Rn 43
Die Obergrenze ist dabei durch § 22 Abs. 2 Satz 2 vorgegeben. Wird dem Schuldner kein allgemeines Verfügungsverbot auferlegt, dürfen dem vorläufigen Verwalter keine Pflichten übertragen werden, die über diejenigen eines starken vorläufigen Verwalters hinausgehen. Daraus folgt auch, dass dem vorläufigen Insolvenzverwalter keine weitergehenden Befugnisse übertragen werden können, als der endgültige Verwalter mit der Eröffnung kraft Gesetzes erhält. Weiterhin verbietet es sich schon systematisch im Verhältnis zu § 22 Abs. 1, dem vorläufigen Insolvenzverwalter über § 22 Abs. 2 faktisch die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über das Vermögen des Schuldners zu übertragen, insbesondere darf das Insolvenzgericht den Umfang der Verfügungs- bzw. Verpflichtungsermächtigung des vorläufigen Insolvenzverwalters nicht pauschal in das Ermessen eines nur "schwachen" vorläufigen Insolvenzverwalters stellen. Das Gericht ist vielmehr in solchen Fällen verpflichtet, gem. § 21 Abs. 1 dem Insolvenzschuldner konkrete bzw. beschränkte Verfügungsverbote (s. u. Rdn. 47) aufzuerlegen oder dem vorläufigen Insolvenzverwalter entsprechende Verpflichtungsermächtigungen im Einzelfall (sog. Einzelermächtigung, s. u. Rdn. 54 ff.) zu erteilen. So kann das Insolvenzgericht den vorläufigen Insolvenzverwalter ermächtigen, hinsichtlich der Betriebsgrundstücke des Schuldners Betretungsverbote auszusprechen; dagegen kann keine Ermächtigung erteilt werden, bei einer Gesellschaft als Insolvenzschuldnerin in die organschaftliche Stellung der Vertreter einzugreifen. Auch eine pauschale Ermächtigung, mit rechtlicher Wirkung für den Insolvenzschuldner zu handeln, ist nach § 22 Abs. 2 Satz 1 unzulässig. Ohne eindeutig geregelte Befugnis kommt es sowohl im Verhältnis zum Schuldner, als auch zu den beteiligten Gläubigern zu Kompetenzkonflikten und Unsicherheiten über die rechtlichen Befugnisse des vorläufigen Verwalters. Die damit verbundenen, teilweise unabsehbaren Risiken dürften sich meist verfahrensschädlich auswirken, da sich alle Beteiligten vorrangig mit der Lösung der Kompetenzprobleme beschäftigen, anstatt die meist im Übermaß vorhandenen Sachprobleme anzugehen.
Rn 44
Die gleichzeitige Erteilung eines Sachverständigenauftrags nach § 22 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 (s. u. Rdn. 98 ff.) an einen vorläufigen Insolvenzverwalter ohne Verfügungsbefugnis ist unproblematisch, da die Befugnisse des starken vorläufigen Insolvenzverwalters nicht überschritten werden.