Beteiligte
Kläger und Revisionskläger |
Bergbau - Berufsgenossenschaft, Bochum, Hunscheidtstraße 18, Beklagte und Revisionsbeklagte |
Tatbestand
I.
Die Beteiligten streiten darüber, ob der verstorbene Vater des Klägers zu seinen Lebzeiten einen Anspruch auf Leistungen der gesetzlichen Unfallversicherung hatte, den der Kläger als sein Rechtsnachfolger geltend machen kann.
Der Vater des Klägers war bis 1959 im Saarbergbau als Pumpenschlosser in der Kohlenwäsche tätig. Im Jahre 1959 wurde bei ihm Kehlkopfkrebs festgestellt, der eine Kehlkopftotalexstirpation erforderlich machte. Die Beklagte lehnte den im Januar 1965 gestellten Entschädigungsantrag mit Bescheid vom 23. Dezember 1968 ab, weil eine zu entschädigende Berufskrankheit nicht vorliege und es sich auch nicht um eine wie eine Berufskrankheit zu entschädigende Erkrankung handele.
Das Sozialgericht (SG) hat die Beklagte am 24. September 1974 unter Aufhebung des Bescheides vom 23. Dezember 1968 verurteilt, das Kehlkopfleiden des Versicherten zu entschädigen. Das Landessozialgericht (LSG) hat mit Urteil vom 2. Oktober 1979 das Urteil des SG aufgehoben und die Klage abgewiesen. Zur Begründung, hat es im wesentlichen ausgeführt, die Berufung sei nicht nach § 145 Nr. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) ausgeschlossen. Die Klage sei auch ohne Vorverfahren zulässig. Sie sei jedoch unbegründet, auch wenn die Geltendmachung des Entschädigungsanspruchs, nicht durch § 1546 der Reichsversicherungsordnung (RVO) ausgeschlossen sei. Der Kehlkopfkrebs gehöre nicht zu den durch die Berufskrankheitenverordnung (BKVO) anerkannten Berufskrankheiten i.S. des § 551 Abs. 1 RVO; er sei auch nicht nach § 551 Abs. 2 RVO wie eine Berufskrankheit zu entschädigen, denn es lägen keine neuen Erkenntnisse im Sinne dieser Vorschrift vor. Vor Erlaß der 7. BKVO sei zwar die Frage des ursächlichen Zusammenhangs von den bei der Kohlenwäsche verwendeten Teerölen und verstäubten Teer-Aerosolen und der Entstehung von Bronchial- und Kehlkopfkrebs nicht erörtert worden, wohl aber die Frage, ob die bis dahin vorliegenden Mitteilungen über Krebs der oberen Luftwege bei Kokerei- und Hochofenarbeitern sowie bei Gaswerkern für die Aufnahme dieser Krankheit in die Berufskrankheitenliste ausreichten. Eine Erweiterung dir Liste der Berufskrankheiten sei aber mangels ausreichend abgesicherter medizinisch-wissenschaftlicher Erkenntnisse unterblieben. Die Einwirkung durch Teer, Teeröl oder Teer-Aerosole sei nicht geprüft worden, weil die Personengruppe der damit in Berührung kommenden Kohlenwäsche-Maschinisten und Pumpenschlosser für eine statistische Auswertung des Auftretens von Kehlkopfkrebs zu klein sei. Fehle es danach schon an einer überdurchschnittlich gefährdeten "bestimmten Personengruppe", so sei erst recht nicht ersichtlich, worin die neuen Erkenntnisse bestehen sollten, die eine Aufnahme in die Liste der Berufskrankheiten als geboten erscheinen ließen. Die in dem Gutachten des Sachverständigen Professor Dr. B… beschriebenen Erkenntnisse über die Ursachen von Kehlkopf und Bronchialkrebs reichten in die Jahre 1948 bis 1955 zurück, seien also nicht neu. Dafür, daß die Kehlkopferkrankung des Versicherten durch einen Arbeitsunfall, also durch ein körperlich schädigendes, zeitlich begrenztes Ereignis verursacht worden sei; ergäben sich keine Anhaltspunkte.
Der verwitwete Versicherte ist nach Zustellung des Berufungsurteils am 17. Februar 1980 gestorben. Sein Sohn, der Kläger, der mit dem Versicherten bis zu seinem Tode in häuslicher Gemeinschaft lebte, hat das Urteil mit der vom LSG zugelassenen Revision angefochten. Er ist der Ansicht, die Voraussetzungen des § 551 Abs. 2 RVO seien erfüllt, denn aus dem eingeholten Gutachten gehe hervor, daß neue medizinisch-wissenschaftliche Erkenntnisse über die Entstehung von Kehlkopfkrebs vorhanden seien. Dem stehe nicht entgegen, daß der Kehlkopfkrebs auch im Jahre 1976 wegen der geringen Zahl der betroffenen Personen nicht in die Liste der Berufskrankheiten aufgenommen worden sei. Der Kläger rügt als Verfahrensmangel, das LSG habe ihm die im Urteil verwertete Auskunft des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung (BMA) vom 7. August 1978 nicht zur Kenntnis gegeben, so daß er dazu nicht habe Stellung nehmen können. Darüber hinaus beruhe die Beweiswürdigung des LSG auf einem Verstoß gegen die Denkgesetze.
Der Kläger beantragt,das Urteil des Landessozialgerichts für das Saarland vom 2. Oktober 1979 aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts für das Saarland vom 24. September 1974 zurückzuweisen.
Die Beklagte beantragt,die Revision zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil im Ergebnis und in der Begründung für richtig und ist der Ansicht, die Revision des Klägers sei unbegründet.
Die Beteiligten haben sich übereinstimmend mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Entscheidungsgründe
II.
Der Sohn des Versicherten ist nach § 56 Abs. 1 Nr. 2 des Sozialgesetzbuchs - Allgemeiner Teil - Sonderrechtsnachfolger und daher berechtigt, den Anspruch mit der Revision geltend zu machen.
Die zulässige Revision des Klägers führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Berufungsgericht. Die festgestellten Tatsachen reichen zur abschließenden Entscheidung nicht aus.
Das LSG ist mit Recht davon ausgegangen, daß die Berufung nicht nach § 145 Nr. 1 SGG ausgeschlossen ist, denn der Entschädigungsantrag ist nicht wegen Versäumung der Ausschlußfrist des § 1546 RVO, sondern aus sachlichen Gründen abgelehnt worden.
Zutreffend hat das LSG auch angenommen, die Klage sei ohne Durchführung eines Vorverfahrens zulässig. Das Vorverfahren ist allerdings nicht schon deshalb entbehrlich, weil die Beklagte zu erkennen gegeben hat, daß sie einen Widerspruchsbescheid nicht erteilen werde. Insoweit wäre nicht die Leistungsklage nach § 54 Abs. 4 SGG, sondern die Untätigkeitsklage nach § 88 Abs. 2 SGG der geeignete Rechtsbehelf. Die Klage ist im vorliegenden Fall jedoch nach § 78 Abs. 2 Satz 1 SGG ohne Vorverfahren zulässig, weil die Aufhebung eines Verwaltungsakts begehrt wird, der eine Leistung betrifft, auf die ein Rechtsanspruch besteht. Die Beklagte hat in ihrem angefochtenen Bescheid vom 23. Dezember 1978 eine Entschädigung der Kehlkopferkrankung nicht nur nach § 551 Abs. 2 RVO, sondern ausdrücklich auch nach § 551 Abs. 1 RVO i.V.m. der 6. und 7. BKVO abgelehnt. Auf diese Leistungen besteht aber jedenfalls dann ein Rechtsanspruch, wenn die Voraussetzungen des § 551 Abs. 1 RVO i.V.m. der jeweils geltenden BKVO vorliegen. Es mag dahingestellt bleiben, ob § 551 Abs. 2 RVO dem Unfallversicherungsträger dadurch ein gewisses Ermessen einräumt, daß die Krankheit, wie eine Berufskrankheit entschädigt werden "soll" und nicht zu entschädigen ist. Selbst wenn das der Fall sein sollte, handelt es sich bei der nach § 551 Abs. 2 RVO abgelehnten Leistung um dieselbe wie die nach § 551 Abs. 1 RVO, auf die ein Rechtsanspruch besteht. Die Ablehnung ein und derselben Leistung unter verschiedenen rechtlichen Gesichtspunkten und Anspruchsgrundlagen kann nicht unterschiedlich anfechtbar sein. Ist die Klage nach § 78 Abs. 2 Satz 1 SGG auch ohne Vorverfahren zulässig, soweit die Leistung wegen des Nichtvorliegens einer Berufskrankheit abgelehnt worden ist, so kann dem Gericht in diesem Verfahren nicht die Prüfung verwehrt sein, ob die Ablehnung nicht deshalb unrechtmäßig ist, weil die Voraussetzungen des § 551 Abs. 2 RVO vorliegen. Es handelt sich um ein und denselben Streitgegenstand, für den die Zulässigkeit der Klage nur einheitlich beurteilt werden kam. Ist die Klage aber auch ohne Vorverfahren für die Leistung nach § 551 Abs. 1 RVO zulässig, so kann sie nicht dadurch unzulässig werden, daß § 551 Abs. 2 RVO als Anspruchsgrundlage ebenfalls in Betracht kommt.
Ob die Geltendmachung der Leistung nach § 1546 Abs. 1 RVO a.F. ausgeschlossen ist, kam deshalb dahingestellt bleiben, weil die Beklagte sich nicht auf die verspätete Anmeldung des Anspruchs berufen hat. Der Ablauf der Frist des § 1546 RVO ist von den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit nicht von Amts wegen zu berücksichtigen (vgl. BSGE 10, 88, 91; RVO Gesamtkommentar, Anm. 4 zu § 1546; Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung, 9. Aufl. Stand: 1981, Band 1/2 S. 232 S. m.w.N.).
Eine Entschädigung der Kehlkopferkrankung nach § 551 Abs. 1 RVO i.V.m. der BKVO scheidet deshalb aus, weil in der Anlage 1 zur BKVO weder der Kehlkopfkrebs als Berufskrankheit bezeichnet ist noch eine chemische oder mechanische Einwirkung der dort näher bezeichneten Stoffe in Betracht kommt. Darüber sind sich die Beteiligten auch einig.
Eine Entschädigung der Kehlkopferkrankung ist daher nur dann möglich, wem die Voraussetzungen des § 551 Abs. 2 RVO vorliegen. Wie das LSG mit Recht angenommen hat, ist diese durch das Unfallversicherungs-Neuregelungsgesetz (UVNG) eingefügte Vorschrift auf den vorliegenden Fall anwendbar, obwohl sie zu einem Zeitpunkt in Kraft getreten ist, als die Krankheit, des Versicherten bereits festgestellt war (vgl. Art 4 § 2 Abs. 1 UVNG; BSG SozR Nr. 16 zu § 581 RVO). Ob die Tatbestandsmerkmale des § 551 Abs. 2 RVO allerdings vorliegen, läßt sich nach den Tatsachenfeststellungen des LSG nicht abschließend beurteilen. Die genannte Vorschrift will nicht erreichen, daß jede Krankheit, deren ursächlicher Zusammenhang mit der Berufstätigkeit im Einzelfall nachgewiesen, oder hinreichend wahrscheinlich ist, wie eine Berufskrankheit entschädigt werden soll. Wäre dies das Ziel des § 551 Abs. 2 RVO, so wären § 551 Abs. 1 RVO und die BKVO überflüssig. Auch nach § 551, Abs. 1 RVO und der BKVO ist der Nachweis oder die hinreichende Wahrscheinlichkeit des ursächlichen Zusammenhangs. im Einzelfall neben den übrigen Voraussetzungen erforderlich. Sinn des § 551 Abs. 2 RVO kann es deshalb nur sein, solche durch die Arbeit verursachten Krankheiten wie eine Berufskrankheit zu entschädigen, die nur deshalb nicht in die Liste der Berufskrankheiten aufgenommen worden sind, weil die Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft über die besondere Gefährdung bestimmter Personengruppen in ihrer Arbeit bei der letzten Fassung der Anlage 1 zur BKVO noch nicht vorhanden waren oder trotz Nachprüfung noch nicht ausreichten (vgl. hierzu BSG SozR 2200 § 551 Nr. 9 und SozR 5670 Anlage 1 Nr. 4302 Nr. 1).
Nach § 551 Abs. 2 RVO müssen die "übrigen Voraussetzungen des Abs. 1" vorliegen. Dazu gehört, daß der Versicherte die Krankheit durch eine der in den §§ 539, 540 und 543 bis 545 RVO genannten Tätigkeiten erlitten hat. Es muß aber auch i.S. des § 551 Abs. 1 Satz 2 RVO feststehen, daß bestimmte Personengruppen durch ihre Arbeit in erheblich höherem Maße als die übrige Bevölkerung solchen Einwirkungen ausgesetzt sind, die nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft geeignet sind, Krankheiten solcher Art zu verursachen. Voraussetzungen sind also:
1. |
Es muß eine bestimmte Personengruppe bei ihrer Arbeit in erheblich höherem Maße als die übrige Bevölkerung bestimmten Einwirkungen ausgesetzt sein; |
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2. |
dies, Einwirkungen müssen nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft geeignet sein Krankheiten solcher Art zu verursachen; |
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3. |
diese medizinischen Erkenntnisse müssen bei der letzten Ergänzung der Anlage 1 zur BKVO noch nicht in ausreichendem Maße vorgelegen haben oder ungeprüft geblieben sein; |
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4. |
der ursächliche Zusammenhang der Krankheit mit der gefährdenden Arbeit muß im konkreten Fall hinreichend wahrscheinlich sein. |
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Nach den Feststellungen des LSG ist zwar die Verursachung, von Krebs der oberen Luftwege durch bestimmte Stoffe für bestimmte Berufe geprüft worden. nicht aber für den, Beruf des Versicherten und auch nicht für die hier als gefährdend in Betracht kommenden Stoffe. Aus der Ablehnung der Aufnahme des Kehlkopfkrebses in die Anlage 1 zur BKVO kann daher nicht hergeleitet werden, daß die BKVO wegen der noch nicht ausreichenden medizinisch-wissenschaftlichen Erkenntnisse die Aufnahme des Kehlkopfkrebses für Fälle der vorliegenden Art bewußt ausgeschlossen hat. Mit Rücksicht auf die statistisch nicht relevante Zahl der in Betracht kommenden Personen ist vielmehr die Gefährdung dieser Berufe durch Stoffe der hier in Betracht kommenden Art gar nicht geprüft worden. Es können durchaus Erkenntnisse vorliegen, die bei der Ergänzung der Anlage 1 zur BKVO nicht hinreichend gesichert oder dem Verordnungsgeber nicht bekannt waren und daher "neu" sind. Zwar darf § 551 Abs. 2 RVO nicht dazu führen, daß über die Beweiswürdigung im Einzelfall Krankheiten entschädigt werden, die bei Erlaß oder Ergänzung der BKVO bewußt nicht aufgenommen wurden, weil die allgemeinen Erkenntnisse über die Gefährdung nicht ausreichten. Hat der Verordnungsgeber sich aber mit der besonderen Gefährdung einer bestimmten Berufsgruppe durch bestimmte Stoffe gar nicht beschäftigt, so hat er die Aufnahme der entsprechenden Krankheit in die Anlage 1 zur BKVO auch nicht bewußt abgelehnt. Auch für diese Fälle soll § 551 Abs. 2 RVO die Möglichkeit einer Entschädigung eröffnen, wenn inzwischen allgemeine Erkenntnisse über die Gefährdung vorliegen und die Kausalität im Einzelfall hinreichend wahrscheinlich ist. Nun hat zwar der Verordnungsgeber die Anlage 1zur BKVO mehrfach ergänzt ohne den Kehlkopfkrebs oder die Einwirkung durch die hier als gefährdend in Betracht kommenden Stoffe aufzunehmen. Daraus kann aber nicht geschlossen werden, daß er das Vorliegen neuer Erkenntnisse, die eine Aufnahme in die Anlage 1 zur BKVO rechtfertigen würden, verneint hat. Ein solcher Schluß wäre nur dann gerechtfertigt, wenn der Verordnungsgeber sich trotz, konkreter Prüfung der Gefährdung einer bestimmten Personengruppe durch bestimmte Stoffe nicht zur Aufnahme in die Anlage 1 zur BKVO entschlossen hat, weil ihm die vorliegenden Erkenntnisse noch nicht hinreichend gesichert erscheinen (vgl. hierzu BSG SozR 2200 § 551 Nr. 9). Hat er aber die Aufnahme in die Anlage 1 zur BWO nur deshalb unterlassen, weil er die Gefährdung einer bestimmten Personengruppe wegen ihrer geringen Zahl überhaupt nicht in seinem Blickfeld gehabt hat, so hat er damit auch nicht das Vorliegen neuer medizinisch-wissenschaftlicher Erkenntnisse verneint. Das gilt auch dann, wenn er die Aufnahme derselben Erkrankung in die Anlage 1 zur BKVO nur eine andere Personengruppe bewußt unterlassen hat, weil die besondere Gefährdung durch Stoffe anderer Art nicht hinreichend gesichert erscheint. Liegen in solchen Fällen medizinisch-wissenschaftliche Erkenntnisse über die besondere Gefährdung einer bestimmten - wem auch kleinen - Personengruppe bei ihrer versicherten Tätigkeit vor, die dem Verordnungsgeber nicht bekannt waren, so muß es sich dabei um "neue" Erkenntnisse i.S. des. § 551 Abs. 2 RVO handeln, auch wenn diese Erkenntnisse bei der letzten Ergänzung der Anlage 1 zur BKVO bereits gesichert waren, dem Verordnungsgeber aber verborgen geblieben sind. Allerdings genügt es nicht, wenn der ursächliche Zusammenhang zwischen der Einwirkung der gefährdenden Stoffe und der Erkrankung aufgrund der Beweiswürdigung im Einzelfall als hinreichend wahrscheinlich angesehen wird. Vielmehr muß die generelle Geeignetheit der Einwirkung der gefährdenden Stoffe auf die Entstehung oder Verschlimmerung der Krankheit in der medizinischen Wissenschaft allgemein anerkannt sein.
Der erkennende Senat befindet sich damit in Übereinstimmung mit der bisherigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG), die das Vorliegen neuer medizinisch-wissenschaftlichet Erkenntnisse dann verneint hat, wenn der Verordnungsgeber nach erkennbarer Prüfung der medizinisch-wissenschaftlichen Erkenntnisse über eine Krankheit ihre Aufnahme in die BKVO abgelehnt hat, weil die Erkenntnisse nicht ausreichen (vgl. BSG SozR 2200 § 551 Nr. 9 und a.a.O. 5670 Anlage 1 Nr. 4302 Nr. 1 m.w.N.). Zwar wird im allgemeinen der Schluß gerechtfertigt sein, daß die Nichtberücksichtigung einer Krankheit bei der nächsten Ergänzung der Anlage 1 zur BKV0 eine Entschädigung nach § 551 Abs. 2 RVO ausschließt, weil die inzwischen bekannt gewordenen Erkenntnisse dem Verordnungsgeber nicht ausreichten. Das gilt jedoch dann nicht, wenn die bereits vorhandenen Erkenntnisse vom Verordnungsgeber nicht überprüft wurden, weil sie ihm nicht, bekannt waren. "Neu" sind Erkenntnisse i.S. des § 551 Abs. 2 RVO nicht nur dann, wem sie nach der letzten Ergänzung der Anlage zu 1 zur BKVO entstanden sind oder sich zur Allgemeingültigkeit verdichtet haben. Auch objektiv alte Erkenntnisse können deshalb neu sein, weil der Verordnungsgeber sie nicht kannte und daher nicht berücksichtigen konnte.
Aus den Tatsachenfeststellungen des LSG geht nicht hervor, ob die Berufsgruppe, zu der der Versicherte gehörte, in höherem Maße als die übrige Bevölkerung den Einwirkungen der hier als gefährdend in Betracht kommenden Stoffe ausgesetzt war und ob nach den allgemeinen Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft diese Stoffe geeignet sind, den Kehlkopfkrebs zur Entstehung zu bringen oder zu verschlimmern. Das LSG wird in diesem Zusammenhang zu prüfen haben, ob und seit wann diese Erkenntnisse als wissenschaftlich gefestigt anzusehen sind und vom Verordnungsgeber positiv oder negativ berücksichtigt wurden. In diesem Zusammenhang sei auf das Urteil des BSG vom 5. Februar 1980 (2 RU 63/78) hingewiesen, in dem die Voraussetzungen des § 551 Abs. 2 RVO bei Kehlkopfkrebs eines Straßenbauarbeiters bei entsprechenden Tatsachenfeststellungen bejaht worden sind. Darüber hinaus hat das LSG auch nicht festgestellt, ob im konkreten Fall der ursächliche Zusammenhang zwischen der berufsbedingten Einwirkung und dem Kehlkopfkrebs hinreichend wahrscheinlich ist.
Der Senat hat auf die danach begründete Revision des Klägers das angefochtene Urteil aufgehoben und den Rechtsstreit zur Nachholung der erforderlichen Tatsachenfeststellungen an das LSG zurückverwiesen. Es kam daher nicht darauf an, ob die Verfahrensrügen des Klägers gegen die Tatsachenfeststellungen des LSG begründet sind.
Das Berufungsgericht wird bei der erneuten Entscheidung auch über die außergerichtlichen Kosten für das Revisionsverfahren zu entscheiden haben.
Fundstellen