Rn 60
Für alle der nachfolgend aufgeführten Arten von Forderungen ist bei der klagweisen Eintreibung darauf zu achten, dass der Kontokorrentvertrag mit der Bank des Insolvenzschuldners mit Eröffnung des Verfahrens erlischt, so dass der aus der Kontokorrentabrede stammende erhöhte Zinssatz nicht mehr als Verzugsschaden gegenüber den Schuldnern des Insolvenzschuldners geltend gemacht werden kann.
3.3.2.1 Lieferung und Leistung
Rn 61
Alle Forderungen aus Lieferung und Leistung fallen in die Insolvenzmasse. Zur Behandlung von verlängerten Eigentumsvorbehalten siehe § 47 Rn. 15 ff.
Rn 62
Besondere Probleme bereiten Forderungen des Schuldners, deren Abtretbarkeit insoweit eingeschränkt ist, als der Schuldner einer Abtretung im Einzelfall zustimmen muss, wie z. B. Honorarforderungen eines Rechtsanwalts (§ 49 b Abs. 4 Satz 2 BRAO), Steuerberaters (§ 64 Abs. 2 Satz 2 StBerG) oder Wirtschaftsprüfers (§ 55 a Abs. 3 Satz 3 WiPrO), sog. schweigepflichtige Selbstständige. Dieses Zustimmungserfordernis wird teilweise – wegen § 851 Abs. 1 ZPO – auf die Pfändbarkeit der Forderung erstreckt. Gleichwohl räumt die Rechtsprechung den Rechten der beteiligten Gläubiger den Vorrang ein.
Die Reichweite von vor der Verfahrenseröffnung erfolgten Abtretungen und sonstigen Rechten bestimmt sich nach § 91 Abs. 1; die Insolvenzfestigkeit ist an den Vorgaben der §§ 129 ff. zu messen.
3.3.2.2 Darlehen
Rn 63
(Rückzahlungs-)Ansprüche des Insolvenzschuldners aus gewährten Darlehen gehören zur Masse. Mangels eines Sonderkündigungsrechtes des Verwalters kann sich der Darlehensschuldner des Insolvenzschuldners auf die im Darlehensvertrag getroffenen Abreden (insbesondere Ratenzahlung) berufen (vgl. § 108 Rn. 28). Soweit künftige Ansprüche geltend gemacht werden (z. B. Rückforderungen von Vorauszahlungen), sind diese abzuzinsen.
Umgekehrt fällt ein Anspruch des Insolvenzschuldners auf Auskehrung eines Darlehens auch dann in die Insolvenzmasse, wenn das Darlehen schuldrechtlich zweckgebunden zur Weiterleitung an einen Dritten vorgesehen war. Allerdings lässt sich eine solche Vermögensposition wohl ausschließlich durch Anfechtung einer an den Begünstigten geleisteten Zahlung realisieren, weil dem Darlehensgeber andernfalls (nach Verfahrenseröffnung bzw. Insolvenzantrag) ein Zurückbehaltungsrecht nach § 321 BGB zustehen dürfte.
3.3.2.3 Arbeitslohn
Rn 64
Der Anspruch des Insolvenzschuldners auf Arbeitslohn gehört (anders als seine Arbeitskraft, siehe Rn. 111) zur Insolvenzmasse. Dabei ist es her unbeachtlich, dass der Schuldner als ehemaliger Arbeitnehmer eines gleichfalls insolventen Arbeitgebers nunmehr bei einer sog. "Beschäftigungs- und Qualifizierungsgesellschaft" angestellt ist. Probleme können sich aber in diesem Zusammenhang daraus ergeben, dass die dabei zu beachtenden Pfändungsfreigrenzen unter Berücksichtigung des gesamten Gehalts oder nach Maßgabe einzelner Teilsummen, die das Gesamtgehalt ergeben, berechnet werden. Gleiches gilt für Ersatzleistungen (Arbeitslosengeld oder -hilfe) sowie Versorgungsleistungen eines berufsständischen Versorgungswerks. Genauso verhält es sich mit Abfindungsansprüchen des Schuldners, die in die Insolvenzmasse fallen. Zur Frage der Dauer der Einbeziehung solcher laufenden Einnahmen siehe Rn. 113.
3.3.2.4 Versicherungsansprüche
Rn 65
Ein Zahlungsanspruch der Masse gegen Versicherungsunternehmen resultiert regelmäßig aus der Leistungspflicht des Versicherers nach Eintritt eines Schadensfalls (z. B. Abbrennen von Gebäuden, Diebstahl). Um einen Anspruch gegen den Versicherer zu erhalten, muss der Verwalter das bestehende Versicherungsverhältnis jedoch nicht unter Verzicht auf sein Recht nach § 103 übernehmen. Maßgeblich ist lediglich, dass zum Zeitpunkt des Schadensfalles Versicherungsschutz bestand, so dass keine Prämienrückstände vorgelegen haben dürfen. § 35 umfasst neben den Zahlungsansprüchen vor allem auch sämtliche Widerrufs- und Kündigungsrechte. Nicht erfasst sind dagegen Versicherungsansprüche, wenn sie unpfändbare Gegenstände des Schuldners betreffen (§ 17 VVG).
Rn 66
Besonderheiten gelten im Fall der Versicherung für fremde Rechnung gemäß § 46 Satz 1 VVG, wenn der Verwalter über das Vermögen des Versicherten vom Versicherungsnehmer die Herausgabe der Police einer zugunsten des insolventen Schuldners abgeschlossenen Versicherung fordert. Der Versicherungsnehmer kann zunächst die Befriedigung seiner in Bezug auf die versicherte ...