Schädigung durch die eifersüchtige Ehefrau eines Arbeitskollegen ist kein Arbeitsunfall


Schädigung durch Frau eines Kollegen ist kein Arbeitsunfall

Ein vorsätzlicher Angriff auf einen Arbeitnehmer kann einen Arbeitsunfall begründen, wenn der Angriff während der Ausübung einer versicherten Tätigkeit auf der Betriebsstätte oder auf einem versicherten Weg erfolgt. Eine Anerkennung als Arbeitsunfall scheidet nach einem Urteil des BSG jedoch aus, wenn der Angriff aufgrund einer persönlichen Feindschaft erfolgt und keine der versicherten Tätigkeit zuzurechnenden Verhältnisse (z.B. Dunkelheit, Dämmerung, einsam gelegener Tatort, örtliche Gegebenheiten) den Überfall wesentlich begünstigt haben.

Der Fall: Handgreiflichkeiten am Arbeitsplatz

Die Klägerin war als Servicekraft bzw. Kellnerin in einer Gaststätte beschäftigt. Während ihrer Arbeitsschicht am 5.1.2017 kam es zu einem Zusammentreffen der Klägerin mit einem Arbeitskollegen sowie dessen Ehefrau und Tochter. Als diese der Klägerin im Eingangsbereich begegneten, kam es zu Beschimpfungen und Handgreiflichkeiten der Eheleute gegen die Klägerin. Diese wurde an der Halswirbelsäule und am Schädel verletzt.

Die Beklagte lehnte die Gewährung von Leistungen ab, weil die zum Unfall führende Tätigkeit persönlichen Zwecken gedient habe. Die Klagen vor dem SG und dem LSG blieben erfolglos.

BSG: Angriff erfolgte ausschließlich aufgrund einer persönlichen Feindschaft

Das BSG lehnte die Zulassung der Revision mangels grundsätzlicher Bedeutung der Rechtsfrage ab (Beschluss vom 12.04.2022, Az. B 2 U 10/21 BH). Das LSG habe seine Entscheidung zurecht darauf gestützt, dass nach den konkreten Umständen ein innerer Zusammenhang des tätlichen Angriffs mit der versicherten Tätigkeit und der konkreten Verrichtung nicht bestanden habe.

Der Angriff habe seinen Ursprung in privaten Gründen gehabt, namentlich der Eifersucht der Ehefrau des Arbeitskollegen. In der Rechtsprechung des BSG ist geklärt, unter welchen Voraussetzungen auch ein vorsätzlicher Angriff einen Arbeitsunfall begründen kann. Erforderlich ist, dass der Angriff während der Ausübung einer versicherten Tätigkeit - sei es auf der Betriebsstätte oder auf einem versicherten Weg - erfolgt. Eine Anerkennung scheidet jedoch aus, wenn der Angriff in keiner sachlichen Verbindung mit der versicherten Tätigkeit des Verletzten steht, sondern z.B. aufgrund einer persönlichen Feindschaft erfolgt und keine der versicherten Tätigkeit zuzurechnenden Verhältnisse (z.B. Dunkelheit, Dämmerung, einsam gelegener Tatort, örtliche Gegebenheiten) den Überfall wesentlich begünstigt haben.

Hiervon ausgehend sei, so das BSG, nicht erkennbar, welche Fragen zur Einordnung eines tätlichen Angriffs als Arbeitsunfall hier noch weiterer Klärung bedürfen. Dass die Klägerin die Entscheidung der Vorinstanz für falsch hält, geht dagegen über eine im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren unbeachtliche Rüge eines bloßen Rechtsanwendungsfehlers nicht hinaus.

Wichtig für die Praxis

Die Anforderungen an die Zulassung einer Revision zum BSG sind hoch. Dass man mit den Entscheidungen der Vorinstanzen schlichtweg nicht einverstanden ist, reicht in der Regel dafür nicht aus.

Die Frage des Versicherungsschutzes bei tätlichen Angriffen am Arbeitsplatz und auf den damit verbundenen Wegen (s. dazu z.B. ganz aktuell LSG Hamburg, Urteil vom 04.05.2022, Az. L 2 U 37/20) beschäftigt die Sozialgerichte immer wieder. Insofern sind die Hinweise des BSG, wann überhaupt ein Arbeitsunfall vorliegen könnte, sehr hilfreich.