Unzulässige Beschränkung der Anwaltsvollmacht
Das BAG hatte sich im Rahmen einer Rechtsbeschwerde über die Ablehnung einer beantragten Prozesskostenhilfe mit einer etwas ungewöhnlichen Vollmacht eines Rechtsanwalts zu befassen. Nach der Formulierung der Vollmacht sollte die Vertretung in einem nach Abschluss der Hauptsache durchgeführten PKH-Überprüfungsverfahren ausdrücklich nicht von der Vollmacht umfasst werden.
Prozesskostenhilfeantrag des Klägers im Arbeitsrechtsstreit
In einem Arbeitsrechtsstreit hatte der Kläger die Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung eines von ihm gewählten Prozessbevollmächtigten beantragt. Durch Versäumnisurteil wurde die Beklagte zur Zahlung einer Geldsumme und zur Herausgabe geforderter Arbeitspapiere verurteilt. Einen Tag nach Erlass des Versäumnisurteils reichte der Kläger innerhalb der vom Gericht gesetzten Frist diverse Belege sowie die Vollmachtsurkunde seines Prozessbevollmächtigten im Rahmen der Entscheidung über die beantragte Prozesskostenhilfe nach.
Vollmacht auf PKH-Antragsverfahren begrenzt
Sowohl das ArbG als auch im Beschwerdeverfahren das LAG lehnten den PKH-Antrag ab. Begründung: Die erteilte Vollmacht enthalte eine unzulässige Begrenzung. Die bei Gericht eingereichte Vollmachtsurkunde bezog ausdrücklich das PKH-Verfahren ein, enthielt aber den Zusatz: „Der Auftrag umfasst lediglich das Antragsverfahren, nicht aber ein eventuelles PKH-/VKH-Überprüfungsverfahren nach Abschluss der Hauptsache“.
Beiordnung setzt einen zur Vertretung bereiten Rechtsanwalt voraus
Auf die Rechtsbeschwerde des Klägers bestätigte das BAG den Abweisungsbeschluss der Vorinstanz. Das BAG stellte maßgeblich auf die nach der Verweisungsvorschrift des § 11a Abs. 1 ArbGG in arbeitsgerichtlichen Streitigkeiten anwendbare Verfahrensnorm des § 121 Abs. 1, Abs. 2 ZPO ab. Danach wird der Partei
· auf ihren Antrag
· ein zu ihrer Vertretung bereiter Rechtsanwalt ihrer Wahl beigeordnet, wenn
· im konkreten Verfahren die Vertretung durch einen Rechtsanwalt erforderlich erscheint oder
· der Gegner durch einen Rechtsanwalt vertreten ist.
Vertretungsbereitschaft muss den gesamten Rechtszug umfassen
Voraussetzung für die Beiordnung ist nach dem Gesetz also, dass der beizuordnende Anwalt zur Vertretung der Partei bereit ist. Zur Vertretung bereit ist ein Rechtsanwalt nach der Entscheidung des BAG nur dann, wenn er signalisiert, die Vertretung für den gesamten, die Beiordnung umfassenden Rechtszug zu übernehmen. Dabei umfasse die Beiordnung des Anwalts gemäß § 119 Abs. 1 Satz 1 ZPO sämtliche Verfahrensabschnitte eines Rechtszugs, die keine gesonderten Kosten verursachen (BGH, Beschluss v. 17.1.2018, XII ZB 248/16).
Das Prozesskostenhilfeüberprüfungsfahren gehört zum Prozesskostenhilfeverfahren
Nach der Entscheidung des BAG gehören Prozesskostenhilfeverfahren und Prozesskostenhilfeüberprüfungsverfahren zu einem einheitlichen Rechtszug (BGH, Beschluss v. 8.12.2010, XII ZB 151/10). Dabei seien auch das Prozesskostenhilfeverfahren und das Hauptverfahren, für das Prozesskostenhilfe beantragt werde, eine einheitliche Angelegenheit, für die gemäß § 15 Abs. 2 RVG der Rechtsanwalt die ihm zustehenden Gebühren auch nur einmal fordern könne.
Prozesskostenhilfeverfahren ist Teil der verfassungsrechtlichen Rechtsschutzgarantie
Dieses Ergebnis werde auch dadurch gestützt, dass für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe selbst keine Prozesskostenhilfe bewilligt werden kann. Dieser Grundsatz beruhe darauf, dass das Prozesskostenhilfeverfahren dem Betroffenen den Rechtsschutz erst zugänglich machen solle, den das Verfahren, für das Prozesskostenhilfe beantragt wird, dann dem Rechtssuchenden als Folge der verfassungsrechtlichen Rechtsschutzgarantie bietet (BVerfG, Beschluss v. 2.7.2012, 2 BvR 2377/10).
Anwaltliche Vertretungsbereitschaft muss gesamten Rechtszug erfassen
Im Ergebnis erfasst die Beiordnung eines Rechtsanwalts im Rahmen der Prozesskostenhilfe nach der Entscheidung des BAG daher einheitlich das Hauptverfahren sowie das Prozesskostenhilfeverfahren, einschließlich des Prozesskostenhilfeüberprüfungsverfahrens. Damit müsse sich die Vertretungsbereitschaft des beizuordnenden Rechtsanwalts komplett auf diesen einheitlichen Rechtszug erstrecken, andernfalls fehle es an der Vertretungsbereitschaft im Sinne der PKH-Vorschriften.
Rechtsbeschwerde zurückgewiesen
Infolge der Vollmachtbeschränkung fehlte es nach der Bewertung des BAG im konkreten Fall an einer Vertretungsbereitschaft des Anwalts für den vollständigen ersten Rechtszug. Damit waren die Voraussetzungen für die Gewährung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung des gewählten Prozessvertreters nicht erfüllt. Der Rechtsbeschwerde gegen den ablehnenden Beschluss des LAG blieb damit der Erfolg versagt.
(BAG, Beschluss v. 18.4.2024, 4 AZB 22/23)
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