Rn 55
Die Vorschrift des § 113 BetrVG sichert nur die individualrechtlichen Folgen eines Verstoßes des Unternehmers gegen seine Pflichten aus §§ 111, 112 BetrVG. Eine kollektivrechtliche Sanktionierung eines solchen Verstoßes sieht das Betriebsverfassungsgesetz ausdrücklich nicht vor.
Rn 56
Gleichwohl wird in der Rechtsprechung einiger Instanzgerichte und im Schrifttum die Auffassung vertreten, dem Unternehmer könne durch einstweilige Verfügung nach § 940 ZPO auf Antrag des Betriebsrats die Durchführung der Betriebsänderung vorläufig, notfalls bis zum Abschluss des Verfahrens über den Interessenausgleich durch die Einigungsstelle untersagt werden.
Dieser Auffassung kann nicht gefolgt werden. Es fehlt bereits an einem Verfügungsanspruch in Gestalt eines selbständigen Unterlassungsanspruchs. Eine einstweilige Verfügung kann nur dann ergehen, wenn neben dem Verfügungsgrund auch ein Verfügungsanspruch besteht (§§ 936, 916, 917 ZPO). Ein Interessenausgleich erzeugt jedoch keinen Anspruch des Betriebsrats auf dessen Einhaltung. Weicht der Unternehmer von einem vereinbarten Interessenausgleich ab, so hat dies allenfalls Ansprüche der betroffenen Arbeitnehmer gemäß § 113 BetrVG zur Folge. Aus eigenem Recht kann der Betriebsrat gegenüber dem Unternehmer die Einhaltung des Interessenausgleichs nicht erzwingen, weil es sich ihm gegenüber lediglich um eine Naturalobligation handelt. Hat der Betriebsrat daher kein eigenes Recht auf Einhaltung des Interessenausgleichs, so steht ihm auch kein Verfügungsanspruch zur Sicherung eines solchen nicht bestehenden Rechts zu.
Rn 57
Auf einen allgemeinen Unterlassungsanspruch des Betriebsrats kann ein allgemeiner Anspruch des Betriebsrats gegen den Arbeitgeber auf Unterlassung betriebsändernder Maßnahmen ebenfalls nicht gestützt werden. Das BAG a.a.O. erkennt nur einen allgemeinen betriebsverfassungsrechtlichen Unterlassungsanspruch für den Bereich der Mitbestimmung in sozialen Angelegenheiten nach § 87 BetrVG an. Im Unterschied zu den Beteiligungsrechten in wirtschaftlichen Angelegenheiten hat der Betriebsrat jedoch in Bezug auf die Tatbestände des § 87 Abs. 1 BetrVG ein erzwingbares Mitbestimmungsrecht dergestalt, dass im Streitfall die Einigungsstelle verbindlich über die zu regelnde Materie entscheiden kann. Die vom BAG zu dem allgemeinen Unterlassungsanspruch aufgestellten Rechtssätze sind daher nicht auf die Fälle der Betriebsänderung übertragbar.
Rn 58
Auch § 122 kommt für einen Unterlassungsanspruch des Betriebsrats nicht als Anspruchsgrundlage in Betracht. Zielsetzung des § 122 ist es, das Verfahren nach §§ 111 ff. BetrVG weiter abzukürzen. Diese Vorschrift kann daher nicht als Schutzvorschrift des Betriebsrats eingestuft werden, zumal das Wort "kann" darauf hinweist, dass eine entsprechende Verpflichtung des Insolvenzverwalters nicht besteht.