Verfahrensgang
Tenor
Der Antrag des Klägers, ihm für das Verfahren der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 2. Mai 2023 Prozesskostenhilfe unter Beiordnung eines Rechtsanwalts zu bewilligen, wird abgelehnt.
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im vorbezeichneten Urteil wird als unzulässig verworfen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe
I
Der Kläger begehrt in der Hauptsache die Gewährung einer Versorgungsrente nach dem Opferentschädigungsgesetz (OEG) iVm dem Bundesversorgungsgesetz.
Das LSG hat den Anspruch ebenso wie vor ihm das SG und der Beklagte verneint. Die vom Kläger geschilderten rein psychischen Einwirkungen in Form von Beleidigungen, Stalking und angeblichen Bedrohungen durch eine Nachbarin, einen Rechtsanwalt, einen Polizisten und die Nebenklagevertreterin könnten von vornherein nicht den Tatbestand des § 1 OEG erfüllen, weil es sich dabei nicht um tätliche Angriffe handele. In Bezug auf die körperlichen Auseinandersetzungen zwischen dem Kläger und dem - vom LSG in der Berufungsverhandlung vernommenen - Zeugen V sei ein vorsätzlicher rechtswidriger tätlicher Angriff weder im Vollbeweis nachgewiesen noch überwiegend wahrscheinlich. Der vom Kläger geltend gemachte Anspruch scheitere zudem daran, dass es in Bezug auf keines der geltend gemachten Ereignisse einen Nachweis für fortbestehende Schädigungsfolgen gebe (Urteil vom 2.5.2023).
Nach Zustellung des Urteils am 30.6.2023 hat der Kläger mit einem beim BSG am 27.7.2023 eingegangenen Schreiben vom 26.7.2023 Prozesskostenhilfe (PKH) beantragt und zugleich Beschwerde eingelegt. Das Gericht habe den Sachverhalt nicht geklärt und insbesondere weitere Zeugen nicht geladen.
II
1. Der Antrag des Klägers auf Bewilligung von PKH für die Durchführung des Beschwerdeverfahrens ist abzulehnen. Nach § 73a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 114 Abs 1 Satz 1 ZPO kann einem bedürftigen Beteiligten für das Verfahren vor dem BSG nur dann PKH bewilligt werden, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet. An der erforderlichen Erfolgsaussicht fehlt es hier. Es ist nicht zu erkennen, dass ein zugelassener Prozessbevollmächtigter (§ 73 Abs 4 SGG) in der Lage wäre, die vom Kläger angestrebte Nichtzulassungsbeschwerde erfolgreich zu begründen. Hinreichende Erfolgsaussicht hätte die Nichtzulassungsbeschwerde nur, wenn einer der in § 160 Abs 2 SGG abschließend aufgeführten Zulassungsgründe mit Erfolg geltend gemacht werden könnte. Die Revision darf danach nur zugelassen werden, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG), das Urteil von einer Entscheidung des BSG, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes (GmSOGB) oder des BVerfG abweicht und auf dieser Abweichung beruht (§ 160 Abs 2 Nr 2 SGG) oder ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG).
Nach Durchsicht der Akten und der im PKH-Verfahren gebotenen summarischen Prüfung fehlen hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass ein vor dem BSG zugelassener Prozessbevollmächtigter einen der in § 160 Abs 2 Nr 1 bis 3 SGG abschließend aufgeführten Zulassungsgründe mit Erfolg darlegen oder bezeichnen könnte.
Die Sache bietet keine Hinweise für eine über den Einzelfall hinausgehende grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG). Auch ist nicht ersichtlich, dass das LSG entscheidungstragend von der Rechtsprechung des BSG, des GmSOGB oder des BVerfG abgewichen sein könnte (§ 160 Abs 2 Nr 2 SGG).
Schließlich fehlt ein ausreichender Anhalt dafür, dass ein die Revisionszulassung rechtfertigender Verfahrensfehler des LSG vorliegen könnte. Nach § 160 Abs 2 Nr 3 SGG ist die Revision zuzulassen, wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung von § 109 SGG (Anhörung eines bestimmten Arztes) und § 128 Abs 1 Satz 1 SGG (Grundsatz der freien richterlichen Beweiswürdigung) und auf eine Verletzung des § 103 SGG (Amtsermittlungsgrundsatz) nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist. Entsprechende Verfahrensmängel lassen sich weder dem Vorbringen des Klägers in seinem Schreiben vom 26.7.2023 noch den Verfahrensakten entnehmen.
Insbesondere ist keine Verletzung der Sachaufklärungspflicht des LSG ersichtlich (§ 103 SGG). Nach § 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 2 SGG kann ein Verfahrensmangel auf eine Verletzung des § 103 SGG nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist. Soll demnach ein Verstoß gegen die tatrichterliche Sachaufklärungspflicht gerügt werden (§ 103 SGG), so muss dafür ein für das Revisionsgericht ohne Weiteres auffindbarer und bis zuletzt aufrechterhaltener Beweisantrag bezeichnet werden, dem das LSG nicht gefolgt ist.
Daran fehlt es hier. Es ist nicht ersichtlich, dass der im Berufungsverfahren anwaltlich vertretene Kläger einen solchen Beweisantrag bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung vor dem LSG am 2.5.2023 gestellt und zumindest hilfsweise aufrecht erhalten hätte (vgl BSG Beschluss vom 26.4.2023 - B 9 SB 33/22 B - juris RdNr 16 mwN). Allein sein pauschaler Vorwurf, das LSG habe die von ihm benannten weiteren Zeugen nicht geladen, genügt insoweit nicht.
Unabhängig davon kommt es für die Frage, ob ein hinreichender Grund für die unterlassene Beweiserhebung (Zeugenvernehmung) vorliegt, darauf an, ob das Gericht objektiv gehalten gewesen wäre, den Sachverhalt zu den von dem betreffenden Beweisantrag erfassten Punkten weiter aufzuklären, ob es sich also - ausgehend von seiner materiell-rechtlichen Rechtsauffassung - zur beantragten Beweiserhebung hätte gedrängt fühlen müssen (stRspr; zB BSG Beschluss vom 3.4.2020 - B 9 SB 71/19 B - juris RdNr 13; BSG Beschluss vom 6.10.2011 - B 9 SB 6/11 B - juris RdNr 12, jeweils mwN).
Das ist hier indes nicht der Fall. Nach der maßgeblichen Rechtsansicht des LSG kamen die vom Kläger behaupteten Handlungen der vom Gericht nicht geladenen Zeugen als rein psychische Einwirkungen von vornherein nicht als tätliche Angriffe im Sinne des Opferentschädigungsrechts infrage (vgl dazu BSG Beschluss vom 19.7.2016 - B 9 V 9/16 B - juris RdNr 5 mwN).
Soweit der Kläger mit der vom LSG vorgenommenen Aus- und Bewertung seiner aktenkundigen Angaben sowie derjenigen des vernommenen Zeugen zu dem hier streitbefangenen Geschehen nicht einverstanden ist, wendet er sich gegen die Beweiswürdigung des Berufungsgerichts (§ 128 Abs 1 Satz 1 SGG). Hiermit kann er jedoch nach § 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 2 SGG von vornherein keine Revisionszulassung erreichen. Entsprechendes gilt, soweit der Kläger eine unzureichende Rechtsanwendung des LSG in seinem Einzelfall rügen wollte (stRspr; zB BSG Beschluss vom 22.11.2019 - B 9 V 6/19 BH - juris RdNr 8 mwN).
2. Da dem Kläger keine PKH zusteht, kommt auch die Beiordnung eines Rechtsanwalts nicht in Betracht (§ 73a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 121 Abs 1 ZPO).
3. Die von dem Kläger selbst eingelegte Beschwerde ist unzulässig; sie entspricht nicht der gesetzlichen Form. Der Kläger konnte die Beschwerde, worauf in der Rechtsmittelbelehrung des angefochtenen LSG-Urteils ausdrücklich hingewiesen worden ist, wirksam nur durch einen vor dem BSG zugelassenen Prozessbevollmächtigten einlegen lassen (§ 73 Abs 4 SGG).
4. Die Verwerfung der Beschwerde als unzulässig erfolgt gemäß § 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2 iVm § 169 Satz 2 und 3 SGG ohne Beteiligung der ehrenamtlichen Richter.
5. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Fundstellen
Dokument-Index HI16192668 |