Rn 104

Eine vorherige Anhörung des Schuldners vor Anordnung von Sicherungsmaßnahmen ist nicht erforderlich.[279] Dies ergibt sich aus einem Umkehrschluss aus § 21 Abs. 3 Satz 1, der für die Haftanordnung die vorherige Anhörung des Betroffenen ausdrücklich vorschreibt (s.o. Rdn. 99). Weiterhin setzt die vorläufige Postsperre nach §§ 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4, 99 Abs. 1 Satz 2 grundsätzlich eine vorherige Anhörung voraus (s.o. Rdn. 72). Ansonsten kommt es jedoch nicht darauf an, ob durch eine vorherige Schuldneranhörung im konkreten Fall der Sicherungszweck gefährdet würde oder nicht.[280] Eine effektive Wirkung des Sicherungsinstrumentariums in § 21 ist nur gewährleistet, wenn die notwendigen Sicherungsmaßnahmen ohne jegliche Verzögerung ergriffen werden können, um Vermögensnachteile zu verhindern. Im Übrigen richten sich Sicherungsanordnungen meist gegen den Schuldner, dem bei vorheriger Information dann die Möglichkeit eröffnet würde, noch rechtzeitig vor Wirksamwerden der Sicherungsanordnungen masseschädigende Verfügungen zu treffen. Eine Anordnung vorläufiger Maßnahmen ohne Anhörung ist für den Schuldner auch nicht überraschend, da er entweder selbst den Insolvenzantrag gestellt hat oder bei einem Fremdantrag nach § 14 Abs. 2 bereits dazu angehört wurde und deshalb mit der Anordnung von Sicherungsmaßnahmen rechnen musste.

Verbleiben insbesondere bei Fremdanträgen noch Zweifel beim Insolvenzgericht hinsichtlich Erforderlichkeit oder Verhältnismäßigkeit, so steht es ihm selbstverständlich frei, den Schuldner ausnahmsweise vorher anzuhören, um ungerechtfertigte Eingriffe zu vermeiden.

Soweit – wie regelmäßig – aber von der Anhörung des Schuldners vor Erlass von Sicherungsmaßnahmen abgesehen wurde, ist aus rechtsstaatlichen Gründen die Gewährung rechtlichen Gehörs nachzuholen.[281] Dies kann durch die Zustellung des betreffenden Anordnungsbeschlusses erfolgen. Darüber hinaus steht dem Schuldner gemäß § 21 Abs. 1 Satz 2 die Möglichkeit zur Verfügung, im Rahmen einer sofortigen Beschwerde die Rechtmäßigkeit, insbesondere die Verhältnismäßigkeit einer angeordneten Maßnahme überprüfen zu lassen. Dabei wird im Abhilfeverfahren vor dem Insolvenzgericht das rechtliche Gehör nachgeholt.[282] Durch diese Rechtsschutzmöglichkeit werden die Schuldnerinteressen ausreichend geschützt.

[280] So aber:; MünchKomm-Haarmeyer/Schildt, § 21 Rn. 31 f.; Ahrens/Gehrlein/Ringstmeier-Sander, § 21 Rn. 9; Braun-Kind, § 21 Rn. 41; wie hier: BGH ZInsO 2011, 1742, Tz. 13 (allgemein zu befürchtende Gefährdung); HK-Rüntz/Laroche, § 21 Rn. 54; Kübler/Prütting/Bork-Blankenburg, § 21 Rn. 20; HambKomm-Schröder, § 21 Rn. 100; FK-Schmerbach, § 21 Rn. 45; LG Göttingen ZInsO 2003, 337 (338).
[282] BGH WKRS 2011, 31568, Tz. 4; ZInsO 2009, 1491, Tz. 11.

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