Kommentar
Die OFD Niedersachsen stellt in zwei neuen Verfügungen dar, wie Ansprüche auf Steuererstattungen und Erstattungszinsen, sowie zukünftig anfallende Nachzahlungszinsen bilanziell abgebildet werden müssen.
Zu welchem Bilanzstichtag ein Unternehmer einen Steuererstattungsanspruch aktivieren muss, der sich aus einer zu seinen Gunsten geänderten Rechtsauffassung ergibt, hat die Oberfinanzdirektion Niedersachsen (OFD) mit Verfügung vom 25.11.2015 dargestellt.
Aktivierung von Steuererstattungsansprüchen
Bestrittene Forderungen dürfen nach der ständigen Rechtsprechung des BFH erst dann aktiviert und als realisierte Erträge erfasst werden, wenn und soweit sie entweder rechtskräftig festgestellt oder vom Schuldner anerkannt worden sind (Folge des Vorsichtsprinzips). Ansprüche auf Steuererstattungen dürfen demnach nur dann in der Bilanz aktiviert werden, wenn sie am maßgeblichen Bilanzstichtag einen durchsetzbaren gegenwärtigen Vermögenswert verkörpern. Sie können nach der OFD-Weisung frühestens aktiviert werden, wenn sie nach den steuerrechtlichen Vorschriften entstanden und hinreichend sicher sind (Realisationsprinzip). Diese Aktivierungsvoraussetzungen sind bei vom Finanzamt zunächst bestrittenen Erstattungsansprüchen erst erfüllt, wenn einer Anspruchsrealisierung am entsprechenden Bilanzstichtag keine materiell-rechtlichen und verfahrensrechtlichen Hindernisse entgegenstehen (das Finanzamt den Anspruch also nicht mehr bestreitet) oder wenn der Anspruch aufgrund einer veröffentlichten verwaltungsinternen Weisung nicht mehr bestritten werden darf. Eine Aktivierung setzt nach der OFD-Verfügung also voraus, dass
- eine Rechtsfrage höchstrichterlich entschieden worden ist,
- die Finanzverwaltung das Urteil vorbehaltslos im Bundessteuerblatt II veröffentlicht (= es also allgemein anwendet) und
- der betroffene Steuerbescheid verfahrensrechtlich noch änderbar ist.
Behandlung von Zinsen
Welche bilanziellen Grundsätze für Erstattungs- und Nachzahlungszinsen gelten, beleuchtete die OFD mit weiterer Verfügung vom 30.11.2015.
Steuererstattungszinsen
Der Anspruch auf Steuererstattungszinsen entsteht nach § 233a Abs. 1 AO zwar erst, wenn eine (Betriebs-)Steuerfestsetzung mit Steuererstattung ergeht, eine entsprechende Forderung auf Erstattungszinsen muss ein Unternehmer allerdings schon nach Ablauf von 15 Monaten nach dem Steuererstattungsjahr ausweisen, da ab diesem Zeitpunkt der Zinslauf beginnt (§ 233a Abs. 2 AO). Dies gilt unabhängig davon, ob das Finanzamt die entsprechende Steuer zu diesem Zeitpunkt bereits festgesetzt hat. Daraus folgt, dass eine Forderung auf Steuererstattungszinsen frühestens zu dem Bilanzstichtag zu aktivieren ist, der 15 Monate nach dem Ablauf des Steuerentstehungsjahres liegt. Die OFD erklärt jedoch, dass der Forderungsausweis nur diejenigen Zinsen umfassen darf, die bis zum Bilanzstichtag wirtschaftlich entstanden sind.
Aktivierung setzt hinreichende Sicherheit voraus
Auch ein Anspruch auf Erstattungszinsen darf nach Abstimmung auf Bund-Länder-Ebene frühestens aktiviert werden, wenn er hinreichend sicher ist. Dies kann nicht erst zu dem Bilanzstichtag der Fall sein, der nach der Bekanntgabe der begünstigenden Verwaltungsentscheidung folgt, sondern bereits zu einem früheren Zeitpunkt, wenn weder materiell-rechtliche noch verfahrensrechtliche Hindernisse der Anspruchsrealisierung entgegenstehen. Folgendes Beispiel verdeutlicht diese Aussage:
Beispiel
Eine GmbH entrichtet für das Jahr 2011 eine Umsatzsteuer-Nachzahlung von 10.000 EUR, legt gegen den Umsatzsteuer-Bescheid jedoch wegen eines anhängigen BFH-Musterverfahrens fristgerecht Einspruch ein (ohne Antrag auf Aussetzung der Vollziehung). Das Finanzamt stellt das Verfahren zunächst ruhend. Einige Jahre später geht das Musterverfahren zu Gunsten des Unternehmens aus; die Finanzverwaltung veröffentlicht das Urteil im Jahr 2014 im Bundesssteuerblatt II und gibt damit zu erkennen, dass sie es allgemein anwendet. Das Finanzamt der GmbH gibt dem Einspruch jedoch erst in 2015 statt und erlässt einen geänderten Umsatzsteuerbescheid (mit Steuererstattung und Erstattungszinsen).
Lösung
Die GmbH muss den Anspruch auf Steuererstattung samt Zinsen bereits in der Bilanz auf den 31.12.2014 erfassen, denn durch die Veröffentlichung des Urteils im Bundessteuerblatt stand bereits im Jahr 2014 fest, dass das Finanzamt die Erstattungsansprüche nicht mehr bestreiten wird.
Rückstellungen für künftige Nachzahlungszinsen
Zur bilanzsteuerlichen Behandlung von zu zahlenden Nachforderungszinsen erklärt die OFD, dass ein Unternehmer frühestens 15 Monate nach Ablauf des Steuernachforderungsjahres eine entsprechende Rückstellung bilden darf. Diese Rückstellung darf allerdings nur diejenigen Zinsen erfassen, die bis zu diesem Zeitpunkt wirtschaftlich entstanden sind.
Link zur Verwaltungsanweisung
OFD Niedersachsen, Verfügung v. 30.11.2015, S 2133 - 22 - St 222/St 221