Prof. Dr. rer. pol. Hanno Kirsch
2.2.1 Wahl des Bilanzstichtags
Rz. 26
Da gesetzliche Vorschriften zur Fixierung des Bilanzstichtags nicht bestehen, kann grundsätzlich ein vom Kalenderjahr abweichendes Geschäftsjahr gewählt werden (§ 4a EStG). Wenngleich sich die Bedeutung dieses Instruments im Regelfall auf die erstmalige Festlegung des Bilanzstichtags konzentriert, kann dennoch zu einem späteren Zeitpunkt ein Wechsel des Geschäftsjahrs erfolgen, sofern dies nicht willkürlich erfolgt. Eine solche Willkür kann u. a. in häufigen Wechseln des Bilanzstichtags gesehen werden. Bei der Umstellung des Geschäftsjahrs sind insbesondere auch die einschränkenden steuerlichen Vorschriften zu beachten (vgl. § 4a Abs. 1 Nr. 2 Satz 2EStG, § 8b Satz 2 i. V. m. Satz 1 Nr. 2 EStDV).
Das bilanzpolitische Instrument der Wahl des Bilanzstichtags hat vor allem Bedeutung bei Saisonbetrieben, bei denen sich die Vermögens-, die Kapital- und die Liquiditätsstruktur rhythmisch ändern.
2.2.2 Wahl des Bilanzaufstellungstermins
Rz. 27
Für die Wahl des Aufstellungstermins des Jahresabschlusses und des Konzernabschlusses gelten gesetzlich vorgeschriebene Fristen (§§ 243 Abs. 3, 264 Abs. 1 Sätze 3, 4 2. Halbsatz, 290 Abs. 1, 336 Abs. 1, 341a Abs. 1, 5 HGB, §§ 5 Abs. 1, 13 Abs. 1 PublG). Der Wahl des Bilanzaufstellungstermins kommt deshalb eine erhebliche bilanzpolitische Bedeutung zu, da im Zeitraum zwischen Abschlussstichtag und Bilanzaufstellung zahlreiche neue wertaufhellende Informationen auftreten können. Sowohl das Vorliegen wertaufhellender Informationen (insbesondere Vorsichtsprinzip nach § 252 Abs. 1 Nr. 4 1. Halbsatz HGB) als auch das Fehlen wertaufhellender Tatsachen bei bewusster Wahl eines frühen Aufstellungstermins (beispielsweise zwecks Vermeidung von Wertminderungen oder Rückstellungen) kann gezielt für die materielle Bilanzpolitik eingesetzt werden.
Ebenso können mit der Wahl des Bilanzaufstellungstermins Umfang und Inhalt der Nachtragsberichterstattung nach §§ 285 Nr. 33 bzw. 314 Abs. 1 Nr. 25 HGB beeinflusst werden. Demgegenüber spielt der für die Durchführung der Inventur erforderliche Aufwand bei der Wahl des Bilanzaufstellungstermins im Regelfall nur eine untergeordnete Rolle, falls die Voraussetzungen für entsprechende Inventurerleichterungen, wie die permanente oder die vor- oder nachverlegte Stichtagsinventur (insbesondere bestandszuverlässige Lagerbuchführung), gegeben sind.
2.2.3 Wahl des Bilanzoffenlegungstermins
Rz. 28
Für die Offenlegung des Jahresabschlusses und des Konzernabschlusses gelten die gesetzlichen Bestimmungen der §§ 325–329, 339 HGB und §§ 9, 15 PublG. Bei größeren, insbesondere publizitätspflichtigen Unternehmen beurteilen die Jahresabschlussadressaten Abweichungen von den Erwartungen über die "üblichen Vorlagetermine" hinaus regelmäßig negativ. Sofern die gesetzlich eingeräumten Fristen zur Offenlegung weitestgehend vollständig ausgeschöpft werden sollen, kann es sich zur Abwendung von negativen Reaktionen der Abschlussadressaten anbieten, vor der Offenlegung des vollständigen Abschlusses bereits (ausgewählte) vorläufige Abschlusszahlen bekanntzugeben.
Da der Bilanzveröffentlichungstermin logischerweise nach dem Bilanzaufstellungstermin liegen muss, ergibt sich eine gewisse Abhängigkeit zu dem unter Rz. 27 dargestellten bilanzpolitischen Wahlrecht.
2.2.4 Wahl des Abgabetermins der Steuererklärung
Rz. 29
Bei der Wahl des Abgabetermins der Steuererklärung besteht insbesondere bei entsprechender Gewährung einer Fristverlängerung ein vergleichsweise großer Spielraum. Durch dieses bilanzpolitische Instrument lässt sich insbesondere der Zeitpunkt von Steuerzahlungen bzw. Steuerrückerstattungen beeinflussen.
Darüber hinaus besteht auch durch Wahl eines geeigneten Abgabetermins für die Steuererklärung die Möglichkeit, den Prüfungszeitraum für eine steuerliche Betriebsprüfung zu beeinflussen. Handelt es sich um einen Mittel-, Klein- oder Kleinstbetrieb, sind die Prüfer des Finanzamts gehalten, im Allgemeinen nur die letzten 3 Jahre zu prüfen, für die bis zum Erlass der Prüfungsanordnung Steuererklärungen eingereicht wurden. Soll aus welchen Gründen auch immer ein in der Vergangenheit liegendes Jahr nicht mitgeprüft werden, kann es sich empfehlen, die Steuererklärungen für 2 Jahre (vergangenes Jahr und das unmittelbar vor dem vergangenen Jahr liegende Jahr) zeitgleich einzureichen.