Digitalisierung der Justiz: Digitale Strafanträge

Das Gesetz zur weiteren Digitalisierung der Justiz ist am 17.7.2024 in Kraft getreten. Damit können nicht nur Strafanzeigen, sondern auch Strafanträge per E-Mail gestellt werden. 

Nach einer Reihe von Schritten zur Digitalisierung der Justiz sollen die nunmehr in Kraft getretenen Neuerungen im Strafverfahrensrecht und bei verschiedenen Schriftformerfordernissen die Kommunikation innerhalb der Justiz und die Kommunikation der Justiz mit den Rechtssuchenden deutlich vereinfachen. Insbesondere die Möglichkeit der Strafantragstellung per E-Mail wirft in diesem Zusammenhang spezifische Probleme auf.

Strafantrag per Smartphone

Mit der zum 7.7.2024 in Kraft getretene Neufassung des § 158 StPO ist das bisher geltende Erfordernis der persönlichen Unterschrift unter einen Strafantrag bzw. der qualifizierten elektronischen Signatur gem. § 32a StPO entfallen. Mit der Neufassung des § 158 Abs. 2 StPO ist künftig lediglich erforderlich, dass bei Antragsdelikten die Identität und der Verfolgungswille der antragstellenden Person sichergestellt sein müssen. Damit kommt es auf die bisher für einen Strafantrag geltenden Formalitäten nicht mehr an. Strafanträge können nun per einfacher E-Mail auch mit dem Smartphone gestellt werden. Ferner können Strafanträge auch online über ein Formular, z. B. bei einer Internetwache, eingereicht werden.

Identitätsfeststellung birgt Probleme

Allerdings stellt sich bei einem Strafantrag per E-Mail die Frage, auf welche Weise dort die Identität und der Verfolgungswille der antragstellenden Person sichergestellt werden sollen. Dieses Erfordernis dürfte bei einer einfachen E-Mail ohne weitere Anhaltspunkte kaum erfüllt sein. Die Gesetzesbegründung verweist auf weitere Umstände, die zu einer eindeutigen Identifikation des Absenders führen sollen. Näher definiert werden diese weiteren Umstände nicht.

Erhöhter Ermittlungsaufwand für die Polizeibehörden

Denkbar ist im Falle eines Strafantrags per E-Mail, dass die Polizeibehörde sich durch eine Rückmail oder einen Anruf von der Identität des Absenders überzeugt und dessen ernsthaften Verfolgungswillen feststellt. Dies müsste ggf. aber relativ kurzfristig erfolgen, da sich an der 3-Monatsfrist für einen Strafantrag gem. § 77b StGB nichts geändert hat. Unternimmt die Polizei zunächst nichts, droht also ggf. Fristablauf. Insbesondere für rechtliche Laien enthält der Strafantrag per E-Mail also Fallstricke und ist nicht unproblematisch. Zu der Frage, ob eine Klärung der Identität auch nach Ablauf der Dreimonatsfrist noch zulässig ist, verhält sich das Gesetz nicht.

Reform eröffnet Spielräume für Strafverteidiger

Für Strafverteidiger folgen aus der eher schwammigen Formulierung des Gesetzes neue Ansätze für eine erfolgreiche Verteidigung. Da der Strafantrag bei Antragsdelikten conditio sine qua non für die Strafverfolgung ist, dürften Verteidiger in künftigen Prozessen bei Antragsdelikten verstärkt hinterfragen, ob die Identität des Antragstellers und dessen ernsthafter Verfolgungswille innerhalb der Antragsfrist hinreichend sicher festgestellt worden sind. Dies dürfte in der Praxis zu einer umfangreichen Rechtsprechung zu diesen unbestimmten Rechtsbegriffen führen.

Digitale Strafanzeigen in allen Bundesländern bereits möglich

Die einfache Strafanzeige kann bereits seit längerer Zeit elektronisch formlos gestellt werden, da alle Bundesländer inzwischen Online-Wachen eingerichtet haben, bei denen Strafanzeigen problemlos per Smartphone eingereicht werden können. Einen förmlichen Strafantrag sollten juristische Laien, die sichergehen wollen, vorzugsweise über einen Anwalt oder einen Rechtsbeistand einreichen. Ob die Reform damit ihr Ziel einer Vereinfachung der Kommunikation mit der Justiz erreicht, bleibt abzuwarten.


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