Die Digitalisierung von Transaktionsinformationen auf der Blockchain ist Kernelement einer jeden Digitalisierungsinitiative mithilfe der Blockchain-Technologie im Steuerrecht. Dies gilt auch für die Mehrwertsteuer. Der Eingriff in das bestehende Mehrwertsteuersystem durch die bloße Digitalisierung von Rechnungsinformationen und der dadurch automatisierten Überprüfung z. B. von Umsatzsteuer-Identifikationsnummern bzw. dem sog. Clearing, also ob die Mehrwertsteuer tatsächlich gezahlt wurde und eine Verrechnung der Vorsteuer erfolgen kann, ist weniger intensiv gegenüber der Tokenisierung einer gesamten Steuerart.
Diese Entwicklungslinie hat bereits eine praktische Umsetzung in der Volksrepublik China erfahren. In einer Modellregion wurden zur Bekämpfung der Mehrwertsteuerhinterziehung Rechnungsinformationen auf einer Blockchain digitalisiert, damit die Manipulation von übermittelten Rechnungsinformationen schwieriger möglich ist.
In Europa haben diese Überlegungen zur Digitalisierung von Mehrwertsteuerfunktionen auf einer Blockchain durch die VIDA-Initiative neuen Schub erhalten. Zukünftig sollen Rechnungsinformationen mittels elektronischer Rechnungen in maschinenlesbaren Formaten übermittelt werden. Bereits zuvor gab es unterschiedliche Initiativen der Mitgliedstaaten, die im Alleingang elektronische Rechnungen und den verpflichtenden Austausch implementiert haben. Z. B. wurde in Italien im Jahr 2019 eine elektronische Rechnung und die Prozessierung über ein zentrales Clearance-System für B2B- sowie B2C-Situationen eingeführt. Man unterscheidet grundsätzlich 2 Konzepte, sog. Reporting-Modelle, in denen die Finanzverwaltungen zeitnah von den Transaktionen in Kenntnis gesetzt werden, und sog. Clearance-Modelle, die eine zulässige Rechnungsübermittlung an den Rechnungsempfänger nur über die Genehmigung bzw. Prozessierung über ein zentrales System erlauben. Während der Clearance-Prozessierung erfolgen parallele Prüfungsschritte, z. B. die Überprüfung der Umsatzsteuer-Identifikationsnummer. Dieses italienische System lässt jedoch nur Formate der italienischen Finanzverwaltung zu. Im Gegensatz dazu ist das geplante französische Modell technologieoffener gestaltet. Inzwischen wird auch in Deutschland die elektronische Rechnung ab dem 1.1.2025 eingeführt. Die Überführung eines Clearance-Systems in Deutschland auf eine Blockchain wird zwar teilweise angedacht, hat aber bisher keinen Anklang gefunden.
Neben der Dokumentation von Rechnungsinformationen kann die Blockchain-Technologie auch zur Dokumentation von Warenbewegungen im Bereich der Mehrwertsteuer eingesetzt werden, konkret bei innergemeinschaftlichen Lieferungen bzw. Reihengeschäften. Nach Art. 138 MwSt-SyStRL bzw. § 6a Abs. 1 UStG sind sog. innergemeinschaftliche Lieferungen umsatzsteuerbefreit. Die Komplexität steigt, wenn mehrere Parteien involviert sind, es handelt ich um sog. Reihen-, bzw. auch Dreiecksgeschäfte. Zur Anwendbarkeit der Umsatzsteuerbefreiung bei innergemeinschaftlichen Lieferungen, sind umfangreiche Dokumentationsanforderungen zu erfüllen, z. B. sog Verbringungsnachweise, die nicht widersprechende Informationen enthalten müssen. Die Blockchain-Technologie kann verwendet werden, um revisionssicher Unterlagen zu archivieren sowie die Informationen zwischen zuvor unbekannten Parteien zu sammeln. Die Blockchain-Technologie wird hier nicht nur zur Vereinfachung der Compliance-Anforderungen eingesetzt, sondern auch zur Bekämpfung der Mehrwertsteuerhinterziehung.