Vergütung des Sonderinsolvenzverwalters ist nicht immer durch RVG limitiert
Ein Sonderinsolvenzverwalter ist unter anderem dann zu bestellen, wenn der eigentliche Insolvenzverwalter daran gehindert ist, eine zur Tabelle angemeldete Forderung zu prüfen. Dies kann beispielsweise dann der Fall sein, wenn die betreffende Forderung von dem Insolvenzverwalter selbst angemeldet wurde, weil er zugleich Insolvenzverwalter eines anderen Schuldners ist, dem die Forderung zusteht. Der Insolvenzverwalter kann dann nicht Anmeldender und Prüfender zugleich sein. Aus diesem Grund wird in diesen Fällen ein Sonderinsolvenzverwalter bestellt.
Vergütung bei Einzeltätigkeiten
Oftmals beschränkt sich die Tätigkeit des Sonderinsolvenzverwalters auf die Prüfung oder Durchsetzung einzelner Ansprüche. Bei solchen Einzelhandlungen ist seine Tätigkeit kaum mit der eines Insolvenzverwalters vergleichbar. In diesen Fällen wird nach ständiger Rechtsprechung des BGH daher angenommen, dass die dem Sonderinsolvenzverwalter zustehende Vergütung der Höhe nach beschränkt ist auf die Gebühren, die ein Rechtsanwalt nach dem RVG verlangen könnte. Gestützt wird diese Ansicht auf § 5 Abs. 1 InsVV, wonach der Insolvenzverwalter - sofern er gleichzeitig Rechtsanwalt ist – für einzelne Tätigkeiten, die angemessener Weise einem Rechtsanwalt zu übertragen waren, eine Vergütung nach dem RVG verlangen kann. Ist ein Sonderinsolvenzverwalter also mit einzelnen Tätigkeiten betraut, soll seine Vergütung in Anlehnung an diese Vorschrift nicht höher als die eines Rechtsanwalts festgesetzt werden.
Keine Begrenzung bei umfangreicher Tätigkeit des Sonderinsolvenzverwalters
Nun stellt sich allerdings die Frage, wie die Vergütung zu bemessen ist, wenn der Sonderinsolvenzverwalter nicht lediglich mit einer einzelnen Aufgabe betraut wird, sondern einen wesentlichen Bruchteil der in einem Insolvenzverfahren angemeldeten Forderungen zu prüfen hat. Mit dieser Konstellation hatte sich der BGH in einem Fall zu befassen, in welchem der Insolvenzverwalter für einen anderen Schuldner, für den er ebenfalls als Insolvenzverwalter bestellt worden war, mehr als 40 Forderungen in einer Größenordnung von 200.000 EUR zur Tabelle angemeldet hatte. Die angemeldeten Forderungen machten etwa ein Drittel der insgesamt zu prüfenden Forderungen aus. Die Aufgabe, die dem Sonderinsolvenzverwalter oblag, beschränkte sich also nicht auf eine bloße Einzeltätigkeit. Der BGH entschied, dass in einem solchen Fall die dem Sonderinsolvenzverwalter zustehende Vergütung nicht nach dem RVG zu beschränken ist, sondern je nach Umfang der Tätigkeit darüber hinausgehen darf.
(BGH, Beschluss v. 11.11.2021, IX ZB 13/21).
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Hintergrund: Sonderinsolvenzverwalter - Bestellung und Vergütung
Ein Sonderinsolvenzverwalter wird immer dann bestellt werden müssen, wenn der eigentliche Insolvenzverwalter aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen an der Wahrnehmung seiner Aufgaben verhindert ist. Ein solcher Fall wird meist vorliegen, wenn für den bisherigen Insolvenzverwalter die Gefahr einer Interessenkollision besteht. Ist z. B. der Insolvenzverwalter in mehreren selbständigen Insolvenzverfahren über das Vermögen verbundener Unternehmen tätig, ergeben sich solche Kollisionslagen vor allem bei Prüfung und Feststellung wechselseitig bestehender Ansprüche. Für die insolvenzrechtliche Prüfung und Feststellung, nicht aber für die Anmeldung solcher Insolvenzforderungen ist in den jeweiligen Verfahren auf Anregung des Insolvenzverwalters, zu der er verpflichtet ist, ein Sonderinsolvenzverwalter zu bestellen.
Ein Sonderinsolvenzverwalter erhält nach ständiger Rechtsprechung des BGH seine Vergütung in entsprechender Anwendung der InsVV. Bei der Bemessung ist einem im Verhältnis zum Insolvenzverwalter verminderten Umfang der Tätigkeit durch Festlegung einer angemessenen Quote/eines angemessenen Bruchteils der Regelvergütung und/oder durch einen Abschlag Rechnung zu tragen. Darüber hinaus können entsprechend § 3 InsVV Zu- und Abschläge festgesetzt werden, um eine angemessene Vergütung zu erreichen.
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