Verfahrensgang
LSG Berlin-Brandenburg (Urteil vom 27.09.2017; Aktenzeichen L 5 AS 1956/15) |
SG Berlin (Entscheidung vom 24.06.2015; Aktenzeichen S 168 AS 29905/14) |
Tenor
Die Beschwerden der Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 27. September 2017 werden als unzulässig verworfen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe
Die Beschwerden gegen die Nichtzulassung der Revision in der bezeichneten Entscheidung des LSG sind als unzulässig zu verwerfen (§ 160a Abs 4 Satz 1 iVm § 169 Satz 2 SGG), weil die allein geltend gemachten Zulassungsgründe der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache und des Verfahrensmangels in der Beschwerdebegründung nicht schlüssig dargelegt oder bezeichnet werden (§ 160a Abs 2 Satz 3 SGG). Es können deshalb Fragen nach dem Bestehen einer Betreuung für die Klägerin zu 1 und einer Bevollmächtigung des Prozessbevollmächtigen, die im Beschwerdeverfahren unbeantwortet blieben, offen bleiben.
Die Darlegung einer grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG) erfordert die Formulierung einer bestimmten abstrakten Rechtsfrage, der in dem Rechtsstreit eine grundsätzliche, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung beigemessen wird (vgl BSGE 40, 158 = SozR 1500 § 160a Nr 11). Die abstrakte Rechtsfrage ist klar zu formulieren, um an ihr die weiteren Voraussetzungen für die Revisionszulassung nach § 160 Abs 2 Nr 1 SGG prüfen zu können (Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 7. Aufl 2016, IX. Kap, RdNr 181). Eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache ist gegeben, wenn zu erwarten ist, dass die Revisionsentscheidung die Rechtseinheit in ihrem Bestand erhalten oder die Weiterentwicklung des Rechts fördern wird. Daher ist aufzuzeigen, ob und inwieweit zu der aufgeworfenen Frage bereits Rechtsgrundsätze herausgearbeitet sind und in welchem Rahmen noch eine weitere Ausgestaltung, Erweiterung oder Änderung derselben durch das Revisionsgericht zur Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits erforderlich erscheint (vgl Krasney/Udsching, aaO, IX. Kap, RdNr 65 f). Es ist aufzuzeigen, dass die Klärung der Rechtsfrage im allgemeinen Interesse erforderlich (Klärungsbedürftigkeit) und die Klärung durch das Revisionsgericht zu erwarten (Klärungsfähigkeit) ist (vgl BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 16). Hierfür ist eine substantielle Auseinandersetzung mit den einschlägigen oberstgerichtlichen Entscheidungen ebenso erforderlich wie die Darlegung, dass sich aus diesen keine ausreichenden Anhaltspunkte für die Beantwortung der aufgeworfenen Rechtsfrage ergeben (vgl BSG SozR 3-1500 § 160 Nr 8).
Diesen Darlegungsanforderungen wird die Beschwerdebegründung nicht gerecht. Als grundsätzlich klärungsbedürftig erachtet sie die Frage, "in welchem Verhältnis die überraschende Versagungsentscheidung nach § 66 Abs. 1 SGB I zu dem Ablehnungsbescheid nach § 12a SGB II steht bzw. ob der Ablehnungsbescheid nach § 12a SGB II zur Erledigung der Versagungsentscheidung nach § 66 Abs. 1 SGB I führt".
Hiermit wird bereits keine abstrakt-generelle Rechtsfrage formuliert, sondern mit der "überraschenden" Versagungsentscheidung ganz auf den konkreten Einzelfall Bezug genommen und dieser zur Überprüfung gestellt. Auch die Beschwerdebegründung zur Klärungsbedürftigkeit verweist im Wesentlichen darauf, wie es "vorliegend" war und zweifelt die Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung an. Eine allgemeine Überprüfung des Rechtsstreits in dem Sinne, ob das LSG in der Sache richtig entschieden hat, ist indes im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde nicht zulässig (vgl nur Voelzke in jurisPK-SGG, 2017, § 160 RdNr 77 und 79). Nur hinzu kommt, dass die Beschwerdebegründung keine Darlegungen zur bereits vorliegenden Rechtsprechung des BSG zur Erledigungswirkung des § 39 Abs 2 SGB X im Anwendungsbereich des SGB II enthält.
Auch ein Verfahrensmangel ist der Beschwerdebegründung nicht zu entnehmen, auf dem die angefochtene Entscheidung des LSG beruhen kann (§ 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 1 SGG). Soweit eine Verletzung der Vorschriften über die ordnungsgemäße Vertretung gerügt wird, weil das LSG keine Feststellungen zur gesetzlichen Betreuung und Sorgeberechtigung getroffen habe, lässt sich dem Beschwerdevorbringen nicht entnehmen, warum die Entscheidung des LSG hierauf beruhen kann. Hierfür genügt nicht die bloße Aussage, es lasse sich nicht ausschließen, dass das LSG bei ordnungsgemäßem Verfahren zu einem anderen Ergebnis gekommen wäre.
Soweit gerügt wird, das LSG habe nur teilweise über das hilfsweise Begehren der Kläger entschieden, werden die den gerügten Verfahrensmangel begründenden Tatsachen in der Beschwerdebegründung nicht ausreichend konkret bezeichnet. Es wird schon nicht mitgeteilt, welche Haupt- und Hilfsanträge die Kläger vor dem LSG gestellt hatten. Mit der Beschwerdebegründung, anhand der allein das Vorliegen des geltend gemachten Verfahrensmangels zu prüfen ist, sind damit nicht alle Tatsachen vorgetragen, die den gerügten Verfahrensmangel ergeben (vgl zu diesen Anforderungen Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl 2017, § 160a RdNr 13e, 16, 19; Voelzke in jurisPK-SGG, 2017, § 160a RdNr 136, 139, 235, 245). Im Übrigen ist eine Nichtzulassungsbeschwerde unzulässig, wenn das Ziel mit einer Urteilsergänzung nach § 140 SGG erreicht werden kann (BSG vom 16.7.2004 - B 2 U 41/04 B - SozR 4-1500 § 160a Nr 4).
Die Verwerfung der Beschwerde erfolgt in entsprechender Anwendung des § 169 Satz 3 SGG ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung der §§ 183, 193 SGG.
Fundstellen
Dokument-Index HI12003777 |