Verfahrensgang
Tenor
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 8. November 2023 wird als unzulässig verworfen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme der Kosten der Beigeladenen.
Der Streitwert des Beschwerdeverfahrens wird auf 2574,14 Euro festgesetzt.
Gründe
I
In dem der Nichtzulassungsbeschwerde zugrunde liegenden Rechtsstreit streiten die Beteiligten um die Nacherhebung von Umlagen und Beiträgen zur Sozialversicherung auf Zuschläge für Nachtarbeit sowie für Arbeit an Sonn- und Feiertagen.
Die Klägerin ist Arbeitgeberin der Beigeladenen zu 1. bis 3., die ihre geschuldeten Arbeitsleistungen zu erheblichen Teilen während der Nacht oder an Sonn- und Feiertagen zu erbringen hatten. Dafür gewährte die Klägerin ihnen zusätzlich zu dem vereinbarten Grundgehalt Zuschläge. Sie berücksichtigte diese jedoch nicht erhöhend bei der Lohnfortzahlung für Urlaubszeiten, Zeiten der Arbeitsunfähigkeit und für arbeitsfreie Feiertage. Nach einer Betriebsprüfung für den Prüfzeitraum 2014 bis 2017 zog die Beklagte die Klägerin für Monate mit Urlaubs-, Krankheits- und Feiertagen zur Zahlung weiterer Beiträge zu allen Zweigen der Sozialversicherung sowie Umlagen in einer Gesamthöhe von 2574,14 Euro heran, weil sie arbeitsrechtlich zur Zahlungen höherer Entgeltfortzahlungen für solche Tage verpflichtet gewesen sei (Bescheid vom 9.11.2018; Widerspruchsbescheid vom 28.3.2019).
Das SG hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 12.10.2022). Das LSG hat die Berufung zurückgewiesen. Im Sozialversicherungsrecht gelte für laufende Einnahmen das Entstehungsprinzip. Versicherungspflicht und Beitragshöhe seien nach dem arbeitsrechtlich geschuldeten Arbeitsentgelt zu beurteilen. Nach § 11 Abs 1 Satz 1 BUrlG bemesse sich das für Urlaubszeiten zu gewährende Urlaubsentgelt nach dem durchschnittlichen Arbeitsverdienst, das der Arbeitnehmer in den letzten dreizehn Wochen vor dem Beginn des Urlaubs erhalten habe, mit Ausnahme des zusätzlich für Überstunden gezahlten Arbeitsverdienstes. Zum Arbeitsverdienst gehörten nach der arbeitsgerichtlichen Rechtsprechung auch schwankende Verdienstbestandteile wie die vorliegend streitigen Zuschläge. Dies gelte auch für den Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall und an Feiertagen, der sich nach dem sogenannten Entgeltausfallprinzip bestimme. Gegen die Höhe der Nachforderung habe die Klägerin sich ausdrücklich nicht gewandt. Weder nach verfassungsrechtlichen Maßstäben noch nach primärem oder sekundärem Gemeinschaftsrecht sei es geboten, die Steuerfreiheit des § 3b EStG, die hinsichtlich gezahlter Zuschlägen für tatsächlich geleistete Sonntags-, Feiertags- oder Nachtarbeit gelte, über dessen Wortlaut hinaus auf weiter zu gewährendes Arbeitsentgelt zu erstrecken (Urteil vom 8.11.2023).
Mit ihrer Beschwerde wendet sich die Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des LSG.
II
Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in der angefochtenen Entscheidung ist als unzulässig zu verwerfen (§ 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2 iVm § 169 Satz 2 und 3 SGG). Der mit der Beschwerdebegründung allein geltend gemachte Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG) ist entgegen § 160a Abs 2 Satz 3 SGG nicht hinreichend dargelegt.
1. Bei Geltendmachung des Zulassungsgrundes der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache muss die Beschwerdebegründung ausführen, welche Rechtsfrage sich ernsthaft stellt, deren Klärung über den zu entscheidenden Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder Rechtsfortbildung im allgemeinen Interesse erforderlich (Klärungsbedürftigkeit) und durch das Revisionsgericht zu erwarten (Klärungsfähigkeit) ist (stRspr; vgl nur BSG Beschluss vom 17.4.2012 - B 13 R 347/11 B - SozR 4-2600 § 72 Nr 5 RdNr 17; BSG Beschluss vom 28.1.2019 - B 12 KR 94/18 B - juris RdNr 6 mwN).
Die Klägerin trägt im Wesentlichen vor, sie vermöge sich der Rechtsauffassung des LSG nicht anzuschließen und sehe darin eine nicht gerechtfertigte Schlechterstellung des Arbeitnehmers, der an der tatsächlichen Ausübung der Arbeit durch Krankheit gehindert oder hiervon durch Urlaub befreit sei. Eine solche Auslegung dürfte sozialpolitisch nicht gewollt sein und sei in Ansehung von Art 3 Abs 1 GG verfassungsrechtlich bedenklich. Es sei bereits ein Revisionsverfahren unter dem Az B 12 BA 5/22 R anhängig, welches die hier aufgeworfene Rechtsfrage zum Inhalt habe und in dem das LSG Rheinland-Pfalz die Revision zugelassen habe. Im hiesigen Verfahren hätte das LSG die Revision aus denselben Gründen zulassen müssen.
Es kann dahinstehen, ob die Klägerin mit der Bezugnahme auf die Begründung der Revisionszulassung des LSG Rheinland-Pfalz zur Frage, "ob für SFN-Zuschläge, die während Zeiträumen der Lohnfortzahlung ohne tatsächliche Arbeitsleistung gezahlt werden bzw. zu zahlen sind, Beiträge zur Sozialversicherung anfallen", eine aus sich heraus verständliche abstrakte Rechtsfrage zur Auslegung oder zum Anwendungsbereich einer konkreten revisiblen Norm des Bundesrechts (§ 162 SGG) oder zu deren Vereinbarkeit mit höherrangigem Recht (vgl BSG Beschluss vom 23.12.2015 - B 12 KR 51/15 B - juris RdNr 11 mwN) formuliert hat. Die Bezeichnung einer bestimmten, aus sich heraus verständlichen Rechtsfrage ist unverzichtbar, damit das Beschwerdegericht an ihr die weiteren Voraussetzungen der Grundsatzrüge prüfen kann (BSG Beschluss vom 10.9.2014 - B 10 ÜG 3/14 B - juris RdNr 11 mwN).
Selbst wenn eine ordnungsgemäß formulierte Rechtsfrage unterstellt würde, ist jedenfalls deren Klärungsbedürftigkeit nicht hinreichend dargelegt. An der Klärungsbedürftigkeit fehlt es ua dann, wenn sich die Antwort unmittelbar aus dem Gesetz ergibt und daher praktisch außer Zweifel steht. Ob das der Fall ist, bestimmt sich nach dem Gesetzeswortlaut, der Rechtssystematik sowie den Gesetzesmaterialien (BSG Beschluss vom 29.7.2024 - B 12 KR 14/23 B - juris RdNr 10 mwN). Damit setzt sich die Beschwerde nicht auseinander. Eine Rechtsfrage ist auch dann als höchstrichterlich geklärt und damit als nicht (mehr) klärungsbedürftig anzusehen, wenn diese bereits beantwortet ist. Ist sie noch nicht ausdrücklich entschieden, genügt es, dass schon eine oder mehrere höchstrichterliche Entscheidungen ergangen sind, die ausreichende Anhaltspunkte zur Beantwortung der von der Beschwerde als grundsätzlich herausgestellten Rechtsfrage geben (BSG Beschluss vom 28.11.2018 - B 12 R 34/18 B - juris RdNr 6; BSG Beschluss vom 30.8.2016 - B 2 U 40/16 B - SozR 4-1500 § 183 Nr 12 RdNr 7 mwN). Eine Auseinandersetzung mit der Rechtsprechung des BSG, insbesondere zum Begriff des Arbeitsentgelts (§ 14 SGB IV) sowie zum Entstehungsprinzip (vgl nur BSG Urteil vom 27.4.2021 - B 12 R 18/19 R - SozR 4-7815 § 10 Nr 4), lässt die Beschwerde aber vermissen. Die Begründung erschöpft sich darin, die Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung des LSG in Frage zu stellen und auf die Zulassung des LSG Rheinland-Pfalz Bezug zu nehmen. Mit dem Einwand, ein anderes LSG habe die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen, ist noch nicht der Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache dargetan. Darüber hinaus fehlen in der Beschwerdebegründung der Klägerin jegliche Ausführungen zur Klärungsfähigkeit etwaiger von ihr aufgeworfener Fragen im angestrebten Revisionsverfahren.
2. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab, weil sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung beizutragen (§ 160a Abs 4 Satz 2 Halbsatz 2 SGG).
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 3 SGG iVm § 154 Abs 2, § 162 Abs 3 VwGO.
4. Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 1 SGG iVm § 52 Abs 1, § 47 Abs 1 Satz 1 und Abs 3 sowie § 63 Abs 2 Satz 1 GKG.
Fundstellen
Dokument-Index HI16708815 |