Beteiligte
1. AOK – Die Gesundheitskasse für Niedersachsen |
2. BKK Landesverband Niedersachsen |
3. IKK-Landesverband Niedersachsen |
4. Hannoversche landwirtschaftliche Krankenkasse |
5. Kassenärztliche Vereinigung Niedersachsen |
6. Landwirtschaftliche Krankenkasse Braunschweig |
7. Landwirtschaftliche Krankenkasse Oldenburg-Bremen |
Beschwerdeausschuß für Primärkassen bei der Kassenärztlichen Vereinigung Niedersachsen, Bezirksstelle Osnabrück |
Tenor
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen vom 4. Juni 1997 wird zurückgewiesen.
Der Kläger hat dem Beklagten die Kosten auch des Revisionsverfahrens zu erstatten. Im übrigen sind Kosten nicht zu erstatten.
Gründe
I
Der Kläger ist als Arzt für Orthopädie – Sportmedizin – in N niedergelassen und zur kassen- bzw vertragsärztlichen Versorgung zugelassen. Im Quartal IV/1991 verordnete er isotonische Kochsalzlösungen, orthopädische Überleitgeräte Typ B und Überleitungsschläuche als Sprechstundenbedarf und verwendete diese Mittel bzw Geräte bei arthroskopischen Untersuchungen und Eingriffen.
Auf Antrag der zuständigen Rezeptprüfstelle nahm die zu 5. beigeladene Kassenärztliche Vereinigung (KÄV) mit Bescheid vom 30. März 1993 den Kläger wegen der dadurch verursachten Kosten in Höhe von 2.281,48 DM in Regreß, weil die Kosten für die verordneten Mittel und Geräte mit dem Honorar nach dem Einheitlichen Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen (EBM-Ä) abgegolten seien. Den Widerspruch des Klägers wies der Prüfungsausschuß durch Bescheid vom 31. März 1994 zurück. Diese Entscheidung bestätigte der beklagte Beschwerdeausschuß durch Bescheid vom 6. Februar 1995.
Der Kläger hat im anschließenden Klageverfahren geltend gemacht, er habe die streitigen Verordnungen tätigen dürfen, weil die diesbezüglichen Kosten nicht mit den Gebühren-Nrn 2445 ff EBM-Ä abgegolten seien. Diese würden allein die speziellen, nur bei arthroskopischen Untersuchungen anfallenden Kosten erfassen. Bei der von ihm verordneten Spülflüssigkeit handele es sich jedoch um eine physiologische Kochsalzlösung, die sich auch zur Spülung anderer Körperhöhlen eigne. Zudem diene die Lösung einer therapeutischen Gelenklavage. Auch könnten arthroskopische Untersuchungen ganz ohne Kochsalzlösungen und zwar mit Gas durchgeführt werden. Schließlich habe er – der Kläger – im Jahre 1989 Zusagen der KÄV und der Krankenkassen gehabt, daß er die Kochsalzlösungen verordnen dürfe.
Klage und Berufung des Klägers sind ohne Erfolg geblieben (Urteile des Sozialgerichts ≪SG≫ Hannover vom 10. April 1996 und des Landessozialgerichts ≪LSG≫ Niedersachsen vom 4. Juni 1997). Zur Begründung hat das LSG im wesentlichen ausgeführt, die Erhebung der Regreßforderung sei rechtmäßig. Mit der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) sei davon auszugehen, daß den Krankenkassen für die Verordnung als Sprechstundenbedarf nicht Mittel in Rechnung gestellt werden dürften, die nach den Bestimmungen des EBM-Ä bereits in den Leistungsansätzen der vertragsärztlichen Gebührentarife enthalten seien. Für die hier fraglichen Kosten für Spüllösungen, Überleitgeräte und Überleitungsschläuche sei dies der Fall. Das ergebe sich aus Abschnitt A I Nr 4 der Allgemeinen Bestimmungen des EBM-Ä. Danach seien, soweit nichts anderes bestimmt sei, in den berechnungsfähigen Leistungen nicht enthalten Kosten für Arzneimittel, Verbandmittel, Materialien, Instrumente, Gegenstände und Stoffe, die nach der Anwendung verbraucht sind oder die der Kranke zur weiteren Verwendung behält. Spüllösungen, die bei arthroskopischen Operationen verwendet würden, seien zwar nach ihrer Anwendung verbraucht. Ebenso stellten Überleitgeräte und Überleitungsschläuche Instrumente dar, die mit der einmaligen Anwendung verbraucht sind seien. Hinsichtlich der Berechnungsfähigkeit ihrer Kosten sei aber etwas anderes bestimmt. Die Gebühren-Nrn. 2445 bis 2448 umfaßten die Vergütung für arthroskopische Untersuchungen bzw Operationen „einschließlich Kosten”. Damit seien alle nur denkbaren Kosten einschließlich der hier streitigen einbezogen. Soweit der Kläger vorbringe, er habe im Jahre 1989 eine Zusage der Primärkassen sowie der Beigeladenen zu 5. zur Verordnungsfähigkeit besessen, handele es sich um eine Rechtsauskunft, die unrichtig sei. Diese könne zwar unter bestimmten Voraussetzungen Amtshaftungsaussprüche auslösen, führe aber nicht zur Rechtswidrigkeit der angefochtenen Bescheide.
Mit der vom LSG zugelassenen Revision beanstandet der Kläger, das angefochtene Urteil berücksichtige nicht ausreichend die Systematik der Gebührenordnung und die Höhe der eingestellten Punktwerte. Die Gebühren-Nrn 2445 und 2447 enthielten in ihrer Legende jeweils die Worte „einschließlich Kosten”. Dies beziehe sich entsprechend der Legende auf den Absatz unter der Gebühren-Nr 2449, daß bei arthroskopischen Operationen die Videodokumentation des präoperativen Befundes und des postoperativen Ergebnisses obligater Bestandteil der Leistungen sei. Daraus sei zu folgern, daß die Kosten für die Dokumentation eingeschlossen seien. Demgegenüber bestimme die Vorschrift in A I Nr 4 der Allgemeinen Bestimmungen EBM-Ä, daß in den berechnungsfähigen Leistungen – soweit nichts anderes bestimmt sei – Kosten für Arzneimittel, Verbandmittel etc, Kosten für Einmal-Infusionsbestecke, Einmal-Infusionskatheder etc sowie Telefonkosten nicht enthalten seien. Aus der Gebührenordnungssystematik und der Höhe der Punktwerte ergebe sich keine hinreichende Erklärung für die von dem Beklagten (gemeint: LSG) eingenommene Rechtsauffassung. Seine – des Klägers – Auffassung werde durch ein Urteil des SG Düsseldorf zu der Verordnungsfähigkeit von Einmal-Abdeck-Sets, also Tüchern für ambulante Operationen, in der Knochen- und Gelenkchirurgie sowie durch die jetzige Formulierung des EBM-Ä zum Stand 1. Juli 1997 gestützt. Er verweise auf die neueste Fassung des Abschnitts A I Nr 4 des EBM-Ä. In die dort neuerdings zusätzlich aufgelisteten Mittel, Materialien, Instrumente und Stoffe seien auch ohne weiteres die isotonische Kochsalzlösung, orthopädische Überleitgeräte und Überleitungsschläuche einzureihen.
Der Kläger beantragt,
die Urteile des Landessozialgerichts Niedersachen vom 4. Juni 1997 und des Sozialgerichts Hannover vom 10. April 1996 sowie den Bescheid des Beklagten vom 6. Februar 1995 aufzuheben.
Der Beklagte und der Beigeladene zu 2. beantragen,
die Revision zurückzuweisen.
Der Beklagte, der Beigeladene zu 2. und die Beigeladene zu 1. schließen sich dem angefochtenen Urteil an.
II
Die Revision des Klägers ist nicht begründet. Das angefochtene Urteil verletzt kein Bundesrecht. Der gegenüber dem Kläger festgesetzte Regreß ist rechtmäßig.
Der Senat entscheidet gemäß § 12 Abs 3 Satz 1 iVm § 33 Satz 2, § 40 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) in der Besetzung mit einem ehrenamtlichen Richter aus den Kreisen der Vertragsärzte und einem ehrenamtlichen Richter aus dem Kreise der Krankenkassen, also in sog paritätischer (gemischter) Besetzung. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats beurteilt sich die Frage, ob eine Streitigkeit zwischen einem Vertragsarzt und einer Verwaltungsinstitution eine Angelegenheit des Kassenarztrechts iS des § 12 Abs 3 Satz 1 SGG oder eine Angelegenheit der Kassenärzte iS des Satzes 2 dieser Vorschrift darstellt, danach, ob nach den maßgebenden rechtlichen Vorschriften die Verwaltungsstelle, die über den geltend gemachten Anspruch des Vertragsarztes zu entscheiden hat, nur mit Kassenärzten oder mit Vertretern von Krankenkassen und Kassenärzten besetzt ist (BSGE 70, 246, 249 = SozR 3-500 § 106 Nr 10 S 47; BSGE 67, 256, 257 = SozR 3-2500 § 92 Nr 1 S 2 f; Urteil vom 13. Mai 1998 - B 6 KA 34/97 R - zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen). In Fällen, in denen die Besetzung des Verwaltungsgremiums, das zu entscheiden hat, im Streit steht oder in denen Gremien mit unterschiedlicher Besetzung zu entscheiden haben, ist in paritätischer Besetzung zu entscheiden (BSGE 70, 246, 249 = SozR 3-500 § 106 Nr 10 S 47; BSG SozR 3-1500 § 12 Nr 9 S 17). Die hier angefochtene (letzte) Verwaltungsentscheidung stammt von einem gemäß § 106 Abs 4 Satz 2 SGB V paritätisch besetzten Gremium der gemeinsamen Selbstverwaltung von Vertragsärzten und Krankenkassen, nämlich dem Beklagten, so daß im Rechtsstreit ebenfalls in paritätischer Besetzung zu entscheiden ist.
Gegenstand der gerichtlichen Überprüfung ist ausschließlich der Bescheid des beklagten Beschwerdeausschusses. Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats ist Gegenstand des gerichtlichen Streitverfahrens in Wirtschaftlichkeitsprüfungssachen regelmäßig allein der Bescheid des Beschwerdeausschusses, der mit seiner Anrufung für das gesamte weitere Verfahren ausschließlich funktionell zuständig und dementsprechend auch allein prozeßführungsbefugt ist (vgl zuletzt BSG SozR 3-500 § 106 Nr 31 sowie BSGE 74, 59 = SozR 3-2500 § 106 Nr 22; BSGE 75, 220 = SozR 3-2500 § 106 Nr 24 und BSGE 76, 53 = SozR 3-2500 § 106 Nr 26). Dieser Grundsatz beansprucht Geltung auch in Verfahren, in denen es – wie vorliegend – zwar inhaltlich nicht um eine klassische Wirtschaftlichkeitsprüfung (Honorarkürzung oder Regreß) geht, sondern materieller Kern des Streites die unrichtige Anwendung der Vertragsgebührenordnung ist, indessen die letzte Verwaltungsentscheidung kraft gesamtvertraglicher Vereinbarung in zulässiger Weise dem Beklagten zugewiesen ist.
Der beklagte Beschwerdeausschuß war für die Festsetzung des Sprechstundenbedarfs-Regresses zuständig. Seine Zuständigkeit zur Entscheidung über den Regreßantrag der Rezeptprüfungsstelle ist durch die Regelung III.6. Satz 2 der Vereinbarung der Gesamtvertragsparteien über die Verordnung von Sprechstundenbedarf für RVO-Kassen vom 16. Februar 1989 (Sprechstundenbedarfs-Vereinbarung) ohne Verstoß gegen § 106 SGB V begründet worden. Wie der Senat bereits entschieden hat, weist § 106 SGB V die Durchführung der Wirtschaftlichkeitsprüfung ausschließlich den Gremien der gemeinsamen Selbstverwaltung von Vertragsärzten und Krankenkassen zu (BSG SozR 3-2500 § 106 Nr 29; BSG SozR 3-533 Nr 3512 Nr 1), mit der Folge, daß die Vornahme von Wirtschaftlichkeitsprüfungen durch die KÄV mangels entsprechender Kompetenz rechtswidrig ist (Urteile vom 1. Juli 1998 - B 6 KA 48/97 R -, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen, sowie - B 6 KA 47/97 R -). Die Vorschrift des § 106 SGB V schließt jedoch nicht aus, daß den Wirtschaftlichkeitsprüfungsgremien durch gesamtvertragliche Vereinbarung gemäß §§ 82, 83 SGB V andere Zuständigkeiten insbesondere zur sachlich-rechnerischen Honorarberichtigung und zur Festsetzung von Schadensersatzansprüchen wegen unzulässiger Arzneiverordnungen übertragen werden können (BSG SozR 3-2500 § 106 Nr 29; BSG SozR 3-533 Nr 3512 Nr 1). Die Übertragung von Entscheidungskompetenzen, die zwar nicht der eigentlichen Wirtschaftlichkeitsprüfung zuzurechnen sind, sich aber im weitesten Sinne noch innerhalb des Rechtszwecks der Gewährleistung einer wirtschaftlichen Versorgung der Versicherten halten, ist zu billigen (BSG SozR 3-2500 § 106 Nr 29 mwN). Ob diese Grundsätze auch dann gelten, wenn ein derartiger Bezug zur eigentlichen Wirtschaftlichkeitsprüfung nicht mehr gegeben ist, muß im vorliegenden Verfahren nicht entschieden werden, denn er besteht auch hier. Die Verordnung von Sprechstundenbedarf verursacht bei den Krankenkassen Kosten(-erstattungen) außerhalb der an die KÄV zu entrichtenden Gesamtvergütung, die nicht notwendig und damit unwirtschaftlich sind, sofern diese Kosten bereits mit den Honorarsätzen des Vertragsarztes und deshalb durch die Gesamtvergütung abgegolten sind.
Der Beklagte bzw der Prüfungsausschuß durfte auch tätig werden, obgleich es an einem Antrag nach § 106 Abs 5 Satz 1 SGB V gefehlt hat. Nach dieser Bestimmung entscheidet der Prüfungsausschuß auf Antrag der Krankenkasse oder der KÄV (in der Gesetzesfassung ab 1. Januar 1993 sind als antragsberechtigt die Verbände der Krankenkassen hinzugetreten), ob der Vertragsarzt gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot verstoßen hat. Es kann dahinstehen, ob diese Vorschrift speziell auf das Verfahren zur Wirtschaftlichkeitsprüfung zugeschnitten ist und daher auch nur dort angewendet werden kann, denn die Sprechstundenbedarfs-Vereinbarung enthält in der Regelung III.6. eigenständige Bestimmungen zur Einleitung und Durchführung des Verwaltungsverfahrens, die hier eingehalten worden sind. Selbst wenn man aber § 106 Abs 5 Satz 1 SGB V auf das vorliegend zu beurteilende Verfahren zur Festsetzung eines Sprechstundenbedarfs-Regresses wegen unrichtiger Anwendung der Gebührenordnung als gegenüber der Sprechstundenbedarfs-Vereinbarung höherrangige Rechtsnorm anwenden würde, bedurfte es keines besonderen Antrages der KÄV an den Prüfungsausschuß, weil die KÄV bereits selbst durch Verwaltungsakt gegenüber dem Kläger – entsprechend den Bestimmungen der Sprechstundenbedarfs-Vereinbarung – tätig geworden war. Sie hat damit in einer gegenüber einem bloßen Antrag verfahrenstechnisch stärkeren Weise zum Ausdruck gebracht, daß sie die Verordnung des Sprechstundenbedarfs durch den Kläger als rechtswidrig ansieht, so daß der eigene Verwaltungsakt der KÄV und das daraufhin in Gang gesetzte weitere Verfahren vor dem Prüfungsausschuß eine bloße Antragstellung an dieses Gremium ohne weiteres ersetzt.
Der Regreß ist auch materiell rechtmäßig, denn der Kläger durfte isotonische Kochsalzlösungen, Überleitgeräte und Überleitungsschläuche zur Verwendung bei arthroskopischen Untersuchungen und Eingriffen nicht als Sprechstundenbedarf zu Lasten der Krankenkassen verordnen. Der Regreßanspruch ergibt sich aus der Sprechstundenbedarfs-Vereinbarung, die mit übergeordneten, bundesweit geltenden vertragsarztrechtlichen Grundsätzen im Einklang steht. Wer als Vertragsarzt seine Pflichten zur Einhaltung des gesetzlichen und vertraglichen Regelwerks nicht einhält, erwirbt keinen Anspruch auf Honorar und macht sich – bei verordneten Mitteln und Leistungen – gegenüber dem Kostenträger schadenersatzpflichtig. So darf – als Sprechstundenbedarf – nichts verordnet bzw den Kassen in Rechnung gestellt werden, was diese bereits anderweitig bezahlt haben. Das gilt insbesondere, wenn die Kosten für ein verordnetes Mittel bereits in den Leistungsansätzen der vertragsärztlichen Gebührentarife enthalten sind (BSG SozR 3-2500 § 106 Nr 29 S 164).
Die Anspruchsvoraussetzungen nach der Regelung III.6. der Sprechstundenbedarfs-Vereinbarung sind erfüllt. Der Senat kann, obwohl es sich um eine landesrechtliche Vorschrift handelt, diese und die im folgenden erörterten Bestimmungen der Sprechstundenbedarfs-Vereinbarung in eigener Auslegung anwenden, weil das LSG allein zur Regelung III.6. in bezug auf die Verwaltungszuständigkeiten, nicht aber zu den materiellen Regreßvoraussetzungen Feststellungen getroffen hat (§ 202 SGG iVm § 562 Zivilprozeßordnung; vgl Meyer-Ladewig, SGG, 6. Auflage 1998, § 162 RdNrn 7 und 7b). Nach der Regelung III.6. der Sprechstundenbedarfs-Vereinbarung erhebt die Bezirksstelle der KÄV eine entsprechende Regreßforderung gegen den Vertragsarzt, wenn Mittel als Sprechstundenbedarf verordnet werden, die nach dieser Vereinbarung nicht verordnet werden dürfen. Bei wortlautgetreuer Anwendung dieser Bestimmung ist die Regreßforderung ohne weiteres begründet, denn isotonische Kochsalzlösungen, Überleitgeräte und Überleitungsschläuche sind in der Anlage zur Sprechstundenbedarfs-Vereinbarung nicht positiv genannt. Sie sind daher nach der Regelung I.1. der Sprechstundenbedarfs-Vereinbarung an sich nicht verordnungsfähig.
Indessen kommt der genannten Anlage entgegen der Regelung I.1. der Vereinbarung keine abschließende Wirkung zu. Denn ansonsten hätte es insbesondere der Definition des Sprechstundenbedarfs in der Regelung I.3. der Sprechstundenbedarfs-Vereinbarung nicht bedurft. Anders als der vom Senat in seinem Urteil vom 20. September 1995 (BSG SozR 3-2500 § 106 Nr 29) als abschließend bewertete Katalog der als Sprechstundenbedarf verordnungsfähig bezeichneten Mittel der Regelung V.3. der Anlage 12 zum Zahnarzt-Ersatzkassenvertrag enthält die hier zu beurteilende Sprechstundenbedarfs-Vereinbarung neben einer allgemeinen Bestimmung der als Sprechstundenbedarf geltenden Mittel auch eine negative Aufzählung einzelner Mittel. Diese positive und negative Liste kann daher in Verbindung mit der Regelung I.3. nur als beispielhaft und damit nicht als abschließend angesehen werden. Hieraus ist zu folgern, daß ein Mittel dann verordnungsfähig ist, wenn es entweder ausdrücklich in die Anlage aufgenommen worden ist oder wenn es unabhängig davon die begrifflichen Voraussetzungen des Sprechstundenbedarfs erfüllt und seine Kosten nicht bereits anderweitig enthalten bzw abgegolten sind. Umgekehrt gilt, daß ein Mittel nicht als Sprechstundenbedarf verordnet werden darf, wenn es entweder in der Negativliste aufgeführt ist oder wenn es unabhängig davon die begrifflichen Voraussetzungen als Sprechstundenbedarf nicht erfüllt oder seine Kosten bereits anderweitig enthalten bzw abgegolten sind. Das letztere ist hier der Fall.
Nach Abschnitt A I Nr 4 der Allgemeinen Bestimmungen EBM-Ä sind in den berechnungsfähigen Leistungen Kosten für Materialien, Instrumente, Gegenstände und Stoffe, die nach der Anwendung verbraucht sind, enthalten, soweit nichts anderes bestimmt ist. Die vom Kläger verwendeten isotonischen Kochsalzlösungen, Überleitgeräte und Überleitungsschläuche sind zwar iS des Abschnitts A I Nr 4 der Allgemeinen Bestimmungen EBM-Ä Materialien, Gegenstände und Stoffe, die nach der Anwendung verbraucht sind. Für arthroskopische Untersuchungen und Eingriffe war bzw ist aber im EBM-Ä etwas anderes bestimmt. Die insoweit einschlägigen Gebühren-Nrn 2445, 2446, 2447 und 2448 EBM-Ä in der im Quartal IV/1991 maßgeblichen Fassung enthielten sämtlich und wortlautgleich die Wendung „einschließlich Kosten”. Die Nr 2445 betraf die arthroskopischen Untersuchungen, die Nrn 2446 bis 2448 näher beschriebene arthroskopische Operationen. Der Wortlaut erfaßte damit alle Kosten, die mit der jeweiligen Untersuchung bzw Operation verbunden waren. Für die vom Kläger gewünschte Einschränkung dahin, daß damit nur die Kosten gemeint sind, die speziell und ausschließlich mit der arthroskopischen Untersuchung bzw Operation anfallen konnten, also für Material oä entstanden, das ausschließlich bei der Arthroskopie angewendet bzw verbraucht werden konnte, bot der Wortlaut keine Stütze.
Es ist nicht bekannt, aus welchen Gründen der Bewertungsausschuß bei der Arthroskopie die Kosten in dieser Weise in das Honorar eingeschlossen hat, während er dies bei anderen operativen Eingriffen, die dasselbe Ziel verfolgen, unterlassen hat. Es fällt jedoch auf, und auch dies spricht im Ergebnis für die soeben dargelegte Auslegung, daß die Arthroskopie relativ hoch bewertet war, so daß der Einschluß aller Kosten nachvollziehbar ist. Die auf dem EBM-Ä beruhende Ersatzkassen-Gebührenordnung sah mit Stand vom 1. Juli 1992 als Vergütung der Nr 2446 (arthroskopische Operation im Kniebereich mit Entfernung freier Gelenkkörper) 540,- DM vor, während die Nr 2436 (operative Entfernung freier Gelenkkörper aus einem Kniegelenk) mit nur 191,25 DM bewertet war. Weitere Vergleiche dieser Art lassen sich anstellen. Nicht nachvollziehbar wäre der Kosteneinschluß bei arthroskopischen Operationen im Ergebnis dann, wenn sie mit der herkömmlichen Operation gleich bewertet wären, die Kosten hier aber eingeschlossen sein sollten und dort nicht. So liegt es aber gerade nicht; vielmehr war die Arthroskopie fast dreimal so hoch bewertet wie die herkömmliche Operation mit gleichem Ziel.
Auch das Revisionsvorbringen bietet keine Anhaltspunkte, an der Wortlautinterpretation der Nrn 2445 bis 2448 zu zweifeln. Der Hinweis auf die Nr 2449 betrifft das hier streitige Quartal IV/1991 nicht, denn diese Leistung ist erst später in den EBM-Ä aufgenommen worden. Darüber hinaus bezieht sich der dortige Zusatz: „bei arthroskopischen Operationen ist die Videodokumentation (Tape oder Print) obligater Bestandteil der Leistungen” auf alle – ab 1. Oktober 1994 – in den Nrn 2445, 2447 und 2449 genannten arthroskopischen Operationen, hat aber mit der Kostenfrage an sich nichts zu tun. Nach wie vor findet sich nämlich bei allen drei Leistungen der Zusatz „einschließlich Kosten”. Der Zusatz bezüglich der Videodokumentation konkretisiert allein den Inhalt der drei Leistungen. Nach wie vor sind alle Kosten, somit auch die für die Videodokumentation, mit dem Honorar abgegolten.
Auch der Hinweis des Klägers auf die neueste Fassung des Abschnitts A I Nr 4 der Allgemeinen Bestimmungen des EBM-Ä geht fehl. Solange bei den Leistungsnummern selbst bestimmt ist, daß mit dem Honorar die Kosten abgegolten sind, ist es ohne Belang, wenn in den Allgemeinen Bestimmungen auf eine anderweitige abweichende Regelung verwiesen wird. Im übrigen sind im Abschnitt A I Nr 4 der Allgemeinen Bestimmungen des EBM-Ä bis heute die hier umstrittenen Spüllösungen, Überleitgeräte und Überleitungsschläuche nicht aufgeführt.
Nach alledem ist die Revision des Klägers zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen
Haufe-Index 542977 |
AusR 1999, 176 |
KVuSR 2000, 187 |