Rn 48
Gemäß § 112 Abs. 5 Nr. 2 Satz 1 BetrVG hat die Einigungsstelle des Weiteren die Aussichten der betroffenen Arbeitnehmer auf dem Arbeitsmarkt zu berücksichtigen. Da bei der Aufstellung des Sozialplans regelmäßig nicht feststeht, ob Arbeitslosigkeit eintreten wird, muss die Einigungsstelle für die von der Entlassung betroffenen Arbeitnehmer eine Prognose aufstellen. Bei dieser Voraussage der Vermittlungsmöglichkeiten sind arbeitsmarktbedingte Besonderheiten (z.B. konjunkturelle oder strukturelle Arbeitslosigkeit in dem Einzugsgebiet, Art und Anzahl der offenen Stellen) ebenso wie individuelle Umstände (Alter, Schwerbehinderteneigenschaft, fachliche Qualifikation) zu berücksichtigen.
Rn 49
Nach § 112 Abs. 5 Nr. 2 Satz 2 BetrVG soll die Einigungsstelle die Arbeitnehmer von Leistungen ausschließen, die in demselben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens oder Konzerns weiterbeschäftigt werden können und die Weiterbeschäftigung trotz zumutbarer Arbeitsbedingungen ablehnen. Bei der Beurteilung der Zumutbarkeit der Arbeitsbedingungen ist nicht auf die Zumutbarkeitskriterien des § 121 SGB III abzustellen, da sich diese Vorschrift allein auf arbeitsmarktspezifische Gesichtspunkte bezieht und die nach dem Betriebsverfassungsgesetz gebotene Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls außer Acht lässt. Allerdings kann die Einigungsstelle im Rahmen ihres Ermessensspielraums selbst festlegen, welche anderen Arbeitsplätze zumutbar sind. Sieht die Einigungsstelle von einer Definition des "zumutbaren Arbeitsverhältnisses" ab, sind nach der Rechtsprechung nur solche Arbeitsverhältnisse zumutbar, die in rechtlicher, finanzieller und beruflicher Hinsicht gleichwertige Arbeitsbedingungen gewährleisten. Dies ist regelmäßig dann der Fall, wenn die neue Tätigkeit der Vorbildung und der Berufserfahrung des Arbeitnehmers entspricht und keine niedrigere Eingruppierung erfolgt.
Rn 50
Auch eine etwas geringere Vergütung oder auch der bloße Wegfall von Überstunden stehen der Zumutbarkeit nicht entgegen. Die bisherige kündigungsschutzrechtliche Stellung des Arbeitnehmers muss jedoch gewahrt bleiben. Die Gleichwertigkeit setzt daher voraus, dass die bisherige Betriebszugehörigkeit des Arbeitnehmers angerechnet wird und damit die Wartefrist nach § 1 Abs. 1 KSchG entfällt.
Rn 51
Die mögliche Weiterbeschäftigung an einem anderen Ort begründet gemäß § 112 Abs. 5 Nr. 2 Satz 2 zweiter Halbsatz BetrVG für sich allein nicht die Unzumutbarkeit. Eine Unzumutbarkeit kann sich aber aus weiteren Umständen ergeben, z.B. einem hohen Lebensalter des Arbeitnehmers, Schwerbehinderteneigenschaft, Pflege von Familienangehörigen oder der erforderlichen Umschulung von Kindern oder auch der weiten Entfernung des neuen von dem alten Beschäftigungsort.