Verfahrensgang
SG Hildesheim (Entscheidung vom 03.04.2017; Aktenzeichen S 7 VE 14/15) |
LSG Niedersachsen-Bremen (Beschluss vom 03.03.2020; Aktenzeichen L 10 VE 31/17) |
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Beschluss des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 3. März 2020 wird als unzulässig verworfen.
Die Beteiligten haben einander für das Beschwerdeverfahren keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Gründe
I
Der Kläger begehrt in der Hauptsache eine Beschädigtenrente nach dem Opferentschädigungsgesetz iVm den Vorschriften des Bundesversorgungsgesetzes nach einem Grad der Schädigungsfolgen von mindestens 30. Das LSG hat den geltend gemachten Anspruch verneint (Beschluss vom 3.3.2020). Eine Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) liege weder nach den eingeholten Sachverständigengutachten noch nach dem Entlassungsbericht der M-Klinik vom 16.6.2017 vor. Dem Entlassungsbericht könne nicht überzeugend entnommen werden, dass dort beim Kläger sämtliche Merkmale für das Vorhandensein einer PTBS festgestellt worden seien.
Gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Beschluss hat der Kläger Beschwerde beim BSG eingelegt. Er macht als Zulassungsgründe die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache und den Verfahrensmangel der Verletzung der Amtsermittlungspflicht geltend.
II
Die Beschwerde des Klägers ist unzulässig. Die Begründung genügt nicht der gesetzlich vorgeschriebenen Form, weil die geltend gemachten Zulassungsgründe der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG) und des Verfahrensmangels (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG) nicht in der hierfür erforderlichen Weise dargetan worden sind (vgl § 160a Abs 2 Satz 3 SGG).
1. Eine Rechtssache hat nur dann grundsätzliche Bedeutung iS von § 160 Abs 2 Nr 1 SGG, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die über den Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Der Beschwerdeführer muss daher anhand des anwendbaren Rechts und unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung angeben, welche Fragen sich stellen, dass diese noch nicht geklärt sind, weshalb eine Klärung dieser Rechtsfragen aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts erforderlich ist, und dass das angestrebte Revisionsverfahren eine Klärung erwarten lässt. Ein Beschwerdeführer muss daher, um seiner Darlegungspflicht zu genügen, eine Rechtsfrage, ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit (Entscheidungserheblichkeit) sowie die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der von ihm angestrebten Entscheidung (sog Breitenwirkung) darlegen (zum Ganzen vgl Senatsbeschluss vom 31.1.2018 - B 9 V 63/17 B - juris RdNr 6; Senatsbeschluss vom 30.11.2017 - B 9 V 35/17 B - juris RdNr 4). Diesen Anforderungen wird die Beschwerdebegründung des Klägers nicht gerecht.
Der Kläger trägt vor, die Entscheidung des LSG habe insoweit grundsätzliche Bedeutung, dass "ein Mangel der nötigen Beachtung der von dem Kläger in einer schriftlichen Stellungnahme dargelegten Punkte zu seinem Gesundheitszustand seitens des LSG stattgefunden hat".
Der Kläger versäumt es jedoch bereits, den der Entscheidung des LSG zugrunde liegenden Sachverhalt darzustellen. Eine verständliche Sachverhaltsschilderung gehört zu den Mindestanforderungen einer Grundsatzrüge. Es ist nicht Aufgabe des Revisionsgerichts, sich im Rahmen des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens die entscheidungserheblichen Tatsachen aus dem angegriffenen Beschluss des LSG selbst herauszusuchen (vgl stRspr, zB BSG Beschluss vom 12.2.2018 - B 10 ÜG 12/17 B - juris RdNr 7; BSG Beschluss vom 29.9.2017 - B 13 R 365/15 B - juris RdNr 3). Der pauschale Verweis des Klägers auf die "Sachverhaltszusammenfassung" des LSG reicht im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren nicht (vgl Senatsbeschluss vom 29.5.2019 - B 9 V 15/19 B - juris RdNr 10).
Zudem hat der Kläger keine abstrakte Rechtsfrage iS von § 160 Abs 2 Nr 1 SGG bezeichnet. Vielmehr zielt die Fragestellung und sein diesbezügliches weiteres Vorbringen lediglich auf die Klärung und Bewertung von Tatsachen in seinem Einzelfall ab und beinhaltet im Kern letztlich Fragen der Beweiswürdigung und der Sachaufklärung im Zusammenhang mit dem Entlassungsbericht der M-Klinik vom 16.6.2017. Die Zulassung der Revision kann gemäß § 160 Abs 2 Nr 3 Teilsatz 2 SGG aber nicht mit der Behauptung erreicht werden, das LSG habe gegen den Grundsatz der freien richterlichen Beweiswürdigung verstoßen. Dies gilt nicht nur für den Fall, dass die Beschwerde ausdrücklich eine Verletzung des § 128 Abs 1 Satz 1 SGG geltend macht, sondern auch dann, wenn sie ihre Angriffe gegen die Beweiswürdigung des LSG in das Gewand einer Grundsatzrüge zu kleiden versucht. Entsprechendes gilt für die Sachaufklärungsrüge. Nach § 160 Abs 2 Nr 3 Teilsatz 3 SGG ist die Rüge der Verletzung der Sachaufklärungspflicht nach § 103 SGG nur statthaft, wenn sie sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist. Ein Beschwerdeführer kann diese gesetzlichen Beschränkungen der Verfahrensrüge in § 160 Abs 2 Nr 3 SGG - soweit sie reichen - nicht dadurch umgehen, dass er die Rügen in Fragen von grundsätzlicher Bedeutung kleidet (vgl Senatsbeschluss vom 3.7.2019 - B 9 V 17/19 B - juris RdNr 8; BSG Beschluss vom 28.2.2018 - B 1 KR 65/17 B - juris RdNr 5). Der Kläger zeigt nicht auf, dass es hier um eine Frage von grundsätzlicher Bedeutung geht, bei der die gesetzlichen Beschränkungen der Verfahrensrügen nicht greifen.
2. Soweit der Kläger meint, dass LSG sei mit seinem Verweis auf den Entlassungsbericht der M-Klinik vom 16.6.2017 seiner Amtsermittlungspflicht nicht nachgekommen, erfüllt sein Vorbringen nicht die notwendigen Darlegungsanforderungen einer Sachaufklärungsrüge (s hierzu allgemein Senatsbeschluss vom 21.12.2017 - B 9 SB 70/17 B - juris RdNr 3). Auf den Verfahrensmangel einer unterlassenen Sachaufklärung (§ 103 SGG) kann sich der Kläger schon deshalb nicht mit Erfolg berufen, weil er keinen vor dem LSG bis zuletzt aufrechterhaltenen prozessordnungsgemäßen Beweisantrag benannt hat, den das Berufungsgericht übergangen haben könnte (vgl § 160 Abs 2 Nr 3 Teilsatz 3 SGG).
3. Schließlich war der Senat im Rahmen des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens nicht verpflichtet, den Prozessbevollmächtigten des Klägers entsprechend seiner Bitte in der Beschwerdebegründung um einen rechtlichen Hinweis, "soweit weitere Ausführungen als nötig erachtet werden", vorab auf die Unzulänglichkeit des Beschwerdevortrags aufmerksam zu machen. Hierauf ist der Prozessbevollmächtigte des Klägers vom Senat bereits mehrfach hingewiesen worden (vgl zB Senatsbeschluss vom 25.7.2019 - B 9 V 23/19 B - juris RdNr 9; Senatsbeschluss vom 29.5.2019 - B 9 V 15/19 B - juris RdNr 15).
Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (§ 160a Abs 4 Satz 2 Halbsatz 2 SGG).
4. Die Verwerfung der danach nicht formgerecht begründeten und somit unzulässigen Beschwerde erfolgt gemäß § 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2 iVm § 169 Satz 2 und 3 SGG durch Beschluss ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter.
5. Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Fundstellen
Dokument-Index HI14069843 |