Leitsatz
Der Steuerpflichtige kann die AdV durch Tilgung der Steuerschuld beenden. Ein Anspruch auf Freigabe einer Sicherheit zur Tilgung der Steuerschuld besteht nur, wenn dem FA nachgewiesen wird, dass durch die Freigabe der Steueranspruch nicht gefährdet wird.
Normenkette
§§ 234, 237 AO
Sachverhalt
Die Klägerin erbrachte umsatzsteuerfreie Leistungen und war nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt. Sie bezog Leistungen von einem ausländischen Unternehmer und ging davon aus, dass sich der Leistungsort im Ausland befindet. Demgegenüber war das FA der Auffassung, dass die Leistung im Inland erbracht worden sei, sodass die Klägerin nach §§ 51ff. UStDV a.F. abzugsverpflichtet sei. Das FA gewährte für die Dauer des Rechtsbehelfsverfahrens AdV gegen Sicherheitsleistung. Der inländische Leistungsort und die damit bestehende Abzugsverpflichtung wurden finanzgerichtlich bestätigt. Vor Abschluss des FG-Verfahrens regte die Klägerin an, die AdV zu beenden und den Steueranspruch aus der Sicherheit (einem Pfandrecht an einem Bankkonto) zu tilgen. Das FA lehnte dies ab.
Nach Abschluss des FG-Verfahrens setzte das FA AdV-Zinsen fest. Die Klägerin beantragte einen Erlass aus Billigkeitsgründen, den das FA und auch das FG ablehnte (FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 10.8.2011, 7 K 7105/09, Haufe-Index 2755371, EFG 2012, 384).
Entscheidung
Der BFH bestätigte das FG-Urteil. Es lägen keine besonderen Billigkeitsgründe vor. Es sei nicht von einer aufgedrängten oder aufgezwungenen AdV auszugehen, da die Möglichkeit bestanden habe, die AdV durch Zahlung zu beenden, wodurch die Verzinsungspflicht nach § 237 AO geendet hätte.
Ein Billigkeitsgrund habe sich auch nicht aus der Art der Sicherheit ergeben. Zwar führe die Verpfändung eines Bankkontos anders als eine Bürgschaftsvereinbarung dazu, dass der Kontoinhaber den Zugriff auf Geldmittel verliere. Dieser Nachteil beruhe aber auf der Art dieser Sicherheit und könne durch Sicherheitsleistung in anderer Weise, wie z.B. durch Bankbürgschaft, abgewendet werden. Eine Freigabe der Sicherheit hätte nur erwogen werden müssen, wenn hierdurch der Steueranspruch nachweislich nicht gefährdet worden wäre.
Hinweis
Ein Erlass von AdV-Zinsen aus Billigkeitsgründen kommt nur ausnahmsweise in Betracht, da die Verzinsung dazu dient, dem Steuergläubiger den Nutzungsvorteil zuzuwenden, der ihm für den nach dem materiellen Steuergesetz geschuldeten Betrag gebührt. Es ist dabei im Regelfall angemessen, die Entscheidung über die Festsetzung von AdV-Zinsen als automatische Folge des Verfahrensausgangs über die Steuerfestsetzung anzusehen. Hiervon ist nur in besonders begründeten Einzelfällen abzuweichen.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 25.4.2013 – V R 29/11