicht, fremden Wettbewerb zu unterstützen. Die Freiheit der journalistischen Berichterstattung entzieht diese weitgehend einem wettbewerbsrechtlich begründeten Verbot (BGH, Urt. v. 20.3.1986 – I ZR 13/84, GRUR 1986, 812, 813 = WRP 1986, 547 – Gastrokritiker; Urt. v. 22.5.1986 – I ZR 72/84, GRUR 1986, 898, 899 – Frank der Tat; Urt. v. 10.11.1994 – I ZR 216/92, GRUR 1995, 270, 272 = WRP 1995, 186 – Dubioses Geschäftsgebaren). Daher hätte es besonderer Umstände für die Annahme bedurft, daß die Beklagte bei der Veröffentlichung des beanstandeten Artikels mit der Darstellung der Zerobond-Vereinbarung die interessierte Öffentlichkeit nicht nur über eine steuerrechtlich günstige Geldanlage habe informieren wollen – wozu auch der Hinweis auf weiterführenden rechtlichen Rat durch Experten gehört –, sondern dabei auch von der Absicht geleitet gewesen sei, in den durch das jeweilige Berufsbild geprägten Wettbewerb unter Rechtsanwälten und Steuerberatern einzugreifen. Solche Umstände sind im Streitfall indessen nicht gegeben.

Bei der Feststellung des für die Annahme einer Wettbewerbsförderungsabsicht der Beklagten maßgeblichen Sachverhalts hat das Berufungsgericht im Ausgangspunkt zutreffend angenommen, daß die Beklagte mit dem beanstandeten Hinweis zu erkennen gibt und beabsichtigt, den Lesern des „s.” bei Bedarf einen oder mehrere bestimmte, außerhalb der Redaktion stehende Rechtsanwälte oder Steuerberater zu nennen, die sie als versiert zur Beratung in der angesprochenen Zerobond-Frage erachtet. Auf diesen Aussagegehalt des beanstandeten Textteils beschränkt sich jedoch die wettbewerbsrechtliche Beurteilung. Für ein darüber hinausreichendes Verständnis, wie es der Entscheidung des Berufungsgerichts zugrunde liegt, fehlen nämlich, wie die Revision zutreffend rügt, im Beitrag der Beklagten konkrete Anhaltspunkte.

Die Annahme des Berufungsgerichts, die Beklagte „offeriere” ihren Lesern „bestimmte Rechtsanwälte oder Steuerberater” gleich mit, findet im unterbreiteten Sachverhalt keine Stütze. In dem Bericht über die steuerlichen Vorteile der Zerobond-Anleihe wird weder ein Rechtsanwalt noch ein Steuerberater namentlich genannt. Die Beklagte kündigt darin lediglich an, im Bedarfsfall auf Anfrage des Lesers, einen versierten Fachmann zu benennen.

Zutreffend wendet sich die Revision auch gegen die Auslegung des Berufungsgerichts, der Satz „Die Redaktion nennt Ihnen bei Bedarf gern einen versierten Ansprechpartner” könne für den interessierten Leser nur bedeuten, daß er mit dem ausgewählten Rechtsanwalt oder Steuerberater ein Mandatsverhältnis eingehen solle und es zu unterlassen habe, sich bei Bedarf einen anderen Rechtsanwalt oder Steuerberater zu suchen. Dem beanstandeten Text ist lediglich zu entnehmen, daß bei einer entsprechenden Anfrage namentliche Empfehlungen ausgesprochen werden, welche der Rechtssuchende befolgen kann, aber nicht muß. Eine solche Empfehlung mag zur Folge haben, daß der Zerobond-Interessent einen Rechtsrat eines von der Beklagten empfohlenen Anwalts einholt und nicht seinen ständigen Rechts- oder Steuerberater dazu befragt. Entgegen der Beurteilung des Berufungsgerichts kann daraus indessen nicht gefolgert werden, die Beklagte habe damit für bestimmte Einzelfälle und zugunsten bestimmter Rechtsanwälte oder Steuerberater zu Lasten anderer um Kundschaft nachgesucht, also eine gezielte Direktwerbung betrieben.

c) Es verbleibt sonach allein die Feststellung, daß die Beklagte keinen unmittelbaren Kontakt der Leser ihres Berichts mit einem bestimmten Rechtsanwalt oder Steuerberater herstellt, vielmehr die Initiative zur Kontaktaufnahme dem jeweiligen Interessenten überläßt, der sich in der Anonymität ungezwungen entscheiden kann, ob er sich überhaupt an die Beklagte und gegebenenfalls an den empfohlenen Anwalt wenden soll. Für diesen Fall läßt sich eine über die redaktionelle Information hinausreichende Wettbewerbsförderungsabsicht der Beklagten nicht feststellen.

2. Eine Unterlassungspflicht der Beklagten ergibt sich entgegen der Beurteilung des Berufungsgerichts auch nicht aus dem Gesichtspunkt der Störerhaftung. Die Störerhaftung erfordert beim Störer zwar nicht die subjektive Einstellung, fremden Wettbewerb zu fördern, sie setzt aber jedenfalls voraus, daß ein Wettbewerbsverstoß des Dritten gegeben ist (BGH, Urt. v. 12.10.1989 – I ZR 29/88, GRUR 1990, 373, 374 = WRP 1990, 270 – Schönheits-Chirurgie; Urt. v. 3.11.1994 – I ZR 122/92, GRUR 1995, 62, 64 – Betonerhaltung; Urt. v. 10.10.1996 – I ZR 129/94 – Architektenwettbewerb, zur Veröffentlichung bestimmt). An einem solchen fehlt es hier indessen.

Ein Rechtsanwalt oder Steuerberater betreibt nämlich keine seinem Berufsbild fremde Werbung, wenn er nicht dagegen einwirkt, daß in Publikationsorganen im Rahmen einer die Öffentlichkeit interessierenden Berichterstattung seine berufliche Leistungsfähigkeit oder die Schwerpunkte seiner Tätigkeit sachlich richtig dargestellt werden (BVerfG NJW 1992, 1613, 1614; BGH, Urt. v. 13.9.1993 – AnwSt (R) 6/93, NJW 1994, 141). Dies gilt im Einzelfall selbst dann, wenn die Presse ohne Zutun des Dritten eine journalistisch pointierte Ausdrucksweise wählt (BVerfG NJW 1994, 123 betr.: „Mietrechtsspezialist”). Einem Rechtsanwalt oder Steuerberater ist es aus Wettbewerbsgründen auch nicht verwehrt, einem um Rechtsrat Nachsuchenden die sachlich richtige Information über seine Leistungsfähigkeit und die Schwerpunkte seiner Tätigkeit zu geben (BVerfG NJW 1995, 775; NJW 1995, 712; BGH, Urt. v. 16.6.1994 – I ZR 66/92, GRUR 1995, 422, 423 – Kanzleieröffnungsanzeige; Urt. v. 18.1.1996 – I ZR 15/94, WRP 1996, 288, 289 – Tätigkeitsschwerpunkte).

Der dem beanstandeten Artikel zu entnehmende werbende Inhalt, bei Bedarf einen auf dem dargestellten Sachgebiet kundigen Rechts- oder Steuerberater benennen zu können, geht nicht über die Grenzen des Rechts zur Selbstdarstellung der genannten freien Berufe hinaus. Die Annahme des Berufungsgerichts, das Verhalten der Beklagten sei geeignet, das Bild dieser freien Berufe „in Zweifel” zu ziehen, entbehrt somit der rechtlichen Grundlage und vermag das auf § 1 UWG i.V. mit § 43 b BRAO und § 57 a StBerG gestützte Verbot nicht zu tragen.

3. Das vom Berufungsgericht bestätigte landgerichtliche Verbot ist auch nicht aus § 8 StBerG herzuleiten. Es fehlt schon an den objektiven Voraussetzungen dieser Norm. Nach dem Vorgesagten läßt sich nämlich nicht feststellen, daß die Beklagte unaufgefordert Dienste Dritter zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen anbietet.

IV. Nach alledem ist auf die Revision das Berufungsurteil aufzuheben, das landgerichtliche Urteil abzuändern und die Klage insgesamt abzuweisen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.

 

Fundstellen

NJW 1997, 1304

GRUR 1997, 473

ZIP 1997, 806

JZ 1997, 1010

MDR 1997, 673

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