Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. Erforderlichkeit der Einreichung einer aktuellen Erklärung nach § 117 Abs 2 ZPO im Rahmen eines Antrags auf Prozesskostenhilfe bei jedem prozessual selbstständigen Antragsverfahren
Orientierungssatz
Aus dem Erfordernis des § 117 Abs 2 ZPO, dass die Erklärung dem Antrag auf Prozesskostenhilfe (PKH) beizufügen ist, folgt, dass sich der Inhalt dieser Erklärung auf den Zeitpunkt der Antragstellung beziehen muss. Um dies zu gewährleisten, muss sich der Antragsteller grundsätzlich bei jedem - prozessual selbstständigen - Antragsverfahren bei der Abgabe der Erklärung nach § 117 Abs 2 ZPO des gemäß § 117 Abs 4 ZPO durch die PKHVV eingeführten Formulars erneut bedienen. Von der Vorlage der Erklärung kann allenfalls abgesehen werden, wenn der Antragsteller auf eine bereits im vorausgegangenen Rechtszug abgegebene Erklärung Bezug nimmt und glaubhaft dartut, dass in seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen gegenüber den früheren Angaben eine Veränderung nicht eingetreten ist (vgl BSG vom 3.4.2001 - B 7 AL 14/01 B sowie BGH vom 16.3.1983 - IVb ZB 73/82).
Normenkette
SGG § 73a Abs 1; ZPO § 117 Abs 2; ZPO § 117 Abs 4; PKHFV; PKHVV
Verfahrensgang
LSG Baden-Württemberg (Urteil vom 26.09.2018; Aktenzeichen L 2 R 1724/18) |
SG Konstanz (Gerichtsbescheid vom 02.05.2018; Aktenzeichen S 7 R 1695/17) |
Tenor
Der Antrag des Klägers, ihm für das Verfahren der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 26. September 2018 - L 2 R 1724/18 - Prozesskostenhilfe unter Beiordnung eines Rechtsanwalts zu gewähren, wird abgelehnt.
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem bezeichneten Urteil wird als unzulässig verworfen.
Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe
I. Der Kläger hat mit Schreiben vom 31.10.2018, welches am 1.11.2018 beim BSG eingegangen ist, gegen die Nichtzulassung der Revision in dem ihm am 11.10.2018 zugestellten Urteil des LSG Baden-Württemberg vom 26.9.2018 Beschwerde eingelegt und zur Durchführung des Beschwerdeverfahrens die Bewilligung von PKH beantragt. Eine Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse hat der Kläger am 14.11.2018 unterzeichnet. Sie ist am 16.11.2018 beim BSG eingegangen.
II. 1. Der PKH-Antrag des Klägers ist abzulehnen.
Voraussetzung der PKH ist nach der Rechtsprechung des BSG und der anderen obersten Gerichtshöfe des Bundes, dass sowohl der (grundsätzlich formlose) Antrag auf PKH als auch die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse (Erklärung) in der für diese gesetzlich vorgeschriebenen Form (§ 73a Abs 1 SGG iVm § 117 Abs 2 und 4 ZPO), dh mit dem durch die PKH-Formularverordnung vom 6.1.2014 (BGBl I 34) eingeführten Formular bis zum Ablauf der Beschwerdefrist eingereicht werden (BSG SozR 1750 § 117 Nr 1, 3 und 4; BGH VersR 1981, 884; BFH/NV 1989, 802; BVerfG SozR 1750 § 117 Nr 2 und 6). Letzteres ist hier nicht geschehen. Bis zum Ablauf der einmonatigen Beschwerdefrist, die am 12.11.2018 endete (§ 160a Abs 1 S 2, § 64 Abs 2, § 63 Abs 2 SGG), hat der Kläger zwar den Antrag gestellt, die erforderliche Erklärung jedoch nicht vorgelegt. Die Erklärung ist erst am 16.11.2018, also nach dem Ablauf der Beschwerdefrist, beim BSG eingegangen.
Das LSG hat den Kläger mit zutreffenden Erläuterungen zur PKH ausdrücklich darüber belehrt, dass sowohl das PKH-Gesuch als auch die formgerechte Erklärung bis zum Ablauf der Beschwerdefrist beim BSG einzureichen sind. Es ist weder ersichtlich noch von dem Kläger dargetan, dass er hieran ohne eigenes Verschulden verhindert war.
Der Hinweis des Klägers in der Beschwerdeschrift vom 31.10.2018 auf einen am 20.7.2017 gestellten Antrag ersetzt nicht die formgerechte Antragstellung für das aktuelle Rechtsschutzgesuch. Zum einen findet sich ein derartiger Antrag schon nicht in den Gerichtsakten. Dem Senat wäre es aufgrund der Angaben des Klägers daher nicht möglich gewesen, seine wirtschaftlichen Verhältnisse zu überprüfen. Zudem folgt aus dem Erfordernis des § 117 Abs 2 ZPO, dass die Erklärung dem Antrag auf PKH beizufügen ist, dass sich der Inhalt dieser Erklärung auf den Zeitpunkt der Antragstellung beziehen muss. Um dies zu gewährleisten, muss sich der Antragsteller grundsätzlich bei jedem - prozessual selbständigen - Antragsverfahren bei der Abgabe der Erklärung nach § 117 Abs 2 ZPO des gemäß § 117 Abs 4 ZPO durch die PKHVV eingeführten Formulars erneut bedienen. Von der Vorlage der Erklärung kann allenfalls abgesehen werden, wenn der Antragsteller auf eine bereits im vorausgegangenen Rechtszug abgegebene Erklärung Bezug nimmt und glaubhaft dartut, dass in seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen gegenüber den früheren Angaben eine Veränderung nicht eingetreten ist (vgl BSG vom 3.4.2001 - B 7 AL 14/01 B - Juris; BGH vom 16.3.1983 - IVb ZB 73/82 = NJW 1983, 2145).
Dies ist hier nicht geschehen. Offensichtlich handelt es sich bei dem vom Kläger angegebenen Antrag vom 20.7.2018 schon nicht um einen solchen aus dem vorinstanzlichen Verfahren. Er ist - ausgehend von dem benannten Datum - vor dem Beginn des Berufungsverfahrens, also noch im erstinstanzlichen Verfahren gestellt worden. Denn die Berufungsschrift des Klägers datiert vom 11.5.2018. Auch hat der Kläger nicht glaubhaft dargelegt, dass sich in seinen wirtschaftlichen und persönlichen Verhältnissen nichts geändert habe. Dazu genügt die bloße Behauptung dessen nicht. Dies gilt insbesondere dann, wenn wie hier Leistungen nach dem SGB II bezogen werden, die zum einen grundsätzlich bei der Prüfung der wirtschaftlichen Voraussetzungen der PKH als Einkommen zu berücksichtigen sind (vgl BGH vom 8.1.2008 - VIII ZB 18/06, NJW-RR 2008, 595; s auch B. Schmidt in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl 2017, § 73a RdNr 6a) und die zum zweiten bei einer regelmäßig einjährigen Laufzeit (nach § 41 Abs 3 S 1 SGB II) zwischen dem benannten Antragsdatum und dem der Beschwerdeschrift vom zuständigen Leistungsträger neu hätten bewilligt worden sein müssen. Als bedürftigkeitsabhängige Leistung sind insoweit Änderungen nicht nur nicht auszuschließen, sondern auch wahrscheinlich.
Vor dem SG Konstanz hat er zudem nach einem ersten ablehnenden Beschluss vom 10.4.2017 mit einem am 20.6.2017 unterschriebenen und am 26.6.2017 beim SG eingegangenen Formantrag erneut PKH begehrt. Ihm musste daher klar vor Augen gestanden haben, dass ein erneuter Antrag auch eine erneute Darlegung seiner persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse bedurfte. Hierauf ist der Kläger im Übrigen im Berufungsverfahren nochmals hingewiesen worden. Im PKH-Beschluss des LSG vom 1.8.2018 wird ausgeführt, dass er sich für das Berufungsverfahren nicht auf den positiven Beschluss des SG vom 17.8.2017 (auf seinen zweiten Antrag hin) beziehen könne. Denn PKH sei für jeden Rechtszweig gesondert zu bewilligen.
2. Die Beschwerde des Klägers ist durch Beschluss ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter als unzulässig zu verwerfen (§ 160a Abs 4 S 1 Halbs 2 iVm § 169 S 2 und 3 SGG). Die von dem Kläger ohne zugelassenen Prozessbevollmächtigten eingelegte Beschwerde entspricht nicht den zwingenden gesetzlichen Vorschriften. Der Kläger muss sich vor dem BSG gemäß § 73 Abs 4 SGG durch einen zugelassenen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Er kann eine Prozesshandlung rechtswirksam nicht vornehmen, folglich auch nicht selbst Beschwerde einlegen. Hierauf hat das LSG den Kläger in der Rechtsmittelbelehrung des angefochtenen Urteils ebenfalls hingewiesen.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Fundstellen
Dokument-Index HI13397672 |