Verfahrensgang
SG Speyer (Entscheidung vom 25.08.2017; Aktenzeichen S 13 KR 784/14) |
LSG Rheinland-Pfalz (Urteil vom 27.06.2019; Aktenzeichen L 5 KR 214/17) |
Tenor
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 27. Juni 2019 wird als unzulässig verworfen.
Die Klägerin trägt auch die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 15 963,64 Euro festgesetzt.
Gründe
I
Die Klägerin, Trägerin eines für die Behandlung Versicherter zugelassenen Krankenhauses, behandelte die bei der beklagten Krankenkasse versicherte H. (im Folgenden: Versicherte) in der Zeit vom 13.7.2007 bis zum 24.9.2007 stationär. Sie berechnete hierfür ausgehend von der Fallpauschale (Diagnosis Related Group ≪DRG≫) A07A (Beatmung ≫ 999 und ≪ 1800 Stunden mit komplexer OR-Prozedur oder Polytrauma, mit hochkomplexem oder dreizeitigem komplexen Eingriff oder intensivmedizinischer Komplexbehandlung ≫ 3680 Aufwandspunkte) 106 711,43 Euro. Dabei kodierte sie unter anderem die Prozedur nach dem geltenden Operationen- und Prozedurenschlüssel (OPS) 8-980 (intensivmedizinische Komplexbehandlung [Basisprozedur]). Die Beklagte beglich zunächst die Rechnung, forderte nach Einschaltung des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung die Klägerin jedoch auf, die Rechnung durch Streichung der OPS 8-980 zu korrigieren, da die Voraussetzungen für die Abrechnung dieses OPS-Kodes nicht erfüllt seien; eine ständige ärztliche Anwesenheit auf der Intensivstation sei nicht in allen Fällen gewährleistet. Nachfolgend verrechnete sie den Betrag von 15 963,64 Euro mit unstreitigen Forderungen der Klägerin. Deren Klage und Berufung sind ohne Erfolg geblieben. Das LSG hat ausgeführt, der in Rede stehende OPS habe als Mindestmerkmal die ständige ärztliche Anwesenheit auf der Intensivstation, welches die Klägerin nicht erfülle. Die Klägerin habe den Nacht- und Wochenenddienst dergestalt organisiert, dass im Falle eines keinen Aufschub duldenden Notfalles die Abwesenheit des diensthabenden Anästhesisten der Intensivstation bis zu dem Eintreffen des telefonisch herbeigerufenen Hintergrundarztes überbrückt werden müsse mit der Folge, dass der diensthabende Anästhesist der Intensivstation in diesem Zeitraum nicht ausschließlich für die Intensivstation zuständig sei. Gerade vor dem Hintergrund, dass diese Einsätze zwar nicht häufig, aber doch regelhaft ein- bis zweimal bzw ein- bis dreimal pro Monat aufträten, stellten sie sich als "vorhersehbar" und damit "planbar" im Sinne der Rspr des BSG dar (Urteil vom 27.6.2019).
Die Klägerin wendet sich mit ihrer Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im LSG-Urteil.
II
Die Beschwerde der Klägerin ist unzulässig und daher gemäß § 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2 iVm § 169 Satz 3 SGG zu verwerfen. Ihre Begründung entspricht nicht den aus § 160a Abs 2 Satz 3 SGG abzuleitenden Anforderungen an die Darlegung des allein geltend gemachten Revisionszulassungsgrundes der grundsätzlichen Bedeutung (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG).
1. Wer sich auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG) beruft, muss eine Rechtsfrage klar formulieren und ausführen, inwiefern diese Frage im angestrebten Revisionsverfahren entscheidungserheblich sowie klärungsbedürftig und über den Einzelfall hinaus von Bedeutung ist (vgl zB BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 21 S 38; BSG SozR 3-4100 § 111 Nr 1 S 2 f; BSG SozR 3-2500 § 240 Nr 33 S 151 f mwN). Die Klägerin richtet ihr Vorbringen hieran nicht aus.
Die Klägerin formuliert als Rechtsfragen:
"1. Ist die ständige ärztliche Anwesenheit auf der Intensivstation beim OPS-Kode 8-980 gewährleistet, wenn der diensthabende Anästhesist bei keinen Aufschub duldenden Notfallsituationen kurzzeitig (10-15 Minuten) eine Erstversorgung (z.B. Reanimation) außerhalb der Intensivstation bis zum Eintreffen des telefonisch herbeigerufenen Hintergrunddienstes vornimmt?
2. Ist die kurzzeitige Erstversorgung eines Patienten durch den diensthabenden Anästhesist außerhalb der Intensivstation im Notfall (z.B. für eine Reanimation), die bis zu dreimal im Monat an unterschiedlichen Tagen und zu unterschiedlichen Zeiten auftreten kann, als planmäßig anzunehmen, so dass die ärztliche Anwesenheit auf der Intensivstation im Sinne des OPS Kodes 8-980 als nicht gewährleistet anzusehen ist."
Die Klägerin zeigt schon den Klärungsbedarf der Rechtsfragen nicht hinreichend auf. Das Bedürfnis für die Klärung einer Rechtsfrage in einem Revisionsverfahren fehlt, wenn ihre Beantwortung nach der dazu ergangenen höchstrichterlichen Rspr keinem vernünftigen Zweifel unterliegt, die Frage also "geklärt" ist (vgl zB BSG Beschluss vom 21.10.2010 - B 1 KR 96/10 B - RdNr 7 mwN). Die Klägerin hätte sich deshalb in der Beschwerdebegründung näher damit auseinandersetzen müssen, wieso nach Würdigung der ergangenen höchstrichterlichen Rspr noch Klärungsbedarf verblieben ist. Die Beschwerdebegründung genügt diesen Anforderungen nicht.
Die Klägerin setzt sich nicht ausreichend damit auseinander, dass die Rspr des BSG eine Gewährleistung der ständigen ärztlichen Anwesenheit, wie sie der OPS-Kode 8-980 voraussetzt, nur bei einem planmäßigen Bereitschaftsdienst der Stufe D "ausschließlich" für die Intensivstation als gegeben ansieht. Eine Gewährleistung der ständigen ärztlichen Anwesenheit ist nur bei einer dies unter allen - vorhersehbaren - Umständen sicherstellenden, speziell auf die Intensivstation bezogenen Bereitschaftsdienstplanung des Krankenhauses gegeben (BSG SozR 4-5562 § 7 Nr 4 RdNr 18). Der erkennende Senat hat zudem bereits mit Beschluss vom 16.11.2017 (B 1 KR 11/17 B - juris RdNr 11), dem eine weitgehend vergleichbare Fragestellung zugrunde lag, in Zweifel gezogen, dass es angesichts der vorerwähnten Ausführungen noch klärungsbedürftig sein kann, dass der grundsätzlich vorhersehbare kurzzeitige Einsatz des für die Intensivstation diensthabenden Anästhesisten auf anderen Stationen - wenn auch nur in Notfällen bis zum Eintreffen des Hintergrunddienstes - dem Erfordernis "ständige ärztliche Anwesenheit" nicht genügt.
Die Klägerin macht zwar geltend, dass der - von ihr allein berücksichtigten - erstgenannten Entscheidung des BSG ein gänzlich anderer Sachverhalt zugrunde gelegen habe, lässt dabei aber schon außer Betracht, dass dem bereits angeführten Beschluss vom 16.11.2017 eine durchaus vergleichbare Konstellation zugrunde lag. Im Übrigen lässt sich der Rspr des BSG (BSG SozR 4-5562 § 7 Nr 4 RdNr 18) ohne weiteres entnehmen, dass es entscheidend auf das Merkmal der "ständigen" Anwesenheit auf der Intensivstation ankommt. Eine solche ständige Anwesenheit ist jedoch nur dann gegeben, wenn im Rahmen der vorhersehbaren Umstände abgesichert ist, dass der Arzt tatsächlich ausschließlich auf der Intensivstation tätig ist. Dies ist bereits dann nicht mehr der Fall, wenn er in ihrer zeitraumbezogenen Häufigkeit vorhersehbaren Notfällen - und sei es auch nur wenige Male im Monat - die Intensivstation kurzzeitig verlassen muss, um eine bekannte ärztliche Unterdeckung aufzufangen. Soweit sich die Klägerin auf Hinweise des DIMDI aus dem Jahr 2011 beruft (FAQ 8011), geht sie schon nicht darauf ein, wieso diese unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rspr für die Behandlung der Versicherten im Jahr 2007 Bedeutung haben könnten.
2. Der Senat sieht von einer weiteren Begründung ab (§ 160a Abs 4 Satz 2 Halbsatz 2 SGG).
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 3 SGG iVm § 154 Abs 2 VwGO, diejenige über den Streitwert auf § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 1 SGG iVm § 63 Abs 2 Satz 1, § 52 Abs 1 und 3, § 47 Abs 1 und 3 GKG.
Fundstellen
Dokument-Index HI13586877 |