Verfahrensgang
Tenor
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 29. Juni 2017 wird als unzulässig verworfen.
Die Beteiligten haben einander für das Beschwerdeverfahren keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Gründe
Die Klägerin wendet sich gegen ein Urteil des LSG Baden-Württemberg vom 29.6.2017. Gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil hat die Klägerin Beschwerde eingelegt. Sie beruft sich auf die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG) und Divergenz (§ 160 Abs 2 Nr 2 SGG).
Die Beschwerde der Klägerin ist unzulässig. Sie hat in ihrer Beschwerdebegründung vom 28.9.2017 die geltend gemachten Zulassungsgründe nicht in der nach § 160a Abs 2 S 3 SGG gebotenen Weise dargetan.
1. Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache iS des § 160 Abs 2 Nr 1 SGG nur dann, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die - über den Einzelfall hinaus - aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Ein Beschwerdeführer muss daher anhand des anwendbaren Rechts sowie unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung aufzeigen, welche Fragen sich stellen, dass diese Rechtsfragen noch nicht geklärt sind, weshalb deren Klärung aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts erforderlich ist und dass das angestrebte Revisionsverfahren eine Klärung dieser Rechtsfragen erwarten lässt. Um seiner Darlegungspflicht zu genügen, muss die Beschwerdebegründung mithin eine konkrete, aus sich heraus verständliche Rechtsfrage aufwerfen, ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit (Entscheidungserheblichkeit) sowie die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der angestrebten Entscheidung (so genannte Breitenwirkung) darlegen (stRspr, zB BSG Beschluss vom 2.5.2017 - B 5 R 401/16 B - Juris RdNr 6 mwN). Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdebegründung nicht.
Die Klägerin hält die Frage für grundsätzlich bedeutsam, "ob die Klägerin, die lediglich Sozialleistungen in Form von Krankengeld und ER-Rente erhalten hat, nach voller Befriedigung des Erstattungsanspruchs der Krankenkasse, einen Betrag in Höhe von 1.716,71 € zu erstatten hat".
Damit erfüllt die Klägerin bereits die erste Darlegungsanforderung für eine Grundsatzrüge nicht. Denn sie hat keine abstrakte Rechtsfrage iS des § 160 Abs 2 Nr 1 SGG zur Auslegung, zum Anwendungsbereich oder zur Vereinbarkeit einer Rechtsvorschrift des Bundesrechts mit höherrangigem Recht formuliert. Vielmehr hat sie eine im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren unbeachtliche Frage zur zutreffenden Subsumtion in ihrem konkreten Einzelfall gestellt. Die Bezeichnung einer abstrakten, aus sich heraus verständlichen Rechtsfrage ist aber unverzichtbar, damit das Beschwerdegericht an ihr die weiteren Voraussetzungen der Grundsatzrüge prüfen kann. Es gehört nicht zu den Aufgaben des BSG, den Vortrag der Klägerin darauf zu untersuchen, ob sich ihm eventuell eine entsprechende Rechtsfrage entnehmen ließe (vgl stRspr, zB Senatsbeschluss vom 16.3.2017 - B 13 R 390/16 B - Juris RdNr 7). Dies gilt umso mehr, als die Klägerin in der Beschwerdebegründung ausschließlich mit der Fallgestaltung des konkreten Einzelfalls argumentiert. Dass die Klägerin das angefochtene Urteil des LSG jedoch für inhaltlich unrichtig hält, vermag eine Grundsatzrüge nicht zu begründen.
2. Divergenz nach § 160 Abs 2 Nr 2 SGG liegt vor, wenn die tragenden abstrakten Rechtssätze, die zwei Entscheidungen zugrunde gelegt worden sind, nicht übereinstimmen. Sie kommt nur dann in Betracht, wenn das LSG einen tragenden abstrakten Rechtssatz in Abweichung von einem vorhandenen abstrakten Rechtssatz des BSG, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des BVerfG aufgestellt hat. Eine Abweichung liegt folglich nicht schon dann vor, wenn die Entscheidung des LSG nicht den Kriterien entspricht, die eines der vorgenannten Gerichte aufgestellt hat, sondern erst, wenn das LSG diesen Kriterien widersprochen, also andere rechtliche Maßstäbe entwickelt hat. Nicht die Unrichtigkeit der Entscheidung im Einzelfall, sondern die Nichtübereinstimmung im Grundsätzlichen begründet die Zulassung der Revision wegen Abweichung. Darüber hinaus verlangt der Zulassungsgrund der Divergenz, dass die angefochtene Entscheidung auf der Abweichung beruht.
Bezogen auf die Darlegungspflicht bedeutet das vorstehend Gesagte: Die Beschwerdebegründung muss erkennen lassen, welcher abstrakte Rechtssatz in der herangezogenen höchstrichterlichen Entscheidung enthalten ist und welcher in der Entscheidung des LSG enthaltene Rechtssatz dazu im Widerspruch steht. Ferner muss aufgezeigt werden, dass auch das BSG die oberstgerichtliche Rechtsprechung im Revisionsverfahren seiner Entscheidung zugrunde zu legen haben wird (stRspr, vgl zum Ganzen: Senatsbeschluss vom 5.2.2015 - B 13 R 372/14 B - Juris RdNr 4 mwN).
Auch diesen Darlegungsanforderungen wird die Beschwerdebegründung nicht gerecht. Die Klägerin trägt vor, das LSG weiche von dem "ersten Leitsatz" der Entscheidung des BSG vom 5.9.2006 (B 2 U 24/05 R - BSGE 97, 54 = SozR 4-2700 § 8 Nr 18) ab. Sie gibt jedoch in ihrer Beschwerdebegründung auf S 7 ersichtlich keinen divergierenden abstrakten Rechtssatz aus dem Urteil des LSG wieder, sondern lediglich die konkrete Subsumtion des LSG im Einzelfall. Im Kern rügt sie wiederum damit die - vermeintliche - Unrichtigkeit der Rechtsanwendung des LSG durch Verkennung höchstrichterlich entwickelter Maßstäbe in dem konkret zu entscheidenden Rechtsstreit. Ihr Beschwerdevortrag geht daher auch hier über eine im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren unbeachtliche Subsumtionsrüge nicht hinaus.
Sofern die Klägerin in diesem Zusammenhang abschließend auf S 7 ihrer Beschwerdebegründung meint, es stelle "letztlich eine Gehörsverletzung und eine unzulässige Überraschungsentscheidung" dar, "den gestellten Überprüfungsantrag zu übergehen", erfüllt ihr Vorbringen die Darlegungsanforderungen für die Rüge eines solchen Verfahrensmangels nicht. Der Anspruch auf rechtliches Gehör (Art 103 Abs 1 GG, § 62 SGG) soll zwar verhindern, dass die Beteiligten durch eine Entscheidung überrascht werden, die auf Rechtsauffassungen, Tatsachen oder Beweisergebnissen beruht, zu denen sie sich nicht äußern konnten. Das Prozessgericht ist aber grundsätzlich gerade nicht verpflichtet, die Beteiligten vor einer Entscheidung auf eine in Aussicht genommene Beweiswürdigung hinzuweisen oder die für die richterliche Überzeugungsbildung möglicherweise leitenden Gesichtspunkte vorher mit den Beteiligten zu erörtern (BSG Beschluss vom 5.1.2017 - B 12 R 49/15 B - Juris RdNr 9 unter Hinweis auf BSG Beschluss vom 21.6.2000 - B 5 RJ 24/00 B - SozR 3-1500 § 112 Nr 2 S 3 mwN). Von einer Überraschungsentscheidung kann nur ausgegangen werden, wenn sich das Gericht ohne vorherigen richterlichen Hinweis auf einen Gesichtspunkt stützt, mit dem auch ein gewissenhafter und kundiger Prozessbeteiligter nach dem bisherigen Prozessverlauf nicht zu rechnen brauchte (stRspr, vgl zB BVerfG ≪Kammer≫ Beschluss vom 5.4.2012 - 2 BvR 2126/11 - NJW 2012, 2262 RdNr 18 mwN). Die Rüge des Verfahrensmangels einer Überraschungsentscheidung ist deshalb nur dann schlüssig bezeichnet, wenn im Einzelnen vorgetragen wird, aus welchen Gründen auch ein gewissenhafter Prozessbeteiligter aufgrund des bisherigen Prozessverlaufs nicht damit rechnen musste, dass das Gericht seine Entscheidung auf einen bestimmten Gesichtspunkt stützt. Diese Darlegungsanforderungen erfüllt der diesbezügliche Vortrag der Klägerin ersichtlich nicht.
3. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab, weil sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung beizutragen (§ 160a Abs 4 S 2 Halbs 2 SGG).
4. Die Verwerfung der Beschwerde erfolgt gemäß § 160a Abs 4 S 1 Halbs 2 iVm § 169 S 2 und 3 SGG durch Beschluss ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter.
5. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Fundstellen
Dokument-Index HI11385804 |