Kryptowährungen, auch als virtuelle Währungen, Token oder Coins bekannt, sind trotz ihrer hohen Volatilität innerhalb einer relativ kurzen Zeit zu einer eigenen Anlageklasse geworden, wobei die Verwendung als Zahlungsmittel nur eine von mehreren Anwendungsmöglichkeiten ist. Das Grundprinzip von Kryptowährungen basiert auf der Distributed-Ledger-Technologie, auch Blockchain genannt. Dabei handelt es sich um die manipulationssichere und unveränderbare Handhabung von Transaktionen ohne Einschaltung von Intermediären, z.B. Banken. in einem dezentralen Netzwerk. Die Bedeutung virtueller Währungen im Geschäftsverkehr nimmt stetig zu, wozu insb. auch das Interesse der Öffentlichkeit in Anbetracht der erheblichen Wertsteigerungen der Währungseinheiten beiträgt.
Einkünfte aus Kryptowährungen lassen sich – wie bei anderen Wirtschaftgütern, insb. Geld, auch – auf verschiedene Art und Weise erzielen. Vor diesem Hintergrund hat nach einem im Juni 2021 veröffentlichten Entwurf das BMF erstmals am 10.5.2022 ein Schreiben zur ertragsteuerlichen Behandlung von virtuellen Währungen und sonstigen Token veröffentlicht. Darin wird die Sicht der Finanzverwaltung auf die technischen Grundlagen und Begrifflichkeiten der Blockchain-basierten Technologie und deren steuerliche Behandlung in Zusammenhang mit diversen in Betracht kommenden Geschäftsvorfällen erläutert. Zu berücksichtigen ist, dass das aktuelle BMF-Schreiben Anwendung auf derzeit weltweit rd. 10.000 verfügbarer Kryptowährungen (vgl. Statista Research Department mit Stand 13.6.2022) mit der Perspektive auf eine zukünftig noch weiter ansteigende Anzahl. Ob mit dem BMF-Schreiben für im Inland steuerpflichtige Investoren in Kryptowährungen jedenfalls aus steuerlicher Perspektive Planungssicherheit geschaffen wird, muss die steuerliche Praxis noch erweisen. Sicher erscheint jedenfalls bereits jetzt, dass das BMF-Schreiben aufgrund der zukünftigen Rspr. der FG zum Thema Kryptowährung Anpassungen bzw. Ergänzungen erfahren wird.
Ziel der vorliegenden Ausarbeitung ist es neben der Darstellung der steuerlichen Beurteilung einzelner Geschäftsvorfälle in Zusammenhang mit Kryptowährungen seitens der Finanzverwaltung auch eine abschließende Aussage darüber zu treffen, ob das aktuelle BMF-Schreiben ausreichend operabel für die Anwendung in der steuerlichen Praxis der Digitalwährungen ist.