Entscheidungsstichwort (Thema)
Nichtzulassungsbeschwerde. Rechtsfrage. Rückwirkende Bewilligung. Volle Erwerbsminderungsrente. Nachrangig verpflichteter Leistungsträger. Erstattungsanspruch. Erfüllungswirkung. Vertrauensschutz. Ermessen. Leistungsbescheid. Bestandskraft. Verwaltungsakt. Mitteilung. Nichtauszahlung. Rente. Äußere Form. Auslaufendes Recht. Divergenz. Verfahrensmangel
Leitsatz (redaktionell)
1. Die Behauptung, das Berufungsurteil sei inhaltlich unrichtig, kann nicht zur Zulassung der Revision führen.
2. Auslaufendes oder ausgelaufenes Recht kann ausnahmsweise nur dann grundsätzliche Rechtsfragen aufwerfen, wenn es noch eine erhebliche Anzahl von Fällen gibt, für die die Rechtsfrage von Bedeutung ist oder die Vorschrift insoweit nachwirkt, als sie die Grundlage für eine Nachfolgevorschrift darstellt.
3. Selbst wenn das BSG eine Frage noch nicht ausdrücklich entschieden hat, so ist eine Rechtsfrage doch auch dann als höchstrichterlich geklärt anzusehen, wenn schon eine oder mehrere höchstrichterliche Entscheidungen ergangen sind, die ausreichende Anhaltspunkte zur Beurteilung der von der Nichtzulassungsbeschwerde als grundsätzlich herausgestellten Rechtsfrage geben.
Normenkette
SGG §§ 73a, 160 Abs. 2, § 160a Abs. 2 S. 3; ZPO §§ 114, 121; SGB II § 40a; SGB VI § 43; SGB X §§ 31, 44, 104, 107
Verfahrensgang
LSG Niedersachsen-Bremen (Beschluss vom 01.12.2015; Aktenzeichen L 2 R 457/15) |
SG Stade (Entscheidung vom 30.06.2015; Aktenzeichen S 5 R 33/13) |
Tenor
Der Antrag der Klägerin, ihr für das Verfahren der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Beschluss des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 1. Dezember 2015 Prozesskostenhilfe unter Beiordnung ihres Prozessbevollmächtigten zu gewähren, wird abgelehnt.
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Beschluss wird als unzulässig verworfen.
Die Beteiligten haben einander für das Beschwerdeverfahren keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Gründe
I
Das LSG Niedersachsen-Bremen hat mit Beschluss vom 1.12.2015 einen Anspruch der Klägerin auf Aufhebung zweier Entscheidungen des beklagten Rentenversicherungsträgers - vorläufiger Einbehalt einer Rentennachzahlung bzw deren vollständige Auszahlung an das beigeladene Jobcenter - im Zugunstenverfahren nach § 44 SGB X verneint.
Mit Bescheid vom 29.7.2008 bewilligte die Beklagte der Klägerin eine Rente wegen voller Erwerbsminderung ab 1.9.2007. Die Nachzahlung für den Zeitraum September 2007 bis August 2008 (5287,48 Euro) werde - so der Text des Bescheides - "vorläufig nicht ausgezahlt", um zunächst Ansprüche anderer Stellen zu klären. Nachdem der Beigeladene einen Erstattungsanspruch für die während des Nachzahlungszeitraums der Klägerin gezahlten Leistungen nach dem SGB II in Höhe von 6267,70 Euro angemeldet hatte, teilte die Beklagte der Klägerin unter dem 17.9.2008 mit, dass die einbehaltene Nachzahlung in voller Höhe an die Beigeladene ausgezahlt worden sei, sodass keine Restzahlung zu ihren Gunsten verbleibe.
Mit einer am 27.1.2009 erhobenen allgemeinen Leistungsklage hat die Klägerin die Auszahlung des Nachzahlungsbetrags bzw eines Teilbetrags durch die Beklagte an sich verlangt. Die Berufung gegen den klageabweisenden Gerichtsbescheid des SG war zum Zeitpunkt des hier angefochtenen LSG-Beschlusses noch bei einem anderen Senat des LSG rechtshängig.
Am 10.10.2011 beantragte die Klägerin eine Überprüfung des Rentenbescheides vom 29.7.2008, soweit mit diesem die Nachzahlung vorläufig einbehalten worden war. Einen Antrag auf Überprüfung des Bescheides vom 17.9.2008 (Mitteilung über die Verwendung der Nachzahlung) stellte die Klägerin am 26.10.2012. Beide Anträge hatten weder im Verwaltungsverfahren noch vor dem SG Erfolg. Das LSG hat diese beiden Verfahren zur gemeinsamen Entscheidung verbunden und die Berufungen der Klägerin zurückgewiesen. Die Klägerin habe keinen Anspruch auf die angestrebte (Teil-)Korrektur der Bescheide im Zugunstenverfahren. Die Regelung über den vorläufigen Einbehalt der Nachzahlung im Bescheid vom 29.7.2008 sei durch den Bescheid vom 17.9.2008 ersetzt worden und einer Überprüfung im Zugunstenverfahren schon deshalb nicht mehr zugänglich. Auch bezüglich des Bescheids vom 17.9.2008 sei nicht davon auszugehen, dass Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht worden seien. Der Beigeladene habe einen Erstattungsanspruch gemäß § 104 SGB X gegen die Beklagte gehabt. Dadurch sei nach § 107 SGB X der Anspruch der Klägerin gegen die Beklagte in Höhe der ihr von dem Beigeladenen tatsächlich gezahlten Leistungen erfüllt (Beschluss vom 1.12.2015).
Gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Beschluss hat die Klägerin Beschwerde beim BSG eingelegt. Sie beruft sich auf die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG), die Abweichung des LSG von der Rechtsprechung des BSG (§ 160 Abs 2 Nr 2 SGG) sowie auf einen Verfahrensmangel (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG). Mit der Beschwerdebegründung hat sie zudem die Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) unter Beiordnung ihres Prozessbevollmächtigten beantragt.
II
1. Der Antrag der Klägerin auf Gewährung von PKH zur Durchführung des Verfahrens der Nichtzulassungsbeschwerde gegen den Beschluss des LSG Niedersachsen-Bremen vom 1.12.2015 ist abzulehnen.
Nach § 73a Abs 1 S 1 SGG iVm §§ 114, 121 ZPO kann einem bedürftigen Beteiligten für das Beschwerdeverfahren vor dem BSG ua nur dann PKH bewilligt und ein Rechtsanwalt beigeordnet werden, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet. Diese Voraussetzungen liegen nicht vor, weil die von der Klägerin eingelegte Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Beschluss des LSG Niedersachen-Bremen nicht erfolgreich sein kann. Die Klägerin hat PKH für eine von einem beim BSG zugelassenen Prozessbevollmächtigten bereits eingelegte und bis zum Ablauf der Begründungsfrist am 8.2.2016 bereits begründete Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision beantragt. Die Revision wäre daher nur zuzulassen, wenn mit dieser Beschwerde einer der in § 160 Abs 2 Nr 1 bis 3 SGG genannten Zulassungsgründe in der gemäß § 160a Abs 2 S 3 SGG vorgeschriebenen Form dargelegt wäre. Solche Erfolgsaussicht besteht hier nicht, weil die Beschwerde unzulässig ist (dazu unten 2.).
Mit der Ablehnung des Antrags auf Bewilligung von PKH entfällt zugleich die Möglichkeit der Beiordnung eines Rechtsanwalts im Rahmen der PKH (§ 73a Abs 1 SGG iVm § 121 Abs 1 ZPO).
2. Die unabhängig vom Antrag auf Bewilligung von PKH eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde ist in entsprechender Anwendung von § 169 S 2 und 3 SGG als unzulässig zu verwerfen. Die Klägerin hat in der Begründung des Rechtsmittels entgegen § 160a Abs 2 S 3 SGG keinen Zulassungsgrund hinreichend dargelegt oder bezeichnet.
Das BSG darf gemäß § 160 Abs 2 SGG die Revision gegen eine Entscheidung des LSG nur dann zulassen, wenn
- die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (Nr 1) oder
- das angefochtene Urteil von der höchstrichterlichen Rechtsprechung abweicht (Nr 2) oder
- bestimmte Verfahrensmängel geltend gemacht werden (Nr 3).
Die Behauptung, das Berufungsurteil sei inhaltlich unrichtig, kann demgegenüber nicht zur Zulassung der Revision führen (stRspr, vgl zB BSG Beschluss vom 25.7.2011 - B 12 KR 114/10 B - SozR 4-1500 § 160 Nr 22 RdNr 4; BVerfG ≪Kammer≫ Beschluss vom 6.5.2010 - 1 BvR 96/10 - SozR 4-1500 § 178a Nr 11 RdNr 28 mwN).
a) Die Beschwerdebegründung der Klägerin genügt nicht den Anforderungen an die Darlegung des Zulassungsgrundes der grundsätzlichen Bedeutung, auf den sie ihre Beschwerde in erster Linie stützt.
Zur Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG) muss die Beschwerdebegründung ausführen, welche Rechtsfrage sich ernsthaft stellt, deren Klärung über den zu entscheidenden Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder Rechtsfortbildung im allgemeinen Interesse erforderlich (Klärungsbedürftigkeit) und deren Klärung durch das Revisionsgericht zu erwarten (Klärungsfähigkeit) ist. Die Beschwerdebegründung hat deshalb auszuführen, inwiefern die Rechtsfrage nach dem Stand von Rechtsprechung und Lehre nicht ohne Weiteres zu beantworten ist, und den Schritt darzustellen, den das Revisionsgericht zur Klärung der Rechtsfrage im allgemeinen Interesse vornehmen soll (stRspr, zB BSG Beschluss vom 25.7.2011 - B 12 KR 114/10 B - SozR 4-1500 § 160 Nr 22 RdNr 5 mwN; vgl auch BSG Beschluss vom 6.9.2017 - B 13 R 139/16 B - SozR 4-2600 § 16 Nr 2 Juris RdNr 5; BVerfG Kammerbeschluss vom 18.12.1991 - 1 BvR 1411/91 - SozR 3-1500 § 160a Nr 7).
aa) Die Klägerin führt aus, die Revision solle auf eine Verletzung des § 104 SGB X gestützt werden, zu dem das LSG in dem angefochtenen Beschluss drei abstrakt-generelle Rechtssätze aufgestellt habe:
"a. Der SGB II-Leistungsträger ist bei einer rückwirkenden Bewilligung von voller Erwerbsminderungsrente aus medizinischen Gründen nachrangig verpflichteter Leistungsträger im Sinne des § 104 SGB X. Diese Aussage wird für die Rechtslage vor dem 1.1.2009 und nach dem Inkrafttreten des § 40a SGB II getroffen.
b. Auch rechtswidrig erbrachte Leistungen eines dem Grunde nach nachrangig verpflichteten Leistungsträgers begründen Erstattungsansprüche nach § 104 SGB X und lösen die Erfüllungswirkung nach § 107 SGB X aus. Für Vertrauensschutz und Ermessen im Sinne des § 45 SGB X ist kein Raum.
c. Ein Leistungsträger ist nachrangig verpflichteter Leistungsträger im Sinne des § 104 Abs. 1 Satz 2 SGB X auch für von ihm rechtswidrig erbrachte Leistungen, wenn der entsprechende Leistungsbescheid bestandskräftig geworden ist."
Hierzu erläutert sie, es gehe grob um die Frage, ob "nachrangig verpflichtet" auf die Stellung des Leistungsträgers im Sozialleistungssystem oder auf die materiell-rechtliche Leistungsverpflichtung im Einzelfall abstelle. Grundsätzliche Bedeutung habe die Klärung, ob diese Rechtssätze richtig seien, mithin ob das LSG das Recht richtig ausgelegt habe, weil es sich bei den Erstattungsansprüchen nach § 104 SGB X und der Erfüllungsfiktion des § 107 SGB X um ein sich in der täglichen Verwaltungspraxis regelmäßig stellendes Problem handele. Allein ihr Prozessbevollmächtigter habe mehrere anhängige Verfahren, bei denen rückwirkend eine Erwerbsminderungsrente bewilligt worden sei und das Jobcenter Erstattungsansprüche in voller Höhe des Rentenzahlbetrags angemeldet habe.
Selbst wenn aufgrund der Einführung des § 40a SGB II die grundsätzliche Bedeutung der Frage a. weggefallen sei, stelle sich weiterhin die Frage,
"ob sie (die Klägerin) so zu stellen wäre, als hätte der Rentenversicherungsträger rechtzeitig gezahlt und der SGB II-Leistungsträger bis zur Bedarfsdeckung - unabhängig von der vollen Erwerbsminderung - aufgestockt".
In diesem Falle wäre der Erstattungsanspruch um die Versicherungspauschale zu mindern gewesen, soweit diese nicht bereits durch anderes Einkommen der Klägerin verbraucht gewesen sei. Hierzu habe das LSG allerdings keine Feststellungen getroffen. Hierauf komme es jedoch nur an, wenn die SGB-II-Leistungen als zustehende Leistungen gewertet würden und ihre Bewilligung nicht rückwirkend auf materielle Rechtmäßigkeit zu prüfen wäre. Sollte hingegen die Rechtsauffassung des LSG zu § 104 SGB X zutreffen, hätte das BSG im Revisionsverfahren zu prüfen, ob die Versicherungspauschale bei ihr (der Klägerin) schon im Rahmen einer Einkommensanrechnung berücksichtigt worden sei.
Die Frage nach der Richtigkeit der vom LSG aufgestellten Rechtssätze werde nicht bereits durch die vom LSG zitierte Rechtsprechung des BSG beantwortet. Insbesondere dem Urteil vom 17.12.2013 (B 1 KR 50/12 R - SozR 4-3250 § 14 Nr 20) könne nach der gesetzlichen Klarstellung durch die Einführung von § 40a SGB II nicht mehr gefolgt werden. Die darin enthaltene Formulierung "… allein aufgrund einer nachträglich festgestellten vollen Erwerbsminderung rechtswidrig war …" spreche allerdings für die von ihr (der Klägerin) vertretene Auffassung, weil andere Rechtswidrigkeitsgründe darin ausdrücklich ausgenommen würden und sie hier eine Rechtswidrigkeit der Leistungsbewilligung im Hinblick auf die Überzahlung geltend mache.
Die Klärungsbedürftigkeit der weiteren Frage, ob die Versicherungspauschale bei der Geltendmachung der Erstattungsansprüche nach § 104 SGB X durch den beigeladenen SGB-II-Leistungsträger zu berücksichtigen sei, ergebe sich aus der Rechtsauffassung des LSG, dass ein Erstattungsanspruch des Beigeladenen in voller Höhe der Rentenzahlung begründet sei, obwohl dieser nicht der zuständige Leistungsträger gewesen sei. Wenn die dauerhafte volle Erwerbsminderung früher festgestellt worden wäre, hätte nicht der Beigeladene die Rente aufgestockt, sondern das Grundsicherungsamt und es wäre keine Versicherungspauschale nach der Alg-II-V berücksichtigt worden, die den Erstattungsanspruch mindern könne.
Zur Klärungsfähigkeit der vom LSG aufgestellten Rechtssätze merkt die Klägerin an, dass sie in diesem Verfahren nicht gegeben sein könnte, weil die Klagen zwei Bescheide nach § 44 SGB X zu zwei vermeintlichen Verwaltungsakten zum Gegenstand hätten. Wenn eine Anfechtung des Rentenbescheides und des Abrechnungsschreibens vom 17.9.2008 nicht erforderlich gewesen sei, liefe dieses Verfahren bezüglich der Anfechtung und Verpflichtung ins Leere und die klärungsbedürftigen Fragen müssten im Rahmen der allgemeinen Leistungsklage geklärt werden. Sollten die Regelung über den vorläufigen Einbehalt im Rentenbescheid sowie das Abrechnungsschreiben als Verwaltungsakt gewertet werden, sei jedoch die Klärung erforderlich, ob der Beigeladene die SGB-II-Leistungen als nachrangig verpflichteter Leistungsträger iS des § 104 SGB X erbracht habe.
bb) Die Klägerin hat mit den zuvor aufgeführten Rechtssätzen bereits keine oder mehrere hinreichend konkrete Rechtsfragen zur Auslegung, zum Anwendungsbereich oder zur Vereinbarkeit einer bestimmten revisiblen Norm des Bundesrechts (vgl § 162 SGG) mit höherrangigem Recht aufgeworfen. Letztlich greift sie - wie ihre Begründungen zur Klärungsbedürftig- und Klärungsfähigkeit zeigen - im Kern die Subsumtion des LSG im Einzelfall an und stellt diese mit ihren rechtlichen Ausführungen in Frage.
Selbst wenn man jedoch die Qualität als Rechtsfragen jeweils unterstellte hat sie die Klärungsbedürftig- bzw Klärungsfähigkeit der von ihr benannten Rechtssätze nicht den Anforderungen gemäß § 160a Abs 2 S 3 SGG genügend dargelegt.
Sie hätte im Hinblick auf die Frage nach der Richtigkeit der von ihr formulierten "Rechtssätze" a. bis c. darlegen müssen, dass sich diese Fragen in gleicher Weise auch noch nach Einführung des § 40a SGB II mit Wirkung vom 1.1.2009 (durch Art 1 Nr 2 8. SGB-II-ÄndG vom 28.7.2014, BGBl I 1306) stellen. Denn entsprechende Ausführungen wären bereits deswegen erforderlich gewesen, weil auslaufendes oder ausgelaufenes Recht in aller Regel keine grundsätzlichen Rechtsfragen mehr aufwerfen kann (vgl BSG Beschluss vom 19.7.2012 - B 1 KR 65/11 B - SozR 4-1500 § 160a Nr 32 RdNr 10 mwN; Fichte in Breitkreuz/Fichte, SGG, 2. Aufl 2014, § 160 RdNr 32). Insoweit räumt die Klägerin selbst ein, dass jedenfalls die Frage zum speziell auf Erstattungsansprüche des Trägers der Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB-II-Träger) bezogenen "Rechtssatz" a. durch die Neuregelung überholt sein dürfte. Soweit sie bezüglich der "Rechtssätze" b. und c. der Auffassung ist, diese seien durch § 40a SGB II nicht berührt, hätte es entweder Ausführungen dazu bedurft, dass die leistungsbereichsübergreifend gestellten, also trägerunspezifisch formulierten Fragen in einem Revisionsverfahren geklärt werden könnten, obwohl dieses Verfahren lediglich im Zusammenhang mit dem konkreten Erstattungsanspruch eines SGB-II-Trägers stünde. Alternativ wären Darlegungen dazu erforderlich gewesen, dass es nach der Regelung des § 40a S 2 und 3 SGB II - entgegen ihrem Wortlaut - auf die Stellung des SGB-II-Trägers als "nachrangig verpflichteter Leistungsträger" iS des § 104 Abs 1 S 2 SGB X oder auf die Rechtswidrigkeit der Leistungserbringung aus anderen Gründen als der "Erwerbsminderung" weiterhin ankomme. Denn zugunsten des SGB-II-Trägers ordnen § 40a S 2 und S 3 SGB II ausdrücklich an, dass der "Erstattungsanspruch (auch) besteht …, soweit die Erbringung des Arbeitslosengeldes II allein auf Grund einer nachträglich festgestellten vollen Erwerbsminderung rechtswidrig war" und das ua § 107 SGB X entsprechend gilt. Daher hätte es Ausführungen dazu bedurft, dass die Regelung im Hinblick auf den hier konkret betroffenen SGB-II-Leistungsträger auch anders verstanden werden könnte und etwa in der Literatur verstanden wird.
Soweit die Klägerin geltend macht, dass noch mehrere gleichartige Streitfälle anhängig seien, so dass auch nach dem Inkrafttreten des § 40a S 2 und 3 SGB II weiterhin Klärungsbedarf bestehe, genügt die Beschwerdebegründung den Darlegungsanforderungen ebenfalls nicht. Eine Ausnahme von der Verneinung des Klärungsbedarfs bei ausgelaufenem oder auslaufenden Recht kann nur angenommen werden, wenn es noch eine erhebliche Anzahl von Fällen gibt, für die die Rechtsfrage von Bedeutung ist (vgl BSG vom 28.11.1975 - 12 BJ 150/75 - SozR 1500 § 160a Nr 19) oder die Vorschrift insoweit nachwirkt, als sie die Grundlage für eine Nachfolgevorschrift darstellt (BSG vom 19.1.2017 - B 10 EG 4/16 B - Juris RdNr 7) oder die frühere Rechtsprechung für die neue Rechtslage erheblich geblieben ist (vgl BSG vom 19.3.1986 - 7 BAr 75/85 - SozR 1500 § 160a Nr 58). Nichts dergleichen legt sie dar. Nur das Vorbringen, allein ihr Prozessbevollmächtigter betreibe mehrere Verfahren, bei denen rückwirkend eine Erwerbsminderungsrente bewilligt worden sei und das Jobcenter Erstattungsansprüche in voller Höhe des Rentenzahlbetrags angemeldet habe, genügt hierfür nicht. Insoweit ist bereits offen, ob es in diesen Fällen - wie im vorliegenden - auf die Rechtslage vor Einführung des § 40a SGB II ankommt.
Im Übrigen mangelt es in der Beschwerdebegründung an hinreichenden Darlegungen zur Klärungsfähigkeit sämtlicher formulierter Fragen/Rechtssätze. Insoweit formuliert die Klägerin Zweifel hieran selbst, wenn sie darauf hinweist, dass es auf die Fragen zur Auslegung des § 104 SGB X nur dann ankomme, wenn die Entscheidung über den vorläufigen Einbehalt der Nachzahlung im Rentenbescheid und das Abrechnungsschreiben vom 17.9.2008 Verwaltungsakte seien. Ansonsten wären schon die hiergegen erhobenen Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen unzulässig gewesen (siehe auch nachfolgend b). Diese Zweifel an der Klärungsfähigkeit - wie erforderlich - auszuräumen, versäumt die Klägerin. Soweit sie ausführt, die klärungsbedürftigen Fragen könnten im Rahmen der allgemeinen Leistungsklage geklärt werden, hätte sie aufzeigen müssen, dass dies im Rahmen der Revision über den vorliegend angefochtenen Beschluss zulässig wäre. Dies gilt umso mehr, als sie vorbringt, schon zu einem früheren Zeitpunkt eine Leistungsklage auf Auskehrung der Rentennachzahlung erhoben zu haben und diese weiter rechtshängig sei. Umgekehrt rügt sie zugleich, das LSG habe verfahrensfehlerhaft im hier angegriffenen Beschluss auch über eine Leistungsklage in der Sache entschieden - trotz entgegenstehender Rechtshängigkeit (siehe unten c).
Im Hinblick auf die Klärungsfähigkeit der weiteren Frage nach der Berücksichtigung der Versicherungspauschale bei der Erstattung von SGB-II-Leistungen zeigt sie darüber hinaus nicht auf, ob das LSG überhaupt Feststellungen zu der Frage getroffen hat, dass kein anderes Einkommen bei der Berechnung der Grundsicherungsleistungen zu berücksichtigen gewesen sei. Denn nur dann, könnte die Versicherungspauschale von der Erwerbsminderungsrente in Abzug zu bringen sein, wie die Klägerin selbst einräumt. Die Klärungsfähigkeit könnte anders als von der Klägerin vorgeschlagen auch nicht ohne Weiteres dadurch herbei geführt werden, dass die notwendigen Feststellungen vom BSG im Revisionsverfahren nachgeholt werden. Denn das Verfahren in der Revisionsinstanz dient der rechtlichen Überprüfung der angefochtenen Entscheidung. Das BSG trifft daher grundsätzlich keine eigenen Tatsachenfeststellungen (Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl 2017, § 163 RdNr 1). Dass eine der Ausnahmen von diesem Grundsatz (vgl hierzu Leitherer, aaO, RdNr 5 ff) vorliegen könnte, hat die Klägerin schon nicht geltend gemacht.
b) Den Darlegungsanforderungen in Bezug auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung genügt die Beschwerdebegründung ebenfalls nicht, soweit die Klägerin folgenden "Rechtssatz" des LSG für klärungsbedürftig erachtet:
"Die Abrechnungsschreiben über die Nachzahlbeträge einer bewilligten Rente nach Anerkennung eines Erstattungsanspruchs eines anderen Leistungsträgers enthalten eine Einzelfallregelung mit unmittelbarer Außenwirkung dahingehend, dass der Rentenanspruch (durch Verteilung im Sinne einer Auskehrung) als erfüllt gilt."
Mit dieser Aussage - so die Klägerin - weiche das LSG von dem Urteil des BSG vom 25.1.2011 (B 5 R 14/10 R - SozR 4-1300 § 63 Nr 15) ab, wo der Widerspruch gegen ein entsprechendes Schreiben als nicht statthaft zurückgewiesen worden sei, weil es sich bei dem Abrechnungsschreiben nicht um einen Verwaltungsakt gehandelt habe. Soweit aufgrund dieser Entscheidung die Klärungsbedürftigkeit des vom LSG aufgestellten Rechtssatzes vorliegend entfiele, werde vorsorglich eine Divergenz des LSG-Beschlusses zu dieser Entscheidung des BSG geltend gemacht. Allerdings habe sich der vom BSG entschiedene Fall von dem vorliegenden dadurch unterschieden, dass der Widerspruch dort eine Verzinsung betroffen habe, zu der keine Feststellung durch den Rentenversicherungsträger getroffen worden seien.
Selbst wenn man im diesbezüglichen Vorbringen der Klägerin noch eine "Rechtsfrage" nach der Auslegung oder zum Anwendungsbereich des § 31 SGB X erkennen wollte, hätte sie deren Klärungsbedürftigkeit nicht dargelegt. Denn sie macht geltend, das LSG weiche vom Urteil des BSG vom 25.1.2011 ab, weil es das Abrechnungsschreiben vom 17.9.2008 als Verwaltungsakt angesehen habe, während das BSG den Widerspruch gegen ein solches Schreiben mangels Verlautbarung eines Verwaltungsakts für unstatthaft gehalten habe. Dass sie mit diesem Vortrag die Klärungsbedürftigkeit nicht aufzeigt, hat die Klägerin selbst erkannt. Im Gegenteil, sie stellt gerade die Behauptung auf, die Frage sei durch das Urteil des BSG in ihrem Sinne geklärt. Denn sie bringt vor, das BSG habe ein solches Abrechnungsschreiben nicht als Verwaltungsakt angesehen (und das LSG sei hiervon im Sinne einer Divergenz abgewichen). Auf die dann "lediglich" rechtlich fehlerhafte Entscheidung des LSG in der Sache kann - wie oben dargelegt - die Beschwerde jedoch nicht gestützt werden.
Darüber hinaus hat es die Klägerin versäumt, die bereits vorliegende Rechtsprechung des BSG daraufhin zu untersuchen, ob diese hinreichende Anhaltspunkte für die Beantwortung der von ihr formulierten Frage bietet. Denn selbst wenn das BSG eine Frage - worauf sich die Klägerin vorliegend beruft - noch nicht ausdrücklich entschieden hat, so ist eine Rechtsfrage doch auch dann als höchstrichterlich geklärt anzusehen, wenn schon eine oder mehrere höchstrichterliche Entscheidungen ergangen sind, die ausreichende Anhaltspunkte zur Beurteilung der von der Beschwerde als grundsätzlich herausgestellten Rechtsfrage geben (vgl BSG SozR 3-1500 § 160 Nr 8 S 17 sowie SozR 3-1500 § 146 Nr 2 S 6). Vorliegend hätte sich die Klägerin mit dem von ihr in anderem Zusammenhang auf Seite 13 der Beschwerdebegründung angesprochenen und vom LSG zitierten Urteil des BSG vom 31.10.2012 (B 13 R 11/11 R - SozR 4-1300 § 106 Nr 1 RdNr 21) auseinandersetzen müssen. Dort hatte das BSG "nach Form, Wortlaut und Inhalt des Bescheids keine begründeten Zweifel" am Verwaltungsaktcharakter der Mitteilung über eine Nichtauszahlung einer Rente. Auf die (äußere) Form der Mitteilung über die Einstellung der Rentenzahlung (Verwaltungsakt) hatte das BSG zuvor schon in dem dort zitierten Urteil vom 13.12.2001 (B 13 RJ 67/99 R - BSGE 89, 111 = SozR 3-1300 § 1 Nr 1, Juris RdNr 22) abgestellt und zugleich auf das Urteil vom 25.1.2001 (B 4 RA 48/99 R - BSGE 87, 239 = SozR 3-1200 § 66 Nr 5) verwiesen, wonach eine aufschiebende Einrede des Rentenversicherungsträgers gegen einen von ihm festgestellten Anspruch auf Zahlung von Rente kein Verwaltungsakt sei (ebd, aaO, Leitsatz und Juris RdNr 14 ff). Dass diese differenzierende Rechtsprechung nicht zur Beantwortung der Frage nach dem Verwaltungsaktcharakter eines - vorliegend nicht in Bescheidform übermittelten - Abrechnungsschreibens herangezogen werden kann, hat die Klägerin - entgegen den aus § 160a Abs 2 S 3 SGG abzuleitenden Anforderungen - nicht dargelegt.
c) Ebenfalls unzulässig ist die Beschwerde, soweit die Klägerin - hilfsweise - eine Divergenz des angegriffenen Beschlusses zum Urteil des BSG vom 25.1.2011 (aaO) geltend macht.
Divergenz iS von § 160 Abs 2 Nr 2 SGG bedeutet Widerspruch im Rechtssatz, nämlich das Nichtübereinstimmen tragender abstrakter Rechtssätze, die zwei Urteilen zugrunde gelegt sind. Eine Abweichung liegt nicht schon dann vor, wenn das LSG eine höchstrichterliche Entscheidung nur unrichtig ausgelegt oder das Recht unrichtig angewandt hat, sondern erst, wenn das LSG Kriterien, die ein in der Norm genanntes Gericht aufgestellt hat, widersprochen, also andere Maßstäbe entwickelt hat. Das LSG weicht damit nur dann iS von § 160 Abs 2 Nr 2 SGG von einer Entscheidung ua des BSG ab, wenn es einen abstrakten Rechtssatz aufstellt, der einer zu demselben Gegenstand gemachten und fortbestehenden aktuellen abstrakten Aussage des BSG entgegensteht und dem Berufungsurteil tragend zugrunde liegt. Die Beschwerdebegründung muss deshalb aufzeigen, welcher abstrakte Rechtssatz in den genannten höchstrichterlichen Urteilen enthalten ist, und welcher in der instanzabschließenden Entscheidung des LSG enthaltene Rechtssatz dazu im Widerspruch steht, und darlegen, dass die Entscheidung hierauf beruhen kann (BSG Beschluss vom 6.9.2017 - B 13 R 139/16 B - SozR 4-2600 § 16 Nr 2, Juris RdNr 9 f mwN).
Die Beschwerdebegründung hat - entgegen § 160a Abs 2 S 3 SGG - keinen Widerspruch tragender Rechtssätze des angegriffenen Beschlusses und des darin benannten Urteils des BSG aufgezeigt. Vielmehr trägt die Klägerin selbst vor, der vom BSG entschiedene Fall unterscheide sich von dem vorliegenden dadurch, dass der Widerspruch dort eine Verzinsung betroffen habe, zu der keine Feststellung durch den Rentenversicherungsträger getroffen worden sei. Eine Nichtübereinstimmung tragender abstrakter Rechtssätze liege somit nicht für die Feststellung oder Berechnung der Nachzahlung vor. Zwar werde in der Entscheidung angesprochen, wie ein verständiger Beteiligter den wirklichen Willen der Behörde interpretieren müsse. Hierzu habe sich das LSG in dem angefochtenen Beschluss jedoch nicht geäußert, sodass eine Divergenz nicht offensichtlich vorliege. Somit wird von der Klägerin gerade kein Widerspruch tragender Rechtssätze dargelegt, wie es zur formgerechten Begründung der Divergenzbeschwerde erforderlich ist.
d) Den formalen Anforderungen an die Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde genügt die Beschwerdebegründung der Klägerin schließlich ebenfalls nicht, soweit sie die Revisionszulassung wegen eines Verfahrensmangels des LSG begehrt. Ein solcher Mangel liege vor, weil das LSG über ihre Leistungsklage im angefochtenen Beschluss nicht in der Sache habe entscheiden dürfen. Vielmehr habe es diese als unzulässig zurückweisen müssen, da der damit verfolgte Anspruch bereits Gegenstand der zuerst erhobenen und noch vor einem anderen Senat des LSG rechtshängigen reinen Leistungsklage gewesen sei.
Die Darlegungsvoraussetzungen für einen Verfahrensmangel verfehlt die Klägerin hier schon allein deshalb, weil sie in ihrer Beschwerdebegründung den Gegenstand der beiden Verfahren, über die das LSG im angefochtenen Beschluss entschieden hat, nicht konkret umreißt. Auch wenn die kombinierte Anfechtungs-, Verpflichtungs- und Leistungsklage nach der Rechtsprechung des BSG die zutreffende Klageart im Zugunstenverfahren sein kann (vgl zB BSG Urteil vom 28.2.2013 - B 8 SO 4/12 R - Juris RdNr 9 mwN), hätte die Klägerin hierfür jedenfalls die in den Berufungsverfahren jeweils gestellten Anträge wiedergeben und ausführen müssen, wieso hiernach - gegebenenfalls in Verbindung mit ihrem Prozessvortrag - eine Leistungsklage den von ihr erhobenen Ansprüchen im Sinne des § 123 SGG entsprochen hätte. Darüber hinaus wäre anhand des angefochtenen Beschlusses konkret darzulegen gewesen, dass das LSG dies erkannt und tatsächlich, gegebenenfalls in Kombination mit anderen Klagen, über eine solche
Leistungsklage eine Entscheidung in der Sache getroffen hat. Substantiierte Darlegungen hierzu wären insbesondere deshalb notwendig gewesen, weil nach dem Vorbringen der Klägerin selbst beide Verfahren ihren Ausgangspunkt in der Ablehnung von Überprüfungsanträgen nach § 44 SGB X hatten und bei deren Einleitung bereits eine - zwischenzeitlich ruhend gestellte - auf Auszahlung der Rentennachzahlung gerichtete reine Leistungsklage rechtshängig war. Dass in einer solchen Konstellation neben einer Anfechtungs- und Verpflichtungsklage im Hinblick auf die Bescheide im Zugunstenverfahren auch eine Leistungsklage erhoben wurde, bedarf daher gesonderter Darlegungen, die in der Beschwerdebegründung der Klägerin fehlen.
3. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab, weil sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung beizutragen (§ 160a Abs 4 S 2 Halbs 2 SGG).
4. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.
Fundstellen
Dokument-Index HI11576408 |