Verfahrensgang
LSG Rheinland-Pfalz (Urteil vom 15.05.2017; Aktenzeichen L 2 EG 7/16) |
SG Trier (Entscheidung vom 05.09.2016; Aktenzeichen S 2 EG 8/16) |
Tenor
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 15. Mai 2017 wird als unzulässig verworfen.
Die Beteiligten haben einander für das Beschwerdeverfahren keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Gründe
I
Die Klägerin begehrt höheres Elterngeld für den 1. bis 12. Lebensmonat ihres am 10.7.2012 geborenen Sohnes H.
Die Klägerin war seit Dezember 2011 selbstständig tätig, zuvor hatte sie eine versicherungspflichtige Beschäftigung ausgeübt. Nachdem der Beklagte ihr zunächst vorläufig Elterngeld in Höhe von 746,84 Euro auf der Grundlage ihres Einkommens in den 12 Monaten vor dem Monat der Geburt ihres Sohnes bewilligt hatte, setzte er das Elterngeld wegen der von der Klägerin im Bezugszeitraum erzielten Einnahmen endgültig auf nur noch 350,64 Euro monatlich fest und forderte den überzahlten Betrag von 4754,40 Euro zurück (Bescheid vom 15.10.2015, Widerspruchsbescheid vom 19.1.2016).
Ihre dagegen erhobene Klage hat die Klägerin damit begründet, gemäß § 2b Abs 3 Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG) sei als Bemessungszeitraum das Kalenderjahr 2011 als der letzte vor der Geburt ihres Kindes abgeschlossene steuerliche Veranlagungszeitraum zugrunde zu legen. In diesem Jahr habe sie ein Einkommen von rund 49 000 Euro erzielt. Das SG ist dieser Ansicht gefolgt, das LSG hat dagegen den Anspruch der Klägerin auf höheres Elterngeld verneint. Auch die erst im Jahr 2015 erfolgte endgültige Festsetzung des Elterngelds richte sich nach dem bis zum 17.9.2012 geltenden und nicht nach dem für die Klägerin günstigeren Recht, das danach in Kraft getreten sei. Das folge aus dem im Elterngeld geltenden, in § 27 BEEG festgeschriebenen Leistungsfallprinzip. Der Beklagte habe deshalb den Bemessungszeitraum zutreffend bestimmt und das Elterngeld richtig berechnet (Urteil vom 15.5.2017).
Die Klägerin hat gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil Beschwerde eingelegt und diese damit begründet, das LSG habe die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache verkannt.
II
Die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin ist unzulässig. Die Begründung genügt nicht den gesetzlichen Anforderungen, weil die behauptete grundsätzliche Bedeutung nicht ordnungsgemäß dargetan worden ist (vgl § 160a Abs 2 S 3 SGG).
1. Eine Rechtssache hat nur dann grundsätzliche Bedeutung, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die über den Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Der Beschwerdeführer muss daher anhand des anwendbaren Rechts und unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung angeben, welche Fragen sich stellen, dass diese noch nicht geklärt sind, weshalb eine Klärung dieser Rechtsfragen aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts erforderlich ist und dass das angestrebte Revisionsverfahren eine Klärung erwarten lässt. Ein Beschwerdeführer muss mithin, um seiner Darlegungspflicht zu genügen, eine Rechtsfrage, ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit (Entscheidungserheblichkeit) sowie die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der von ihm angestrebten Entscheidung (sog Breitenwirkung) darlegen (zum Ganzen vgl BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 34 S 70 mwN).
Diesen Anforderungen wird die vorliegende Beschwerdebegründung nicht gerecht. Die Beschwerde hält es sinngemäß für klärungsbedürftig, ob die zur Geburt eines Kindes geltende Rechtslage maßgeblich bleibt, wenn sich zwischen der vorläufigen und der endgültigen Festsetzung des Elterngeldes die Rechtslage zugunsten des Elterngeldempfängers ändert. Die Beschwerde legt aber bereits nicht substantiiert dar, welches Tatbestandsmerkmal welcher gesetzlichen Norm im Fall der Klägerin grundsätzlich auslegungsbedürftig sein sollte, sondern erwähnt nur allgemein das von der Rechtsprechung des Senats so bezeichnete Leistungsfallprinzip (Senatsurteil vom 23.1.2008 - B 10 EG 5/07 R - BSGE 99, 293 = SozR 4-7837 § 27 Nr 1, RdNr 20). Diese von der Beschwerde zitierte Rechtsprechung ist allerdings zu der Ursprungsfassung von § 27 Abs 1 BEEG (idF vom 5.12.2006 ≪BGBl I 2748≫) ergangen. Demgegenüber hat das LSG die Anwendung der für die Klägerin hinsichtlich der Bestimmung des Bemessungszeitraums ungünstigeren Vorschrift des § 2 Abs 1 S 1 iVm Abs 8 BEEG (idF vom 23.11.2011) auch für die erst 2015 erfolgte endgültige Elterngeldfestsetzung mit einer telelogischen Auslegung des § 27 Abs 1 S 1 BEEG (idF vom 10.9.2012) begründet. Dessen Wortlaut sei ein Redaktionsversehen. Der Gesetzgeber habe tatsächlich für vor dem 1.1.2013 geborene Kinder wie den Sohn der Klägerin eine Fortgeltung des Rechts anordnen wollen, das bis zum 16.9.2012 gegolten habe, nicht eine Anwendung der ab 1.1.2013 geltenden Vorschriften. Deshalb sei § 27 Abs 1 S 1 BEEG (idF vom 10.9.2012) so zu verstehen, wie die Vorschrift durch Art 10 des Pflege-Neuausrichtungs-Gesetzes in das Gesetz aufgenommen - dh richtiggestellt - worden sei (§ 27 BEEG idF vom 23.10.2012 ≪BGBl I 2246≫). Mit dieser maßgeblich ua auf die Gesetzesmaterialien (vgl Bericht des 14. Ausschusses, BT-Drucks 17/10170 S 28) gestützten Auslegung der streitentscheidenden Norm durch das LSG setzt sich die Beschwerde nicht substantiiert auseinander, ebenso wenig mit den Gründen für ihre Änderung durch das Gesetz vom 18.12.2014 (BGBl I 2325; hierzu BT-Drucks 18/2583 S 38). Sie zeigt deshalb die behauptete Klärungsbedürftigkeit der von ihr nur skizzierten Rechtsfrage nicht auf.
Die Beschwerde ist darüber hinaus jedenfalls deshalb als unzulässig zu verwerfen, weil sie nicht ausreichend dargelegt hat, dass die von ihr angesprochene Rechtsfrage über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung hat. Eine Rechtssache ist von allgemeiner Bedeutung, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die in weiteren Fällen streitig ist und deshalb für eine Vielzahl bereits anhängiger oder konkret zu erwartender gleich gelagerter Prozesse maßgeblich ist, sodass deshalb das abstrakte Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt ist (sog Breitenwirkung; vgl BSG vom 26.1.2012 - B 5 R 334/11 B - NZS 2012, 428; BSG SozR 1500 § 160a Nr 39; BSG SozR 1500 § 160 Nr 53). Allein die Tatsache, dass der Ausgang des Rechtsstreits auch für andere Personen von Interesse sein kann, genügt nicht. Nur in Einzelfällen oder nur in gelegentlich auftauchenden Vergleichsfällen sich stellende Rechtsfragen rechtfertigen die Zulassung der Revision nicht, auch wenn sie noch nicht höchstrichterlich entschieden sind (vgl BSG vom 14.5.2012 - B 8 SO 78/11 B - Juris; BSG vom 6.12.1993 - 7 BAr 112/93 - Juris mwN). Es muss daher der Beschwerdebegründung zu entnehmen sein, dass den aufgezeigten Fragen über den konkreten Einzelfall hinaus Bedeutung für eine Mehrzahl ähnlich gelagerter Prozesse zukommen könnte (vgl BSG vom 14.5.2012 - B 8 SO 78/11 B - Juris; BSG vom 26.1.2012 - B 5 R 334/11 B - NZS 2012, 428).
Die allgemein gehaltene Behauptung der Beschwerde, wegen der häufigen Rechtsänderungen im Elterngeldrecht gehe die Problematik von Übergangsregelungen weit über Einzelfälle hinaus, reicht dafür nicht aus. Die Beschwerde setzt sich nicht damit auseinander, dass das von der Klägerin aufgeworfene Rechtsproblem bereits durch eine Änderung des Rechtszustands im Jahr 2012 verursacht worden ist und in der Norm des § 27 BEEG idF vom 10.9.2012 wurzelt. Warum es sich trotzdem heute noch in einer Mehrzahl ähnlich gelagerter Prozesse stellen sollte, legt die Beschwerde nicht substantiiert dar.
Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (vgl § 160a Abs 4 S 2 Halbs 2 SGG).
2. Die Beschwerde ist somit ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter zu verwerfen (§ 160a Abs 4 S 1 Halbs 2, § 169 SGG).
3. Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Fundstellen
Dokument-Index HI11956938 |