Entscheidungsstichwort (Thema)
Nichtzulassungsbeschwerde. grundsätzliche Bedeutung einer Rechtssache. Schwerbehindertenrecht. Merkzeichen G nicht für nach § 2 Abs 3 SGB 9 gleichgestellte behinderte Menschen. keine Klärungsbedürftigkeit. Darlegungsanforderungen
Orientierungssatz
Nach dem Wortlaut des § 68 Abs 3 SGB 9 sind die Vorschriften über die unentgeltliche Beförderung (Kapitel 13), einschließlich des Merkzeichens G, nicht auf diejenigen anzuwenden, die nach § 2 Abs 3 SGB 9 den schwerbehinderten Menschen gleichgestellt sind.
Normenkette
SGB 9 § 68 Abs. 3; SGB 9 § 69 Abs. 4; SGB 9 § 2 Abs. 3; SGB 9 § 146 Abs. 1 S. 1; SGB 9 § 145; SGG § 160a Abs. 2 S. 3, § 160 Abs. 2 Nr. 1
Verfahrensgang
LSG Berlin-Brandenburg (Urteil vom 15.12.2016; Aktenzeichen L 13 SB 282/14) |
SG Berlin (Urteil vom 13.10.2014; Aktenzeichen S 199 SB 793/12) |
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 15. Dezember 2016 wird als unzulässig verworfen.
Die Beteiligten haben einander für das Beschwerdeverfahren keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Gründe
I. Der Kläger begehrt die Zuerkennung eines Grades der Behinderung (GdB) von 50 sowie des Merkzeichens G.
Insbesondere wegen der Folgen eines schweren Motorradunfalls im Jahr 2010 hatte die Beklagte beim Kläger einen GdB von 30 und die dauernde Einbuße seiner körperlichen Beweglichkeit anerkannt (Bescheid vom 1.9.2011, Widerspruchsbescheid vom 14.2.2012).
Das vom Kläger angerufene SG hat den Beklagten nach medizinischer Beweiserhebung - gemäß eines von diesem abgegebenen Teilanerkenntnis - verurteilt, beim Kläger einen GdB von 40 ab Juli 2011 festzustellen. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen (Urteil vom 13.10.2014).
Mit dem angefochtenen Berufungsurteil hat das LSG die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Wie als Ergebnis der im Berufungsverfahren durchgeführten Beweisaufnahme feststehe, habe der Kläger keinen Anspruch auf einen GdB von mehr als 40. Damit könne er auch nicht das Merkzeichen G verlangen (Urteil vom 15.12.2016).
Gegen die Nichtzulassung der Revision in dieser Entscheidung hat der Kläger Beschwerde zum BSG eingelegt. Das LSG habe die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache verkannt.
II. Die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers ist unzulässig. Die Begründung genügt nicht den gesetzlichen Anforderungen, weil die behauptete grundsätzliche Bedeutung nicht ordnungsgemäß dargetan worden ist (vgl § 160a Abs 2 S 3 SGG).
1. Eine Rechtssache hat nur dann grundsätzliche Bedeutung, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die über den Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Der Beschwerdeführer muss daher anhand des anwendbaren Rechts und unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung angeben, welche Fragen sich stellen, dass diese noch nicht geklärt sind, weshalb eine Klärung dieser Rechtsfragen aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts erforderlich ist und dass das angestrebte Revisionsverfahren eine Klärung erwarten lässt. Ein Beschwerdeführer muss mithin, um seiner Darlegungspflicht zu genügen, eine Rechtsfrage, ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit (Entscheidungserheblichkeit) sowie die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der von ihm angestrebten Entscheidung (so genannte Breitenwirkung) darlegen (zum Ganzen vgl BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 34 S 70 mwN).
Klärungsbedürftig ist eine Rechtsfrage, wenn sie höchstrichterlich weder tragend entschieden noch präjudiziert ist und die Antwort nicht von vornherein praktisch außer Zweifel steht, so gut wie unbestritten ist oder sich unmittelbar aus dem Gesetz ergibt. Um die Klärungsbedürftigkeit ordnungsgemäß darzulegen, muss sich der Beschwerdeführer daher ua mit Wortlaut, Kontext und ggf der Entstehungsgeschichte des fraglichen Gesetzes sowie der einschlägigen Rechtsprechung auseinandersetzen (Karmanski in Roos/Wahrendorf, SGG, 2014, § 160a RdNr 50 mwN).
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Diesen Anforderungen wird die vorliegende Beschwerdebegründung nicht gerecht. Soweit sie die Rechtsfrage aufwirft, |
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ob das Merkzeichen G auch ohne Vorliegen der Schwerbehinderteneigenschaft gemäß § 2 Abs. 2 SGB IX aufgrund einer Gleichstellung gemäß § 68 Abs. 1,3 SGB IX anerkannt werden könne, |
geht sie nicht hinreichend auf Wortlaut und Kontext der einschlägigen Norm ein. Wie § 68 Abs 3 SGB IX bestimmt, sind auf gleichgestellte behinderte Menschen die besonderen Regelungen für schwerbehinderte Menschen anzuwenden - allerdings mit Ausnahme des § 125 und des Kap 13. Gerade Kap 13 regelt aber die vom Kläger begehrte unentgeltliche Beförderung im öffentlichen Personenverkehr. Die Beschwerde legt nicht dar, warum diese Bestimmung die von ihr aufgeworfene Frage nicht eindeutig beantwortet (vgl dazu auch Masuch in Hauck/Noftz, SGB, 08/14, § 145 SGB IX RdNr 8; Oppermann in Knickrehm, Gesamtes Soziales Entschädigungsrecht, 2012, § 145 SGB IX RdNr 4). |
Ebenso wenig geht die Beschwerde hinreichend auf die Rechtsprechung des BSG zur Vorläuferregelung von § 68 Abs 3 SGB IX ein, die Norm des § 2 Abs 2 Schwerbehindertengesetz. Danach galten bestimmte Regelungen, darunter diejenigen über die kostenlose Beförderung im öffentlichen Personenverkehr, nicht für Gleichgestellte (Urteil vom 19.12.2001 - B 11 AL 57/01 R - BSGE 89, 119, 120f).
Die Beschwerde ist somit ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter zu verwerfen (§ 160a Abs 4 S 1 Halbs 2, § 169 SGG).
Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (vgl § 160a Abs 4 S 2 Halbs 2 SGG).
2. Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 Abs 1 SGG.
Fundstellen
Dokument-Index HI11261234 |