Rn 12
Aufgrund der Fassung der Vorschrift in Abs. 1 als Generalklausel, stehen dem Gericht neben den ausdrücklich in Abs. 2 geregelten Maßnahmen vielfältige Möglichkeiten zur Verfügung, unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit auf den jeweiligen Einzelfall abgestimmte Anordnungen zu treffen.
2.1 Beispiele für Anordnungen
Rn 13
Anordnungen gegen Dritte sind jedoch nicht von der Ermächtigung in § 21 Abs. 1 gedeckt. In Ermangelung einer Teilnahme am Eröffnungsverfahren dürfen Rechte unbeteiligter Dritter nicht aktiv verkürzt werden, sondern der passive Schutz des Schuldnervermögens darf allenfalls zu einer mittelbaren Beschränkung der Rechte Dritter führen. Dies zeigt sich bereits darin, dass § 21 Abs. 1 Satz 2 nur ein Rechtsmittel für den Schuldner vorsieht. Sicherungsmaßnahmen dürfen sich daher ohne eine ausdrückliche Rechtsgrundlage nur gegen den Schuldner, nicht aber gegen Dritte richten. Das Insolvenzeröffnungsverfahren ist im Gegensatz zum eröffneten Insolvenzverfahren ein im Parteienstreit geführtes Verfahren zwischen dem Antragssteller und dem Antragsgegner. Wie im Zivilprozess kann dieser Grundsatz durch eine ausdrückliche gesetzliche Regelung durchbrochen werden. Dementsprechend kann sich die Anordnung einer Urkundenvorlage auch gegen Dritte richten (§ 4 i.V.m. § 142 ZPO), dabei handelt es sich aber nicht um eine vorläufige Maßnahme nach § 21.
2.2 Beispiele für Anordnungen
Rn 14
Bestellt das Gericht einen sog. "isolierten" Sachverständigen (vgl. hierzu die Kommentierung bei § 5 Rn. 13), handelt es sich nicht um eine vorläufige Maßnahme nach § 21 Abs. 1. Das Gericht wird vielmehr im Rahmen seiner Amtsermittlungspflicht aus § 5 Abs. 1 tätig, so dass die Anordnung nicht nach § 21 Abs. 1 Satz 2 beschwerdefähig ist. Unzulässig ist es folglich, den isolierten insolvenzrechtlichen Sachverständigen zu ermächtigen, Auskünfte von Dritten einzuholen, die dem Insolvenzschuldner gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichtet sind. Der Sachverständige kann anders als ein "starker" vorläufiger Insolvenzverwalter nicht wirksam von der Verschwiegenheitsverpflichtung befreien.
2.3 Beispiele für Anordnungen
Rn 15
Auch wenn die Generalklausel des Abs. 1 auf jeden Einzelfall abgestimmte Anordnungen ermöglichen will, haben sich in der Praxis doch einige häufig angewandte Anordnungen herauskristallisiert, die im Folgenden dargestellt werden, ohne einen Anspruch auf Vollständigkeit zu erheben. Im Übrigen wird auf die bei § 22 Rdn. 42 ff. dargestellten Pflichtenzuweisungen an den schwachen vorläufigen Insolvenzverwalter verwiesen.
2.3.1 Besondere Verfügungsbeschränkungen
Rn 16
Anstelle eines allgemeinen Verfügungsverbots (s.u. Rdn. 45 ff.) oder eines allgemeinen Zustimmungsvorbehalts (s.u. Rdn. 54 ff.) kann das Gericht einzelne, konkret bezeichnete Verfügungen verbieten (besonderes Verfügungsverbot) oder deren Wirksamkeit an eine Zustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters binden (besonderer Zustimmungsvorbehalt).
Dies kommt aus Gründen der Verhältnismäßigkeit insbesondere in Betracht, wenn nur einzelne Vermögensgegenstände des Schuldners gesichert werden müssen. So kann es im Einzelfall ausreichen, nur Verfügungen des Schuldners über Grundstücksrechte, Forderungen, sein Warenlager oder Teile hiervon (etwa bei Bestehen von Aus- und Absonderungsrechten) oder sonstige einzelne Vermögensgegenstände mit einer Verfügungsbeschränkung zu versehen. Eine Anordnung kann sich auch im arbeitsrechtlichen Bereich zur Vermeidung einer Verfügung über Arbeitsverhältnisse oder Betriebsvereinbarungen als sinnvoll erweisen. Denkbar ist auch, nur bestimmte risikobehaftete Geschäftsvorfälle im Schuldnerunternehmen an eine vorherige Zustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters zu binden, um entsprechend der Zielsetzung des § 21 Vermögensbeeinträchtigungen für ein späteres Insolvenzverfahren zu vermeiden. Auch kann dem Schuldner hinsichtlich der von ihm geführten Aktiv- und Passivprozesse ein besonderes Verfügungsverbot auferlegt und der schwache vorläufige Verwalter ermächtigt werden, diese zu führen.
Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsabwägung muss das Gericht jedoch bedenken, dass der Schutz vor unberechtigten Verfügungen bei einer besonderen Verfügungsbeschränkung grundsätzlich gering ist. Es handelt sich nicht um ein absolutes, sondern lediglich um ein relatives Verfügungsverbot im Sinne von §§ 135, 136 BGB.
Die Gegenauffassung übersieht, dass der eindeutige Wortlaut des § 24 Abs. 1 die entsprechende Anwendung von §§ 81, 82 nur für die Verfügungsbeschränkungen des § 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 vorsieht. Die Anordnung der besonderen Verfügungsbeschränkungen findet ab...