Verfahrensgang

SG Reutlingen (Entscheidung vom 18.05.2017; Aktenzeichen S 5 SO 2537/16)

LSG Baden-Württemberg (Urteil vom 15.09.2021; Aktenzeichen L 2 SO 356/19 ZVW)

 

Tenor

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 15. September 2021 wird als unzulässig verworfen.

Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

 

Gründe

I

Im Streit sind Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung (Grundsicherungsleistungen) sowie Hilfen zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe - (SGB XII).

Die Klägerin beantragte im Juli 2014 beim Beklagten die Gewährung von Grundsicherungsleistungen, was dieser mit der Begründung ablehnte, das vorhandene Renteneinkommen übersteige den Bedarf (Bescheid vom 22.7.2014); ebenso wurde ein Folgeantrag abgelehnt (Bescheid vom 12.5.2016; Widerspruchsbescheid vom 13.9.2016). Die Klage hat keinen Erfolg gehabt (Urteil des Sozialgerichts ≪SG≫ Reutlingen vom 18.5.2017; Beschluss des Landessozialgerichts ≪LSG≫ Baden-Württemberg vom 7.5.2018). Das Bundessozialgericht (BSG) hat den Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückverwiesen (Beschluss vom 6.12.2018, B 8 SO 38/18 B), da die vom Beklagten abgelehnten Hilfen zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten (§§ 67 f SGB XII, Bescheid vom 28.5.2018) auch Streitgegenstand des Verfahrens gewesen waren. Mit Urteil vom 15.9.2021 hat das LSG die Berufung der Klägerin gegen das SG-Urteil zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die Klägerin habe keinen Anspruch auf Grundsicherungsleistungen, weil ihr Renteneinkommen den maßgeblichen sozialhilferechtlichen Bedarf decke und das vorgebrachte tatsächliche Ausgabeverhalten nicht maßgeblich sei. Ansprüche auf Hilfen nach §§ 67 f SGB XII bestünden nicht, da besondere soziale Schwierigkeiten nicht vorlägen.

Dagegen wendet sich die Klägerin mit der Nichtzulassungsbeschwerde und macht als Verfahrensmangel eine unzureichende Sachaufklärung geltend. Das Urteil des LSG sei rechtsfehlerhaft und beruhe auf einer Abweichung von anderer Rechtsprechung.

II

Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig, weil der geltend gemachte Zulassungsgrund eines Verfahrensmangels (§ 160 Abs 2 Nr 3 Sozialgerichtsgesetz ≪SGG≫) nicht in der gebotenen Weise bezeichnet worden ist. Der Senat konnte deshalb über die Beschwerde ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter nach § 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2 iVm § 169 Satz 3 SGG entscheiden.

Gemäß § 160 Abs 2 Nr 3 SGG ist die Revision zuzulassen, wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung von §§ 109 und 128 Abs 1 Satz 1 SGG (Grundsatz der freien richterlichen Beweiswürdigung) und auf eine Verletzung des § 103 SGG (Amtsermittlungsgrundsatz) nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist. Um einen Verfahrensmangel in diesem Sinne geltend zu machen, müssen die Umstände bezeichnet werden, die den entscheidungserheblichen Mangel ergeben sollen (vgl zB BSG vom 29.9.1975 - 8 BU 64/75 - SozR 1500 § 160a Nr 14; BSG vom 24.3.1976 - 9 BV 214/75 - SozR 1500 § 160a Nr 24; BSG vom 18.2.1980 - 10 BV 109/79 - SozR 1500 § 160a Nr 36).

Soweit sich die Klägerin mit den von ihr erhobenen Aufklärungsrügen auf eine Verletzung der Amtsermittlungspflicht nach § 103 SGG stützt, hätte sie einen für das Revisionsgericht ohne Weiteres auffindbaren Beweisantrag bezeichnen, die Rechtsauffassung des LSG wiedergeben, aufgrund der bestimmte Tatsachen als klärungsbedürftig erscheinen, und die von dem betreffenden Beweisantrag berührten Tatumstände darlegen müssen, die zu weiterer Sachaufklärung Anlass gegeben hätten (vgl zB BSG vom 12.12.2003 - B 13 RJ 179/03 B - SozR 4-1500 § 160a Nr 3 mwN). Hierzu gehört nach ständiger Rechtsprechung des BSG die Darlegung, dass ein Beteiligter, wie hier die Klägerin, einen Beweisantrag bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung gestellt und noch zumindest hilfsweise aufrechterhalten hat (vgl dazu BSG vom 20.9.2013 - B 8 SO 15/13 B - RdNr 10; BSG vom 29.3.2007 - B 9a VJ 5/06 B - SozR 4-1500 § 160 Nr 13 RdNr 11 mwN) oder einen im schriftlichen Verfahren gestellten Beweisantrag aufrechterhalten hat (BSG vom 18.12.2000 - B 2 U 336/00 B - SozR 3-1500 § 160 Nr 31 S 52; BSG vom 18.2.2003 - B 11 AL 273/02 B - juris RdNr 3). Hieran fehlt es.

Soweit die Klägerin eine Rechtsprechungsabweichung zu einer Entscheidung eines anderen Senats des LSG aus dem Bereich der Grundsicherung für Arbeitsuchende rügt, ist dies keine Bezeichnung einer Divergenz iS des § 160 Abs 2 Nr 2 SGG, da hierfür nur entscheidungstragende abstrakte Rechtssätze in der höchstrichterlichen Entscheidung des BSG, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes (GmSOGB) oder des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) als Anknüpfungspunkt in Betracht kommen. Es verhilft der Beschwerde auch nicht zur Zulässigkeit, wenn man die Beschwerdebegründung dahingehend versteht, dass mit der "Abweichung von Rechtsprechung" ein Fall der grundsätzlichen Bedeutung vorgebracht wird, denn die von der Klägerin aufgeworfene Frage, ob und inwieweit Kosten für den Erhaltungsaufwand einer Wohnung zu den berücksichtigungsfähigen Unterkunftsbedarfen gehören, wird weder hinsichtlich ihrer abstrakten Klärungsbedürftigkeit noch ihrer konkreten Klärungsfähigkeit nach dargelegt.

Im Kern macht die Klägerin nur die Unrichtigkeit des angegriffenen Urteils geltend, was die Zulassung der Revision aber nicht begründen kann (vgl nur BSG vom 26.6.1975 - 12 BJ 12/75 - SozR 1500 § 160a Nr 7).

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 Abs 1 SGG.

Bieresborn

Scholz

Luik

 

Fundstellen

Dokument-Index HI15291950

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