Verfahrensgang
LSG Baden-Württemberg (Beschluss vom 19.12.2017; Aktenzeichen L 5 KR 2348/17) |
SG Reutlingen (Entscheidung vom 23.05.2017; Aktenzeichen S 11 KR 562/16) |
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Beschluss des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 19. Dezember 2017 wird als unzulässig verworfen.
Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe
I
Der bei der beklagten Krankenkasse versicherte, 2001 geborene Kläger leidet an einer infantilen Zerebralparese mit beinbetonter Tetraspastik und Rumpfschwäche. Er ist mit seinem Begehren, ihm die Kosten für Fahrten (einfache Wegstrecke 29,6 km) zu vertragsärztlich verordnetem Rehabilitationssport (Reha-Sport) zu erstatten (189,44 Euro für 16 Fahrten in der Zeit vom 12.1. bis 21.12.2013; 272,32 Euro für 23 Fahrten in der Zeit vom 11.1.2014 bis 28.3.2015), bei der Beklagten und den Vorinstanzen ohne Erfolg geblieben. Das LSG hat zur Begründung unter Hinweis auf Rspr des BSG ua ausgeführt, ein Anspruch nach § 60 SGB V scheide aus. Weder bedürfe der Kläger während der Fahrt zum Reha-Sport der besonderen Betreuung oder der besonderen Einrichtung eines Krankenwagens noch handele es sich um Fahrten zu einer ambulanten Behandlung. Auch stünden die Fahrten nicht "im Zusammenhang mit Leistungen zur medizinischen Rehabilitation" iS von § 60 Abs 5 SGB V. Reha-Sport sei nur eine ergänzende Leistung, für die das Gesetz die Gewährung von Fahr- und anderen Reisekosten nicht vorsehe (Beschluss vom 19.12.2017).
Der Kläger wendet sich mit seiner Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im LSG-Beschluss.
II
Die Beschwerde des Klägers ist unzulässig und daher gemäß § 160a Abs 4 S 1 Halbs 2 iVm § 169 S 3 SGG zu verwerfen. Ihre Begründung entspricht nicht den aus § 160a Abs 2 S 3 SGG abzuleitenden Anforderungen an die Darlegung des allein geltend gemachten Revisionszulassungsgrundes der grundsätzlichen Bedeutung (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG).
1. Wer sich auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG) beruft, muss eine Rechtsfrage klar formulieren und ausführen, inwiefern diese Frage im angestrebten Revisionsverfahren entscheidungserheblich sowie klärungsbedürftig und über den Einzelfall hinaus von Bedeutung ist (vgl zB BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 21 S 38; BSG SozR 3-4100 § 111 Nr 1 S 2 f; BSG SozR 3-2500 § 240 Nr 33 S 151 f mwN). Der Kläger richtet sein Vorbringen hieran nicht aus.
Der Kläger formuliert zwar als Rechtsfrage, "ob Kinder und Jugendliche Anspruch auf Fahrkostenersatz zum Rehasport haben oder nicht." Der Senat kann offenlassen, ob der Kläger damit bereits eine hinreichend konkrete entscheidungserhebliche Rechtsfrage stellt. Der Kläger legt jedenfalls die Klärungsbedürftigkeit der Frage nicht hinreichend dar. Ist eine Frage bereits von der höchstrichterlichen Rspr entschieden, ist sie grundsätzlich nicht mehr klärungsbedürftig (vgl zB BSG Beschluss vom 21.10.2010 - B 1 KR 96/10 B - RdNr 7 mwN). Der Kläger zeigt nicht hinreichend auf, dass hinsichtlich der Voraussetzungen des § 60 SGB V trotz der auch vom LSG zutreffend zitierten und vom Kläger selbst ausführlich wiedergegebenen Rspr des BSG (vgl BSG Urteil vom 22.4.2009 - B 3 KR 5/08 R - USK 2009-21; vgl auch BSG Urteil vom 13.12.2016 - B 1 KR 2/16 R - USK 2016-78 = Juris, insbesondere RdNr 17 zur hinreichenden demokratischen Legitimation des Gemeinsamen Bundesausschusses zum Erlass der Richtlinie über die Verordnung von Krankenfahrten, Krankentransportleistungen und Rettungsfahrten nach § 92 Abs 1 S 2 Nr 12 SGB V ≪Krankentransport-Richtlinie - KT-RL≫) noch Klärungsbedarf verblieben ist. Er trägt lediglich vor, dass verschiedene Sachverhalte vorlägen, da die Entscheidung des BSG vom 22.4.2009 einen Erwachsenen betroffen habe. Er setzt sich aber nicht vollumfänglich mit den vom BSG aufgestellten rechtlichen Maßstäben auseinander. Der Kläger zieht selbst nicht in Zweifel, dass Leistungen zur medizinischen Rehabilitation sowie ergänzende Leistungen (§ 43 SGB V) keine ambulante (ärztliche) Behandlung iS von § 60 Abs 1 S 3 SGB V sind. Er ist aber der Ansicht, dass die Fahrkosten zum Reha-Sport aufgrund der besonderen Bedeutung des Reha-Sports bei Kindern und Jugendlichen für ihre Integration in die Gesellschaft und Gemeinschaft Gleichaltriger (Hinweis auf BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 46 zum Hilfsmittelbegriff der GKV) als Annex der Hauptleistung Reha-Sport von der Beklagten zu übernehmen seien. Der Kläger setzt sich jedoch nicht damit auseinander, dass nach der Rspr des BSG § 60 SGB V die Ansprüche auf Fahrkosten abschließend regelt (vgl BSG SozR 4-2500 § 60 Nr 7 RdNr 12; BSG SozR 4-2500 § 60 Nr 5 RdNr 14; BSG SozR 4-2500 § 60 Nr 2 RdNr 12; BSG SozR 4-2500 § 60 Nr 1 RdNr 9; vgl zuletzt BSG Urteil vom 13.12.2016 - B 1 KR 2/16 R - Juris RdNr 9 = USK 2016-78) und die Hauptleistung "Reha-Sport" in der Vorschrift nicht genannt wird (zur Unterscheidung zwischen dem Anspruch auf "Leistungen zur medizinischen Rehabilitation" und "ergänzenden Leistungen" vgl BSG SozR 4-2500 § 43 Nr 1 RdNr 12; BSG Urteil vom 22.4.2009 - B 3 KR 5/08 R - Juris RdNr 26 ff = USK 2009-21).
Soweit der Kläger unter Hervorhebung seiner Minderjährigkeit eine erweiternde Auslegung des § 60 SGB V möglicherweise auf verfassungsrechtliche Gesichtspunkte stützen will, genügt sein Vortrag ebenfalls nicht den Darlegungsanforderungen des § 160a Abs 2 S 3 SGG. Wer sich auf die Verfassungswidrigkeit einer Regelung beruft, darf sich nicht auf die Benennung angeblich verletzter Rechtsgrundsätze beschränken, sondern muss unter Berücksichtigung der Rspr des BVerfG und des BSG darlegen, woraus sich im konkreten Fall die Verfassungswidrigkeit ergeben soll. Hierzu müssen der Bedeutungsgehalt der in Frage stehenden einfachgesetzlichen Normen aufgezeigt, die Sachgründe ihrer jeweiligen Ausgestaltung erörtert und die Verletzung der konkreten Regelung des GG dargelegt werden (BSG Beschluss vom 20.7.2010 - B 1 KR 10/10 B - Juris RdNr 6 mwN; BSG Beschluss vom 24.5.2017 - B 1 KR 79/16 B - Juris RdNr 7). Hieran fehlt es vollständig. Der Kläger legt schon nicht dar, unter welchem verfassungsrechtlichen Aspekt eine erweiternde Auslegung des § 60 SGB V gerade für Kinder und Jugendliche in Betracht käme. Die für eine Revisionszulassung erforderliche Durchdringung sowohl der einfach-rechtlichen als auch der grundrechtlichen Problematik lässt der Vortrag nicht erkennen.
Eine Rechtsfrage, über die bereits höchstrichterlich entschieden worden ist, kann wieder klärungsbedürftig werden, wenn der Rspr in nicht geringfügigem Umfang widersprochen wird und gegen sie nicht von vornherein abwegige Einwendungen vorgebracht werden (vgl zB BSG SozR 1500 § 160a Nr 13 S 19 mwN), was im Rahmen der Beschwerdebegründung ebenfalls darzulegen ist (vgl BSG Beschluss vom 22.12.2010 - B 1 KR 100/10 B - Juris RdNr 7). Daran fehlt es.
2. Der Senat sieht von einer weiteren Begründung ab (§ 160a Abs 4 S 2 Halbs 2 SGG).
3. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Fundstellen
Dokument-Index HI11864772 |