Entscheidungsstichwort (Thema)
Umwertung von Bestandsrenten des Beitrittsgebietes. Verfassungsmäßigkeit. besonderer Steigerungssatz bei Beschäftigung im Gesundheitswesen der DDR
Orientierungssatz
1. Das BSG ist gemäß § 162 SGG nur befugt, ein angefochtenes Urteil daraufhin zu überprüfen, ob es auf einer Verletzung von Vorschriften des Bundesrechts beruht. Eine Anwendbarkeit des in der DDR erlassenen Rechts kommt nur und ausschließlich insoweit in Betracht, als ein bundesrechtlich wirksamer Anwendungsbefehl des nach dem GG zuständigen Staatsorgans vorliegt.
2. Einen Steigerungsbetrag (oder Festbetrag) kennt § 307a SGB 6 nicht, erst recht keinen "Steigerungssatz" von 1,5 vH je Dienstjahr im Gesundheitswesen, der insoweit je Arbeitsjahr (§ 307a Abs 3 SGB 6) anzusetzen wäre. Damit sieht § 307a Abs 3 SGB 6 bei der Bewertung gleichgestellter Vorleistungen keine Honorierung fiktiver, dh tatsächlich nie erzielter Verdienste vor.
3. Eine sich aus der Umwertung nach § 307a SGB 6 ergebende sachlich ungerechtfertigte Ungleichbehandlung gegenüber anderen vergleichbaren Personengruppen liegt nicht vor.
Normenkette
SGB VI § 307a Abs. 3; EinigVtr Art. 9 Abs. 2; GG Art. 3 Abs. 1, Art. 14 Abs. 1; SGG § 162
Verfahrensgang
SG Chemnitz (Urteil vom 05.12.2001; Aktenzeichen S 16 RA 426/00) |
Tatbestand
Die Klägerin begehrt die Festsetzung eines höheren Wertes ihres Rechts auf Altersrente aus dem SGB VI für Bezugszeiten ab 1. Januar 1992 durch zusätzliche Anrechnung eines Steigerungsbetrages von 1,5 vH je Kalenderjahr der Beschäftigung im Gesundheitswesen der DDR, weil nach § 47 der Verordnung über die Gewährung und Berechnung von Renten der Sozialpflichtversicherung der DDR vom 23. November 1979 (≪RentV-DDR≫ GBl I Nr 38 S 401) bei der Berechnung der Altersrente aus der Sozialpflichtversicherung des Beitrittsgebiets für jedes Jahr der Beschäftigung im Gesundheitswesen ein Steigerungsbetrag mit dem Faktor 1,5 vH statt 1,0 vH an das versicherungspflichtige monatliche Durchschnittseinkommen aus den letzten 20 Jahren anzulegen sei.
Die im Jahre 1929 geborene Klägerin bezog seit dem 1. Februar 1989 eine Altersrente nach den Bestimmungen der RentV-DDR. Dabei war gemäß § 47 iVm § 5 Abs 1 Buchst a und Abs 2 Buchst b RentV-DDR ein besonderer Steigerungsbetrag mit dem Faktor 1,5 vH berücksichtigt, weil die Klägerin 36 Jahre Mitarbeiterin im Gesundheitswesen der früheren DDR gewesen war; ferner erhielt die Klägerin eine Altersrente aus der Freiwilligen Zusatzrentenversicherung (FZR). Im Dezember 1991 belief sich der Gesamtbetrag aus Altersrente (1.090,00 DM) und Zusatzaltersrente (117,00 DM) auf 1.207,00 DM (unter Einbeziehung der Erhöhungen und Rentenanpassungen nach Beitrittsgebietsrecht zum 1. Juli 1990, 1. Januar 1991 und 1. Juli 1991).
Im Umwertungsbescheid vom 28. November 1991 stellte die Beklagte für die Klägerin ab 1. Januar 1992 statt der beiden beitrittsgebietlichen Rechte das Recht auf eine SGB VI-Regelaltersrente (SGB VI-RAR) fest. Diese hatte am 1. Januar 1992 einen Geldwert von 959,23 DM. Im Hinblick darauf, dass der Gesamtbetrag aus Sozialpflichtversicherungs- und Freiwilliger Zusatzrente im Dezember 1991 von 1.207,00 DM, der zusätzlich um 6,84 vH hiervon zu erhöhen war, höher war als der Wert des Rechts auf SGB VI-RAR, stand ihr ab 1. Januar 1992 ferner auch noch ein Recht auf einen Auffüllbetrag von anfänglich 330,33 DM zu.
Mit Schreiben vom 28. Februar 2000 begehrte die Klägerin eine Überprüfung des Bescheides vom 28. November 1991 nach § 44 SGB X. Sie vertrat die Auffassung, der Steigerungsbetrag mit dem Faktor 1,5 vH für Mitarbeiter des Gesundheitswesens sei zu Unrecht bei der Festsetzung des Wertes ihres Rechts auf Rente nicht berücksichtigt worden. Mit Bescheid vom 6. März 2000 und bestätigendem Widerspruchsbescheid vom 3. August 2000 lehnte die Beklagte eine Änderung des Rentenhöchstwertes in dem og Bescheid ab, weil es keine rechtliche Grundlage für eine Neufeststellung unter Einbeziehung nicht versicherter Entgelte gebe.
Durch Urteil vom 5. Dezember 2001 hat das SG die Klage abgewiesen. Es hat die Ansicht vertreten, die Rente der Klägerin sei gemäß § 307a SGB VI unter Berücksichtigung von 45 Arbeitsjahren zutreffend berechnet. Die Regelung der DDR, für jedes Jahr der Beschäftigung im Gesundheits- und Sozialwesen einen "Steigerungssatz" von 1,5 vH zu berücksichtigen, sei nicht in das SGB VI übernommen worden. Sie sei mit den Grundsätzen des lohn- und beitragsbezogenen bundesdeutschen Rentenrechts nicht vereinbar. Lediglich über den Auffüllbetrag sei diese Vergünstigung für eine Übergangszeit aus Vertrauensschutzgründen weitergewährt worden.
Die Klägerin rügt mit der vom SG zugelassenen und mit Zustimmung der Beklagten eingelegten (Sprung-)Revision sinngemäß, dass § 307a SGB VI gegen Art 3 Abs 1 und Art 14 Abs 1 GG verstoße. Sie trägt hierzu vor: Nach der Rechtsprechung des BVerfG stünden die in der DDR erworbenen Ansprüche und Anwartschaften unter Eigentumsschutz. Durch das Abschmelzen des Auffüllbetrages nach § 315a SGB VI bleibe ihre Rente hinter der allgemeinen Einkommensentwicklung in der Bundesrepublik Deutschland zurück. Im Übrigen sei eine mit einem Rentensteigerungssatz von 1,5 vH aufgebesserte Rente dem deutschen Rentenrecht nicht fremd. Der Rentenartfaktor bei der Altersrente in der Knappschaftsversicherung betrage 1,3333. Ferner werde sie gegenüber den Angehörigen der Deutschen Post und der Deutschen Reichsbahn ungerechtfertigt benachteiligt. Denn bei diesen Personengruppen würden auch Verdienste oberhalb der in der Sozialpflichtversicherung der DDR geltenden Beitragsbemessungsgrenze von 600,00 Mark berücksichtigt. Das SG habe demnach das Verfahren aussetzen und den Rechtsstreit dem BVerfG zur Entscheidung vorlegen müssen.
Sie beantragt schriftsätzlich sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Chemnitz vom 5. Dezember 2001 sowie den Bescheid der Beklagten vom 6. März 2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. August 2000 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, ihr eine höhere Rente unter Berücksichtigung des besonderen Steigerungssatzes von 1,5 vH nach Maßgabe des § 47 RentV-DDR vom 23. November 1979 für die Beschäftigungszeit im Gesundheitswesen zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie trägt vor: Es gebe keine Rechtsgrundlage für eine Berücksichtigung des Steigerungsbetrages bei der Rentenberechnung. Zum 1. Januar 1992 sei § 47 RentV-DDR nicht mehr geltendes Bundesrecht gewesen. Ab diesem Zeitpunkt fänden ausschließlich die Bestimmungen des SGB VI Anwendung, in denen ein derartiger "Steigerungssatz" nicht vorgesehen sei. Für Bestandsrentner werde den Gegebenheiten der früheren DDR durch Bewilligung eines Auffüllbetrages nach § 315a SGB VI Rechnung getragen, wenn der nach § 307a SGB VI ermittelte Monatsbetrag der Rente für Dezember 1991 niedriger sei als der für denselben Monat ausgezahlte, um 6,84 vH erhöhte Rentenbetrag.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (§ 124 Abs 2 SGG).
Entscheidungsgründe
Die Revision der Klägerin ist unbegründet. Das SG hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen.
1. Streitgegenstände sind die Begehren der Klägerin auf Aufhebung der Ablehnung ihres Anspruchs auf Rücknahme der Rentenhöchstwertfestsetzung im Bescheid vom 28. November 1991 und auf Verpflichtung der Beklagten zur Neufeststellung eines höheren Wertes des SGB VI-Rechts auf Altersrente unter Berücksichtigung eines beitrittsgebietsrechtlichen Steigerungsbetrages von 1,5 vH je Beschäftigungsjahr im Gesundheitswesen der DDR und auf die Verurteilung der Beklagten, entsprechend höhere Beträge zu zahlen. Die kombinierten Anfechtungs-, Verpflichtungs- und Leistungsklagen (§ 54 Abs 1 und 4 SGG) sind zulässig.
Nicht Streitgegenstand sind Höhe und Bestand des daneben bestehenden Rechts auf den Auffüllbetrag nach § 315a SGB VI. Insoweit handelt es sich um ein eigenständiges, von der SGB VI-Rente unabhängiges Recht auf eine Zusatzleistung, das in Konkretisierung des in Art 30 Abs 5 Einigungsvertrag (EV) vom 31. August 1990 (BGBl II S 889) niedergelegten Vertrauensschutzes eine rechtliche (und wirtschaftliche) Schlechterstellung der von der Überleitung des SGB VI auf das Beitrittsgebiet erfassten Rentner und Anwartschaftsberechtigten der Sozialpflichtversicherung und der FZR vermeidet (vgl hierzu BSG SozR 3-2600 § 315a Nr 1 S 5; SozR 3-2600 § 307a Nr 15 S 96; SozR 3-2600 § 319b Nr 1 S 5 f; vgl zu § 315a SGB VI: BVerfG in NZS 2003, 87, 89). Das Recht auf den Auffüllbetrag ist daher gegenüber dem Recht auf Rente ein besonderer Streitgegenstand und hätte infolgedessen gesondert geltend gemacht werden müssen. Ein derartiges, etwa auf Weiterzahlung des nicht abgeschmolzenen Auffüllbetrages gerichtetes Begehren verfolgt die Klägerin jedoch nicht; es war weder Gegenstand des Verfahrens vor dem SG noch Gegenstand des Verwaltungsverfahrens. Einen entsprechenden Sachantrag hat die Klägerin nicht gestellt.
2. Für das Begehren der Klägerin auf rentenwerterhöhende Berücksichtigung eines Steigerungsbetrages von 1,5 vH für jedes Jahr ihrer Tätigkeit als Mitarbeiterin im Gesundheitswesen auf der Grundlage des in der DDR in den letzten 20 Jahren vor Beendigung der letzten versicherungspflichtigen Tätigkeit erzielten beitragspflichtigen Durchschnittsverdienstes (vgl § 47 iVm § 5 Abs 1 Buchst a RentV-DDR) fehlt es an einer Rechtsgrundlage im Bundesrecht. Einen derartigen Steigerungsbetrag gibt es im Recht des SGB VI ab 1. Januar 1992 schlechthin nicht (vgl BSGE 84, 156, 163 = SozR 3-2600 § 307b Nr 7; Urteil des erkennenden Senats vom 10. November 1998 - B 4 RA 25/98 R). Nach § 64 SGB VI errechnet sich der Wert der monatlichen SGB VI-Rente aus dem Produkt von Zugangs- und Rentenartfaktor, der Summe der Entgeltpunkte sowie aus dem aktuellen Rentenwert. Im Gegensatz hierzu war der Wert einer Sozialpflichtversicherungsrente aus der Summe von Festbetrag und Steigerungsbetrag zu ermitteln; eine derartige Bewertungsweise ist dem Bundesrecht jedoch seit 1957 fremd. Auch das DDR-Recht kannte im Übrigen keinen "Steigerungssatz" von 1,5 vH.
a) Auf § 47 iVm § 5 Abs 1 Buchst a RentV-DDR kann die Klägerin ihr Begehren nicht stützen. Das BSG ist gemäß § 162 SGG nur befugt, ein angefochtenes Urteil daraufhin zu überprüfen, ob es auf einer Verletzung von Vorschriften des Bundesrechts beruht. Eine Anwendbarkeit des in der DDR erlassenen Rechts kommt nur und ausschließlich insoweit in Betracht, als ein bundesrechtlich wirksamer Anwendungsbefehl des nach dem GG zuständigen Staatsorgans vorliegt. Gemäß Art 9 Abs 2 EV iVm EV Anlage II Kapitel VIII Sachgebiet F Abschnitt III Nr 6 waren § 47 iVm § 5 Abs 1 Buchst a und Abs 2 Buchst b RentV-DDR als sekundäres und nur im Beitrittsgebiet anwendbares (partielles) Bundesrecht jedoch nur bis zum 31. Dezember 1991 in Kraft. Ab 1. Januar 1992 sind durch die Überleitung des SGB VI auf das Beitrittsgebiet (Art 8, 30 Abs 5 EV iVm Art 1 Renten-Überleitungsgesetz ≪RÜG≫) an die Stelle des Rentenrechts des Beitrittsgebiets die Vorschriften des SGB VI und der entsprechenden Nebengesetze getreten und die nach Beitrittsgebietsrecht erworbenen Ansprüche und Anwartschaften ua aus der Sozialpflichtversicherung und der FZR durch die entsprechenden Ansprüche und Anwartschaften nach dem SGB VI ersetzt worden (gesetzliche Novation).
b) Auf Art 2 § 35 RÜG, der am 1. Januar 1992 in Kraft getreten ist, das bisherige Beitrittsgebietsrecht nur für sog rentennahe Jahrgänge bundesrechtlich kodifiziert und nur in diesem Zusammenhang auch das Berechnungselement des besonderen Steigerungsbetrages von § 47 RentV-DDR übernommen hat, kann sich die Klägerin ebenfalls nicht berufen. Art 2 § 35 RÜG bezieht sich nur auf sog Zugangsrentner (vgl Art 2 § 1 RÜG), auf solche Berechtigte, deren Rente in der Zeit vom 1. Januar 1992 (bis 31. Dezember 1996) beginnt. Die Klägerin als sog Bestandsrentnerin wird somit bereits nicht vom Anwendungsbereich des Art 2 RÜG erfasst. Aus Art 2 §§ 27 ff RÜG ergibt sich im Übrigen allein ein parallel zum SGB VI bestehendes Recht auf eine Rentenwertfestsetzung nach dem inhaltlich fortgeschriebenen Rentenrecht der DDR, nicht aber ein Recht auf eine neue Wertfestsetzung nach einer von der Klägerin im Ergebnis angestrebten neuen Rentenformel, die die Rentenformel nach § 64 SGB VI mit einem unvereinbaren Element, nämlich einer rentenrechtlichen Wertbestimmung nach DDR-Recht, verbinden würde.
c) Mithin ist die für Bestandsrentner des Beitrittsgebietes maßgebliche "Umwertungsvorschrift" § 307a SGB VI. Danach ergibt sich die individuelle durch Bundesgesetz gleichgestellte Vorleistung für den Rangwert (= Summe aller im Verlaufe des Versicherungslebens erworbener Entgeltpunkte) aus dem in den letzten 20 Jahren vor Rentenbeginn erzielten und im Beitrittsgebiet versichert gewesenen Durchschnittseinkommen in der Sozialversicherung und der FZR. § 307a SGB VI ist, wovon auch beide Beteiligte übereinstimmend ausgehen, zutreffend angewandt, der Wert der der Klägerin ab 1. Januar 1992 zuerkannten Regelaltersrente (RAR) danach korrekt ermittelt, sachlich zutreffend und rechnerisch richtig festgestellt worden. Einen Steigerungsbetrag (oder Festbetrag) kennt die Vorschrift nicht, erst recht keinen "Steigerungssatz" von 1,5 vH je Dienstjahr im Gesundheitswesen, der insoweit je Arbeitsjahr (§ 307a Abs 3 SGB VI) anzusetzen wäre. Damit sieht § 307a Abs 3 SGB VI bei der Bewertung gleichgestellter Vorleistungen keine Honorierung fiktiver, dh tatsächlich nie erzielter Verdienste vor. Die pauschale Ermittlung der Entgeltpunkte nach § 307a SGB VI ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden (so offensichtlich auch BVerfG, Urteil vom 28. April 1999, BVerfGE 100, 104, 127 ff = SozR 3-2600 § 307b Nr 6; anderenfalls wäre das Gebot einer Vergleichsberechnung nach § 307a SGB VI in den Fällen des § 307b SGB VI nicht verständlich; vgl ferner zur Verfassungsmäßigkeit des § 307a SGB VI auch Urteil des Senats vom 24. März 1998, BSGE 82, 64, 70 ff = SozR 3-2600 § 307a Nr 11).
d) Eine sich aus der Umwertung nach § 307a SGB VI ergebende sachlich ungerechtfertigte Ungleichbehandlung gegenüber anderen vergleichbaren Personengruppen liegt nicht vor. Es ist nicht erkennbar, dass die Klägerin im Vergleich zu anderen Bestandsrentnern des Beitrittsgebiets mit einer Sozialpflichtversicherungs- und Freiwilligen Zusatzrente benachteiligt ist. Bei der Umwertung des Gesamtanspruchs aus Sozialpflichtversicherungs- und Freiwilliger Zusatzrente wurden alle gleich behandelt. Art 3 Abs 1 GG ist nur dann verletzt, wenn bei Regelungen, die Personengruppen betreffen, eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen können (vgl BVerfGE 102, 41, 54). Zu berücksichtigen ist in diesem Zusammenhang auch, dass dem Gesetzgeber bei der Neuordnung sozialrechtlicher Rechtsverhältnisse im Zusammenhang mit der Wiedervereinigung ein besonders großer Gestaltungsspielraum zuzubilligen ist (vgl BVerfGE 100, 59, 94 f).
aa) Bei der Ermittlung der Entgeltpunkte (Ost) gemäß § 307a SGB VI ist bei keiner Personengruppe ein Steigerungssatz von 1,5 vH in Ansatz gebracht worden. Ausgehend von den im SGB VI getroffenen Wertungen musste bei der Überleitung bezüglich der Bewertung der - gleichzustellenden - Vorleistung die Notwendigkeit im Vordergrund stehen, systemfremde Grund-, Fürsorge- und Mindestsicherungselemente des DDR-Rechts zu eliminieren. Nur so konnte rückschließend ein für die Bestimmung des Rangstellenwertes maßgeblicher "durch Beiträge versicherter" Arbeitsverdienst ohne Gleichheitsverstoß festgelegt werden. Denn das SGB VI verspricht den Versicherten im Grundsatz ein im Wesentlichen durch Beiträge anderer Versicherter finanziertes, staatlich garantiertes, durch eigene frühere Beiträge zu diesem Rentenversicherungssystem (oder durch gesetzlich gleichgestellte Leistungen hierfür) erworbenes subjektives Recht darauf, nach Eintritt des Versicherungsfalls eine dynamisierbare Rente nach dem für den jeweiligen Versicherungsfall geltenden Recht zu erhalten (vgl hierzu BSGE 83, 104, 108 = SozR 3-2600 § 256a Nr 3). Eine diesem Prinzip widersprechende (Ergebnis-)Konservierung von Berechnungselementen des DDR-Rechts - hier des besonderen Steigerungsbetrages von 1,5 vH mit Anrechnung eines entsprechend um die Hälfte höheren fiktiven Arbeitsverdienstes beim Rangstellenwert - war demnach nicht erlaubt (vgl hierzu BSG SozR 3-2600 § 256a Nr 5 S 45).
bb) Soweit die Klägerin meint, sie sei benachteiligt gegenüber denjenigen Bestandsrentnern, die in der DDR als Reichsbahn- bzw Postbedienstete Anspruch auf eine sog "Alte Versorgung" hatten (vgl § 307a Abs 2 SGB VI) und bei denen Einkommen auch oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze (DDR) zu Grunde gelegt wird, verkennt sie, dass das als "rentenwirksam versichert" geltende Arbeitsentgelt von diesen Bediensteten tatsächlich erzielt war, auch soweit es über der Beitragsbemessungsgrenze lag. Eine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung liegt mithin bereits im Hinblick auf die insoweit fehlende Vergleichbarkeit der Grundlagen der Altersversorgung der Bediensteten im Gesundheitswesen der DDR einerseits und der Bediensteten der Deutschen Reichsbahn und der Deutschen Post der DDR andererseits nicht vor. Die Klägerin verkennt in diesem Zusammenhang, dass für die Berechtigten der "Alten Versorgung" der Deutschen Reichsbahn und der Deutschen Post der DDR durch die Einfügung des Satzes 2 und 3 in § 256a Abs 2 SGB VI sowie Satz 2 und 3 in § 307a Abs 2 SGB VI auch ohne Mitgliedschaft in der FZR (vgl zur grundsätzlichen Regelung § 256a Abs 2 Satz 1 SGB VI) Beiträge (nach oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze der DDR liegenden Verdiensten) als gezahlt gelten; Voraussetzung ist jedoch, dass diese Verdienste "nachgewiesen", also - worauf bereits hingewiesen - real erzielt worden sind (vgl BSG SozR 3-2600 § 256a Nr 2, BSGE 83, 104 = SozR 3-2600 § 256a Nr 3). Mit der von der Klägerin gewünschten Einführung eines besonderen Steigerungssatzes von 1,5 vH wird jedoch gerade die Berücksichtigung von fiktiven, dh von ihr nie erzielten Verdiensten und damit eine Besserstellung im Vergleich zu den Bediensteten der Deutschen Reichsbahn und der Deutschen Post der DDR begehrt.
Die Rechtsstellung der Klägerin als Mitarbeiterin im Gesundheitswesen unterscheidet sich ferner von derjenigen der Bediensteten mit einem Anspruch auf eine sog Alte Versorgung in der Deutschen Reichsbahn und in der Deutschen Post der DDR auch dadurch, dass § 47 RentV-DDR für die dort genannten Mitarbeiter des Gesundheits- und Sozialwesens der DDR nur eine Modifikation des Steigerungsbetrages bei der Berechnung der Höhe der Altersrente aus der Sozialpflichtversicherung durch Anhebung des nach § 5 Abs 1 Buchst a RentV-DDR maßgeblichen Durchschnittsverdienstes um eine fiktive Hälfte vorsah. Demgegenüber waren für die "Alten Versorgungen" nach besonderen Vorschriften gesonderte Rechte und Ansprüche ausgestaltet, welche die Rechtsinhaber - falls es für sie günstiger war - statt ihrer Rechte auf Sozialpflichtversicherungs- und (ggf) FZR-Rente geltend machen konnten; erst ab etwa 1974 wurden die neuen Berechtigungen auf besondere Post- oder Eisenbahnversorgung nach Maßgabe tatsächlich erzielten Entgelts in die FZR integriert und dabei das beitragsfrei versicherte Entgelt auf 900,00 Mark begrenzt. Diesen Besonderheiten hat der EV in Art 9 Abs 2 iVm Anlage II Kapitel VIII Sachgebiet H Abschnitt III Nr 2 und 3 spezialgesetzlich und mit besonderen Maßgaben Rechnung getragen. Er hat sie nicht den Zusatz- und Sonderversorgungen (EV Anlage 2 Kapitel VIII H III Nr 9) zugeordnet, sondern sie ausdrücklich als besondere Teile des Sozialversicherungsrechts des Beitrittsgebiets erhalten, sodass sie zB nach Maßgabe des Rentenangleichungsgesetzes anzupassen waren (dazu schon BSGE 78, 41 = SozR 3-8120 Kap VIII H III Nr 9 Nr 5 und SozR 3-8120 Kap VIII H III Nr 9 Nr 11).
cc) Die Klägerin ist auch nicht verfassungswidrig gegenüber den in der knappschaftlichen Rentenversicherung Versicherten benachteiligt, unabhängig davon, dass sie bereits einer anderen Vergleichsgruppe (den Bestandsrentnern des Beitrittsgebiets) angehört. Denn die Anhebung des Rentenartfaktors in der Knappschaftsversicherung über 1,3333 (§ 82 SGB VI) sowie die besonderen Entgeltpunkteregelungen (§§ 82, 85 SGB VI) beruhen auf Sachgründen, nämlich auf höheren Beitrags-Vorleistungen (vgl Polster in: Kasseler Komm, § 82 SGB VI, RdNr 3).
e) Der parlamentarische Gesetzgeber hat die der Klägerin nach dem SGB VI eingeräumte Rechtsposition auch nicht in einer Art 14 Abs 1 GG berührenden Weise eingeschränkt. Der Schutz des Art 14 Abs 1 Satz 1 GG erstreckt sich allein auf die nach Maßgabe des EV ausgestalteten und als Rechtspositionen der gesamtdeutschen Rechtsordnung anerkannten Ansprüche und Anwartschaften aus der Sozialpflichtversicherung und der FZR (vgl hierzu BVerfGE 100, 1, 33 f; Beschlüsse des BVerfG vom 6. August 2002 - 1 BvR 586/98 - und vom 13. Dezember 2002 - 1 BvR 1144/00), nicht jedoch auf in der DDR erworbene subjektive Rechte gegen den Staat oder seine Untergliederungen; sofern sie durch den EV nicht anerkannt worden sind, sind sie mit dem Untergang der DDR erloschen. Art 30 Abs 5 EV ist allein der Grundsatz zu entnehmen, dass (auch) Bestandsrentnern bei der Überleitung des SGB VI auf das Beitrittsgebiet mindestens der "Rentenbetrag" garantiert ist, der ihnen am 30. Juni 1990 nach dem bis zu diesem Zeitpunkt geltenden Recht der DDR zustand. In dieses nach dem EV ausgestaltete subjektive vermögenswerte Recht ist nicht eingegriffen worden. Unter den Schutz des Art 14 Abs 1 GG fallen subjektive Rechte mit ihrem wirtschaftlichen Wert (vgl zur individualgrundrechtlichen Eigentumsgarantie: BVerfGE 30, 292, 335; 88, 366, 377), nicht jedoch einzelne Berechnungselemente des subjektiven Rechts, also auch nicht ein sich aus dem Rentenrecht der DDR ergebender Steigerungsbetrag für Angehörige ua des Gesundheitswesens. Der im EV versprochene "Besitzstand" ist durch die "Umwertung" nach § 307a SGB VI gewahrt. Die Klägerin hat - sogar - ab Januar 1992 mit der SGB VI-Rente - ohne den Auffüllbetrag - durchgehend wegen der mehrfachen Erhöhungen des auf DM umgewerteten Gesamtanspruchs (vgl Erste und Zweite Rentenanpassungsverordnung vom 14. Dezember 1990 und vom 19. Juni 1991) mehr erhalten als ihr die DDR bis zum 30. Juni 1990 je versprochen hatte (vgl hierzu BSG SozR 3-8120 Kap VIII H III Nr 9 Nr 5 S 58 f).
Die Revision ist mithin zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen