Entscheidungsstichwort (Thema)

Haftende Personen bei einem Bauherrenmodell

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Die das Management bildenden Initiatoren eines Bauherrenmodells haften den beitretenden Bauherren nach den Grundsätzen der Prospekthaftung für Vollständigkeit und Richtigkeit der mit ihrem Wissen und Willen in Verkehr gebrachten Werbeprospekte.

2. Personen und Unternehmen, die mit Rücksicht auf ihre besondere berufliche und wirtschaftliche Stellung oder auf ihre Eigenschaft als berufsmäßige Sachkenner eine Garantenstellung einnehmen (wie Wirtschaftsprüfer und Anlageberater), können Kapitalanlegern im Rahmen eines Bauherrenmodells haften, wenn sie durch ihr nach außen in Erscheinung tretendes Mitwirken am Prospekt einen Vertrauenstatbestand schaffen.

 

Normenkette

BGB §§ 195, 638; WiPrO § 51a

 

Verfahrensgang

Saarländisches OLG (Urteil vom 04.10.1988; Aktenzeichen 7 U 173/86)

 

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 7. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Saarbrücken vom 4. Oktober 1988 aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

 

Tatbestand

Der Beklagte zu 1 war Geschäftsführer und Mehrheitsgesellschafter der Firma R. und K. GmbH (Firma RuKa). Die Gesellschaft brachte seit 1979 Beteiligungen nach Art des „K. Bauherrenmodells” auf den Anlagenmarkt. Bei den Vorhaben handelte es sich um Errichtung und Betrieb sogenannter Wohnstifte. Bis 1982 hatte die Firma RuKa fünf Wohnstifte initiiert. Im Herbst dieses Jahres legte sie ihr sechstes Vorhaben dieser Art auf. In W. sollte eine Wohnanlage mit 148 Appartements gebaut werden. Der Gesamtaufwand war auf 42,7 Mio. DM veranschlagt. Im November 1982 gab die Firma RuKa den Prospekt heraus. Der Beklagte zu 2, ein Wirtschaftsprüfer und Steuerberater, hatte den Prospekt geprüft und über das Ergebnis unter dem 1. Dezember 1982 einen umfangreichen Bericht verfaßt. Die Beklagte zu 3 übernahm den Vertrieb; ihr oblag auch die Beratung der Anlageinteressenten und die Bildung der Bauherrengemeinschaft.

Das Wohnstift wurde 1984 fertiggestellt und an eine Betriebsgesellschaft verpachtet. Noch vor der ersten Pachtzahlung fiel die Pächterin in Konkurs. Im Juli 1985 geriet auch die Firma RuKa in Konkurs.

Die Klägerin, eine der Bauherren, behauptet, die Angaben in dem Prospekt seien in wesentlichen Punkten falsch und unvollständig, der Prüfbericht irreführend und die Anlageberatung mangelhaft gewesen. Sie verlangt deswegen aus eigenem und abgetretenem Recht Ersatz des Schadens, der ihr und sieben weiteren Bauherrn infolge der fehlerhaften Informationen entstanden sei.

Landgericht und Oberlandesgericht haben die Klage abgewiesen. Mit der – angenommenen – Revision, die die Beklagten zurückzuweisen bitten, verfolgt die Klägerin ihre – im Berufungsverfahren ermäßigten – Schadensersatzansprüche weiter.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.

1. Das Berufungsgericht verneint eine Haftung des Beklagten zu 1 schon dem Grunde nach.

Er sei für den Inhalt des Prospekts nicht verantwortlich, auch wenn er die Herausgeberin wirtschaftlich beherrscht habe. Die Grundsätze, die die Rechtsprechung zur Prospekthaftung bei der Publikums-KG entwickelt habe, seien auf das Bauherrenmodell nur mit Einschränkungen übertragbar. Eine Haftung der Personen, die das Management des Initiators bildeten oder ihn beherrschten, komme beim hier vorliegenden Bauherrenmodell nicht in Frage, weil die Kapitalanleger der Initiatorengesellschaft und nicht den Personen, die hinter ihr stünden, Vertrauen entgegengebracht hätten. Auch bestehe hier in der Frage der Haftung keine Regelungslücke, wie sie für die Publikums-KG typisch sei. Beim Bauherrenmodell weiche die Verteilung des Haftungsrisikos nicht vom gesetzlichen Leitbild ab. Wenn der Bauherr sein angelegtes Kapital verliere, sei dies nicht durch Lücken in der Haftungsregelung bedingt, sondern gehe auf die mangelnde Leistungsfähigkeit seines Vertragspartners zurück. Ein solches Risiko bestehe aber bei jedem Geschäft und sei keine Besonderheit des Bauherrenmodells. Deshalb bestehe keine Veranlassung, hier die Haftung auf die „Hintermänner” des Initiators zu erstrecken.

Im übrigen scheitere ein Schadensersatzanspruch gegen den Beklagten zu 1 auch daran, daß sich mögliche Unrichtigkeiten des Prospekts im Ergebnis nicht auf den Anlageentschluß der Bauherren ausgewirkt hätten.

2. Das hält der revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand.

Das Berufungsgericht stützt seine Ansicht vor allem auf den Unterschied, der zwischen den beiden Anlageformen besteht. Es vernachlässigt dabei die schutzwürdigen Interessen der Kapitalanleger, die beim Bauherrenmodell nicht anders gelagert sind als bei der Publikums-KG.

a) Der Senat hat die Frage bislang offen gelassen, ob die von der Rechtsprechung zur Publikums-KG entwickelten Grundsätze der Prospekthaftung auf das Bauherrenmodell übertragbar sind (zuletzt Senatsurteil NJW 1984, 863).

Im Schrifttum wird diese Frage einhellig bejaht (Reithmann/Brych/Manhart, Kauf vom Bauträger und Bauherrenmodell, 5. Aufl. Rdn. 136 a; Locher/Koeble, Baubetreuungs- und Bauträgerrecht, 4. Aufl., Rdn. 155; Locher/König, Bauherrenmodelle in zivil- und steuerrechtlicher Sicht, Rdn. 10; von Heymann DB 1980 Beilage 12, Seite 17; Wittmann DB 1980, 1579; Rosenberger ZfBR 1981, 253).

Das Oberlandesgericht Köln (Urteil vom 22. Mai 1981 – 20 U 107/80 = WM 1982, 23) und ihm folgend das Oberlandesgericht Celle (NJW 1986, 260) haben sich dieser Ansicht angeschlossen und die Grundsätze der Prospekthaftung ohne Einschränkung auf Bauherrenmodelle angewendet.

b) Der Senat teilt diese Ansicht zum Grund und Umfang der Haftung.

Das Bauherrenmodell gehört ebenso zur Abschreibungsbranche wie die Beteiligung an einer Publikums-KG. Beiden Anlagearten ist gemeinsam, daß der Prospekt oftmals die einzige Informationsquelle für den interessierten Kapitalanleger ist. Der Prospekt muß deshalb alle Angaben enthalten, die für die Anlageentscheidung von wesentlicher Bedeutung sind. Nur wenn diese Angaben vollständig und richtig sind, hat der Interessent die Möglichkeit, seine Entscheidung frei von Fehlvorstellungen zu treffen, die auf mangelhafter Sachinformation zurückzuführen sind. Andere Informationsquellen sind dem Interessenten regelmäßig nicht zugänglich. Nur unter der Voraussetzung, daß die durch den Prospekt vermittelte Information vollständig und richtig ist, kann der Kunde die ihm angebotene Kapitalanlage objektiv beurteilen und sein Anlagerisiko, das ihm ohnehin verbleibt, richtig einschätzen. Vor diesem Problem steht der Anlageinteressent unabhängig davon, ob es sich bei der ins Auge gefaßten Kapitalanlage um eine gesellschaftsrechtliche Beteiligung oder um den Erwerb einer Immobilie handelt. In beiden Fällen verlangen die Interessen des Anlegers, daß der Prospekt tauglich ist, die für den Anlageentschluß erforderlichen Informationen umfassend und objektiv zu vermitteln. Für die Vollständigkeit und Richtigkeit der in Verkehr gebrachten Prospekte muß deswegen jeder einstehen, der durch den Prospekt auf den Entschluß eines Kapitalanlegers Einfluß genommen hat. Für die Kapitalanlage durch Beteiligung an einer Publikums-KG besteht dieser Grundsatz schon seit langem; der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat ihn in BGHZ 71, 284 aufgestellt und in ständiger Rechtsprechung vertreten (BGHZ 72, 382; 77, 172; 79, 337; 83, 222; NJW 1985, 380; Urteil vom 14. Januar 1985 – II ZR 124/82 = WM 1985, 534; Urteil vom 17. Februar 1986 – II ZR 238/84 = WM 1986, 583, 584 = VersR 1986, 699; Urteil vom 12. Mai 1986 – II ZR 84/85 = WM 1986, 1047 = NJW-RR 1986, 1478; zuletzt NJW 1990, 571). Der IVa-Zivilsenat hat ihn entsprechend auf den Vermittler von Kapitalanlagen angewendet (NJW 1984, 2524 und ständig).

Für die Kapitalanlage in Form der Beteiligung an einem Bauherrenmodell kann nichts anderes gelten. Der vom Berufungsgericht herausgestellte Unterschied zwischen beiden Anlageformen betrifft nicht die Beschaffenheit der Informationen, die ein Anleger benötigt, um sein Risiko richtig einschätzen zu können. Dem Unterschied kommt daher keine entscheidungserhebliche Bedeutung zu. Wenn es um die Informationsvermittlung und die damit verbundene Beeinflussung des Anlageentschlusses geht, sind die für die Publikums-KG entwickelten Grundsätze ohne jede Einschränkung anwendbar.

c) Als Geschäftsführer und Mehrheitsgesellschafter der Initiatorin, die den Prospekt herausgebracht hat, ist der Beklagte zu 1 für den Inhalt des Prospekts verantwortlich. Schon in seiner ersten Entscheidung zur Prospekthaftung hat der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs dargelegt, daß die Personen, die die Publikums-KG gegründet haben oder ihr Management bilden, für die Richtigkeit und Vollständigkeit der mit ihrem Wissen und Wollen in Verkehr gebrachten Werbeprospekte einzustehen haben (BGHZ 71, 284).

Der Beklagte zu 1 gehört zu diesem Personenkreis; er allein hat die Geschicke der Herausgeberin des Prospekts bestimmt. Von ihm war die Gestaltung des Prospekts abhängig, mit dem er auf den Anlageentschluß einer Vielzahl von Interessenten Einfluß nehmen wollte. Wegen seiner beherrschenden Stellung ist es dabei unerheblich, ob der einzelne Kapitalanleger den Beklagten zu 1 persönlich kennengelernt hat. Der Beklagte zu 1 haftet schon deswegen, weil er allein das Handeln der Initiatorengesellschaft bestimmt und damit die Emission des Prospekts letztlich veranlaßt hat.

d) Seine Haftung entfällt nicht mangels Ursachenzusammenhangs zwischen Prospektinhalt und Schaden. Für das Revisionsverfahren muß unterstellt werden, daß der Prospekt nicht richtig oder vollständig gewesen ist; denn das Berufungsgericht hat diese Frage letztlich offen gelassen. Liegen Prospektmängel aber vor, dann sind sie für den geltend gemachten Schaden auch ursächlich. Anknüpfungspunkte für eine Haftung ist die Herausgabe des Prospekts; der Prospekt selbst kann nicht weggedacht werden, ohne daß auf seiten der Interessenten der Entschluß zur Kapitalanlage entfiele. Der Prospekt ist deshalb für die Entscheidung, die nach dem Vortrag der Klägerin zu einem Vermögensverlust geführt hat, ursächlich. Der Ursachenzusammenhang wird auch nicht durch den Prüfungsbericht unterbrochen, wie das Berufungsgericht meint. Der Bericht bestärkt lediglich den anhand des Prospekts bereits gefaßten Anlageentschluß; er ruft ihn aber nicht eigenständig hervor. Der Prüfungsbericht ist nämlich nur im Zusammenhang mit dem Prospekt verständlich und bildet mit ihm eine einheitliche Informationsquelle.

Im übrigen ist es Sache des Beklagten darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen, daß sich seine Pflichtverletzung auf den Schadenseintritt nicht ausgewirkt hat. Steht die Verletzung einer Aufklärungspflicht fest, bleibt es aber unklar, wie sich der Vertragspartner bei gehöriger Erfüllung der Aufklärungspflicht verhalten hätte, so geht diese Unklarheit zu Lasten des Aufklärungspflichtigen. Denn die Aufklärungspflicht dient dazu, dem Vertragspartner Klarheit über das mit dem Vertragsschluß verknüpfte Risiko zu verschaffen (Senatsurteil BGHZ 61, 118, 122; BGHZ 64, 46, 51; 79, 337, 346; BGH Urt. vom 27. November 1988 – XI ZR 4/88 = WM 1988, 1685 = NJW-RR 1989, 150; Senatsurteil vom 11. Mai 1989 – VII ZR 12/88 = BauR 1989, 623 = ZfBR 1989, 207 = NJW-RR 89, 1102 = WM 1989, 1286, 1288 m.w.N.).

II.

1. Das Berufungsgericht lehnt eine Haftung des Beklagten zu 2 ebenfalls ab.

Nach seiner Ansicht scheitern Prospekthaftungsansprüche daran, daß der Beklagte zu 2 in dem Prospekt nicht namentlich erwähnt werde und folglich kein Garant für die Richtigkeit des Prospektinhalts sei. Im übrigen könne dahinstehen, ob der Prospekt Mängel habe. Selbst wenn dies der Fall sei, so hätten sich die Mängel auf die Anlageentscheidung der Klägerin und ihrer Rechtsvorgänger nicht ausgewirkt; denn die Bauherren hätten sich im konkreten Fall nach der Darstellung der Klägerin nicht auf den Prospekt, sondern auf den Prüfungsbericht verlassen. Etwaige Mängel des Prospektes seien daher für den Beitritt zur Bauherrengemeinschaft nur nach Maßgabe der Ausführungen des Prüfberichts ursächlich geworden.

2. Auch dies hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

a) Ansprüche aus Prospekthaftung können nicht mit der Erwägung ausgeschlossen werden, der Beklagte zu 2 sei kein Garant für die Richtigkeit des Prospekts. Für den Fall der Kapitalanlage in Form einer Beteiligung an einer Publikums-KG hat der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs den Wirtschaftsprüfer, der an der Herausgabe des Emissionsprospekts mitgewirkt hatte, zum Kreis der für Vollständigkeit und Richtigkeit des Prospektinhalts verantwortlichen Vertrauensträger gezählt (BGHZ 77, 172). Neben den Initiatoren und Gestaltern des Vorhabens gehören zu diesem Kreis alle Personen, die durch ihre erkennbare Mitwirkung an der Prospektgestaltung einen besonderen Vertrauenstatbestand schaffen. Hierzu zählen insbesondere Personen, die mit Rücksicht auf ihre allgemein anerkannte und herausgehobene berufliche und wirtschaftliche Stellung oder wegen ihrer Eigenschaft als berufsmäßige Sachkenner dem Anlageinteressenten als besonders vertrauenswürdig erscheinen. Namentlich Rechtsanwälte, Wirtschaftsprüfer und Steuerberater genießen solches Ansehen und nehmen deshalb eine besondere Vertrauensstellung ein, wenn sie mit ihrer Zustimmung im Prospekt als Sachverständiger angeführt werden und in dieser Eigenschaft Erklärungen abgeben.

b) Für eine Kapitalanlage in Form einer Beteiligung an einem Bauherrenmodell gilt nichts anderes. Das Vertrauen, das die Kunden den Anbietern und den im Prospekt genannten berufsmäßigen Sachkennern entgegenbringen, ist in gleicher Weise schutzwürdig, wie bei einer Publikums-KG.

c) Der Beklagte zu 2 ist demnach für den Inhalt des Prospekts verantwortlich. Die gegenteilige Ansicht des Berufungsgerichts läßt außer acht, daß der Beklagte zu 2 in dem Prospekt auch ohne Namensnennung faktisch hervorgetreten ist und dabei besonderes Vertrauen für sich in Anspruch genommen hat. Auf Seite 16 enthält der Prospekt unter der Überschrift: „Sicherheiten für den Bauherrn” einen werbewirksamen Hinweis auf die Person des Beklagten zu 2, der eine Identifizierung auch ohne Namensnennung mühelos ermöglicht:

„3. Prospekt und Bauherrenvertrag sind durch ein Wirtschaftsprüfertestat gemäß den Allgemeinen Auftragsbedingungen für Wirtschaftsprüfer und Wirtschaftsprüfungsgesellschaften in der Fassung vom 1. April 1977 sowie nach dem Entwurf einer Verlautbarung des wohnungswirtschaftlichen Fachausschusses des Instituts für Wirtschaftsprüfer (IdW) vom 17. September 1981 geprüft. Bericht und Testat können aus standesrechtlichen Gründen in diesem Prospekt nicht abgedruckt werden. Auf Anforderung von Interessenten wird der Prüfungsbericht selbstverständlich zur Verfügung gestellt.”

Der Verfasser des Prüfberichts wird damit zu einem Vertrauensträger; denn unter Berufung auf seine berufliche Qualifikation soll der Kapitalanleger zum Beitritt zur Bauherrengemeinschaft bewegt werden. Mit der besonders herausgestellten Prüfung wirbt der Beklagte zu 2, der damit an der Gestaltung des Prospekts selbst mitgewirkt hat, um besonderes Vertrauen. Das tritt auch nach außen in Erscheinung. Daß dies nicht unter ausdrücklicher Namensnennung erfolgt, hindert das Entstehen seiner Vertrauensstellung nicht. Für jeden Interessenten ist der Name des Wirtschaftsprüfers, mit dessen Prüfungsbericht der Prospekt werben will, ohne weiteres zu erfahren. Sein Name ist ohnedies für den Anlageinteressenten regelmäßig weniger wichtig als seine berufliche Qualifikation.

d) Die Haftung des Beklagten zu 2 entfällt nicht mangels schlüssiger Darstellung des Ursachenzusammenhangs zwischen Prospektinhalt und Schaden. Für das Revisionsverfahren muß unterstellt werden, daß der Prospekt nicht richtig oder vollständig gewesen ist; denn das Berufungsgericht hat diese Frage letztlich offen gelassen. Liegen Prospektmängel aber vor, dann sind sie für den geltend gemachten Schaden nach der Darstellung des Klägers auch ursächlich geworden. Er hat behauptet, weder er noch die Zedenten wären in Kenntnis der wahren Umstände der Bauherrengemeinschaft beigetreten. Damit ist ein Ursachenzusammenhang zwischen den angeblichen Mängeln des Prospekts und dem behaupteten Schaden entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts schlüssig dargetan. Das wird nicht dadurch in Frage gestellt, daß die Interessenten sich auch auf den Prüfbericht verlassen haben wollen. Denn das schließt zum einen nicht aus, daß sie sich schon durch wahrheitsgemäße und vollständige Angaben im Prospekt von einem Beitritt hätten abhalten lassen, zum anderen baut der Prüfbericht auf dem Prospekt auf; er ist nur im Zusammenhang mit dem Prospekt verständlich und bildet mit ihm eine einheitliche Informationsquelle.

III.

Die Prospekthaftungsansprüche gegen die Beklagten zu 1 und 2 sind nicht verjährt.

1. Die Beklagten haben die Einrede der Verjährung erhoben und zur Begründung ausgeführt, selbst wenn die Grundsätze der Prospekthaftung in ihrem Falle Anwendung finden würden, so seien hieraus hergeleitete Schadensersatzansprüche nicht mehr durchsetzbar, weil sie der kurzen Verjährung entsprechend § 20 Abs. 5 Kapitalanlagengesetz (KAGG) und § 12 Abs. 5 Auslandsinvestmentgesetz (AuslInvestmG) unterlägen und inzwischen verjährt seien.

Das Berufungsgericht hat – von seinem Standpunkt aus folgerichtig – die Verjährungsfrage nicht erörtert.

2. Die Einrede der Verjährung greift nicht durch.

a) Nach der Rechtsprechung des II. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs verjähren Schadensersatzansprüche der Gesellschafter einer Publikums-KG wegen Mängeln im Prospekt sechs Monate nach dem Zeitpunkt, zu dem der Gesellschafter von der Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit des Prospekts Kenntnis erlangt hat, spätestens jedoch drei Jahre nach Beitritt zur Gesellschaft (BGHZ 83, 222; BGH NJW 1984, 2353).

Der Bundesgerichtshof leitet die kurze Verjährungsfrist aus §§ 20 Abs. 5 KAGG und 12 Abs. 5 AuslInvestmG her. Er begründet dies damit, daß dadurch Spekulationen verhindert werden sollen. Nach der Vorstellung des Gesetzgebers soll es dem Wertpapierkäufer versagt sein, den Zeitpunkt für die Ausübung seines an sich gegebenen Rücktrittsrechts nach spekulativen Gesichtspunkten zu wählen (amtliche Begründung zu KAGG/AuslInvestmG Seite 24 – vgl. Baur, Investmentgesetze, KAGG § 20 Arm. VII und AuslInvestmG § 12 Anm. VII). Dem Wertpapierkauf steht nach Ansicht des II. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs die Kapitalanlage in Form des Beitritts zu einer Publikumsgesellschaft gleich, so daß auch hier die Spekulation mit dem Rücktrittsrecht verhindert werden müsse (BGHZ 83, 222, 226). Dieser Gesichtspunkt ist sachgerecht für Vermögensanlagen, die den Kauf von Kapitalanteilen zum Gegenstand haben; denn diese Form der Anlage ist kaufrechtlich geprägt. Bei diesem Vertragstyp überwiegt der mit der kurzen Verjährungsfrist (§ 477 Abs. 1 BGB) verknüpfte Gedanke, daß im Interesse der Rechtssicherheit möglichst bald klare Verhältnisse zu schaffen sind, zumal der Wertpapierkäufer mit Wertschwankungen, die für Geschäfte dieser Art typisch sind, rechnen muß. Eine Verlängerung der „Gewährleistungs”-Frist stünde im Widerspruch zu der Vorstellung des Gesetzgebers, wonach Spekulationen mit Schadensersatzansprüchen zu unterbinden sind.

b) Die kurze Verjährung ist allerdings auf das Recht des Kaufvertrages zugeschnitten. Sie wird dem Bauherrenmodell nicht gerecht, das ganz überwiegend von Elementen des Werkvertragsrechts geprägt ist.

aa) In der Rechtsprechung wird zwar vertreten, auch beim Bauherrenmodell bestehe die Möglichkeit, mit Schadensersatzansprüchen zu spekulieren. Deshalb gelte es auch hier zu verhindern, daß der Bauherr die Geltendmachung seiner Schadensersatzansprüche wegen Prospektmängeln von spekulativen Erwägungen abhängig mache, indem er seinen Anspruch auf Rückgängigmachung des Vertrages zunächst nicht ausübe um abzuwarten, ob sich der Erwerb des Objekts trotz der Fehler im Prospekt nicht doch noch zu einem für ihn günstigen Geschäft entwickle (OLG Bremen OLGZ 1985, 322, 324 ff).

bb) Diese Argumentation überzeugt indessen nicht. Sie läßt außer acht, daß sich das Bauherrenmodell gerade darin von anderen Kapitalanlagen unterscheidet, daß es um die Herstellung eines Bauwerkes und den Erwerb von Grundeigentum geht. Es fehlt an der vergleichbaren, für Wertpapiergeschäfte typischen Interessenlage, die entscheidende Voraussetzung für eine analoge Anwendung der Verjährungsvorschriften nach § 20 Abs. 5 KAGG und § 12 Abs. 5 AuslInvestmG ist. Das Bauherrenmodell kann nur verwirklicht werden, wenn der Anleger das Bauherrenrisiko trägt. Dies bedeutet, der Anleger muß dem Besteller des Werkvertrags rechtlich und wirtschaftlich gleichstehen. Zwar geht es ihm auch hier um Rendite und Steuervorteile; ihre Realisierung setzt aber voraus, daß er ein Bauwerk errichtet. Bei den Anlageformen, die den Entscheidungen des II. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs zugrunde lagen, handelt es sich dagegen um gesellschaftsrechtlich geprägte wertpapierkaufähnliche Anlagen, für die die Übernahme des Bestellerrisikos nicht erforderlich ist.

cc) Es kann hier offen bleiben, ob die Prospekthaftungsansprüche beim Bauherrenmodell nach der allgemeinen Frist des § 195 BGB verjähren oder ob die Verjährungsfrist des § 638 BGB Anwendung findet, wie dies bei einem Anspruch aus Verschulden bei Vertragsverletzung der Fall ist, wenn sich die Pflichtverletzung mit dem Werkmangel deckt (Senatsurteil NJW 1969, 1710). Ob der Schadensersatzanspruch gegen den Beklagten zu 2, der als Wirtschaftsprüfer tätig geworden ist, der fünfjährigen Verjährung nach § 51 a WPO unterliegt, kann dahinstehen (vgl. BGHZ 100, 132, 136). Denn die Klageerhebung vom 15. Oktober bzw. 21. Oktober 1985 war in jedem Fall noch rechtzeitig, auch wenn die Schadensersatzansprüche entsprechend § 638 BGB oder entsprechend § 51 a WPO verjähren und die Verjährungsfrist bereits mit der Kenntnis der Fehlerhaftigkeit des Prospektinhalts oder mit Beendigung der Tätigkeit des Wirtschaftsprüfers in Gang gesetzt wird.

IV.

1. Nach Ansicht des Berufungsgerichts ist auch die Beklagte zu 3 nicht zum Schadensersatz verpflichtet.

Auch wenn man unterstelle, daß sie mit den Anlegern Beratungsverträge abgeschlossen habe, habe sie doch keine Pflicht aus derartigen Verträgen verletzt. Ihr hätten nämlich keine anderen Informationsquellen zur Verfügung gestanden als dem Wirtschaftsprüfer, der den Prospekt geprüft habe. Bei diesem Kenntnisstand habe für sie – ebenso wie für den Beklagten zu 2 – kein Anlaß bestanden, die Bonität der Initiatorin, die Werthaltigkeit ihrer Garantien sowie die Richtigkeit der durch den Prüfungsbericht modifizierten übrigen Prospektaussagen in Zweifel zu ziehen.

2. Dagegen wendet sich die Revision mit Erfolg.

a) Die Beklagte zu 3 hatte die Beratung der interessierten Anleger und die Bildung der Bauherrengemeinschaft übernommen. Es ist allgemein anerkannt, daß zwischen Anlagevermittler und Kapitalanleger sogar stillschweigend ein Beratervertrag zustande kommen kann, der Anlageberatung und Erteilung von Auskünften zum Gegenstand hat (BGH NJW 1982, 1095). So kann es auch hier liegen.

b) Die Verletzung eines derartigen Vertrages kann nicht mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung verneint werden.

aa) Der Anlagevermittler, der eine Beratung übernommen hat, genügt nicht schon dadurch seiner Pflicht, daß er seinen Kunden schriftliche Unterlagen überläßt, aus denen sie die erforderlichen Erkenntnisse entnehmen können. Entscheidend ist, daß der Kunde in die Lage versetzt wird, das Anlagerisiko objektiv richtig zu beurteilen. Deshalb muß der Vermittler dem Kunden alle Informationen, die für seinen Anlageentschluß wesentliche Bedeutung haben oder haben können, wahrheitsgemäß und sorgfältig, insbesondere aber vollständig erteilen (BGH a.a.O.). Danach muß der Anlagevermittler, wenn das schriftliche Material widersprüchlich ist, die vorhandenen Widersprüche aufdecken und erklären. Insbesondere muß er falsche Angaben des Prospekts ausdrücklich richtigstellen, wenn sie nicht offensichtlich unwesentlich für den Anlageentschluß sind (BGH Urteil vom 2. Februar 1983 – IVa ZR 118/81 = WM 1983, 263, 264). Wenn nötig muß der Vermittler hierzu auch eigene Nachforschungen anstellen (BGH NJW 1982, 1095).

Steht der Vermittler aber für den Kunden erkennbar auf der Anbieterseite, so trifft ihn nicht die Sorgfaltspflicht eines unabhängigen individuellen Beraters, dem weitreichendes persönliches Vertrauen entgegengebracht wird und der deshalb besonders differenziert und fundiert beraten muß. Nimmt der auf der Anbieterseite stehende Vermittler jedoch für sich in Anspruch, er verfüge über eingehende Informationen, wie sie ein Anlageberater üblicherweise nicht habe, und läßt er sich seine Beratungs- und Vermittlungstätigkeit mit einer „Beratungsgebühr” entlohnen, dann kann der Kunde von ihm allerdings eine besondere Sorgfalt erwarten. Welche Sorgfaltspflichten der Vermittler bei der Beratung seiner Kunden im einzelnen zu erfüllen hat, kann nicht allgemein bestimmt werden sondern nur im Hinblick auf die einzelnen für die Anlageentscheidung bedeutsamen Umstände (BGH Urteil v. 27. September 1988 – XI ZR 4/88 = WM 1988, 1685, 1686 = NJW-RR 1989, 150).

bb) Jedenfalls ist die Beklagte zu 3, wenn ihr eine Anlageberatung oblag, ihrer Informationspflicht nicht nachgekommen. Ihr mußten bei pflichtgemäßer Prüfung des Prospektes Bedenken hinsichtlich der Beurteilung des Anlagerisikos kommen. Der Prospekt stellt das Wohnstiftmodell als eine neue Form des Bauherrenmodells vor, bei dem der Anleger neben den sonst üblichen Vorteilen in den Genuß einer garantierten Gewinnausschüttung komme anstatt wie bei herkömmlichen Modellen noch zuzahlen zu müssen. Bei der gebotenen kritischen Prüfung hätte der Beklagten zu 3 auffallen müssen, daß alleiniger Garantieträger für die angepriesene Ausschüttungsgarantie die Initiatorin ist. Eine Absicherung durch zahlungskräftige Dritte ist nicht vorgesehen. Angesichts des Unterschieds zwischen Stammkapital der alleinigen Garantin (500.000 DM) und dem Volumen ihrer bereits in Angriff genommenen Vorhaben, die noch nicht abgewickelt waren (über 500 Mio. DM – vgl. Seite 19 des Prospekts), hätte die Beklagte zu 3 als sachkundige Vermittlerin erkennen und ausdrücklich darauf hinweisen müssen, daß die Kapitalanlage keineswegs so sicher war wie im Prospekt dargestellt. Insbesondere hätte die Beklagte zu 3 den Kunden erklären müssen, daß der Erfolg des Modells davon abhängig ist, daß die hohen Anlaufkosten eines jeden einzelnen Wohnstifts aufgebracht werden können, ohne daß hierzu die für das nachfolgende Projekt vorgesehenen Mittel eingesetzt werden müssen. Nur wenn die bereits in Betrieb genommenen Wohnstifte wirtschaftlich erfolgreich sind, d.h. wenn sie sich selbst tragen, lassen sich die nachfolgenden Vorhaben mit der zugesagten Rendite verwirklichen. Die Beklagte zu 3 hat diesen Schwachpunkt der Konzeption nicht erkannt oder bewußt verschwiegen; auf jeden Fall aber hätte sie ihre Kunden hierüber aufklären müssen. Keinesfalls durfte sie sich mit dem durch Prospekt und zugehörigen Prüfungsbericht vermittelten Kenntnisstand begnügen.

V.

Das angefochtene Urteil kann nach alledem nicht bestehenbleiben. Es ist aufzuheben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Zur abschließenden Entscheidung gemäß § 565 Abs. 3 Nr. 1 ZPO ist der Senat nicht in der Lage, da noch weitere Feststellungen erforderlich sind. Das Berufungsgericht hat nämlich offen gelassen, welche Mängel der Prospekt im einzelnen hat; auch zum Umfang des Schadens hat es noch keine Feststellungen getroffen. Das Berufungsgericht hat dies nachzuholen.

 

Unterschriften

Lang, Quack, Thode, Haß, Hausmann

 

Fundstellen

ZBB 1990, 222

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