Rn 21
Der Verwalter hat nur für die Dauer des Insolvenzverfahrens die Bücher des Kaufmanns zu führen und Rechnung zu legen, wenn und soweit das kaufmännische Unternehmen zur Insolvenzmasse gehört. Diese Pflicht beginnt mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Dementsprechend obliegt dem Verwalter – vorbehaltlich anderslautender Anordnungen durch das Insolvenzgericht, wobei dann die zusätzlichen Tätigkeiten gesondert zu vergüten sind – grundsätzlich weder die Fortschreibung einer bereits vorher abgebrochenen Buchführung für den vor Insolvenzeröffnung liegenden Zeitraum noch die Aufstellung, Feststellung und Offenlegung bislang noch ausstehender Jahresabschlüsse. Auch die auf den Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung zu erstellende Schlussbilanz hat er nicht anzufertigen. Erst recht nicht ist der Verwalter verpflichtet, fehlerhafte Buchführungen und Rechnungslegungen der Vergangenheit nachzubessern.
Rn 22
Diese sich auf den Zeitraum vor Insolvenzeröffnung beziehenden Pflichten hat vielmehr der Kaufmann selbst zu erfüllen. Mit Eröffnung des Verfahrens hat der Verwalter aber alles zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen in Besitz und Verwaltung zu nehmen (§ 148). Dazu gehören auch die der Rechnungslegung dienenden Unterlagen (Geschäftsbücher) des Schuldners (vgl. § 36 Abs. 2 Nr. 1). Der Verwalter muss dem Schuldner (seinen organschaftlichen Vertretern) deshalb die zur Erfüllung von dessen Pflichten erforderlichen Geschäftsunterlagen zugänglich machen. Zu Zurückbehaltungsrechten des Vorberaters vgl. eingehend die Kommentierung zu §§ 36, 148.
Rn 23
Folgt man dem nicht, findet die auch auf den Zeitraum vor Verfahrenseröffnung erstreckte Pflicht des Verwalters jedenfalls ihre Grenzen an der Möglichkeit (§ 275 BGB) oder der Zumutbarkeit (§ 242 BGB) der Erfüllung. Zu berücksichtigen ist auch, dass die (nachholende und zudem noch rückwärtsgewandte) Buchführung und Rechnungslegung bei Einstellung des Geschäftsbetriebs angesichts der wirtschaftlichen Situation des Schuldners für den Rechts- und Geschäftsverkehr keinen erkennbaren Nutzen hat; angesichts der zumeist damit einhergehenden Aufwände setzt sich der Verwalter bei diesbezüglichen Massebelastungen demnach Haftungsrisiken aus. Steuern können zudem im Schätzweg bemessen und festgesetzt werden (§ 162 AO).
Rn 24
Praktisch wird der Insolvenzverwalter aber eine von ihm vorgefundene unzureichende Buchführung und Rechnungslegung des Schuldners zumeist aufarbeiten müssen. Das ergibt sich vor allem aus dem Umstand, dass er für die von ihm zu führenden Bücher und aufzustellenden Rechenwerke in der Regel auf Zahlenmaterial aus der Zeit vor Verfahrenseröffnung zurückgreifen muss. Nach dem Grundsatz der Bilanzidentität (Bilanzstetigkeit) ist er grundsätzlich verpflichtet, bei seiner Eröffnungsbilanz die Wertansätze der Schlussbilanz des Schuldners für das mit Verfahrenseröffnung beendete Rumpfgeschäftsjahr zugrunde zu legen, die ihrerseits an die Abrechnungen der vorausgegangenen Geschäftsjahre anknüpfen muss (§ 252 Abs. 1 Nr. 1 HGB). Vor allem wird er auch Überbewertungen von Aktivposten, die der Schuldner zur Vermeidung der Insolvenz vorgenommen hatte, korrigieren müssen; insbesondere dann, wenn diese zu Ansprüchen zugunsten der Masse führen (etwa aufgrund zu hoher Steuerzahlungen). Zudem sind stille Reserven aufzudecken. Keinesfalls übernimmt der Insolvenzverwalter damit aber die Einstandspflicht für die Richtigkeit und Vollständigkeit der noch dem Schuldner obliegenden Rechenwerke.