Beteiligte
Kläger und Revisionsbeklagter |
Beklagte und Revisionsklägerin |
Tatbestand
I
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Anspruch des Klägers auf Arbeitslosengeld (Alg) wegen einer zwölfwöchigen Sperrzeit ab 1. Juli 1992 bis zum 22. September 1992 ruht.
Der 1934 geborene Kläger war von 1974 bis 1992 als Betriebsschlosser bei der Firma S. AG B. H. beschäftigt. Nach § 21 Nr. 5 des Manteltarifvertrags für Arbeiter und Angestellte in der Eisen , Metall und Elektroindustrie des Landes Hessen war das Arbeitsverhältnis nur noch aus wichtigem Grund, bei Vorliegen eines Sozialplans oder bei Änderungskündigungen zum Zwecke innerbetrieblicher Umsetzung kündbar. Die Arbeitgeberin kündigte am 14. November 1990 aus betrieblichen Gründen das Arbeitsverhältnis zum 30. Juni 1992. Im Zusammenhang mit der Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses erhielt der Kläger ab 1. Juli 1992 ein Ruhegeld, ferner für die Zeit vom 1. Juli 1992 bis 31. Dezember 1992 einen Übergangszuschuß und für die Zeit vom 1. Januar 1993 bis 31. Mai 1994 eine Beihilfe. Kündigungsschutzklage hat der Kläger nicht erhoben.
Am 17. Juni 1992 meldete sich der Kläger mit Wirkung zum 1. Juli 1992 arbeitslos und beantragte Alg. In einer schriftlichen Erklärung teilte er dem Arbeitsamt (ArbA) mit, er habe seinen Arbeitsplatz aus betriebsbedingten Gründen verloren, die Gründe seien ihm in einem persönlichen Gespräch erläutert worden, der Betriebsrat sei ordnungsgemäß gehört worden und habe der Kündigung zugestimmt. Eine Klage beim Arbeitsgericht gegen die Kündigung habe er aus folgenden Gründen unterlassen: Zum einen habe er diverse finanzielle Unterstützungen seitens der Arbeitgeberin erhalten und er sei der Auffassung, daß auch vom Arbeitsgericht ihm nicht mehr zugesprochen worden wäre und zum anderen sei er in dem Unternehmen bis zum Schluß korrekt behandelt worden; er sei der Meinung, daß es ihm nicht zugemutet werden könne, gegen dieses Unternehmen eine Klage zu erheben.
Das ArbA lehnte mit Bescheid vom 19. August 1992 den Antrag auf Alg für die Zeit bis zum 22. September 1992 ab, da eine Sperrzeit eingetreten sei. Der Kläger habe das Arbeitsverhältnis gelöst, ohne hierfür einen wichtigen Grund zu haben; er sei mit der Kündigung einverstanden gewesen und habe konkludent dem Angebot eines Aufhebungsvertrages zugestimmt.
Mit dem Widerspruch machte der Kläger geltend, es handele sich nicht um einen Aufhebungsvertrag. Der Arbeitsplatz sei durch "innerbetriebliche Umorganisation und Personalabbau wegrationalisiert" worden. Hätte er auf einer Änderungskündigung bestanden, wäre einem anderen Mitarbeiter gekündigt worden. Diese Umstände stellten für ihn einen wichtigen Grund dar. Eine Klage gegen die Kündigung habe er unterlassen, um die Arbeitslosigkeit eines jüngeren Mitarbeiters zu vermeiden. Eine Klage hätte nur Kosten verursacht, weil ihm vom Arbeitsgericht über die von der Arbeitgeberin zugesagten finanziellen Unterstützungen weitere Leistungen nicht zugesprochen worden wären. Wegen des unumgänglichen Personalabbaus halte er die getroffene Lösung für besser, sozialen Härten entgegenzuwirken.
Das ArbA hat den Rechtsbehelf zurückgewiesen (Widerspruchsbescheid vom 14. September 1992). Da der Kläger den tariflichen Ausschluß der Arbeitgeberkündigung gekannt habe, sei davon auszugehen, daß er konkludent das Aufhebungsangebot der Arbeitgeberin angenommen habe. Einen wichtigen Grund für sein Verhalten habe er nicht gehabt.
Auf die Klage hat das Sozialgericht (SG) den angefochtenen Bescheid vom 19. August 1992 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. September 1992 aufgehoben und die Beklagte verurteilt, dem Kläger Alg ab 1. Juli bis zum 22. September 1992 zu gewähren (Gerichtsbescheid vom 14. Juli 1994). Das Landessozialgericht (LSG) hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen (Urteil vom 17. Februar 1995). Es hat ausgeführt, der Kläger habe sein Beschäftigungsverhältnis nicht gelöst. Er habe nicht selbst gekündigt und auch mit der Arbeitgeberin keinen Aufhebungsvertrag geschlossen. Die Beendigung des Arbeitsverhältnisses sei durch einseitige Kündigung der Arbeitgeberin erfolgt. Im Unterlassen einer Kündigungsschutzklage könne eine Vereinbarung des Arbeitnehmers mit dem Arbeitgeber über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht gesehen werden. Dies gelte auch für den hier gegebenen Fall besonderen Kündigungsschutzes. Insoweit sei der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) zu folgen. Eine Arbeitgeberkündigung sei nur dann in ein Angebot zur einverständlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses umzudeuten, wenn dies dem mutmaßlichen Willen des Kündigenden entspreche, auch bei Fehlen eines Kündigungsgrundes das Arbeitsverhältnis zu beenden. Auch in einem solchen Fall komme es zu einem Aufhebungsvertrag nur, wenn die Kündigung in dem Bewußtsein angenommen werde, eine rechtsgeschäftliche Willenserklärung abzugeben. Hier habe der Arbeitgeber entgegen seiner früheren Praxis bewußt den Weg der Kündigung gewählt. Die schlichte Hinnahme dieser Kündigung durch den Kläger sei nicht Ausdruck einer rechtsgeschäftlichen Erklärung zum Abschluß eines Aufhebungsvertrags. Die Interessen der Versichertengemeinschaft seien durch das Ruhen des Alg bei Zahlung von Abfindungen und die Erstattungspflicht des Arbeitgebers gewahrt. Eine abweichende Würdigung der Sach und Rechtslage verfehle den Sinn und Zweck des Sperrzeitinstrumentariums. Es sei Aufgabe der Bundesanstalt für Arbeit (BA), nachteilige Folgen, die sich für Erwerbstätige aus der technischen Entwicklung oder wirtschaftlichen Strukturwandlungen ergeben könnten, entgegenzuwirken. Dem dienten Meldepflichten von Arbeitgebern, deren Verletzung Ansprüche auf Aufwendungsersatz der BA auslösen könnten. Auch aus dem Kündigungsschutzgesetz ergäben sich Befugnisse der BA, Entlassungen entgegenzutreten. Das Vorgehen der BA laufe darauf hinaus, den Kläger individuell für einen wirtschaftlichen Strukturwandel verantwortlich zu machen, der nach den einschlägigen Gesetzen allein in die Verantwortung des Arbeitgebers und der Betriebsvertretung sowie der BA falle.
Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt die BA die Verletzung des § 119 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Arbeitsförderungsgesetz (AFG). Mit einer formaljuristischen Betrachtungsweise verkenne das LSG die ausschlaggebenden Gesamtumstände der Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses. Zwar könne das bloße Schweigen des Arbeitnehmers auf eine Arbeitgeberkündigung nicht zur Annahme eines Aufhebungsvertrags führen. Entscheidend sei hier jedoch, daß zur Abwehr der Sperrzeitfolge die Kündigung von den Regelungen über die Modalitäten der Entlassung formal getrennt worden sei. Zwischen den Beteiligten habe Einigkeit darüber bestanden, daß der Arbeitnehmer im Hinblick auf die zu gewährenden finanziellen Hilfen des Arbeitgebers sich der Kündigung nicht widersetze. Durch die arbeitgeberseitigen Kündigungen einerseits und die Regelungen über finanzielle Unterstützungsleistungen für die ausgeschiedenen Arbeitnehmer andererseits werde in der Gesamtschau genau das geregelt, was zuvor Gegenstand von Aufhebungsverträgen gewesen sei. Demgegenüber wirke die rechtliche Würdigung des LSG konstruiert und lebensfremd. Im übrigen sei die Einlassung des Klägers, er sei von einer ordnungsgemäßen Kündigung ausgegangen, nicht glaubhaft. Nach der intensiven Überzeugungsarbeit des Arbeitgebers in Einzelgesprächen und in großzügigen finanziellen Unterstützungen habe ihm klar sein müssen, daß der Arbeitgeber sich von seinen Vertragspflichten und dem Risiko einer Kündigungsschutzklage habe "freikaufen" wollen. Gegenüber den vom LSG angeführten Vorschriften zur Wahrung von Interessen der Versichertengemeinschaft sei auf die Eigenständigkeit des Sperrzeittatbestandes hinzuweisen. Aus der Rechtsprechung des BSG ergebe sich, daß die hier gegebenen manipulativen Umstände der Beendigung des Arbeitsverhältnisses bei der Auslegung des Tatbestandsmerkmals der Lösung des Arbeitsverhältnisses in § 119 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 1. Alternative AFG zu berücksichtigen seien.
Die Beklagte beantragt, das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 17. Februar 1995 sowie den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 14. Juli 1994 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Er räumt ein, der Arbeitgeber habe die Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses durch die Kündigung herbeiführen wollen, um den Eintritt einer Sperrzeit zu vermeiden. Dieses Anliegen sei wegen der Fürsorgepflicht des Arbeitgebers nicht zu beanstanden. Der Gesetzgeber habe den Sperrzeittatbestand so gefaßt, daß die Hinnahme einer Kündigung allein auch wenn sie mit finanziellen Vergünstigungen verbunden sei nicht zu einer Sperrzeit führe. Die BA verkenne ferner, daß der Tarifvertrag nicht absoluten Kündigungsschutz gewähre. Ihm hätte im Rahmen eines Sozialplans ohne weiteres gekündigt werden können. Da der Arbeitgeber mit der Kündigung Abfindungsleistungen in Abstimmung mit dem Betriebsrat gewährt habe, handele es sich hier um eine parallele Fallgestaltung. Im übrigen habe das Bundesarbeitsgericht entschieden, anstelle einer zulässigen Änderungskündigung könne eine Beendigungskündigung ausgesprochen werden, wenn zuvor abgeklärt sei, daß das Änderungsangebot ohnehin abgelehnt würde und dem Arbeitnehmer eine entsprechende Überlegungsfrist eingeräumt sei. Der Arbeitgeber habe entsprechende Gespräche geführt, die abklären sollten, welche Beschäftigungsmöglichkeiten es gebe, ob der Arbeitnehmer für sie in Betracht komme oder die Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses herbeigeführt werden müsse. In diesem Zusammenhang seien die betroffenen Arbeitnehmer über betriebsübliche finanzielle Leistungen des Arbeitgebers, die einem Sozialplan mit dem Betriebsrat entsprechen, belehrt worden. Unter diesen Umständen hätte es sich bei einer Änderungskündigung um eine Förmelei gehandelt. Individuelle Verhandlungen über die Modalitäten des Ausscheidens habe der Arbeitgeber mit ihm nicht geführt. Er habe eine einseitige Darstellung der Firmenleistungen für den Fall einer Kündigung gegeben. Dabei habe es sich um nichts anderes gehandelt als eine Erläuterung im Falle eines Sozialplans. Er, der Kläger, habe hieraus nicht entnehmen können, daß die Leistungen des Arbeitgebers für die Hinnahme der Kündigung gewährt würden. Vielmehr seien sie unabhängig davon zugesagt worden. Die einseitige Abfindungszusage habe Befriedungscharakter, so daß er davon habe ausgehen können, die vom Arbeitgeber ausgesprochene Kündigung sei wirksam. Er habe weder durch Unterlassen der Kündigungsschutzklage noch durch sonstiges Verhalten der Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses konkludent zugestimmt. Ein entsprechendes Angebot des Arbeitgebers habe auch nicht vorgelegen.
Die Beteiligten haben sich mit einem Urteil ohne mündliche Verhandlung (§ 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz [SGG]) einverstanden erklärt.
II
Die Revision der BA ist im Sinne der Aufhebung und Zurückverweisung begründet. Das Urteil des LSG verletzt § 119 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AFG. Für eine abschließende Entscheidung des BSG reichen die vom LSG getroffenen tatsächlichen Feststellungen nicht aus.
1. Für den vom Kläger geltend gemachten Anspruch auf Alg für die Zeit ab 1. Juli bis zum 22. September 1992 sind nicht nur die sperrzeitauslösenden Umstände entscheidungserheblich, sondern sämtliche den Anspruch auf Alg begründenden Tatsachen (§ 100 AFG) sowie des hier in Betracht zu ziehenden Ruhenstatbestandes (insbesondere § 117 Abs. 2 AFG). Das LSG hat den Sachverhalt allein aus der Sicht des § 119 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AFG geprüft und ist den weiteren für den Anspruch auf Alg erheblichen Voraussetzungen (zB Verfügbarkeit) nicht nachgegangen.
a) Auch die Ausführungen des LSG zu § 119 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AFG halten rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Das LSG hat die Vorschrift in der hier maßgebenden Fassung des Gesetzes vom 20. Dezember 1988 (BGBl. I 2343) und § 119a Nr. 1 AFG i.d.F. des Gesetzes vom 22. Dezember 1989 (BGBl. I 2406) zugrunde gelegt. Danach tritt eine Sperrzeit von zwölf Wochen u.a. ein, wenn der Arbeitslose das Beschäftigungsverhältnis gelöst hat und dadurch vorsätzlich oder grob fahrlässig die Arbeitslosigkeit herbeigeführt hat, ohne für sein Verhalten einen wichtigen Grund zu haben. Nach der Rechtsprechung des BSG löst ein Arbeitnehmer das Beschäftigungsverhältnis, wenn er selbst kündigt, was hier nicht geschehen ist, oder einen zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses führenden Vertrag schließt (SozR 4100 § 119 Nrn. 28 und 33; BSGE 66, 94, 96 = SozR 4100 § 119 Nr. 36). Ein solcher Vertrag muß nicht unmittelbar zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses führen. Auch durch eine Vereinbarung über eine noch auszusprechende Arbeitgeberkündigung (und ihre Folgen) löst der Arbeitnehmer das Arbeitsverhältnis. Es ist gerade Sinn einer solchen Vereinbarung, das Ende des Beschäftigungsverhältnisses herbeizuführen. Nichts anderes gilt, wenn nach einer Arbeitgeberkündigung "Abwicklungsverträge" über Abfindungen, Entschädigungen oder ähnliche Leistungen anläßlich des Ausscheidens getroffen werden (aA Hümmerich, NZA 1994, 200, 201). Auch durch solche Verträge beteiligt sich ein Arbeitnehmer an der Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses, weil er sich der Möglichkeit begibt, die Rechtswidrigkeit der ausgesprochenen Kündigung geltend zu machen (vgl. Hümmerich, NZA 1994, 200, 204).
b) Das LSG hat eine Lösung durch einen Aufhebungsvertrag im Anschluß an das allerdings vornehmlich zu § 117 Abs. 2 AFG a.F. ergangene Urteil des BSG vom 20. April 1977 (7 RAr 81/75, DBlBA R 2226a § 117 AFG) verneint und maßgeblich darauf abgestellt, daß der Kläger die Kündigung durch die Arbeitgeberin lediglich hingenommen habe. Das müsse einem Mitwirken an einer Auflösungsvereinbarung nicht gleichkommen. Das LSG hat es aber versäumt, den tatsächlichen Ablauf der Ereignisse festzustellen, die zur Lösung des Beschäftigungsverhältnisses geführt haben. Diese Tatsachen sind Grundlage für die Beurteilung möglicherweise vom Kläger abgegebener Erklärungen und seines Verhaltens im Rahmen der Gespräche, die zwischen ihm, dem Betriebsrat und dem Arbeitgeber vor der "Kündigung" und zur Abwicklung des Arbeitsverhältnisses stattgefunden haben. Solche Feststellungen waren nicht schon wegen der vom LSG angeführten Rechtsprechung des BSG entbehrlich. Die Frage, ob ein Arbeitsloser das Beschäftigungsverhältnis durch Vertrag gelöst hat, ist abhängig von rechtsgeschäftlichen Erklärungen. Deren Feststellung fällt in den Aufgabenbereich der Tatsachengerichte. Die Überprüfung des Revisionsgerichts bezieht sich darauf, ob die Feststellung des Inhalts rechtsgeschäftlicher Willenserklärungen durch das Tatsachengericht anerkannte Auslegungsgrundsätze verletzt (vgl. z.B. BSGE 75, 92, 96 = SozR 3 4100 § 141b Nr. 10; BGH NJW 1984, 721). Das BSG hat danach in dem vom LSG zitierten Urteil vom 20. April 1977 nicht entschieden, unter welchen Voraussetzungen ein Aufhebungsvertrag anzunehmen ist, sondern lediglich die in jenem Einzelfall vorgenommene Auslegung des rechtserheblichen Verhaltens Beteiligter unbeanstandet gelassen. Ein Schluß auf die im hier zu beurteilenden Fall gegebene Rechtslage ist daher nicht zulässig. Feststellungen über den tatsächlichen Ablauf der Ereignisse, die zur Lösung des Beschäftigungsverhältnisses geführt haben, sind nicht deshalb entbehrlich, weil der Arbeitgeber abweichend von seiner früheren Praxis anstelle eines Aufhebungsvertrags die Arbeitgeberkündigung zur Lösung des Beschäftigungsverhältnisses gewählt hat, um den Eintritt einer Sperrzeit auszuschließen. Die mit der Bereitschaft, dem Kläger sofort betriebliches Ruhegeld und außerdem bis zur Vollendung des 60. Lebensjahres weitere finanzielle Vergünstigungen zu erbringen, verbundene Kündigung des Arbeitgebers und das vorausgehende oder nachgehende Verhalten des Klägers kann einen Aufhebungsvertrag verdecken, so daß die für diesen geltenden Vorschriften anzuwenden sind (vgl. § 117 Abs. 2 BGB).
Daß der Arbeitgeber wie der Kläger meint durch Abschluß eines Sozialplans die Kündbarkeit des Klägers hätte herbeiführen können oder das Arbeitsverhältnis durch eine Änderungskündigung hätte beenden können, macht ebenfalls Feststellungen über die Lösung des Beschäftigungsverhältnisses nicht entbehrlich. Feststellungen, die diese rechtlichen Schlüsse rechtfertigen könnten, hat das LSG nicht getroffen. Im übrigen kommt es für die Frage, ob eine Lösung des Beschäftigungsverhältnisses zur Arbeitslosigkeit geführt hat, allein auf den tatsächlichen Geschehensablauf an (BSG SozR 4100 § 119 Nr. 24 m.w.N.). Selbst wenn dem Kläger eine unabwendbare Kündigung drohte, kann dieser Umstand allenfalls einen wichtigen Grund für sein tatsächliches Verhalten geben (BSGE 66, 94, 97 = SozR 4100 § 119 Nr. 36). Auch die allgemeinen Erwägungen des LSG über Umstrukturierungsmaßnahmen und Rationalisierung sind nicht geeignet, den Anwendungsbereich des § 119 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AFG einzuschränken.
c) Die revisionsrechtliche Prüfung setzt hiernach Tatsachenfeststellungen im vorliegenden Fall voraus. Da das LSG diese nicht getroffen hat, fehlen dem angefochtenen Urteil die für eine Entscheidung unerläßlichen tatsächlichen Grundlagen. Das Urteil ist daher aufzuheben und die Sache zur weiteren Verhandlung und Entscheidung auch über die Kosten des Revisionsverfahrens an das LSG zurückzuverweisen (§ 170 Abs. 2 Satz 2 SGG).
2. Für die erneute Verhandlung und Entscheidung wird aus gegebener Veranlassung auf folgendes hingewiesen:
a) Eine rechtsgeschäftliche Erklärung zur Lösung eines Beschäftigungsverhältnisses liegt nicht nur vor, wenn der Kläger diese ausdrücklich abgegeben hat. Die Stellungnahme des Klägers gegenüber dem ArbA, die hervorhebt, in einem Arbeitsgerichtsprozeß seien günstigere Bedingungen als die vom Arbeitgeber gewährten "diversen finanziellen Unterstützungen" nicht zu erreichen gewesen sowie der in den vom LSG in Bezug genommenen Verwaltungsakten der Beklagten enthaltene Aktenvermerk vom 5. August 1992, wonach in Einzelfällen, beispielsweise bei einem Kündigungsschreiben vom 14. November 1990, Anhaltspunkte für eine Rückdatierung des Kündigungsschreibens bestünden, gibt nach § 103 SGG Anlaß, die Äußerungen und das übrige Verhalten des Klägers von der "mündlichen Darlegung" der Umstände für die Lösung des Beschäftigungsverhältnisses bis zur Regelung der Einzelheiten seiner Abwicklung auf für den Abschluß eines Aufhebungsvertrages schlüssiges Verhalten des Klägers zu untersuchen. Entscheidend ist der auf die angestrebte Rechtsfolge gerichtete wirkliche Wille der Arbeitsvertragsparteien, nicht der Wortlaut oder die äußere Form der von ihnen abgegebenen Erklärungen (§ 133 BGB). Es liegt nahe, daß dieser auf eine einverständliche Lösung des Beschäftigungsverhältnisses gerichtet war. Bei Ausscheiden älterer Arbeitnehmer ist die Interessenlage häufig, wenn nicht gar typischerweise durch den gemeinsamen Willen zur Lösung des Beschäftigungsverhältnisses gekennzeichnet, die mit einer sozialen Absicherung des Arbeitnehmers begleitet wird. Die Annahme einer einverständlichen Lösung liegt um so näher, als im Zuge eines Personalabbaus gerade auf seiten des Arbeitgebers Interesse an der Wahrung des Betriebsfriedens besteht und Kündigungsschutzklagen möglichst vorgebeugt werden soll. Dies gilt insbesondere, wenn wie hier eine ordentliche Kündigung des Arbeitgebers tariflich ausgeschlossen ist. Unter diesen Umständen kann sich die Inanspruchnahme finanzieller Zuwendungen als Zustimmung zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses und damit als Lösung des Beschäftigungsverhältnisses durch den Kläger darstellen. Widersprüchlich wäre es, die Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses angeblich nicht zu wollen, wohl aber die für diesen Fall versprochenen finanziellen Vergünstigungen in Anspruch zu nehmen.
Eine Erklärung des Klägers, nur auf Kündigung des Arbeitgebers ausscheiden zu wollen, kann bei tariflichem Kündigungsausschluß als Verwahrung gegen das eigene Verhalten (protestatio facto contraria) unerheblich sein (dazu: Teichmann, Die Gesetzesumgehung, 1962, 47, der für die Feststellung des maßgeblichen Erklärungsinhalts nicht nur die Verständnismöglichkeit des Erklärungsgegners, sondern auch die Belange der Allgemeinheit einbezieht). Wirksamkeit kann eine Kündigung bei tariflichem Kündigungsausschluß allenfalls entfalten, weil der Arbeitnehmer seine tariflichen Rechte nicht wahrzunehmen gewillt ist. Gerade sein Verhalten kann damit mittelbar die Lösung des Beschäftigungsverhältnisses herbeigeführt haben.
Ob dem objektiven Verhalten des Klägers die Eigenschaft einer Willenserklärung zukommt, hat das LSG von einem entsprechenden Erklärungsbewußtsein des Klägers abhängig gemacht. Diese im zivilrechtlichen Schrifttum höchst umstrittene Ansicht hat auch das BSG in vergleichbarem Zusammenhang vertreten (BSG DBlR § 117 AFG Nr. 2226a; vgl. auch: BAG AP § 626 BGB Nr. 64). Ob daran festzuhalten ist, wird zu überprüfen sein, nachdem der Bundesgerichtshof (BGH) eine Willenserklärung auch bei fehlendem Erklärungsbewußtsein annimmt, "wenn sie als solche dem Erklärenden zugerechnet werden kann". Dies setzt nach Ansicht des BGH voraus, daß der Erklärende mit der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt hätte erkennen und vermeiden können, daß sein Verhalten vom Geschäftsgegner nach Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte als Willenserklärung aufgefaßt werden durfte (BGHZ 91, 324, 330 mit Hinweis auf den Diskussionsstand des Schrifttums a.a.O., 327).
b) Zutreffend weist das LSG darauf hin, daß die bloße Hinnahme einer Arbeitgeberkündigung und das Unterlassen einer Kündigungsschutzklage nach der Rechtsprechung des BSG den Eintritt einer Sperrzeit nicht begründet (BSG DBlBA R 2226a § 117 AFG). Sollten die weiteren Ermittlungen des LSG einen konstitutiven Aufhebungsvertrag oder eine sonstige Vereinbarung über die Lösung des Beschäftigungsverhältnisses nicht ergeben, stellt sich allerdings die Frage, ob an dieser Rechtsprechung festzuhalten ist oder ob eine Sperrzeit jedenfalls dann eintritt, wenn der Arbeitnehmer eine offensichtlich rechtswidrige Kündigung im Hinblick auf eine zugesagte finanzielle Vergünstigung hinnimmt. Eine solche Rechtsfortbildung im Sinne eines offeneren Lösungsbegriffes ist naheliegend. Indes hält der Senat die Klärung des nach der bisherigen Rechtsprechung entscheidungserheblichen Sachverhalts für vorrangig.
c) Schließlich kann Anlaß bestehen, der Frage nachzugehen, ob ein Ruhen des Alg Anspruchs nach § 117 Abs. 2 AFG eingetreten ist. Sollte auch im Fall des Klägers das Kündigungsschreiben vom 14. November 1990 zurückdatiert worden sein (vgl. Aktenvermerk vom 5. August 1992, Bl 18, 19 der Verwaltungsakten), dürfte das Arbeitsverhältnis ohne Einhaltung der fiktiven Kündigungsfrist von 18 Monaten (§ 117 Abs. 2 Satz 3 AFG) und damit vorzeitig beendet worden sein. Unter diesen Umständen wären die dem Kläger zugesagten finanziellen Vergünstigungen zu kapitalisieren und der Ruhenszeitraum nach § 117 Abs. 3 AFG zu ermitteln (BSG SozR 4100 § 118 Nr. 13).11 Rar 65/95
BSG
Fundstellen