Verfahrensgang
Tenor
Die Verfahren mit den Aktenzeichen B 4 AS 248/23 BH bis B 4 AS 255/23 BH werden zur gemeinsamen Entscheidung miteinander verbunden; führend ist das Verfahren mit dem Aktenzeichen B 4 AS 248/23 BH.
Die Ablehnungsgesuche gegen die Mitglieder des Senats werden unter Mitwirkung der abgelehnten Richter als unzulässig verworfen.
Die Anträge der Kläger, ihnen zur Durchführung der Verfahren der Beschwerden gegen die Nichtzulassung der Revision in den Urteilen des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 15. Juni 2023, vom 6. Juli 2023 und vom 20. Juli 2023 Prozesskostenhilfe zu bewilligen und einen Rechtsanwalt beizuordnen, werden abgelehnt.
Gründe
1. Der Senat konnte über die gemäß § 113 Abs 1 SGG zur gemeinsamen Entscheidung verbundenen PKH-Anträge unter Mitwirkung der abgelehnten Richter entscheiden, weil die Ablehnungsgesuche der Kläger offensichtlich unzulässig sind. Letzteres ist unter anderem dann der Fall, wenn Handlungen des Richters beanstandet werden, welche nach der Prozessordnung vorgeschrieben sind oder sich ohne Weiteres aus der Stellung des Richters ergeben (BVerfG ≪Kammer≫ vom 18.12.2007 - 1 BvR 1273/07 - BVerfGK 13, 72 - juris RdNr 21; BVerfG ≪Kammer≫ vom 11.3.2013 - 1 BvR 2853/11 - juris RdNr 30). So verhält es sich hier, weil die Kläger lediglich den - in Ausübung gerichtlicher Fürsorge erteilten - Hinweis auf die sich aus § 73a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 117 Abs 2 Satz 1, § 118 Abs 2 ZPO ergebenden Anforderungen beanstanden.
Der Senat konnte auch entscheiden, ohne zuvor Einsicht in die Akten des Senats zu gewähren; die für die Entscheidung erheblichen Aktenbestandteile sind den Klägern bereits bekannt.
2. Die Anträge sind jedenfalls unbegründet. Nach § 73a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 114 Abs 1 ZPO kann einem Beteiligten für das Verfahren vor dem BSG nur dann PKH bewilligt werden, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet; das ist hier nicht der Fall. Es ist nicht zu erkennen, dass ein zugelassener Prozessbevollmächtigter (§ 73 Abs 4 SGG) in der Lage wäre, eine Nichtzulassungsbeschwerde der Kläger erfolgreich zu begründen. Da kein Anspruch auf Bewilligung von PKH besteht, sind auch die Anträge auf Beiordnung eines Rechtsanwalts abzulehnen (§ 73a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 121 ZPO).
Nach § 160 Abs 2 SGG ist die Revision nur zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (Nr 1), das Urteil des LSG von einer Entscheidung des BSG, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes (GmSOGB) oder des BVerfG abweicht und auf dieser Abweichung beruht (Nr 2) oder wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann (Nr 3). Solche Zulassungsgründe sind nach summarischer Prüfung des Streitstoffs auf der Grundlage des Inhalts der Gerichtsakten und unter Berücksichtigung des Vorbringens der Kläger nicht erkennbar.
Eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG) ist nur anzunehmen, wenn eine Rechtsfrage aufgeworfen wird, die über den Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Dies ist hier nicht der Fall. Das LSG hat das Prozessurteil des SG bestätigt, weil die Klagen mangels Angabe ladungsfähiger Anschriften der Kläger unzulässig seien. Dies wirft Fragen von grundsätzlicher Bedeutung nicht auf, weil in der höchstrichterlichen Rechtsprechung bereits geklärt ist, dass die Angabe ladungsfähiger Anschriften der Kläger (vgl § 92 Abs 1 Satz 1 SGG) grundsätzlich zu den Sachurteilsvoraussetzungen zählt und wann hiervon Ausnahmen zu machen sind (vgl BSG vom 18.11.2003 - B 1 KR 1/02 S - SozR 4-1500 § 90 Nr 1 RdNr 4; zuletzt etwa BSG vom 23.6.2023 - B 4 AS 191/22 BH ua - juris RdNr 5 mwN; BSG vom 26.9.2023 - B 5 R 21/23 BH - juris RdNr 6 mwN). Mit "Anschrift" ist die Angabe des tatsächlichen Wohnorts gemeint (BVerwG vom 13.4.1999 - 1 C 24/97 - Buchholz 310 § 82 VwGO Nr 19 - juris RdNr 30 mwN). Die bloße Eignung einer Adresse, an diese gerichtliche Schreiben zu übermitteln, reicht nicht aus (dazu näher BVerwG vom 13.4.1999 - 1 C 24/97 - Buchholz 310 § 82 VwGO Nr 19 - juris RdNr 32 ff mwN). Entsprechend genügt etwa das bloße Vorhalten eines Briefkastens nicht (BFH vom 10.3.2022 - VII B 174/20 - juris RdNr 14 mwN zur Parallelvorschrift des § 65 Abs 1 Satz 1 Finanzgerichtsordnung). Diese Anforderungen gelten auch, wenn der Kläger durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten ist (BFH vom 10.3.2022 - VII B 174/20 - juris RdNr 14 mwN).
Es ist auch nicht erkennbar, dass die Entscheidung des LSG von einer Entscheidung des BSG, des GmSOGB oder des BVerfG abweicht, weshalb eine Divergenzrüge keine Aussicht auf Erfolg verspricht (§ 160 Abs 2 Nr 2 SGG).
Nach Aktenlage ist schließlich nicht ersichtlich, dass ein Verfahrensmangel geltend gemacht werden könnte, auf dem die angefochtene Entscheidung des LSG beruhen kann (§ 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 1 SGG). Insbesondere ist nicht zu beanstanden, dass das LSG den Klägern - nach Fristsetzung gemäß § 92 Abs 2 Satz 1 und 2 SGG - entgegengehalten hat, dass diese bis zum Abschluss des Berufungsverfahrens keine aktuelle und zutreffende ladungsfähige Wohnanschrift mitgeteilt haben (zu dieser Anforderung siehe oben). Die Angabe eines Empfangsbevollmächtigen bzw der Adresse eines Dritten reicht nicht aus. Bei der im PKH-Verfahren durchzuführenden summarischen Prüfung bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass die tatsächlichen Annahmen des LSG unzutreffend gewesen sind.
Ch. Mecke |
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Fundstellen
Dokument-Index HI16226681 |