Entscheidungsstichwort (Thema)

Nichtzulassungsbeschwerde. Rechtsfrage. Grundsätzliche Bedeutung. Divergenz. Kosten der Unterkunft. Übernahme von Einlagerungskosten für Möbel. Übernahme von Aufwendungen für eine private Haftpflichtversicherung

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Es ist bereits grundsätzlich geklärt, dass die angemessenen Kosten einer Einlagerung Teil der Unterkunftskosten sein können, wenn es wegen der Größe der konkreten Unterkunft erforderlich ist, vorübergehend nicht benötigten, angemessenen Hausrat und persönliche Gegenstände anderweitig unterzubringen.

2. Welche Anforderungen an den Nachweis dieser Voraussetzungen zu stellen sind, ist Frage des Einzelfalls und einer verallgemeinerungsfähigen grundsätzlichen Klärung nicht zugänglich.

 

Normenkette

SGG § 73 Abs. 4, § 73a Abs. 1 S. 1, §§ 103, 109, 128 Abs. 1 S. 1, § 160 Abs. 2, § 160a Abs. 2 S. 3, Abs. 4 S. 1; ZPO § 114; SGB II § 22 Abs. 1 S. 1

 

Verfahrensgang

SG München (Entscheidung vom 27.05.2020; Aktenzeichen S 53 AS 572/20)

Bayerisches LSG (Urteil vom 19.10.2021; Aktenzeichen L 15 AS 590/20)

 

Tenor

Der Antrag der Klägerin, ihr zur Durchführung des Verfahrens der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 19. Oktober 2021 - L 15 AS 590/20 - Prozesskostenhilfe zu bewilligen und Rechtsanwalt S, M, beizuordnen, wird abgelehnt.

 

Gründe

Der am 21.12.2021 beim BSG eingegangene Antrag der Klägerin, ihr zur Durchführung der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in der vorgenannten Entscheidung, die ihr am 23.11.2021 zugestellt wurde, PKH unter Beiordnung von Rechtsanwalt S zu bewilligen, ist abzulehnen.

Nach § 73a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 114 ZPO kann einem Beteiligten für das Verfahren vor dem BSG nur dann PKH bewilligt werden, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet; das ist hier nicht der Fall. Es ist nicht zu erkennen, dass ein zugelassener Prozessbevollmächtigter (§ 73 Abs 4 SGG) in der Lage wäre, die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in der Entscheidung des LSG erfolgreich zu begründen.

Nach § 160 Abs 2 SGG ist die Revision nur zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (Nr 1), die Entscheidung des LSG von einer Entscheidung des BSG, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes (GmSOGB) oder des BVerfG abweicht und auf dieser Abweichung beruht (Nr 2) oder wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs 1 Satz 1 SGG und auf eine Verletzung des § 103 SGG nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist (Nr 3). Ein solcher Zulassungsgrund ist weder nach dem Vorbringen der Klägerin noch nach summarischer Prüfung des Streitstoffs aufgrund des Inhalts der beigezogenen Verfahrensakte ersichtlich.

Anhaltspunkte für eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der Rechtssache, wie sie der Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG) erfordert, sind im Hinblick auf das Verfahren, in dem die Klägerin beim LSG die Übernahme von Einlagerungskosten für ihre Möbel von Februar bis Juli 2020 (B 7/14 AS 77/21 BH: Februar bis Juli 2019; B 7/14 AS 78/21 BH: August 2019 bis Januar 2020; B 7/14 AS 92/21 BH: August 2020 bis Juli 2021) beantragt hat und nunmehr zusätzlich geltend macht, diese Kosten seien durch das beklagte Jobcenter bis zu ihrem Einzug in eine neue Unterkunft Ende Dezember 2021 zu tragen sowie vorbringt, es seien Aufwendungen für eine private Haftpflichtversicherung zu übernehmen, nicht gegeben.

Grundsätzliche Bedeutung kommt einer Rechtssache zu, wenn eine Rechtsfrage aufgeworfen wird, die über den Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Davon ist bei dem hier zwischen den Beteiligten geführten Streit um die Übernahme von Einlagerungskosten als Aufwendungen der Unterkunft nach § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II nicht auszugehen. Insoweit ist bereits grundsätzlich geklärt, dass die angemessenen Kosten einer Einlagerung Teil der Unterkunftskosten sein können, wenn es wegen der Größe der konkreten Unterkunft erforderlich ist, vorübergehend nicht benötigten, angemessenen Hausrat und persönliche Gegenstände anderweitig unterzubringen (vgl BSG vom 16.12.2008 - B 4 AS 1/08 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 14 RdNr 12 ff). Welche Anforderungen an den Nachweis dieser Voraussetzungen zu stellen sind, ist Frage des Einzelfalls und einer verallgemeinerungsfähigen grundsätzlichen Klärung nicht zugänglich (so schon BSG vom 13.2.2019 - B 14 AS 220/18 B - juris).

Es ist auch nicht erkennbar, dass die Entscheidung des LSG von einer Entscheidung des BSG, des GmSOGB oder des BVerfG abweicht, weshalb eine Divergenzrüge keine Aussicht auf Erfolg verspricht (§ 160 Abs 2 Nr 2 SGG). Soweit die Klägerin wegen zu berücksichtigender Beiträge zu einer privaten Haftpflichtversicherung die Divergenz eines in der Entscheidung des LSG aufgestellten tragenden Rechtssatzes im Vergleich zur Entscheidung des BSG vom 30.6.2021 (B 4 AS 76/20 R - vorgesehen für SozR 4-4200 § 22 Nr 116) geltend macht, ist nichts dafür ersichtlich, dass ein zugelassener Prozessbevollmächtigter in der Lage sein könnte, die Nichtzulassungsbeschwerde erfolgreich zu begründen. Ausweislich der - im Verfahren L 15 AS 164/20(B 7/14 AS 77/21 BH) erfolgten - Ausführungen hat das LSG eine wirksame mietvertragliche Verpflichtung der Klägerin zum Abschluss einer solchen Versicherung verneint. Diese Anforderung ist im Urteil des BSG vom 30.6.2021 (B 4 AS 76/20 R - RdNr 15, vorgesehen für SozR 4-4200 § 22 Nr 116) aufgestellt worden. Folglich spricht nichts dafür, dass das LSG insoweit von einem tragenden Rechtssatz des BSG hat abweichen wollen, was im Rahmen einer Divergenzrüge aufzuzeigen wäre.

Schließlich ist nicht auszumachen, dass ein zugelassener Prozessbevollmächtigter für die Klägerin einen Verfahrensmangel geltend machen könnte, auf dem die angefochtene Entscheidung des LSG beruhen kann (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG).

S. Knickrehm                                 Siefert                                  Neumann

 

Fundstellen

Dokument-Index HI15161239

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