BGH zum Scheitern einer Insolvenzanfechtung wegen Fristablaufs
Der BGH hatte sich mit der Frage zu befassen, wann die rechtlichen Wirkungen einer Sicherungsabtretung eintreten und wann damit die 4-Jahres-Frist nach § 134 Abs. 1 InsO beginnt, nach deren Ablauf eine Anfechtung des Insolvenzverwalters nicht mehr möglich ist.
In dem entschiedenen Fall hatte der spätere Insolvenzschuldner im Jahre 1997 eine Kapitallebensversicherung abgeschlossen und seine Ehefrau als Bezugsberechtigte für den Todesfall eingesetzt. Die Leistung aus der Lebensversicherung sollte bei seinem Tod, spätestens aber am 01.12.2012 fällig werden.
Ansprüche aus Lebensversicherung zur Darlehenssicherung abgetreten
Im Jahre 2001 nahm seine Ehefrau zwecks Gründung einer Arztpraxis einen Kredit auf und benötigte eine Sicherheit. Ihr Ehemann trat daher alle Ansprüche aus der bestehenden Lebensversicherung zur Sicherung der Darlehensrückzahlungsansprüche an das Kreditinstitut ab. Das ursprünglich vereinbarte Bezugsrecht zu Gunsten seiner Frau hat er widerrufen und zeigte die Abtretung dem Lebensversicherer am 09.11.2001 an.
Als seine Ehefrau den Kredit nicht mehr bedienen konnte und der Sicherungsfall eintrat, zahlte der Versicherer im Oktober 2007 einen Betrag in Höhe von ca. 13.200 EUR an das Kreditinstitut. Der Betrag wurde auf die zu Lasten der Ehefrau bestehenden Verbindlichkeiten verrechnet.
Insolvenzverfahren über Nachlass eröffnet
Der Ehemann verstarb im Mai 2010. Im Jahre 2012 wurde über seinen Nachlass das Insolvenzverfahren eröffnet. Der Insolvenzverwalter verlangte von der Ehefrau die Rückzahlung des dem Darlehenskonto gutgeschriebenen Betrages, hatte damit vor dem BGH aber letztlich keinen Erfolg.
Der BGH vertrat die Auffassung, dass eine Anfechtung des Insolvenzverwalters wegen Fristablaufs nicht mehr möglich gewesen ist.
Anfechtbarkeit einer unentgeltliche Leistung des Schuldners
Nach § 134 Abs. 1, S. 1 InsO ist eine unentgeltliche Leistung des Schuldners nur dann anfechtbar, wenn sie nicht früher als vier Jahre vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen wurde. Wann eine Leistung in diesem Sinne als vorgenommen gilt, richtet sich nach § 140 InsO.
Wann gilt eine Leistung als vorgenommen?
Maßgeblich ist der Zeitpunkt, in dem die rechtlichen Wirkungen der Handlung eintreten. Besteht eine Rechtshandlung aus mehreren Teilakten, treten die rechtlichen Wirkungen erst mit dem letzten Teilakt ein, der zur Erfüllung des Tatbestandes erforderlich ist. Deshalb ist beispielsweise bei der Vorausabtretung einer künftigen Forderung die Handlung erst in dem Zeitpunkt vorgenommen, in dem die abgetretene Forderung entsteht.
Im vorliegenden Fall hatte der Schuldner aber keine künftige Forderung an das Kreditinstitut abgetreten; vielmehr war der Anspruch aus der Kapitallebensversicherung nur aufschiebend bedingt. Durch die Abtretung hat das Kreditinstitut bereits eine gesicherte Rechtsposition an der abgetretenen Forderung erlangt, nämlich in Form eines Anwartschaftsrechts auf die bedingte Forderung. Eine solche Anwartschaft stellt einen Vermögensgegenstand dar, der schon im Zeitpunkt der Abtretung aus dem Vermögen des Leistenden ausscheidet und nicht erst mit Bedingungseintritt.
Vor diesem Hintergrund war die Leistung des Insolvenzschuldners im vorliegenden Fall bereits in dem Zeitpunkt erbracht worden, als er im Jahre 2001 die Ansprüche aus der Lebensversicherung zur Sicherheit an das Kreditinstitut abgetreten hatte. Dieser Zeitpunkt lag mehr als vier Jahre vor dem Antrag auf Insolvenzeröffnung, mit der Folge, dass die Handlung des Schuldners nicht mehr anfechtbar war.
(BGH, Urteil vom 17.12.2020, IX ZR 205/19).
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