Verfahrensgang
Tenor
Die Beschwerden der Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 27. März 2023 werden als unzulässig verworfen.
Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe
I
Die Kläger begehren in der Sache von dem Beklagten die Gewährung höherer Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II für den Zeitraum von Oktober 2014 bis März 2015. Klage und Berufung sind erfolglos geblieben (Gerichtsbescheid des SG vom 18.4.2019, Urteil des LSG vom 27.3.2023). Zur Begründung hat das LSG ua ausgeführt, es habe sich nicht von der Hilfebedürftigkeit der Kläger im streitbefangenen Zeitraum überzeugen können.
Mit ihren Beschwerden wenden sich die Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des LSG.
II
1. Die Nichtzulassungsbeschwerden sind unzulässig, weil ein Zulassungsgrund (§ 160 Abs 2 SGG) nicht in der erforderlichen Weise dargelegt bzw bezeichnet worden ist (§ 160a Abs 2 Satz 3 SGG). Die Beschwerden sind schon aus diesem Grund - ohne Zuziehung ehrenamtlicher Richter - zu verwerfen (§ 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2 SGG, § 169 SGG), sodass dahinstehen kann, inwieweit die Beschwerdefrist gewahrt worden ist.
a) Grundsätzliche Bedeutung (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG) hat eine Rechtssache nur, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die über den Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Die Darlegung einer grundsätzlichen Bedeutung erfordert, dass eine konkrete Rechtsfrage klar formuliert wird. Weiter muss ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit im jeweiligen Rechtsstreit (Entscheidungserheblichkeit) sowie die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der angestrebten Entscheidung (sog Breitenwirkung) aufgezeigt werden (stRspr; vgl etwa BSG vom 25.9.2002 - B 7 AL 142/02 B - SozR 3-1500 § 160a Nr 34 S 70 mwN).
Die Kläger messen der Frage grundsätzliche Bedeutung bei
"ob, für den Fall, dass Antragsstellern, beziehungsweise Klägern, denen bereits Leistungen nach dem SGB II bewilligt wurden, diese noch damit rechnen müssen, ihre Hilfebedürftigkeit im streitgegenständlichen Zeitraum grundsätzlich erneut beweisen zu müssen, wenn sie eigentlich lediglich weitere über die bisher bewilligten Leistungen hinausgehende Leistungen nach dem SGB II begehren".
Sie legen aber die Klärungsbedürftigkeit dieser Frage nicht dar; insbesondere setzen sie sich nicht mit der Rechtsprechung auseinander, wonach auch im Höhenstreit die anspruchsbegründenden Voraussetzungen einer Sozialleistung zu prüfen sind (stRspr; siehe nur BSG vom 11.9.2020 - B 8 SO 8/19 R - SozR 4-3500 § 74 Nr 4 RdNr 17 mwN).
Auch zu der weiter aufgeworfenen Frage,
"inwiefern das Gericht sich dann darauf zurückziehen kann, dass der Amtsermittlungsgrundsatz begrenzt sei, wenn es vorher die Beibringung letztendlich für ein Urteil erheblicher Beweismittel nie eingefordert hat, noch darauf hingewiesen hat, dass ein diesbezügliches Erfordernis besteht",
fehlt es an jeder Auseinandersetzung mit Rechtsprechung und Literatur.
b) Eine Abweichung (Divergenz) iS von § 160 Abs 2 Nr 2 SGG ist nur dann hinreichend dargelegt, wenn aufgezeigt wird, mit welcher genau bestimmten entscheidungserheblichen rechtlichen Aussage die angegriffene Entscheidung des LSG von welcher ebenfalls genau bezeichneten rechtlichen Aussage des BSG, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes (GmSOGB) oder des BVerfG abweicht. Eine Abweichung liegt nicht schon vor, wenn die angefochtene Entscheidung nicht den Kriterien entsprechen sollte, die das BSG, der GmSOGB oder das BVerfG aufgestellt haben, weil die Unrichtigkeit einer Entscheidung im Einzelfall nicht die Zulassung einer Revision wegen Abweichung rechtfertigt. Erforderlich ist vielmehr, dass das LSG diesen Kriterien widersprochen und über den Einzelfall hinausgehende andere rechtliche Maßstäbe entwickelt hat. Nicht die - behauptete - Unrichtigkeit der Entscheidung im Einzelfall, sondern die fehlende Übereinstimmung im Grundsätzlichen kann die Zulassung wegen Abweichung begründen (stRspr; vgl etwa BSG vom 25.9.2002 - B 7 AL 142/02 B - SozR 3-1500 § 160a Nr 34; Voelzke in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGG, 2. Aufl 2022, § 160 RdNr 121).
Die Kläger rügen zwar, das LSG habe sich zu Unrecht mehrfach auf das hier nicht einschlägige Urteil des BSG vom 19.2.2009 - B 4 AS 10/08 R - gestützt; sie benennen aber keinen abstrakten Rechtssatz aus dieser Entscheidung oder aus dem Urteil des LSG.
c) Nach § 160 Abs 2 Nr 3 SGG ist die Revision zuzulassen, wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der § 109 (Anhörung eines bestimmten Arztes) und § 128 Abs 1 Satz 1 SGG (freie richterliche Beweiswürdigung) und auf eine Verletzung des § 103 SGG (Aufklärung des Sachverhalts von Amts wegen) nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist. Wer eine Nichtzulassungsbeschwerde auf diesen Zulassungsgrund stützt, muss zu seiner Bezeichnung (§ 160a Abs 2 Satz 3 SGG) die diesen Verfahrensmangel des LSG (vermeintlich) begründenden Tatsachen substantiiert dartun, also die Umstände schlüssig darlegen, die den entscheidungserheblichen Mangel ergeben sollen (stRspr; siehe bereits BSG vom 29.9.1975 - 8 BU 64/75 - SozR 1500 § 160a Nr 14; BSG vom 31.7.2017 - B 1 KR 47/16 B - SozR 4-1500 § 160 Nr 30 RdNr 16 mwN). Darüber hinaus ist aufzuzeigen, dass und warum die Entscheidung - ausgehend von der Rechtsansicht des LSG - auf dem Mangel beruhen kann, also die Möglichkeit der Beeinflussung des Urteils besteht (stRspr; vgl bereits BSG vom 18.2.1980 - 10 BV 109/79 - SozR 1500 § 160a Nr 36).
Die Kläger machen im Wesentlichen geltend, das LSG habe die Anforderungen an den Nachweis ihrer Hilfebedürftigkeit überspannt. Insoweit ist die Beschwerde indes gemäß § 160 Abs 2 Nr 3 SGG ausdrücklich ausgeschlossen. Soweit die Kläger in diesem Zusammenhang auch eine Verletzung der Amtsermittlungspflicht durch das LSG behaupten, lässt die Beschwerdebegründung entgegen § 160 Abs 2 Nr 3 SGG nicht erkennen, dass sie im Berufungsverfahren einen Beweisantrag gestellt und bis zuletzt aufrechterhalten haben (zu den Anforderungen an die Darlegung einer Sachaufklärungsrüge vgl BSG vom 12.12.2003 - B 13 RJ 179/03 B - SozR 4-1500 § 160a Nr 3 RdNr 5 mwN).
Soweit die Kläger rügen, das LSG habe ihnen eine unangemessen kurze Frist zur Vorlage von Beweismitteln gesetzt, zeigen sie nicht auf, dass sie deswegen im Berufungsverfahren Fristverlängerung oder eine Verlegung bzw Vertagung der mündlichen Verhandlung beantragt haben.
Im Übrigen beschränkt sich die Beschwerde auf den Vorhalt, das LSG habe geltendes Recht verletzt. Damit machen die Kläger aber letztlich nur geltend, das Berufungsurteil sei falsch. Das stellt indes keinen Revisionszulassungsgrund dar.
2. Der Senat sieht von einer weiteren Begründung ab (§ 160a Abs 4 Satz 2 Halbsatz 2 SGG).
3. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 Abs 1 Satz 1, Abs 4 SGG.
Estelmann |
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Burkiczak |
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B. Schmidt |
Fundstellen
Dokument-Index HI16192631 |