Rn 19

Der Rückgewähranspruch entsteht – soweit die Anfechtungsvoraussetzungen gegeben sind – kraft Gesetzes.[67] Umstritten ist, ob der Anspruch mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens[68] oder schon davor, nämlich aufschiebend bedingt entsteht.[69] In jedem Fall ist das Bestehen des Anspruchs unabhängig davon, ob und wann er geltend gemacht wird.[70] Auf eine Ausübung einer Anfechtungsbefugnis kommt es mithin nicht an. Das gilt auch dann, wenn zuvor aufgrund desselben Sachverhalts eine Einzelgläubigeranfechtung möglich gewesen wäre.[71] Verwirklicht sich der Anfechtungstatbestand erst nach Verfahrenseröffnung, kommt es z. B. erst dann zu einer gläubigerbenachteiligenden Wirkung, entsteht das Anfechtungsrecht samt Rückgewähranspruch erst in diesem Moment.[72]

 

Rn 20

Der Anfechtungsanspruch erlischt mit Erfüllung (§ 362 BGB) oder Erlass (§ 397 BGB).[73] Auch können sich die Parteien des Rückgewährschuldverhältnisses über den Anspruch vergleichen, mit Ausnahme des vorläufigen Insolvenzverwalters, da seine Befugnisse auf den Zeitraum vor Verfahrenseröffnung beschränkt sind (siehe oben Rn. 10, 14).[74] Grenze für Verzicht und Vergleich ist die Insolvenzrechtswidrigkeit.[75] Der Anspruch erlischt im Grundsatz auch mit Beendigung des Insolvenzverfahrens, d. h. mit Aufhebung oder Einstellung. Soweit jedoch die Möglichkeit einer Nachtragsverteilung besteht (§ 203), bleibt der Insolvenzverwalter zur (Weiter-)Verfolgung des Anfechtungsanspruchs auch nach Beendigung des Insolvenzverfahrens befugt.[76]

[67] BGH ZInsO 2009, 820 (821); Küberl/Prütting/Bork-Jacoby, § 143 Rn. 9.
[69] BGHZ 15, 333 (337) = NJW 1955, 259; BFH BeckRS. 2008, 25 013 224; Jaeger-Henckel, § 143 Rn. 103; MünchKomm-Kirchhof, § 129 Rn. 186 und § 143 Rn. 9; Gottwald-Huber, § 52 Rn. 2.
[70] BGH ZIP 2004, 1653, 1654 [BGH 29.04.2004 - IX ZB 225/03] (Keller); ZIP 1995, 1204 (1205) [BGH 18.05.1995 - IX ZR 189/94]; BGHZ 101, 286 (288) = NJW 1987, 2821; daher kein Gestaltungsrecht MünchKomm-Kirchhof, § 129 Rn. 194; Nerlich/Römermann-Nerlich, § 143 Rn. 3; Kübler/Prütting/Bork-Jacoby, § 143 Rn. 9; Schmidt-Rogge, § 143 Rn. 6; Bork, Insolvenzrecht, Rn. 228.
[71] BGHZ 130, 38 (48) = ZIP 1995, 1204 = EWiR 1995, 795 (Gerhardt); MünchKomm-Kirchhof, § 129 Rn. 186; HK-Kreft, § 129 Rn. 82; Jaeger-Henckel, § 143 Rn. 103.
[72] MünchKomm-Kirchhof, § 129 Rn. 186; FK-Dauernheim, § 143 Rn. 35; Schmidt-Rogge, § 143 Rn. 2.
[73] HK-Kreft, § 129 Rn. 88; FK-Dauernheim, § 143 Rn. 36; Kübler/Prütting/Bork-Jacoby, § 143 Rn. 10.
[74] BGH BGHZ 130, 38 (48); LG Bremen ZIP 1991, 1224 [LG Bremen 01.02.1991 - 9 O 1371/90] (1224 f.) = EWiR 1991, 1001 (Johlke); Kreft, in: FS-Schmidt 2009, 965, 966 f.; Kilger-K. Schmidt, KO § 36 Anm. 1; MünchKomm-Kirchhof, § 129 Rn. 193; zur Setzung eines Vertrauenstatbestandes durch den Verzicht BGHZ 161, 315 (320 ff.) = ZIP 2005, 314 [BGH 09.12.2004 - IX ZR 108/04]; BGHZ 165, 283 (286 f.) = ZIP 2006, 431; FK-Dauernheim, § 143 Rn. 44; ausführlich hierzu Bork, ZIP 2006, 589 ff., insb. 594 ff.; zur Setzung eines Vertrauenstatbestandes durch die Zustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters BAG BB 2005, 1341 [BAG 27.10.2004 - 10 AZR 123/04] (1342 f.).
[75] Vgl. hierzu BGH BGHZ 150, 353, (361); 174, 84 (99 f.); BGH ZIP 2008, 884 f. [BGH 20.03.2008 - IX ZR 68/06]; weitergehend Uhlenbruck-Hirte, § 143 Rn. 5B.
[76] BGHZ 83, 102 (103) = ZIP 1982, 467; BGH ZIP 1992, 1152 [BGH 15.06.1992 - II ZR 88/91] (1152 f.) = EWiR 1992, 825 (Fleck); ausführlich auch HK-Kreft, § 129 Rn. 85; Schmidt-Rogge, § 143 Rn. 99.

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