Entscheidungsstichwort (Thema)
Zulassung der Revision. Verfahrensmangel. überlange Verfahrensdauer. Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde
Orientierungssatz
1. Auch wenn die durch das Gebot des fairen Verfahrens gezogene zeitliche Grenze überschritten wäre, kann ein derartiger Mangel die Zulassung der Revision nicht begründen, wenn nicht ersichtlich und nicht geltend gemacht ist, dass die überlange Verfahrensdauer den Inhalt der Entscheidung beeinflusst hätte, diese also iS des § 160 Abs 2 Nr 3 SGG auf dem Mangel beruhen könnte (Anschluss an BSG vom 4.9.2007 - B 2 U 308/06 B = SozR 4-1500 § 160a Nr 18; vgl auch BSG vom 19.2.2008 - B 13 R 391/07 B und vom 28.2.2008 - B 7 AL 109/07 B).
2. Im Hinblick auf den Beschluss des BSG vom 13.12.2005 - B 4 RA 220/04 B = SozR 4-1500 § 160a Nr 11, nach dem eine Darlegung des Beruhens der Entscheidung auf einer Verfahrensverzögerung nicht erforderlich ist, erscheint es für eine Übergangszeit vertretbar, von diesem Begründungserfordernis abzusehen.
Normenkette
SGG § 160 Abs. 2 Nr. 3 Hs. 2, § 160a Abs. 2 S. 3; MRK Art. 6 Abs. 1
Verfahrensgang
LSG Baden-Württemberg (Urteil vom 24.04.2007; Aktenzeichen L 13 AL 4003/03) |
SG Konstanz (Entscheidung vom 21.03.2002; Aktenzeichen S 5 AL 2371/99) |
Gründe
Die Beschwerde ist unbegründet.
Der Senat lässt offen, ob die vom Kläger vorgelegte Beschwerdebegründung vom 12. September 2007 den Anforderungen des § 160a Abs 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) genügt. Dies ist zweifelhaft, weil zur ordnungsgemäßen Bezeichnung eines Verfahrensmangels im Rahmen der Begründung einer Nichtzulassungsbeschwerde grundsätzlich auch Ausführungen dazu gehören, dass die angefochtene Entscheidung auf dem Mangel beruhen kann (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG; vgl Kummer, Die Nichtzulassungsbeschwerde, 1990, RdNr 203 f; Becker SGb 2007, 328, 330). Gleichwohl erscheint es für eine Übergangszeit vertretbar, von diesem Begründungserfordernis mit Rücksicht auf den Beschluss des Bundessozialgerichts (BSG) vom 13. Dezember 2005 - B 4 RA 220/04 B (SozR 4-1500 § 160a Nr 11) abzusehen, da dort ausdrücklich ausgeführt worden war, dass eine Darlegung des "Beruhens" der Entscheidung auf der Verfahrensverzögerung nicht erforderlich sei.
Die Beschwerde ist jedenfalls als unbegründet zurückzuweisen; eine Zulassung der Revision wegen eines durch eine überlange Verfahrensdauer bewirkten Verstoßes gegen Art 6 Abs 1 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) kommt nicht in Betracht.
Auch dann, wenn entsprechend dem Vortrag des Beschwerdeführers das Verfahren insgesamt die durch das Gebot des fairen Verfahrens gezogene zeitliche Grenze überschritten hätte, kann ein derartiger Mangel die Zulassung der Revision nicht begründen, da nicht ersichtlich ist und auch nicht geltend gemacht wird, dass die überlange Verfahrensdauer den Inhalt der Entscheidung beeinflusst hätte, diese also iS des § 160 Abs 2 Nr 3 SGG auf dem Mangel beruhen könnte. Der Senat schließt sich insoweit ausdrücklich der neuen Rechtsprechung des BSG (vgl insbesondere Beschluss vom 4. September 2007 - B 2 U 308/06 B -, SozR 4-1500 § 160a Nr 18 mwN; vgl auch ua Beschlüsse vom 19. Februar 2008 - B 13 R 391/07 B - und vom 28. Februar 2008 - B 7 AL 109/07 B -, jeweils veröffentlicht in juris) an. Der Senat geht ebenfalls davon aus, dass eine etwaige Verletzung des Rechts des Klägers auf ein zügiges Verfahren durch die Aufhebung des angefochtenen Urteils in einem Revisionsverfahren oder durch eine Zurückverweisung nach § 160a Abs 5 SGG nicht geheilt werden könnte, das Verfahren sich vielmehr im Gegenteil bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung weiter verlängern würde (vgl SozR aaO RdNr 13).
Dass die Verfahrensdauer sich - ausgehend von der Rechtsauffassung des Landessozialgerichts - auf das Ergebnis der Entscheidung ausgewirkt hätte, wird in der Beschwerdebegründung nicht behauptet und ist auch nicht ersichtlich.
Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Fundstellen