Rn 27
Nach § 27 Abs. 1 ernennt das Insolvenzgericht mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens einen Insolvenzverwalter. Gleichwohl beginnt das Amt des Verwalters nicht mit dieser Ernennung im Eröffnungsbeschluss, sondern mit Aushändigung der Ernennungsur-kunde und Annahme des Amtes. Es empfiehlt sich daher für den Verwalter schon aus haftungsrechtlichen Gründen, in einem Schreiben gegenüber dem Insolvenzgericht die Annahme förmlich zu erklären und den Zeitpunkt des Erhalts der Ernennungsurkunde zu bestätigen. Für den nach § 27 Abs. 1 ernannten Verwalter besteht keine Pflicht zur Annahme des Amtes. Hat er das Amt dagegen angenommen, kann er es von sich aus selbständig nicht niederlegen, insoweit unterscheidet er sich von dem Organ einer Kapitalgesellschaft. Er kann lediglich gemäß § 59 Abs. 1 seine Entlassung beim Insolvenzgericht unter Angabe eines wichtigen Grundes beantragen.
Sein Amt endet vorzeitig z. B. mit Aufhebung des Eröffnungsbeschlusses im Beschwerdewege (vgl. § 34) oder mit seiner Entlassung (vgl. § 59). Entsprechend § 34 Abs. 3 Satz 3 behalten Rechtshandlungen, die vom Verwalter oder ihm gegenüber vorgenommen worden sind, ihre Wirksamkeit. Dies gilt auch im Falle der Entlassung des Verwalters, soweit nicht insolvenzzweckwidrige Handlungen vorliegen. Regelmäßig endet das Amt des Insolvenzverwalters mit der Beendigung des Verfahrens (z. B. gemäß §§ 200, 207, 211, 212, 213, 258). In allen Fällen hat der Insolvenzverwalter gemäß § 66 Rechnung zu legen. Im Übrigen endet das Amt des Verwalters mit dessen Tod oder Verlust der uneingeschränkten Geschäftsfähigkeit. In diesen Fällen gehen die Pflichten des Verwalters zunächst auf dessen Erben bzw. Betreuer über, so dass diese zur Rechnungslegung verpflichtet sind, jedoch diese Aufgabe entweder auf den neuen Verwalter oder einen geeigneten Dritten übertragen können.
Rn 28
Die methodisch zutreffende Entwicklung und Einordnung der Rechtsstellung des Insolvenzverwalters ist seit jeher Gegenstand eines umfangreichen Theorienstreits in der Literatur. Während sich Rechtsprechung und Insolvenzpraxis durchgängig entsprechend der Begriffsverwendung in § 116 ZPO der Amtstheorie angeschlossen haben, wurden in der Literatur verschiedenste Versuche unternommen, den Konkurs- bzw. Insolvenzverwalter als Vertreter des Gemeinschuldners oder als Organ einer quasi rechtlich verselbständigten Vermögensmasse anzusehen. Dabei scheitert die Organtheorie an dem unüberwindlichen Hindernis, dass die der Verwaltung unterliegende Vermögensmasse kein selbständiges Rechtssubjekt darstellt. Die Vertretertheorie hat ihre Schwierigkeiten mit dem Umstand, dass der Insolvenzverwalter anders als der rechtsgeschäftliche oder gesetzliche Vertreter nicht oder jedenfalls nicht vorrangig die Interessen des von ihm Vertretenen wahrzunehmen hat. Vielmehr ist er nach dem insoweit eindeutigen Wortlaut der InsO verpflichtet, die Interessen sämtlicher Verfahrensbeteiligter bestmöglich zu wahren (arg. § 60 Abs. 1). Daneben wurde mit Rücksicht auf diese neutrale Stellung des Verwalters die sog. Theorie vom neutralen Handeln entwickelt. Auch diese Theorie konnte sich aber nicht durchsetzen, da unsere Zivilrechtsordnung keine Willenserklärung kennt, die weder im eigenen noch im fremden Namen abgegeben wird, wie sich aus § 164 Abs. 2 BGB entnehmen lässt.
Rn 29
Neuerdings ist noch im Geltungsbereich der Konkursordnung der Versuch unternommen worden, die in vielen Bereichen ebenfalls als untauglich erkannte Vertretertheorie zu modifizieren und danach zu differenzieren, ob es sich bei dem Gemeinschuldner um eine juristische oder eine natürliche Person handelt. Im ersten Fall soll dem Insolvenzverwalter die organschaftliche Stellung eines Drittliquidators zukommen, dagegen soll er bei einer natürlichen Person als deren gesetzlicher Vertreter fungieren. Auch diese Theorie lässt aber keine saubere und in sich abgeschlossene Einbettung der Rechtsstellung des Verwalters in unsere Gesamtrechtsordnung zu. Sie macht insbesondere bei juristischen Personen nicht ausreichend deutlich, dass der Insolvenzverwalter eben gerade kein Organ des von ihm verwalteten Unternehmens darstellt. Sie birgt mit dieser Konstruktion die Gefahr in sich, dass gerade bei den überwiegend insolvenzrechtlich unerfahrenen Beteiligten der falsche Eindruck entsteht, der Insolvenzverwalter vertrete die Interessen des Schuldners gegen die Gläubiger. Diese Fehleinschätzung führt nicht nur zu vermeidbaren Missverständnissen, sondern vor allem in der Verfahrenspraxis zu anfänglichem Misstrauen gegenüber dem Verwalter und damit zu unerwünschten Verfahrenshindernissen bzw. Auseinandersetzungen. Die Theorie verkennt auch, dass gerade kein Geschäftsbesorgungs- oder Auftragsverhältnis mit dem Schuldner besteht, aus dem sich andernfalls besondere und vorrangige Pflichten des Verwalters gegenüber dem Schuldner ergeben müssten. Sicherlich kann der Theorie zugute gehalten werden, dass sie für manche im Zusammenhang mit der Stell...