Verfahrensgang

SG Münster (Entscheidung vom 26.08.2021; Aktenzeichen S 11 SO 37/17)

LSG Nordrhein-Westfalen (Beschluss vom 08.04.2022; Aktenzeichen L 9 SO 411/21)

LSG Nordrhein-Westfalen (Beschluss vom 08.04.2022; Aktenzeichen L 9 SO 448/21 NZB)

 

Tenor

Der Antrag des Klägers, ihm für das Verfahren der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Beschluss des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 8. April 2022 Prozesskostenhilfe zu bewilligen und einen Rechtsanwalt beizuordnen, wird abgelehnt.

 

Gründe

I

Der Kläger macht geltend, es sei von der Beklagten noch über einen Antrag zu entscheiden.

Der Kläger bezog neben einer Rente wegen voller Erwerbsminderung von der Deutschen Rentenversicherung (DRV) Bund in Höhe von monatlich rund 230 Euro von der Beklagten ab dem 1.9.2016 ergänzend Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung (Grundsicherungsleistungen) nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe - (SGB XII), zuletzt vom 1.9.2016 bis 31.8.2017 (monatlicher Zahlbetrag rund 630 Euro). Im Februar 2017 erhob er Klage mit der Begründung, sein Fortzahlungsantrag vom 3.2.2017 werde nicht bearbeitet. Den Fortzahlungsantrag lehnte die Beklagte Ende August zunächst mit einem versehentlich auf den 26.4.2017 datierten, am 28.8.2017 abgesandten Bescheid ab und bewilligte sodann auf den Widerspruch des Klägers Grundsicherungsleistungen ab dem 1.9.2017 bis zum 31.8.2018 (Abhilfebescheid vom 26.10.2017; Bewilligungsbescheid vom 26.10.2017). Die Klage hat das Sozialgericht (SG) Münster als unzulässig abgewiesen (Urteil vom 26.8.2021). Das Landessozialgericht (LSG) Nordrhein-Westfalen hat die Berufung als unzulässig verworfen (Beschluss vom 8.4.2022).

Der Kläger hat Prozesskostenhilfe (PKH) für ein Verfahren der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im bezeichneten Beschluss sowie die Beiordnung eines Rechtsanwalts beantragt.

II

Der Antrag auf Bewilligung von PKH ist nicht begründet. PKH ist nur zu bewilligen, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint (§ 73a Abs 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz ≪SGG≫ iVm § 114 Zivilprozessordnung ≪ZPO≫); daran fehlt es hier. Hinreichende Aussicht auf Erfolg wäre nur zu bejahen, wenn einer der drei in § 160 Abs 2 SGG abschließend aufgeführten Zulassungsgründe durch einen zugelassenen Prozessbevollmächtigten (§ 73 Abs 4 SGG) mit Erfolg geltend gemacht werden könnte; denn nur diese Gründe können zur Zulassung der Revision führen.

Der Rechtssache kommt nach Aktenlage keine grundsätzliche Bedeutung zu (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG); denn sie wirft keine Rechtsfrage auf, die - über den Einzelfall hinaus - aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Anhaltspunkte dafür, dass eine Divergenzrüge (§ 160 Abs 2 Nr 2 SGG) Aussicht auf Erfolg versprechen könnte, bestehen ebenso wenig.

Gemäß § 160 Abs 2 Nr 3 SGG ist die Revision schließlich zuzulassen, wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung von § 109 SGG und § 128 Abs 1 Satz 1 SGG (Grundsatz der freien richterlichen Beweiswürdigung) und auf eine Verletzung des § 103 SGG (Amtsermittlungsgrundsatz) nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist. Es ist nicht erkennbar, dass ein solcher Verfahrensmangel mit Aussicht auf Erfolg geltend gemacht werden könnte, sodass auch aus diesem Grund die Gewährung von PKH ausscheidet. Das LSG hat zwar die Berufung für unzulässig erachtet, obgleich der Wert des Beschwerdegegenstands 750 Euro überschritten hat; denn die Klage hat sich erkennbar auf die behauptete Untätigkeit wegen der Bewilligung von Grundsicherungsleistungen für ein Jahr gerichtet. Trotz dieses Fehlers ist ein Erfolg in der Sache aber unter keinem denkbaren Gesichtspunkt möglich, sodass die Bewilligung von PKH ausscheidet (vgl nur Bundessozialgericht ≪BSG≫ vom 5.9.2005 - B 1 KR 9/05 BH - SozR 4-1500 § 73a Nr 2). Der Kläger konnte ein Urteil in der Sache schon deshalb nicht erreichen, weil bereits die Untätigkeitsklage unzulässig war. Bei Klageerhebung war die Frist des § 88 Abs 1 Satz 1 SGG noch nicht verstrichen. Zwischenzeitlich hatte die Beklagte angesichts des Ablaufs des Bewilligungszeitraums erst Ende August im Zeitpunkt der Klageerhebung bis zur ablehnenden Entscheidung einen zureichenden Grund, nach Aufforderung zur Mitwirkung erst die Vorlage der erbetenen Unterlagen abzuwarten und dann zu entscheiden. Nach Erlass des ablehnenden Bescheids ist die Klage, die der Kläger ausdrücklich nicht geändert hat, unzulässig geworden. Die inhaltliche Auseinandersetzung mit dem klägerischen Vorbringen ist nicht Gegenstand der Untätigkeitsklage.

Da dem Kläger keine PKH zusteht, kommt auch die Beiordnung eines Rechtsanwalts gemäß § 73a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 121 ZPO nicht in Betracht.

Krauß

Bieresborn

Luik

 

Fundstellen

Dokument-Index HI15825285

Dieser Inhalt ist unter anderem im Haufe Steuer Office Excellence enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge