Verfahrensgang
SG Hannover (Entscheidung vom 13.04.2017; Aktenzeichen S 9 KR 202/13) |
LSG Niedersachsen-Bremen (Urteil vom 17.09.2019; Aktenzeichen L 16/4 KR 243/17) |
Tenor
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 17. September 2019 wird als unzulässig verworfen.
Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe
I
Die bei der beklagten Krankenkasse versicherte, 1982 geborene Klägerin beantragte mit Schreiben des approbierten Diplom-Psychologen (Dipl-Psych) B. vom 24.9.2012 die Kostenübernahme für fünf probatorische Sitzungen und 45 Stunden Verhaltenstherapie wegen einer Anpassungsstörung und einer Essstörung (Bulimia nervosa). Sie ist mit ihrem Begehren bei der Beklagten und in den Vorinstanzen erfolglos geblieben. Das LSG hat zur Begründung seiner Entscheidung ua ausgeführt, eine Therapie bei Dipl-Psych B. könne die Klägerin als Sachleistung schon deshalb nicht beanspruchen, weil dieser nicht zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen sei und zudem über keinen Fachkundenachweis nach § 95c Satz 1 Nr 2 SGB V verfüge. Ein Fall des Systemversagens liege nicht vor. Es gebe eine ausreichende Versorgung mit zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassenen Psychologischen Psychotherapeuten. Der auf Kostenübernahme gerichtete Hilfsantrag müsse erfolglos bleiben, weil der Kostenerstattungsanspruch nicht weiter reichen könne als der - hier nicht bestehende - Naturalleistungsanspruch (Urteil vom 17.9.2019).
Mit ihrer Beschwerde wendet sich die Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im LSG-Urteil.
II
Die Beschwerde der Klägerin ist unzulässig und daher gemäß § 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2 SGG iVm § 169 Satz 3 SGG zu verwerfen. Ihre Begründung entspricht nicht den aus § 160a Abs 2 Satz 3 SGG abzuleitenden Anforderungen an die Bezeichnung der geltend gemachten Zulassungsgründe der grundsätzlichen Bedeutung (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG) und der Divergenz (§ 160 Abs 2 Nr 2 SGG).
1. Wer sich auf den Zulassungsgrund der Divergenz (§ 160 Abs 2 Nr 2 SGG) beruft, muss entscheidungstragende abstrakte Rechtssätze im Urteil des Berufungsgerichts einerseits und in einem Urteil des BSG, des GmSOGB oder des BVerfG andererseits gegenüberstellen und Ausführungen dazu machen, weshalb beide miteinander unvereinbar sein sollen und das Berufungsurteil auf dieser Divergenz beruht (vgl zB BSG vom 19.9.2007 - B 1 KR 52/07 B - juris RdNr 6; BSG vom 9.5.2018 - B 1 KR 55/17 B - juris RdNr 8; zur Verfassungsmäßigkeit dieser Darlegungsanforderungen vgl BVerfG ≪Dreier-Ausschuss≫ vom 8.9.1982 - 2 BvR 676/81 - juris). Dem wird die Beschwerdebegründung nicht gerecht.
Die Klägerin formuliert zwar als Rechtssatz des LSG: "Ein Kostenerstattungsanspruch im Rahmen der psychotherapeutischen Behandlung setzt voraus, dass die Psychotherapeuten nach § 95 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 95 c SGB V zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen sind, was bei Psychotherapeuten 1. die Approbation als Psychotherapeut und 2. den Fachkundenachweis voraussetzt", und stellt diesem Zitat den Rechtssatz des BSG gegenüber: "Zwingende Voraussetzung ärztlicher und ihr gleichgestellter psychotherapeutischer Krankenbehandlung als ein zentraler Bestandteil des Leistungskatalogs der GKV ist die Approbation der ärztlichen und der psychotherapeutischen Behandler" (unter Verweis auf das Urteil des BSG vom 13.12.2016 - B 1 KR 4/16 R - juris RdNr 10 und 16). Hiermit zeigt die Klägerin jedoch einander widersprechende Rechtssätze nicht auf. Soweit sie behauptet, das BSG habe in seiner Entscheidung "ausdrücklich (nur)" auf die Approbation als Behandlungsvoraussetzung abgestellt, legt sie nicht dar, dass das BSG damit das Erfordernis einer vertragsärztlichen Zulassung in Abrede gestellt habe. Dies wäre jedoch mit Blick auf die Ausführungen des BSG in den RdNr 11 und 14 der zitierten Entscheidung, die das Zulassungserfordernis ausdrücklich ansprechen, sowie den Wortlaut der Regelung in § 28 Abs 3 SGB V(in der hier maßgeblichen Fassung vom 16.7.2015, BGBl I 1211) angezeigt gewesen.
Die Klägerin geht durch ihre Bezugnahme auf den Kostenerstattungsanspruch und ihre Ausführungen zur grundsätzlichen Bedeutung (vgl 2.) davon aus, dass Versicherte nicht ausreichend mit zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassenen Psychologischen Psychotherapeuten versorgt werden. Wenn die Klägerin vor diesem von ihr zugrunde gelegten Sachverhalt sinngemäß (auch) geltend machen will, die Divergenz liege darin, dass das BSG - im Gegensatz zum LSG - beim Versagen des Systems es ausreichen lasse, dass ein Psychologischer Psychotherapeut approbiert sei und keines Fachkundenachweises bedürfe, zeigt die Klägerin schon nicht auf, dass das LSG-Urteil auf dieser - behaupteten - Divergenz beruht. Denn nach den mit Verfahrensrügen nicht angegriffenen Feststellungen des LSG liegt schon deswegen kein Systemversagen vor, weil eine ausreichende Versorgung mit zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassenen Psychologischen Psychotherapeuten besteht.
2. Wer sich auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG) beruft, muss eine Rechtsfrage klar formulieren und ausführen, inwiefern diese Frage im angestrebten Revisionsverfahren klärungsfähig (entscheidungserheblich) sowie klärungsbedürftig und über den Einzelfall hinaus von Bedeutung ist (vgl zB BSG vom 17.4.2012 - B 13 R 347/11 B - SozR 4-2600 § 72 Nr 5 RdNr 17 mwN; zur verfassungsrechtlichen Unbedenklichkeit dieses Maßstabs BVerfG vom 14.4.2010 - 1 BvR 2856/07 - SozR 4-1500 § 160a Nr 24 RdNr 5 f mwN). Dem wird das Beschwerdevorbringen nicht gerecht.
Die Klägerin formuliert die Frage,
"ob neben der Approbation auch noch als weiteres Merkmal der Fachkundenachweis verlangt werden könne".
Der Senat lässt offen, ob die Klägerin damit eine Rechtsfrage klar formuliert hat. Jedenfalls legt sie nicht die Klärungsfähigkeit der Frage dar. Deren grundsätzliche Bedeutung begründet sie damit, dass im Hinblick auf die Notwendigkeit, wegen Systemversagens einen außervertraglichen Behandler in Anspruch nehmen zu müssen, zu klären sei, welche Anforderungen an die Qualifikation des Behandlers im Falle der Kostenerstattung zu stellen seien. Die Klägerin setzt sich jedoch nicht damit auseinander, dass das LSG ein Systemversagen verneint hat (vgl 1.).
3. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab, weil sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung beizutragen (§ 160a Abs 4 Satz 2 Halbsatz 2 SGG).
4. Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Fundstellen
Dokument-Index HI13880461 |