Rn 8
Neben dem Regelsatz einer Vergütung, den der Verordnungsgeber in § 2 InsVV als eine degressive Staffelvergütung ausgestaltet hat, sieht Abs. 1 Satz 3 vor, dass dem Umfang und der Schwierigkeit der Geschäftsführung des Verwalters durch Abweichungen von diesem Regelsatz Rechnung getragen wird. Damit bringt der Gesetzgeber zum Ausdruck, dass es sich bei der Vergütung des Insolvenzverwalters bzw. über die entsprechenden Verweisungsregelungen des Sachwalters oder Treuhänders sowie letztendlich auch des vorläufigen Insolvenzverwalters, für den trotz spezieller Regelungen in Abs. 3 eine entsprechende gesetzliche Regelung fehlt (nur § 11 Abs. 3 InsVV), um eine einzelfallbezogene Vergütung handeln soll, die den Aufwand des Verfahrensorgans im jeweiligen konkreten einzelnen Verfahren angemessen abgilt. Gleichwohl konnte sich dieser in einem offenen Vergütungssystem eigentlich selbstverständliche Grundsatz in der Praxis nicht uneingeschränkt durchsetzen. Er kollidiert natürlich mit den finanziellen Interessen der Verfahrensbeteiligten. So birgt eine wertbezogene Regelvergütung immer die Gefahr, dass aufgrund eines geringen Werts die im Einzelfall sehr intensive Tätigkeit des Verwalters nicht angemessen abgegolten wird und oft bei geringen Massen auch gar nicht abgegolten werden kann, da eine staatliche Subsidiärhaftung gesetzlich nur im Falle einer Stundung der Verfahrenskosten für natürliche Personen vorgesehen ist. Aber auch in diesen Fällen haben die betroffenen Landesjustizkassen natürlich ein Interesse daran, den Aufwand in den Verfahren einzudämmen. Daher behilft sich die Rechtsprechung mit einem dem Gesetz nicht direkt zu entnehmenden Grundsatz der Querfinanzierung. Danach soll entgegen der gesetzlichen Anordnung auch eine im Einzelfall nicht auskömmliche und dem Tätigkeitsaufwand entsprechende Vergütung zumutbar sein. Damit unterstellt die Rechtsprechung, dass in anderen Verfahren offenbar Vergütungen ausgeworfen werden, die über den tatsächlichen Tätigkeitsaufwand hinausgehen und damit nicht mehr im Einzelfall angemessen sein sollen. Ein rechtstatsächlicher oder gar empirischer Nachweis hierfür liegt nicht vor, vielmehr wird diese Einschätzung offenbar nur mit subjektiven und in diesem Zusammenhang unangebrachten Angemessenheits- und Sättigungserwägungen begründet.
Rn 9
Neben anderen denkbaren und im Gesetzgebungsverfahren auch diskutierten Lösungen soll nach der geltenden gesetzlichen Regelung den besonderen Umständen des Einzelfalls durch eine individuelle Abweichung vom Regelsatz der Vergütung Rechnung getragen werden. Dabei kann die Abweichung sowohl nach oben als auch nach unten erfolgen. Technisch geschieht dies durch Zuschläge zu bzw. Abschläge von der auf der Berechnungsgrundlage ermittelten Staffelvergütung als Regelvergütung. Maßgeblich für Zu- bzw. Abschläge ist der Umfang und die Schwierigkeit der Geschäftsführung des Verwalters im einzelnen Verfahren. Entscheidend ist also der tatsächliche Arbeitsaufwand des Verwalters im konkreten Verfahren. Es kommt also darauf an, ob der Umfang und die Schwierigkeit des Verfahrens den Verwalter mehr oder weniger als sonst üblich in Anspruch genommen haben. Damit wird zwar auf den konkreten Aufwand des Verwalters im Einzelfall abgestellt, der Aufwand wird jedoch einer Angemessenheitsbeurteilung im Verhältnis zu dem objektiven Grad des Umfangs und der Schwierigkeit des einzelnen Verfahrens unterstellt. Es kommt also nicht nur darauf an, ob und in welchem Umfang der Verwalter tatsächlich Tätigkeiten entfaltet hat oder belastet wurde, sondern ob diese Mehrbelastungen und Tätigkeiten nach dem konkreten Zuschnitt des einzelnen Verfahrens objektiv auch gerechtfertigt und notwendig waren.
Rn 10
Soweit in der vorzitierten Rechtsprechung von einer Geschäftsführung gesprochen wird, die den Verwalter stärker als üblich in Anspruch genommen hat, wird ein weder im Gesetz noch in der InsVV ausdrücklich geregelter Normalfall vorausgesetzt, für den offenbar der Regelsatz der Vergütung nach § 2 Abs. 1 InsVV gelten soll. Für diesen Normalfall wurden in der Literatur unterschiedliche Kriterien entwickelt. Qualitativ orientiert sich dieser Normalfall zunächst an den Aufgaben, die dem Insolvenzverwalter gesetzlich zugewiesen sind. Quantitativ haben sich als Kriterien des Normalfalls eine Verfahrensteilnahme von bis zu 100 Gläubigern, eine Verfahrensdauer von etwa zwei Jahren sowie Aus- und Absonderungsrechte in geringerem Umfang, d. h. weniger als die Hälfte des Schuldnervermögens herauskristallisiert. Außerdem geht nach dieser Auffassung dieser Normalfall von einer Liquidation des Schuldnervermögens aus und beinhaltet auch keine Haus- oder Grundstücksverwaltung. Für diese Konstellation eines Unternehmensinsolvenzverfahrens soll eine Regelvergütung nach § 2 Abs. 1 InsVV ohne Zu- und Abschläge angemessen sein. Hierbei ist allerdings daran zu erinnern, dass der Wert dieser Regelvergütung aus den wirtschaftlichen und verfahrenstechnischen Verhältnissen des Jahr...