Verfahrensgang
Tenor
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 9. Februar 2022 wird als unzulässig verworfen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe
I
Mit vorgenanntem Urteil hat das LSG einen Anspruch der Klägerin auf Gewährung von Leistungen, insbesondere von Heilbehandlung und Übernahme der dafür anfallenden Kosten, von Verletztengeld und Verletztenrente, aufgrund eines anerkannten Arbeitsunfalls vom 31.8.2015 über den 11.9.2015 hinaus verneint. Gegen die Nichtzulassung der Revision in dieser Entscheidung hat die Klägerin beim BSG Beschwerde eingelegt. In der Beschwerdebegründung macht sie das Vorliegen von Verfahrensmängeln geltend.
II
Die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin ist unzulässig. Die Begründung genügt nicht den gesetzlichen Anforderungen, weil sie den geltend gemachten Zulassungsgrund des Vorliegens von Verfahrensmängeln (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG) nicht formgerecht bezeichnet (§ 160a Abs 2 Satz 3 SGG).
1. Wird eine Nichtzulassungsbeschwerde darauf gestützt, dass ein Verfahrensmangel vorliege, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen könne (§ 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 1 SGG), so müssen bei der Bezeichnung des Verfahrensmangels zunächst die diesen vermeintlich begründenden Tatsachen substantiiert dargetan werden. Darüber hinaus ist - außer im Fall von absoluten Revisionsgründen - die Darlegung erforderlich, dass und warum die Entscheidung des LSG ausgehend von dessen materieller Rechtsansicht auf dem Mangel beruhen kann, dass also die Möglichkeit einer Beeinflussung des Urteils besteht. Gemäß § 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 2 SGG kann der geltend gemachte Verfahrensmangel allerdings nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs 1 Satz 1 SGG und auf eine Verletzung des § 103 SGG nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist. Diesen Anforderungen wird die Beschwerdebegründung der Klägerin nicht gerecht.
a) Mit der Rüge, das LSG habe durch unzutreffende Auslegung des streitgegenständlichen Bescheids unzulässig auf Leistungen zur Heilbehandlung und Verletztengeld abgestellt und rechtsfehlerhaft angenommen, die Anträge der Klägerin seien zu unbestimmt, bezeichnet die Beschwerdebegründung keinen Verfahrensmangel.
Dem Vorbringen kann noch hinreichend entnommen werden, dass das LSG teilweise unzutreffend durch Prozess- statt durch Sachurteil entschieden habe. Darin kann ein Verfahrensmangel liegen, weil beide eine jeweils qualitativ andere Entscheidung darstellen und damit sowohl ein Entscheidungs- als auch ein Verfahrensmangel gegeben sein kann (stRspr; vgl nur BSG Beschluss vom 15.12.2020 - B 2 U 142/20 B - juris RdNr 6 mwN; BSG Beschluss vom 19.5.2021 - B 14 AS 389/20 B - juris RdNr 6; BSG Beschluss vom 5.6.2014 - B 4 AS 349/13 B - RdNr 9; BSG Urteil vom 9.12.1969 - 9 RV 358/69 - SozR Nr 191 zu § 162 SGG = juris RdNr 26 f).
Das LSG hat hier teilweise durch Prozessurteil entschieden. Dabei ergibt sich die fehlende Sachentscheidung nicht bereits aus dem Tenor des angefochtenen Urteils, mit dem das LSG die Berufung "zurückgewiesen" hat. Um den Sinn der Urteilsformel zu ermitteln, sind die Entscheidungsgründe mit heranzuziehen (BSG Beschluss vom 18.8.2022 - B 1 KR 35/22 B - juris RdNr 8 mwN). Das LSG hat hier die Klage bzgl der geltend gemachten unspezifischen Leistungen, der Heilbehandlung bzw einer Kostenerstattung hierfür sowie der Verletztenrente als unzulässig gewertet. Damit hat es in diesem Umfang nicht zur Sache entschieden, sondern ein Prozessurteil erlassen (vgl BSG Beschluss vom 18.8.2022 - B 1 KR 35/22 B - juris RdNr 8 mwN; BSG Urteil vom 9.12.1969 - 9 RV 358/69 - SozR Nr 191 zu § 162 SGG = juris RdNr 26 f).
Die Beschwerdebegründung geht indes hier über die Behauptung einer unzutreffenden Rechtsanwendung des LSG in diesen Streitgegenständen nicht hinaus. Ein Verfahrensmangel ist nur dann iS des § 160a Abs 2 Satz 3 SGG "bezeichnet", wenn er in den ihn begründenden Tatsachen substantiiert dargetan wird. Für eine Rüge "Prozess- statt Sachurteil" und umgekehrt bedarf es daher einer Auseinandersetzung mit den Gründen der Berufungsentscheidung und einer schlüssigen Darlegung, worin die unrichtige Beurteilung der Sachurteilsvoraussetzungen liegt (Kummer, Die Nichtzulassungsbeschwerde, 2. Aufl 2010, RdNr 662). Daran fehlt es hier. Die Beschwerdebegründung zeigt nicht auf, aus welchen Gründen die vom LSG unter Bezugnahme auf die höchstrichterliche Rechtsprechung des BSG getroffene Entscheidung zur Unzulässigkeit der betroffenen Streitgegenstände mit der Rechtsordnung nicht vereinbar ist. Dies folgt jedenfalls nicht aus dem Umstand, dass noch das SG nach dem Beschwerdevorbringen wohl insgesamt von einer Zulässigkeit der Klage ausgegangen ist. Ein Verfahrensfehler wird nach diesen Maßstäben auch nicht hinreichend "bezeichnet", sofern die Beschwerdebegründung eine fehlerhafte Bestimmung des Streitgegenstandes (§ 123 SGG) bzgl der Verletztenrente rügen wollte.
Unabhängig davon enthält die Beschwerdebegründung bzgl der betroffenen Streitgegenstände nichts dazu, dass das LSG in der Sache zu einem für die Klägerin positiven Urteil hätte gelangen können, die Entscheidung des LSG daher auf dem gerügten Verfahrensmangel beruhen kann (vgl zu dieser Darlegungsanforderung zB BSG Beschluss vom 17.12.2019 - B 8 SO 8/19 B - juris RdNr 7; BSG Beschluss vom 18.2.1988 - 9/9a BV 203/87 - juris RdNr 3). Dies hätte hier Ausführungen dazu erfordert, über welche weiteren nicht konkret benannten "Leistungen" das LSG hätte entscheiden müssen und die Entscheidung zugunsten der Klägerin hätte ausgehen können. Des Weiteren hätte es insbesondere der Darlegung bedurft, dass der Klägerin für erfolgte Heilbehandlung Kosten entstanden sind. Insoweit trägt sie selbst vor, dass nur noch eine Kostenerstattung in Betracht kommen kann. Auch hätte sie dazu vortragen müssen, dass sie die weiteren Voraussetzungen für die Gewährung einer Verletztenrente (§ 56 SGB VII) erfüllt.
Demgegenüber stellt die bloße Behauptung der Unrichtigkeit der Berufungsentscheidung keinen Zulassungsgrund iS von § 160 Abs 2 SGG dar. Das darauf gerichtete Vorbringen der Klägerin geht mithin über eine im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren unbeachtliche Rüge eines bloßen Rechtsanwendungsfehlers nicht hinaus (vgl BSG Beschluss vom 28.6.2022 - B 2 U 181/21 B - juris RdNr 11 mwN; BSG Beschluss vom 25.5.2020 - B 9 V 3/20 B - juris RdNr 6; BSG Beschluss vom 25.7.2011 - B 12 KR 114/10 B - SozR 4-1500 § 160 Nr 22 RdNr 4).
b) Soweit die Klägerin rügt, dass das LSG beantragte Beweiserhebungen nicht vorgenommen habe, macht sie eine unzureichende Sachaufklärung (§ 103 SGG) geltend. Um den Verfahrensmangel der Verletzung der Sachaufklärungspflicht (§ 103 SGG) ordnungsgemäß zu rügen, muss die Beschwerdebegründung (1.) einen für das Revisionsgericht ohne Weiteres auffindbaren, bis zuletzt aufrechterhaltenen oder im Urteil wiedergegebenen Beweisantrag bezeichnen, dem das LSG nicht gefolgt ist, (2.) die Rechtsauffassung des LSG wiedergeben, auf deren Grundlage bestimmte Tatfragen klärungsbedürftig hätten erscheinen müssen, (3.) die von dem Beweisantrag betroffenen tatsächlichen Umstände aufzeigen, die zur weiteren Sachaufklärung Anlass gegeben hätten, (4.) das voraussichtliche Ergebnis der unterbliebenen Beweisaufnahme angeben und (5.) erläutern, weshalb die Entscheidung des LSG auf der unterlassenen Beweiserhebung beruhen kann, das LSG also von seinem Rechtsstandpunkt aus zu einem für die Klägerin günstigeren Ergebnis hätte gelangen können, wenn es das behauptete Ergebnis der unterlassenen Beweisaufnahme erkannt hätte (stRspr; zB BSG Beschluss vom 27.9.2022 - B 2 U 42/22 B - juris RdNr 7 mwN; BSG Beschluss vom 11.3.2021 - B 9 SB 51/20 B - juris RdNr 9; BSG Beschluss vom 12.12.2003 - B 13 RJ 179/03 B - SozR 4-1500 § 160a Nr 3 RdNr 5 mwN).
Daran fehlt es hier. Die vor dem LSG anwaltlich vertretene Klägerin bezeichnet bereits keinen prozessordnungsgemäßen Beweisantrag, den sie im Berufungsverfahren bis zum Schluss aufrechterhalten hat. Wird ein Rechtsstreit - wie hier - nach § 124 Abs 2 SGG mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden, tritt an die Stelle des Schlusses der mündlichen Verhandlung der Zeitpunkt der Zustimmung zu einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung (stRspr; zB BSG Beschluss vom 28.11.2022 - B 2 U 84/22 B - juris RdNr 11; BSG Beschluss vom 11.6.2022 - B 9 V 5/22 B - juris RdNr 4 mwN). Der förmliche Beweisantrag hat Warnfunktion und soll der Tatsacheninstanz unmittelbar vor der Entscheidung signalisieren, dass ein Beteiligter die gerichtliche Aufklärungspflicht noch für defizitär hält. Diese Warnfunktion des Beweisantrags verfehlen "Beweisantritte" und Beweisgesuche, die lediglich in der Berufungsschrift oder sonstigen Schriftsätzen enthalten sind (zB BSG Beschluss vom 16.3.2022 - B 2 U 164/21 B - juris RdNr 17; BSG Beschluss vom 14.7.2021 - B 6 KA 42/20 B - juris RdNr 7 mwN; BSG Beschluss vom 29.3.2007 - B 9a VJ 5/06 B - SozR 4-1500 § 160 Nr 13 RdNr 11 mwN). Die Klägerin legt indes nicht dar, dass sie einen Beweisantrag bis zuletzt aufrechterhalten hat. Soweit sich die Beschwerdebegründung auf den Vortrag in der Berufungsbegründung vom 21.9.2021 bezieht, versäumt sie eine Auseinandersetzung damit, dass das LSG zeitlich danach zu einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung angehört und die Klägerin mit Schriftsatz vom 7.2.2022 ihr Einverständnis hierzu erteilt hat. Sie legt ferner nicht dar, überhaupt einen prozesskonformen Beweisantrag gestellt zu haben (allg zur Abgrenzung eines Beweisantrags von einer unbeachtlichen Beweisanregung BSG Beschluss vom 24.5.1993 - 9 BV 26/93 - SozR 3-1500 § 160 Nr 9 S 20 = juris RdNr 4).
Dadurch, dass die Beschwerdebegründung hier ihre Rüge formal in das Gewand einer Verletzung des rechtlichen Gehörs (Art 103 Abs 1 GG; § 62 SGG) kleidet, können die Anforderungen an die geltend gemachte Sachaufklärungsrüge nicht umgangen werden (stRspr; zB BSG Beschluss vom 27.9.2022 - B 2 U 42/22 B - juris RdNr 10 mwN; BSG Beschluss vom 30.8.2022 - B 9 SB 17/22 B - juris RdNr 10 mwN; BSG Beschluss vom 6.2.2007 - B 8 KN 16/05 B - SozR 4-1500 § 160 Nr 12 RdNr 7).
c) Die Beschwerdebegründung rügt eine Verletzung des rechtlichen Gehörs (Art 103 Abs 1 GG; § 62 SGG), weil das LSG erstmals in den Entscheidungsgründen seine Auffassung bzgl der Entbehrlichkeit der Einholung eines Gutachtens mitgeteilt habe. Es widerspreche damit der vorausgegangenen Beweisaufnahme durch das SG.
Der Grundsatz rechtlichen Gehörs gebietet, dass eine gerichtliche Entscheidung nur auf Tatsachen und Beweisergebnisse gestützt werden darf, zu denen sich die Beteiligten äußern konnten (§ 128 Abs 2 SGG). Dem Gebot ist indes Genüge getan, wenn die Beteiligten die maßgeblichen Tatsachen erfahren und ausreichend Gelegenheit haben, sachgemäße Erklärungen innerhalb einer angemessenen Frist vorzubringen (stRspr; zB BSG Beschluss vom 31.5.2022 - B 2 U 120/21 B - juris RdNr 16 mwN; BVerfG Beschluss vom 29.5.1991 - 1 BvR 1383/90 - juris RdNr 7). Eine das rechtliche Gehör verletzende Überraschungsentscheidung liegt dann vor, wenn das Gericht seine Entscheidung auf Gesichtspunkte stützt, die bisher nicht erörtert worden sind, und dadurch der Rechtsstreit eine unerwartete Wendung nimmt, mit der auch ein gewissenhafter Prozessbeteiligter nach dem bisherigen Verfahrensverlauf selbst unter Berücksichtigung der Vielzahl vertretbarer Rechtsauffassungen nicht zu rechnen braucht (zB BSG Beschluss vom 27.9.2022 - B 2 U 150/21 B - juris RdNr 8 mwN; BSG Beschluss vom 15.8.2022 - B 2 U 141/21 B - juris RdNr 19 mwN; BSG Beschluss vom 7.11.2017 - B 13 R 153/17 B - juris RdNr 14; BVerfG ≪Kammer≫ Beschluss vom 3.5.2021 - 2 BvR 1176/20 - juris RdNr 21 und 28; BVerfG Beschluss vom 19.5.1992 - 1 BvR 986/91 - BVerfGE 86, 133 - juris RdNr 36). Solche Umstände trägt die Klägerin nicht vor. Die Beschwerdebegründung enthält bereits nichts dazu, an welcher Stelle des Urteils sich das LSG zu dem vor dem SG eingeholten Gutachten geäußert haben soll. Soweit die Klägerin eine Überraschungsentscheidung durch das LSG geltend macht, weil dieses die Klage im Wesentlichen als unzulässig gewertet hat, ist ihr Vortrag auch zu den hierfür maßgeblichen Tatsachen nicht schlüssig. Die Beschwerdebegründung gibt die Entscheidungsgründe des Berufungsurteils wieder, wonach "die anwaltlich vertretene Klägerin weiterhin, trotz des Hinweises des Senats auf die Zulässigkeitsproblematik, … begehrt, …". Wieso die im Berufungsverfahren anwaltlich vertretene Klägerin hiernach nicht mit der Bewertung der Klage als unzulässig zu rechnen brauchte, ergibt sich aus der Beschwerdebegründung nicht. Die Gerichte werden durch Art 103 Abs 1 GG im Übrigen nicht dazu verpflichtet, der Rechtsansicht eines Beteiligten zu folgen (BVerfG ≪Kammer≫ Beschluss vom 9.2.2022 - 2 BvR 613/21 - juris RdNr 4 mwN; BSG Beschluss vom 17.5.2022 - B 2 U 91/21 B - juris RdNr 13 mwN; BSG Beschluss vom 3.3.2022 - B 9 V 37/21 B - juris RdNr 12 mwN).
d) Die Klägerin bezeichnet eine Verletzung des rechtlichen Gehörs (Art 103 Abs 1 GG; § 62 SGG) auch nicht dadurch hinreichend, dass sie sich gegen die ergänzende Bezugnahme des LSG auf die Entscheidungsgründe im Urteil des SG (§ 153 Abs 2 SGG) wendet.
Die Garantie rechtlichen Gehörs verpflichtet die Gerichte, das Vorbringen der Beteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in ihre Erwägungen einzubeziehen. Dabei gilt die tatsächliche Vermutung, dass ein Gericht das Vorbringen der Beteiligten und den Akteninhalt zur Kenntnis genommen und erwogen hat. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind (§ 128 Abs 1 Satz 2 SGG). Aus den Entscheidungsgründen (§ 136 Abs 1 Nr 6 SGG) muss ersichtlich sein, auf welchen Erwägungen in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht die Entscheidung beruht. Die Gerichte sind indes nicht gehalten, jedes Vorbringen ausdrücklich zu bescheiden. Sie müssen auch nicht jeden Gesichtspunkt, der erwähnt werden könnte, in den Entscheidungsgründen ausdrücklich abhandeln (vgl zB BSG Beschluss vom 21.2.2023 - B 2 U 47/22 B - juris RdNr 9; BSG Beschluss vom 1.12.2020 - B 12 KR 48/20 B - juris RdNr 9 mwN) und brauchen auch nicht zu Fragen Stellung zu nehmen, auf die es nach ihrer Auffassung nicht ankommt (stRspr; vgl zB BSG Beschluss vom 21.4.2022 - B 5 R 306/21 B - juris RdNr 20 mwN; BVerfG ≪Kammer≫ Beschluss vom 30.9.2022 - 2 BvR 2222/21 - juris RdNr 27 mwN; BVerfG ≪Kammer≫ Beschluss vom 25.3.2010 - 1 BvR 2446/09 - juris RdNr 11).
Aus dem Vorbringen der Klägerin, sie habe in der Berufungsbegründung Einwendungen und Angriffe vorgetragen, ergeben sich keine Umstände, dass das LSG seiner Pflicht zur Kenntnisnahme ihres Vortrags nicht nachgekommen ist. Soweit sich die Beschwerde hiermit zugleich gegen eine unterbliebene Sachaufklärung (§ 103 SGG) durch das LSG wendet, bezeichnet sie diesen Verfahrensmangel nicht hinreichend (§ 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 2 SGG; vgl dazu b)). Die Beschwerdebegründung zeigt auch einen Begründungsmangel wegen der Bezugnahme auf das Urteil des SG nicht hinreichend auf. Die Berufungsgerichte können bei Wahrung der dargestellten Anforderungen (§ 128 Abs 1 Satz 2, § 136 Abs 1 Nr 6 SGG) rechtsfehlerfrei von der in § 153 Abs 2 SGG vorgesehenen Verweisungsmöglichkeit Gebrauch machen, um sich "überflüssige Formulierungs- und Schreibarbeit" zu ersparen, wenn und soweit sie die Berufung aus den Gründen des angefochtenen SG-Urteils zurückweisen, die die Beteiligten bereits kennen. Es steht im freien Ermessen eines LSG, ob es gemäß § 153 Abs 2 SGG verfährt (zB BSG Beschluss vom 28.11.2022 - B 2 U 84/22 B - juris RdNr 13 mwN; BSG Beschluss vom 15.3.2018 - B 9 V 91/16 B - SozR 4-1500 § 136 Nr 3 RdNr 11). Nur wenn ein Beteiligter im Berufungsverfahren neue rechtserhebliche Tatsachen oder substantiierte Einwendungen gegen die erstinstanzlichen Entscheidungsgründe vorgebracht oder entsprechende Beweisanträge gestellt hat oder im Berufungsverfahren eine Beweisaufnahme durchgeführt worden ist, muss sich das LSG in jedem Fall damit auseinandersetzen, da insoweit die Bezugnahme nach § 153 Abs 2 SGG auf das erstinstanzliche Urteil die Würdigung vom Berufungsgericht selbst erhobener Beweise nicht ersetzen kann. In solchen Fällen genügt eine bloße Bezugnahme nach § 153 Abs 2 SGG nicht. Sie würde neues rechtserhebliches Vorbringen übergehen und damit das rechtliche Gehör des betreffenden Beteiligten verletzen (stRspr; zB BSG Beschluss vom 28.11.2022 - B 2 U 84/22 B - juris RdNr 14; BSG Beschluss vom 15.3.2018 - B 9 V 91/16 B - SozR 4-1500 § 136 Nr 3 RdNr 11; BSG Urteil vom 14.11.1996 - 2 RU 15/96 - SozR 3-1500 § 153 Nr 3 S 9 = juris RdNr 22; jeweils mwN).
Daran fehlt es hier. Die Beschwerdebegründung zeigt bereits nicht die Tatsachen vollständig auf, aus denen sich der Verfahrensmangel ergeben soll. Insbesondere enthält sie nichts dazu, dass es sich bei dem Vorbringen der Klägerin im Berufungsverfahren um neue sowie rechtserhebliche Tatsachen gehandelt haben könnte. Des Weiteren lässt die Beschwerdebegründung die Verfahrensgeschichte und den Inhalt der Urteile des SG sowie des LSG in dieser Hinsicht offen. Daher kann der Senat bereits nicht prüfen, in welchem Umfang das LSG auf das erstinstanzliche Urteil Bezug genommen hat. Ein Verfahrensmangel ist indes nur dann iS des § 160a Abs 2 Satz 3 SGG "bezeichnet", wenn er in den ihn begründenden Tatsachen substantiiert dargetan wird. Dies wird aber nur dann erkennbar, wenn zuvor diese Tatsachen im Zusammenhang mit dem Verfahrensgang aufgezeigt und einer rechtlichen Wertung unterzogen werden (zB BSG Beschluss vom 23.2.2022 - B 2 U 197/21 B - juris RdNr 10; BSG Beschluss vom 21.12.2021 - B 9 SB 55/21 B - juris RdNr 5 mwN).
2. Soweit die Beschwerdebegründung ein fehlerhaftes Verfahren vor dem SG rügt, übersieht sie, dass dies im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde beim BSG grundsätzlich unbeachtlich ist. Denn revisible Verfahrensmängel müssen das Verfahren im unmittelbar vorangegangenen Berufungsrechtszug betreffen, was bereits aus dem Wortlaut des § 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 1 SGG folgt ("… auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann …"). Wenn Verfahrensmängel des SG geltend gemacht werden, muss daher schlüssig aufgezeigt werden, dass diese im Berufungsverfahren von Amts wegen zu beachten gewesen wären, fortgewirkt hätten und daher ausnahmsweise als Fehler des LSG anzusehen seien (vgl dazu BSG Beschluss vom 19.4.2022 - B 2 U 70/21 B - juris RdNr 12 mwN; BSG Beschluss vom 25.4.2001 - B 9 V 70/00 B - SozR 3-1500 § 73 Nr 10 S 31). Hierzu enthält die Beschwerdebegründung über das bereits berücksichtigte Vorbringen einer Verletzung des rechtlichen Gehörs (Art 103 Abs 1 GG; § 62 SGG) und einer unzureichenden Sachaufklärung (§ 103 SGG) hinaus indes nichts.
3. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (§ 160a Abs 4 Satz 2 Halbsatz 2 SGG).
4. Die Beschwerde ist somit ohne Zuziehung ehrenamtlicher Richter zu verwerfen (§ 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2, § 169 Satz 2 und 3 SGG).
5. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung der §§ 183, 193 SGG.
Fundstellen
Dokument-Index HI15741902 |