Verfahrensgang
LSG Rheinland-Pfalz (Urteil vom 29.02.2016; Aktenzeichen L 2 R 349/13) |
SG Speyer (Aktenzeichen S 7 R 1071/11) |
Tenor
Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 29. Februar 2016 wird als unzulässig verworfen.
Die Beteiligten haben einander für das Beschwerdeverfahren keine Kosten zu erstatten.
Gründe
I
Das LSG Rheinland-Pfalz hat mit Urteil vom 29.2.2016 einen Anspruch des Klägers auf volle Rente wegen Erwerbsminderung verneint. Dabei hat es sich ua auf die von Amts wegen eingeholten Gutachten des Viszeralchirurgen Dr. M. vom 30.3.2015 und des Gastroenterologen Prof. Dr. J. vom 1.12.2015 gestützt. Zu dem vom Kläger nach § 109 SGG beantragten Gutachten des Viszeralchirurgen Prof. Dr. R. vom 15.7.2015 hat das LSG die Auffassung vertreten, dass sich dieser der Beurteilung des Dr. M. im Wesentlichen angeschlossen habe. Die von Prof. Dr. R. für notwendig erachtete Aufklärung auf internistischgastroenterologischem Fachgebiet sei durch Prof. Dr. J. erfolgt; letzterer habe sich auch zur zeitlichen Leistungsfähigkeit des Klägers eindeutig geäußert. Ein Anlass für die Einholung einer ergänzenden Stellungnahme des Prof. Dr. R. bestehe daher nicht.
Gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil hat der Kläger Beschwerde beim BSG eingelegt. Er rügt eine Verletzung von § 103 SGG, weil das LSG seinem in der mündlichen Verhandlung am 29.2.2016 gestellten hilfsweisen Antrag auf Einholung einer ergänzenden Stellungnahme bei Prof. Dr. R. nicht nachgekommen sei.
II
Die Beschwerde ist unzulässig. Die Begründung vom 16.8.2016 genügt nicht der gesetzlich vorgeschriebenen Form. Der Kläger hat keinen Verfahrensmangel iS von § 160 Abs 2 Nr 3 SGG in der erforderlichen Weise bezeichnet (§ 160 Abs 2 Nr 3 iVm § 160a Abs 2 S 3 SGG).
Wird eine Nichtzulassungsbeschwerde darauf gestützt, dass ein Verfahrensmangel iS von § 160 Abs 2 Nr 3 SGG vorliege, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen könne, müssen zur ordnungsgemäßen Bezeichnung (§ 160a Abs 2 S 3 SGG) die den Verfahrensfehler (vermeintlich) begründenden Tatsachen substantiiert dargetan werden. Darüber hinaus ist die Darlegung erforderlich, dass und warum die Entscheidung des LSG - ausgehend von dessen materieller Rechtsansicht - auf dem Mangel beruhen kann, dass also die Möglichkeit einer Beeinflussung der Entscheidung besteht. Gemäß § 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 2 SGG kann der geltend gemachte Verfahrensmangel allerdings nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs 1 S 1 SGG und auf eine Verletzung des § 103 SGG nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.
1. Sofern der Kläger eine Verletzung der Sachaufklärungspflicht (§ 103 SGG) darin sieht, dass das LSG die Einholung einer ergänzenden Stellungnahme durch Prof. Dr. R. unterlassen habe, übersieht er, dass dieser Sachverständige mit einem Gutachten nach § 109 SGG beauftragt worden war. Wie der Kläger selbst darlegt, hatte Prof. Dr. R. die Beweisfrage nach dem quantitativen Leistungsvermögen des Klägers im Hinblick auf die ausstehenden internistischen Untersuchungen nicht abschließend beantwortet. Mit der vom Kläger geforderten ergänzenden Stellungnahme sollte die Begutachtung durch Prof. Dr. R. somit erst fertiggestellt werden. Die vom Kläger beantragte Ermittlung steht daher in einem unmittelbaren und untrennbaren Zusammenhang zur Beweiserhebung nach § 109 SGG, auf deren Verletzung eine Verfahrensrüge jedoch nach dem klaren Wortlaut des § 160 Abs 2 Nr 3 SGG von vorneherein nicht gestützt werden kann (vgl Senatsbeschlüsse vom 15.9.2015 - B 13 R 201/15 B - Juris RdNr 7; vom 22.7.2010 - B 13 R 585/09 B - Juris RdNr 8; BSG vom 7.10.2005 - B 1 KR 107/04 B - SozR 4-1500 § 160a Nr 9 RdNr 14).
2. Der Kläger hat auch nicht schlüssig dargelegt, dass es sich bei dem in der mündlichen Verhandlung gestellten Hilfsantrag auf Einholung einer ergänzenden Stellungnahme durch Prof. Dr. R. um einen auf Amtsermittlung nach § 103 SGG gerichteten prozessordnungsgemäßen Beweisantrag gehandelt hat. Ein solcher ist aber nach § 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 2 SGG für die Zulässigkeit der Nichtzulassungsbeschwerde nötig, selbst wenn sich das LSG - wie hier - von Amts wegen zu weiterer Sachaufklärung hätte gedrängt sehen müssen.
Soweit der Kläger in der Beschwerdebegründung ausführt, dass es aufgrund des von Prof. Dr. J. auf internistisch-gastroenterologischem Fachgebiet beim Kläger diagnostizierten Hernienrezidivs noch einer abschließenden Beurteilung auf dem Fachgebiet der Viszeralchirurgie bedurft hätte, kommt dies in dem von ihm gestellten Antrag nicht zum Ausdruck. Darin hat er sich vielmehr allein auf den von ihm zuvor nach § 109 SGG bestimmten Arzt Prof. Dr. R. bezogen. Ein Antrag auf Anhörung eines bestimmten Arztes als Sachverständigen nach § 109 SGG ist aber nicht als Beweisantrag iS von § 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 2 SGG aufzufassen (vgl BSG vom 5.1.2000 - B 9 SB 46/99 B - Juris RdNr 3 mwN).
3. Selbst wenn man in dem Beschwerdevorbringen des Klägers sinngemäß die Rüge der Verletzung des Fragerechts gegenüber einem Sachverständigen (§ 116 S 2, § 118 Abs 1 S 1 SGG iVm §§ 397, 402, 411 Abs 4 ZPO) sehen wollte, erfüllt die Beschwerdebegründung deren Darlegungsanforderungen nicht. Zwar steht einer solchen Rüge nicht entgegen, dass der betreffende Sachverständige - wie hier - ein Gutachten nach § 109 SGG erstellt hat (Senatsbeschlüsse vom 15.9.2015 - B 13 R 201/15 B - Juris RdNr 7 f; vom 26.5.2015 - B 13 R 13/15 B - Juris RdNr 9 und vom 7.8.2014 - B 13 R 439/13 B - Juris RdNr 10 f). Da das Fragerecht an den Sachverständigen der Verwirklichung des rechtlichen Gehörs dient, muss eine entsprechende Rüge aber aufzeigen, dass der Beteiligte alles getan hat, um die Anhörung des Sachverständigen zu erreichen. Dazu muss er in der Beschwerdebegründung im Einzelnen darlegen, dass er einen hierauf gerichteten Antrag rechtzeitig vor der mündlichen Verhandlung gestellt, dabei schriftlich objektiv sachdienliche Fragen angekündigt und das Begehren bis zum Schluss aufrechterhalten hat (vgl Senatsbeschlüsse vom 15.9.2015 - B 13 R 201/15 B - Juris RdNr 7; vom 7.8.2014 - B 13 R 439/13 B - Juris RdNr 10 und vom 20.12.2012 - B 13 R 333/12 B - Juris RdNr 8; BSG Urteil vom 12.4.2000 - B 9 VS 2/99 R - Juris RdNr 20).
Dies hat der Kläger aber nicht getan. Er zeigt - anders als erforderlich - nicht auf, dass er weiteren Aufklärungsbedarf durch Prof. Dr. R. innerhalb eines angemessenen Zeitraums gegenüber dem Berufungsgericht angekündigt habe, so dass eine Ladung des Sachverständigen zur mündlichen Verhandlung oder dessen schriftliche Stellungnahme rechtzeitig vor der mündlichen Verhandlung noch hätte erfolgen können (vgl BSG Beschluss vom 2.4.2014 - B 3 P 14/13 B - Juris RdNr 10; BSG Urteil vom 12.4.2000 - B 9 VS 2/99 R - Juris RdNr 20). Der Kläger behauptet zwar, dass sich aus den Feststellungen im Gutachten des Prof. Dr. J. eine Ergänzungsbedürftigkeit auch des Gutachtens von Prof. Dr. R. ergebe. Er zeigt aber nicht auf, dass er dies auch rechtzeitig nach Erhalt des internistischen Gutachtens von Prof. Dr. J. geltend gemacht habe. Insbesondere legt der vor dem LSG anwaltlich vertretene Kläger nicht dar, warum er den Antrag erst in der mündlichen Verhandlung gestellt habe und ihm dies nicht schon früher zB nach Erhalt der Ladung zum Termin möglich gewesen wäre.
Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (§ 160a Abs 4 S 2 Halbs 2 SGG).
Die Verwerfung der Beschwerde erfolgt gemäß § 160a Abs 4 S 1 Halbs 2 iVm § 169 S 2 und 3 SGG durch Beschluss ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Fundstellen
Dokument-Index HI10448874 |