Falsche Prospektangaben – Vorstandsmitglieder haften für entstandenen Schaden
Ein Kapitalanleger hatte via Börse zwischen den Jahren 2010 und 2013 mehrfach Hypothekenanleihen einer Aktiengesellschaft gekauft, also festverzinsliche Wertpapiere, die durch Grundpfandrechte im Grundbuch besichert sind.
Das Unternehmen finanzierte mit der Ausgabe dieser Anleihen seine Aktivitäten: Es hatte sich darauf spezialisiert, ältere Immobilien zu erwerben, diese zu renovieren und dann zu einem deutlich höheren Preis zu verkaufen.
Unternehmen ging insolvent und konnte einen Großteil der Anleihen nicht zurückzahlen
Doch das Geschäftsmodell war nicht sonderlich erfolgreich, mit entsprechend negativen Konsequenzen für die Käufer der Hypothekenanleihen: Das Unternehmen konnte nur zwei der acht ausgegebenen Anleihen an die Anleger zurückzahlen und musste Insolvenz anmelden.
Der Schaden war beträchtlich: Anleihen im Wert von 450 Millionen konnten nicht bedient werden. Der klagende Anleger, der die Anleihen nicht direkt bei der ausgebenden Gesellschaft, sondern über die Börse (sogenannter Sekundärmarkt) gekauft hatte, forderte von den Vorstandsmitgliedern der Aktiengesellschaft Schadensersatz. Er begründete seine Forderung damit, dass die Wertpapierprospekte fehlerhaft gewesen seien.
Fehlerhafte Jahresabschlüsse in Prospekten
Die Kaufentscheidung für die Anleihen habe deshalb auf falschen Tatsachen beruht. In den falschen Angaben sah der Anleger einen Kapitalanlagebetrug gemäß § 264a Strafgesetzbuch (StGB). Die Vorstandsmitglieder als Prospektverantwortliche müssten für den entstandenen Schaden einstehen.
BGH bestätigt Kapitalanlagebetrug – Vorstandsmitglieder haften für Schäden
Der Bundesgerichtshof (BGH) gab dem Anleger Recht. Die Vorstandsmitglieder haften für den entstandenen Schaden.
Die Beklagten hätten es zugelassen, dass die unrichtigen Jahresabschlüsse in Wertpapierprospekten zur Darstellung der Wirtschafts- und Ertragslage des Unternehmens verwendet worden seien. Die insoweit unrichtigen Prospekte wurden zum Vertrieb der Anleihen unter anderem auf der Homepage des Unternehmens zur Information für den Anleger veröffentlicht. Dies habe zur Folge, dass neben der grundsätzlich in Betracht kommenden – verjährten – Prospekthaftung im engeren Sinne der Straftatbestand des § 264a Abs. 1 Nr. 1 StGB erfüllt sei.
Es komme beim Kapitalanlagebetrug nicht darauf an, ob ein Anleger ein Wertpapier direkt vom ausgebenden Unternehmen kaufe oder indirekt über die Börse (Zweitmarkt).
Ob ein Wertpapier direkt vom Unternehmen oder über die Börse gekauft wurde, spielt für die Haftungsfrage keine Rolle
Das Gericht betonte die Notwendigkeit, Anleger – gerade auch die relativ unerfahrenen – vor Kapitalanlagebetrug zu schützen. Für eine mögliche Schadensersatzpflicht sei es deshalb nicht von Belang, ob das Wertpapier direkt vom Emittenten oder über die Börse erworben wurde.
(BGH; Urteil v. 5.5.2022, III ZR 131/20)
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