Mit Schreiben vom 25.4.2023 hat die Finanzverwaltung drei Jahre nach Inkrafttreten der gesetzlichen Regelung ihre lang erwarteten Grundsätze zur umsatzsteuerlichen Behandlung von Reihengeschäften veröffentlicht. Das BMF weist darauf hin, dass die Gesetzesänderung zu Reihengeschäften der Beseitigung von Rechtsunsicherheiten bei der Zuordnung der Beförderung oder Versendung bei Reihengeschäften dient, die insbesondere infolge der Rechtsprechung des BFH entstanden sind. Hierzu wurde insbesondere gesetzlich klargestellt, dass bei der Zuordnung der bewegten Lieferung in solchen Fällen grundsätzlich maßgeblich ist, durch wen die Beförderung bzw. Versendung der Gegenstände erfolgt ist.
In dem am 25.4.2023 veröffentlichten Schreiben wird im Wesentlichen Abschnitt 3.14 UStAE neu gefasst.
1. Das Reihengeschäft und die Zuordnung der Warenbewegung
Unmittelbarkeit der Warenbewegung: Nicht neu sind die Ausführungen zu den Anforderungen an die Unmittelbarkeit der Warenbewegung in Abschn. 3.14 Abs. 4 UStAE. So liegt ein unmittelbares Gelangen i.S.d. § 3 Abs. 6a Satz 1 UStG nur dann vor, wenn eine Beförderung oder Versendung durch einen der am Reihengeschäft beteiligten Unternehmer vorgenommen wird; diese Voraussetzung ist bei der Beförderung oder Versendung durch mehrere beteiligten Unternehmer (sog. gebrochene Beförderung oder Versendung) nicht erfüllt.
Dritte als Empfänger der Gegenstände: Der Gegenstand der Lieferung gelangt auch dann unmittelbar an den letzten Abnehmer, wenn die Beförderung oder Versendung an einen beauftragten Dritten ausgeführt wird, der nicht unmittelbar in die Liefervorgänge eingebunden ist. Dies kann beispielsweise ein Lohnveredelungsunternehmer
oder ein Lagerhalter sein. Beauftragter Dritter ist nicht der selbständige Spediteur, da der Transport in diesem Fall dem Auftraggeber zugerechnet wird (Versendungsfall).
Abb. 6: Beispiel Abschn. 3.14 Abs. 4 UStAE – Unmittelbares Gelangen
Beispiel
Der Unternehmer DE-Münster bestellt bei dem Großhändler DE-Köln eine dort nicht vorrätige Maschine. DE-Köln gibt die Bestellung an den Hersteller DK in Dänemark weiter. DK befördert die Maschine mit eigenem Lkw unmittelbar nach Münster und übergibt sie dort DE-Münster.
Es liegt ein Reihengeschäft i.S.d. § 3 Abs. 6a Satz 1 UStG vor, da mehrere Unternehmer über dieselbe Maschine Liefergeschäfte abschließen und die Maschine im Rahmen einer Beförderung unmittelbar vom ersten Unternehmer (DK) an den letzten Abnehmer (DE-Münster) gelangt – lediglich DK führt den gesamten Transport durch.
Abb. 7: Beispiel Abschn. 3.14 Abs. 4 UStAE – Auslieferung an Dritten
Beispiel
Der Unternehmer DE-Münster bestellt bei dem Großhändler DE-Köln eine dort nicht vorrätige Maschine. DE-Köln gibt die Bestellung an den Hersteller PL in Polen weiter. DE-Köln weist PL an, die Maschine zur Zwischenlagerung an einen von DE-Münster benannten Lagerhalter (L) nach Flensburg zu befördern.
Es liegt ein Reihengeschäft i.S.d. § 3 Abs. 6a Satz 1 UStG vor, da mehrere Unternehmer über dieselbe Maschine Liefergeschäfte abschließen und die Maschine unmittelbar vom ersten Unternehmer (DK) an einen vom letzten Abnehmer (DE-Münster) benannten Lagerhalter (L) befördert wird. Mit der auftragsgemäßen Übergabe der Maschine an den Lagerhalter ist die Voraussetzung des unmittelbaren Gelangens an den letzten Abnehmer erfüllt.
Transportverantwortlichkeit im Reihengeschäft und Zwischenhändler: Abschn. 3.14 Abs. 7 UStAE regelt die Transportverantwortlichkeit im Reihengeschäft. Nach wie vor ist die Transportverantwortlichkeit maßgebliches Kriterium für die sich aus einem Reihengeschäft ergebende steuerliche Konsequenz. Insofern ist die Zuordnung der Beförderung oder Versendung zu einer der Lieferungen im Reihengeschäft davon abhängig, ob der Gegenstand der Lieferung durch
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1. den ersten Unternehmer |
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2. den letzten Abnehmer oder |
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3. einen Zwischenhändler in der Reihe |
befördert oder versendet wird.
Wer ist Zwischenhändler: Zwischenhändler im Sinne der Regelung ist ein Lieferer innerhalb der Reihe, der Abnehmer und Lieferant zugleich ist – mithin qualifizieren sich weder der erste Lieferer noch der letzte Abnehmer in der Reihe als Zwischenhändler. Darüber hinaus muss er den Gegenstand selbst befördern oder auf seine Rechnung durch einen Dritten versenden lassen, § 3 Abs. 6a Satz 4 UStG:
4 Aus den vorhandenen Aufzeichnungen muss sich eindeutig und leicht nachprüfbar ergeben, wer die Beförderung durchgeführt oder die Versendung veranlasst hat. 5Im Fall der Versendung ist dabei auf die Auftragserteilung an den selbständigen Beauftragten abzustellen.
Transportverantwortlich ist damit im Grundsatz derjenige, der entweder selbst die Gegenstände befördert oder aber einen Frachtvertrag mit einem Logistiker über die Versendung der Gegenstände abgeschlossen hat. Irrelevant ist ...