Verfahrensgang
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 19. Dezember 2019 wird als unzulässig verworfen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe
I
Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig, weil die geltend gemachten Zulassungsgründe des Verfahrensmangels (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG) und der grundsätzlichen Bedeutung (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG) nicht in der gebotenen Weise bezeichnet bzw dargelegt worden sind. Der Senat konnte deshalb über die Beschwerde ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter nach § 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2 iVm § 169 Satz 3 SGG entscheiden.
Soweit der Kläger als Verfahrensmangel rügt, das LSG habe den der Entscheidung zugrundeliegenden Sachverhalt nicht hinreichend aufgeklärt, kann nach § 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 2 SGG ein Verfahrensmangel nicht auf eine Verletzung der §§ 109, 128 Abs 1 Satz 1 SGG und auf § 103 SGG nur gestützt werden kann, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist. Einen solchen gestellt zu haben, behauptet der Kläger noch nicht einmal.
Aber auch die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache hat er nicht formgerecht dargelegt. Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die - über den Einzelfall hinaus - aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Um der Darlegungspflicht zu genügen, muss eine konkrete Rechtsfrage formuliert, ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit (Entscheidungserheblichkeit) sowie die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der von ihr angestrebten Entscheidung (sog Breitenwirkung) dargelegt werden (vgl nur BSG vom 25.9.2002 - B 7 AL 142/02 B - SozR 3-1500 § 160a Nr 34 S 70 mwN). Es muss aus der Beschwerdebegründung ersichtlich sein, dass sich die Antwort auf die Rechtsfrage nicht ohne Weiteres aus dem Gesetz oder der bisherigen höchstrichterlichen Rechtsprechung ergibt; hierzu bedarf es der Auseinandersetzung mit den vorinstanzlichen Entscheidungen und sonstiger einschlägiger Rechtsprechung. Diesen Anforderungen wird die Beschwerdebegründung nicht gerecht.
Der Kläger formuliert als aus seiner Sicht grundsätzlich bedeutsame Rechtsfragen:
"ob es für die Überprüfung und Feststellung eines Getrenntlebens von Eheleuten innerhalb einer Wohnung und die Ermittlung eines objektiven Trennungswillens ausreicht, einen Trennungszeitpunkt anhand objektiver äußerer Merkmale festzustellen und anschließend lediglich festzuhalten, ob dieser Zustand länger als maximal 3 Jahre ohne einen Scheidungsantrag durch einen Ehegatten angedauert hat"
oder
"ob auch weitere objektivierbare Gründe für ein Andauern des Getrenntlebens der Eheleute innerhalb einer Wohnung nach Ablauf von drei Jahren nach erstmaliger Trennung, zum Bespiel ein am Kindeswohl ausgerichtetes Verhalten der Eheleute, gegeben sein können, die der Annahme einer wieder aufgelebten Bedarfsgemeinschaft im Sinne § 7 Abs. 3 SGB II entgegenstehen können".
Zur Begründung trägt der Kläger zwar vor, das LSG habe aufgrund der von ihm vorgenommenen rein formalen Betrachtungsweise bezogen auf das Getrenntleben der Ehegatten die ihm nach §§ 103, 106 SGG obliegende Aufklärung des Sachverhalts unterlassen, wenn es davon ausgehe, ein Getrenntleben von Ehegatten liege jedenfalls dann nicht mehr vor, wenn keiner der Ehepartner nach Ablauf der durch § 1566 Abs 1 BGB vorgegebenen Frist von einem Jahr, jedenfalls aber nach Ablauf der durch § 1566 Abs 2 BGB vorgegebenen Frist von drei Jahren einen Scheidungsantrag gestellt habe. Die Vorgaben des BGB seien auch im Licht der Urteile des BSG vom 16.4.2013 (B 14 AS 71/12 R) und vom 18.2.2010 (B 4 AS 49/09 R) nicht zwingend maßgeblich für die Feststellung des unbedingten, nach außen erkennbaren Trennungswillens der Noch-Eheleute. Die Beantwortung der von ihm formulierten Rechtsfragen ergebe sich nicht aus den zitierten Entscheidungen.
Ob der Kläger damit hinreichend klare Rechtsfragen iS des § 160 Abs 2 Nr 1 SGG zur Auslegung, zur Anwendbarkeit oder zur Vereinbarkeit einer revisiblen Vorschrift des Bundesrechts mit höherrangigem Recht (§ 162 SGG) aufgeworfen oder ob er nicht vielmehr im Kern nur Fragen zur Rechtsanwendung im Einzelfall gestellt hat, muss nicht beantwortet werden.
Denn selbst die Qualität als Rechtsfragen unterstellt, legt der Kläger deren Klärungsbedürftigkeit nicht schlüssig dar. Eine Rechtsfrage ist dann nicht klärungsbedürftig, wenn die Antwort praktisch außer Zweifel steht, sich zB unmittelbar aus dem Gesetz ergibt oder bereits höchstrichterlich geklärt ist. Als bereits höchstrichterlich geklärt ist eine Rechtsfrage auch dann anzusehen, wenn das Revisionsgericht bzw das BVerfG diese zwar noch nicht ausdrücklich entschieden hat, jedoch schon eine oder mehrere höchstrichterliche Entscheidungen ergangen sind, die ausreichende Anhaltspunkte zur Beurteilung der von der Beschwerde als grundsätzlich herausgestellten Rechtsfrage geben (vgl BSG vom 21.1.1993 - 13 BJ 207/92 - SozR 3-1500 § 160 Nr 8, S 17). Im Hinblick hierauf muss in der Beschwerdebegründung unter Auswertung der Rechtsprechung des BSG zu dem Problemkreis substantiiert vorgetragen werden, dass zu dem angesprochenen Fragenbereich noch keine Entscheidung vorliege oder durch die schon vorliegenden Urteile die hier maßgebende Frage von grundsätzlicher Bedeutung noch nicht beantwortet sei (Krasney in Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 7. Aufl 2016, Kap IX, RdNr 183 mwN). Die Beschwerdebegründung benennt zwar zwei Entscheidungen des BSG und behauptet, darin seien die formulierten Fragen nicht beantwortet. In seiner Entscheidung vom 18.2.2010 (B 4 AS 49/09 R - BSGE 105, 291 = SozR 4-4200 § 7 Nr 16) hat der 4. Senat jedoch ua ausgeführt, dass für die Annahme dauernden Getrenntlebens gemäß familienrechtlichen Grundsätzen zur räumlichen Trennung ein nach außen erkennbarer Trennungswille eines Ehegatten zur Lösung des einvernehmlich gewählten Ehemodells hinzutreten müsse und im Übrigen näher ausgeführt, was unter dem "nach außen erkennbaren Trennungswillen" zu verstehen ist. Warum sich daraus keine Anhaltspunkte für die von ihm aufgeworfenen Fragen ergeben oder Fragen zur Auslegung des Tatbestandsmerkmals des "nicht dauernd Getrenntlebens" erneut klärungsbedürftig geworden sein sollten, legt der Kläger nicht dar.
Nicht zuletzt können die gesetzlichen Beschränkungen der Verfahrensrüge in § 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 2 SGG nicht dadurch erfolgreich umgangen werden, dass entsprechende Rügen ggf in Fragen von grundsätzlicher Bedeutung gekleidet werden (vgl BSG vom 18.6.2019 - B 9 V 8/19 B; BSG vom 8.6.2015 - B 9 SB 25/15 B; BSG vom 30.5.2006 - B 2 U 86/06 B - SozR 4-1500 § 160 Nr 9 RdNr 3).
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 183, 193 SGG.
Fundstellen
Dokument-Index HI14892266 |