Rn 13
Die §§ 111 ff. BetrVG reduzieren die Unterrichtungs- und Beratungspflicht des Unternehmers auf geplante Betriebsänderungen, die wesentliche Nachteile für die Belegschaft oder erhebliche Teile der Belegschaft haben können.
Rn 14
Welche Maßnahmen als Betriebsänderungen anzusehen sind, die wesentliche Nachteile für die Belegschaft oder erhebliche Teile der Belegschaft zur Folge haben können, ist in § 111 Satz 2 BetrVG geregelt. Liegt einer der dort angeführten Tatbestände vor, braucht nicht geprüft zu werden, ob wesentliche Nachteile für die Belegschaft oder Teile von ihr zu besorgen sind. Vielmehr fingiert das Gesetz, dass die in § 111 Satz 2 BetrVG genannten Betriebsänderungen diese Voraussetzungen erfüllen.
Rn 15
Die Beteiligungsrechte des Betriebsrates bei einer Betriebsänderung entfallen daher nicht deshalb, weil im Einzelfall wesentliche Nachteile für die Belegschaft oder Teile von ihr nicht zu befürchten sind. Ob ausgleichsbedürftige Nachteile tatsächlich entstehen, wird erst bei der Aufstellung eines Sozialplans relevant.
Rn 16
Die Streitfrage, ob die Aufzählung der einzelnen Betriebsänderungen in § 111 Satz 2 BetrVG als erschöpfend anzusehen ist oder ob auch andere Fälle von Betriebsänderungen vorstellbar sind, ist höchstrichterlich nicht geklärt. Das BAG hat diese Frage bisher offen gelassen und lediglich entschieden, dass nicht jede wirtschaftliche Maßnahme mitbestimmungspflichtig sei, sondern nur diejenige, die eine Änderung des Betriebes zum Gegenstand habe. Da die Katalogtatbestände des § 111 Satz 2 Nr. 1 bis 5 BetrVG weit gefasst sind und im Wesentlichen alle denkbaren Fallgestaltungen abdecken, die wesentliche Nachteile für erhebliche Teile der Belegschaft mit sich bringen können, erscheint die Streitfrage rein theoretischer Natur.
Rn 17
Des Weiteren verlangt § 111 Satz 1 BetrVG, dass von einer geplanten Betriebsänderung die Belegschaft oder erhebliche Teile der Belegschaft betroffen sind. Ob diese Tatbestandsmerkmale vorliegen, ist nach der Anzahl der von der Maßnahme betroffenen Arbeitnehmer zu ermitteln. Maßgeblich sind nach ständiger Rechtsprechung des BAG die Zahlenangaben des § 17 Abs. 1 KSchG, wobei bei Betrieben mit 600 und mehr Mitarbeitern wesentliche Teile der Belegschaft nur dann betroffen sind, wenn mindestens 5 Prozent der Belegschaft beeinträchtigt werden. Danach sind bei einer Betriebsgröße von
– |
21 |
bis |
59 |
Arbeitnehmern |
= |
6 Arbeitnehmer |
– |
60 |
bis |
499 |
Arbeitnehmern |
= |
entweder 10 v.H. der Arbeitnehmer oder mehr als 25 Arbeitnehmer |
– |
500 |
bis |
599 |
Arbeitnehmern |
= |
30 Arbeitnehmer |
– |
600 |
und mehr Arbeitnehmern |
= |
5 v.H. der Arbeitnehmer |
als erheblich anzusehen. Die Fristenregelung des § 17 Abs. 1 Satz 1 KSchG (30 Kalendertage) ist nicht anwendbar. Liegt zwischen mehreren "Wellen" von Personalmaßnahmen nur ein Zeitraum von wenigen Wochen oder Monaten, spricht eine tatsächliche Vermutung dafür, dass diese Maßnahmen einer einheitlichen unternehmerischen Planung unterliegen. Wird in diesem Fall die so genannte "Relevanzschwelle" des § 17 Abs. 1 Satz 1 KSchG überschritten, ist der Unternehmer darlegungs- und beweispflichtig dafür, dass die einzelnen Maßnahmen nicht Teil einer einheitlichen Unternehmerentscheidung sind.